Drucksache Nr. 0037/2012 S1:
Änderungsantrag der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege für die Stadt Hannover e.V. zu Drucks. Nr. 2106/2011 (Bildungs- und Teilhabepaket - Programm zur Schulsozialarbeit)

Inhalt der Drucksache:

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1. Stellungnahme
0037/2012 S1
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Änderungsantrag der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege für die Stadt Hannover e.V. zu Drucks. Nr. 2106/2011 (Bildungs- und Teilhabepaket - Programm zur Schulsozialarbeit)


1. Antrag der AGW
Antrag zu beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt, das in der Drucksache 2106/2011 vorgelegte Programm zur Schulsozialarbeit wie folgt zu ändern bzw. zu ergänzen:

Punkt 3 des Antrages ist wie folgt zu ergänzen:

3. Die Trägerschaft der Schulsozialarbeit durch die Stadt Hannover/ Fachbereich Jugend und Familie sowie den Trägern der freien Jugendhilfe
zuzustimmen

Stellungnahme der Verwaltung

Das Programm Schulsozialarbeit sieht vor, das der Einsatz der Schulsozialarbeit dezentral, d.h. direkt in den Schulen an 35 Standorten, stattfindet. Eine wesentliche Herausforderung wird somit die Gesamtsteuerung der Maßnahme sein, um die entsprechenden Ziele aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (Schaffung von Zugängen zur Teilhabe und Bildung zur Unterstützung sozial benachteiligter junger Menschen) stadtweit umzusetzen.
Folgende Voraussetzungen sind dafür erforderlich:

· einheitliche Aufgaben- und Arbeitsplatzbeschreibung sowie Konzeptionen für alle Sozialarbeiter/ innen
· einheitliche Kooperationsverträge mit den Schulen zur Regelung der Kommunikation untereinander und Arbeitsweise miteinander
· einheitliches Konzept für die Verwendung der Mittel aus dem Sachkostenbudget
· regelmäßige fachliche Kommunikation, Beratung, Dokumentation und Evaluation
· gemeinsame Qualifizierung der Schulsozialarbeiter (Start-up Schulung, und jährliche Fortbildungen).

Das Programm soll zum Schuljahresbeginn 2012/13 starten, eine Einstellung der Schulsozialarbeiter/innen zum 15.8.2012 erfolgen, befristet für zwei Jahre.

Erst nach einem entsprechenden Ratsbeschluss, der frühestens am 26.1.12 erfolgt, kann die Verwaltung in die Umsetzungsphase gehen, d.h. bis zum geplanten Maßnahmebeginn verbleiben 6,5 Monate.

Die Abgabe der Aufgabe der Schulsozialarbeit an freie Träger der Jugendhilfe würde gegenüber der alleinigen Trägerschaft durch die Stadt Hannover zusätzliche Verfahrensschritte erfordern, die im Folgenden aufgezeigt werden.

Die Stadt Hannover ist grundsätzlich verpflichtet, sich an den „Verdingungsordnungen bei der Vergabe von Dienstleitungen“ zu orientieren, d.h. öffentliche Ausschreibungen durchzuführen. Dies umfasst auch das Aufgabengebiet der Jugendhilfe, sodass bereits heute z.B. Trägerschaften/ Betriebsführungen bei Kitas über die Submissionsstelle der Stadt Hannover ausgeschrieben und vergeben werden.

Insbesondere vor dem Hintergrund des finanziell nennenswerten Gesamtbudgets zur Schulsozialarbeit ist dabei die Zielsetzung, ein transparentes und dokumentiertes Verfahren bei der Vergabe von Leistungen durch die Stadt durchzuführen.

Da die finanziellen Mittel des Bundes für die Schulsozialarbeit zweckgebunden sind und als Gesamtbudget jährlich vergeben werden sowie über der Wertgrenze von 200.000 € liegen, müsste eine europaweite Ausschreibung erfolgen.

Diese europaweite Ausschreibung erfordert eine detaillierte Grundinformation für die Ausschreibung, für die Erstellung sind ca. 3-4 Wochen einzuplanen.


Anschließend müsste die Veröffentlichung (EU Amtsblatt, diverse Veröffentlichungsblätter, Internet/ Hannover.de und bei Bedarf einschlägige fachspezifische Informationsblätter) erfolgen. Die Bewerbungsfrist umfasst 52 Tage (von EU-Veröffentlichung bis Angebotsabgabe).
Nach der formalen Prüfung der eingereichten Angebote durch die Submissionsstelle (1-2 Tage) erfolgt die inhaltliche Auswertung der Bewerbungen und die Auswahl anhand der aufgestellten Kriterien (Bindefrist muss nach VOL angemessen sein; vgl. VOB = 30 Tage)

Die gesamte Verfahrensdauer zur Ausschreibung betrüge somit rund 4 Monate.


Alternativ ist auch die Durchführung eines Interessenbekundungsverfahrens denkbar. Dieses Verfahren ist weniger formalisiert, beinhaltet aber ebenfalls die Erstellung von Grundinformationen für Bewerber, Bewerbungsfristen und ein Auswahlverfahren anhand von Kriterien. Für die Durchführung dieses Verfahrens wären ca. 3 Monate einzuplanen. Es wird darauf hingewiesen, dass dieses Verfahren formal angreifbarer ist, ein Faktor der vor dem Hintergrund der zu vergebenden Mittel beachtet werden müsste. Weiterhin entspricht es nicht der Selbstbindung der Stadt.

Nach einer entsprechenden Auswahl der Träger müssten jeweils einzelne Beschlussdrucksachen in das politische Beschlussfassungsverfahren eingebracht werden, dafür ist ein Zeitraum von rd. 3 Monaten anzurechnen. Eine Beschlussfassung wäre aufgrund der Aufnahme der Träger in das Zuwendungsverzeichnis erforderlich. Die Zuwendung an die Träger würde neben den Personalkosten für die Schulsozialarbeiterstellen und dem Sachkostenbudget einmalige Zahlungen für die Erstausstattung der Büros beinhalten. Weiterhin wäre grundsätzlich davon auszugehen, dass die Träger eine Verwaltungskostenpauschale erheben. Für diese Pauschale und für die spätere Bearbeitung und Prüfung der Verwendungsnachweise der Träger durch die Stadt sind im Vorschlag der Verwaltung bisher keine Kosten berücksichtigt.

Nach einem solchen Beschluss müsste die Verwaltung die fachlichen Konzepte und die Aufgabenbeschreibungen (inc. Sachkostenvergabe) für die Schulsozialarbeit, vor einer Abstimmung mit den Schulleitungen, mit den freien Trägern einvernehmlich abstimmen. Gleiches gilt für die abzuschließenden Kooperationsverträge mit den Schulen.

Parallel dazu müssten die Bewerbungsgespräche bzw. Auswahlentscheidungen für die Sozialarbeiterstellen durchgeführt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass diese normalerweise bis Mitte Mai abgeschlossen sein müssten, um mögliche individuelle Kündigungsfristen von SozialarbeiterInnen (in der Regel 3 Monate) einhalten zu können und eine Einstellung zum 15.8.2012 gewährleisten zu können.

Eine Gewährleistung dafür, tatsächlich alle vorgesehenen Stellen durch wettbewerbskonforme Angebote auch besetzen zu können, besteht beim Ausschreibungsverfahren nicht.

Vor dem Hintergrund der erläuterten zusätzlichen Verfahrensschritte und –risiken sowie den entsprechend erforderlichen Zeitfaktoren geht die Verwaltung davon aus, dass bei einer Beteiligung freier Träger eine Umsetzung der Maßnahme zum 15.8.2012 in Frage gestellt werden muss.

In Kenntnis des beschriebenen Verfahrens, in Verbindung mit dem geplanten Maßnahmebeginn und unter besonderer Berücksichtigung der Befristung der Maßnahme schlägt die Verwaltung deshalb in der Drucksache Nr. 2106/2011 eine alleinige Trägerschaft durch die Stadt Hannover vor.

Zu den rechtlichen Voraussetzungen einer ausschließlichen städtischen Trägerschaft ist der zuständige Fachbereich Recht und Ordnung zu folgendem Ergebnis gekommen:

Träger der freien Wohlfahrtspflege haben in der Vergangenheit wiederholt die Auffassung vertreten, dass im Verhältnis der Träger der freien und der öffentlichen Jugendhilfe ein weitreichendes Subsidiaritätsprinzip gelte, das für eigene Maßnahmen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nur Raum lasse, wenn die Träger der freien Jugendhilfe keine eigenen Angebote bereitstellten. Rechtlich begründet wurde das Subsidiaritätsprinzip mit den Freiheitsgrundrechten des Grundgesetzes. Dieser Argumentation ist das Bundesverfassungsgericht nicht gefolgt. Aus den Grundrechten und dem Sozialstaatsprinzip leitete es eine gemeinsame Verantwortung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Träger der Jugend- und Wohlfahrtspflege ab (vgl BVerfG E 22, 200 ff). Die zur Verfügung stehenden öffentlichen und privaten Mittel müssten möglichst wirtschaftlich eingesetzt werden. Der Gesetzgeber des SGB VIII ist dieser Rechtsprechung des BVerfG mit § 4 Abs. 2 gefolgt.


Nach dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verbietet der Grundsatz eines sinnvollen Einsatzes finanzieller Mittel und der Zusammenarbeit es, von den Gemeinden zu verlangen, dass sie von einem mit bescheidenen Mittel möglichen Ausbau vorhandener eigener Einrichtungen absehen und statt dessen mit erheblich höheren Aufwand die Schaffung einer neuen Einrichtung eines freien Trägers fördern.
In Anbetracht dieser höchstrichterlichen Rechtssprechung rechtfertigen die o.g. Faktoren zur Steuerung der Maßnahme, zur Wirtschaftlichkeit sowie zur zeitgerechten Umsetzung, dass die Stadt ausschließlich eigene Maßnahmen durchführt, ohne dabei den Grundsatz der Subsidiariät zu verletzen.

Anzumerken ist weiterhin, dass die Schulleitungen der beteiligten Schulen auf einer Informationsveranstaltung signalisiert haben, dass sie einen einheitlichen Ansprechpartner bevorzugen und die Anbindung des Aufgabenfeldes Schulsozialarbeit an den kommunalen Sozialdienst begrüßen, um damit auch die Zusammenarbeit, zugunsten der Kinder und Jugendlichen, weiter zu intensivieren.

2. Antrag der AGW

Die Begründung des Antrages ist wie folgt zu ändern:

Zu 3.: Der letzte Satz ist zu streichen und wie folgt zu ersetzen:

Unter Berücksichtigung der Subsidiarität in der Jugendhilfe, der steuerungsrelevanten Faktoren und der wirtschaftlichen Effizienz ist es gerechtfertigt, wenn die Stadt die Steuerungsverantwortung übernimmt und die freien Träger der Jugendhilfe in angemessenem Umfang an der Trägerschaft und den Durchführungen der Maßnahme beteiligt.

Stellungnahme der Verwaltung

Die DS 2106/2011 ist eine Vorlage der Verwaltung. Im Rahmen der politischen Beschlussfassung werden ausschließlich die Antragstexte beschlossen, nicht die Begründungen. Eine Änderung der Begründungstexte der Verwaltung ist per Antrag nicht möglich.

Die erweiterte Begründung der AGW geht aus ihrem eigenen Antrag hervor.

Dez III/ 17.1.12