Gemeinsame Sitzung Jugendhilfeausschuss, Migrationsausschuss, Schulausschuss am 25.10.2010

Protokoll:

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Niederschrift über die gemeinsame Öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses, des Migrationsausschusses und des Schulausschusses am
25.10.2010, 14:00 Uhr, im Hodlersaal des Rathauses, Trammplatz
Ende: 15:55 Uhr


Mitglieder des Jugendhilfeausschusses
A
Stimmberechtigte Mitglieder



Ratsfrau Schlienkamp als Vorsitzende
-
SPD-Fraktion

(Ratsherr Bindert)
-
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

(Frau Bloch)
-
Stadtjugendring Hannover e. V.

(Herr Bode)
-
Arbeitsgemeinschaft der freien
Wohlfahrtsverbände

Frau Böhme
-
Stadtjugendring Hannover e. V.

(Ratsherr Borchers)
-
SPD-Fraktion

Herr Bosse
-
Caritasverband Hannover e. V.

Ratsfrau de Buhr
-
SPD-Fraktion

(Herr Duckstein)
-
Stadtjugendring Hannover e. V.

(Ratsfrau Fischer)
-
SPD-Fraktion

Ratsfrau Handke
-
CDU-Fraktion

Ratsfrau Hindersmann
-
SPD-Fraktion

(Herr Hohfeld)
-
Der Paritätische

(Ratsfrau Jakob)
-
CDU-Fraktion

(Ratsfrau Dr. Koch)
-
SPD-Fraktion

Ratsfrau Neubauer
-
CDU-Fraktion

(Herr Paulun)
-
CDU-Fraktion

(Frau Pietsch)
-
Stadtjugendring Hannover e. V.

(Bezirksratsherr Pohl)
-
CDU-Fraktion

Ratsherr Politze
-
SPD-Fraktion

(Ratsherr Sommerkamp)
-
CDU-Fraktion

Herr Teuber
-
Arbeitsgemeinschaft der freien
Wohlfahrtsverbände

Ratsherr Dr. Tilsen
-
FDP-Fraktion

Ratsfrau Wagemann
-
Franktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

(Herr Werkmeister)
-
DRK Region Hannover e. V.

Frau Wermke
-
Stadtjugendring Hannover e. V.

Herr Witt
-
Stadtjugendring Hannover e. V.
B
Grundmandat



(Beigeordneter Höntsch)
-
DIE LINKE.

Ratsherr List
-
Hannoversche Linke
C
Beratende Mitglieder



Frau Broßat-Warschun
-
Leiterin des Fachbereichs Jugend und
Familie

Frau Dalluhn
-
Vertreterin der Kinderladeninitiative Hannover e. V.

Frau David
-
Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch von Mädchen (Violetta)

Frau Hartleben-Baildon
-
Sozialarbeiterin

(Herr Honisch)
Stadtjugendpfleger

(Herr Jantz)
-
Beratungsstelle mannigfaltig

(Frau Klyk)
-
Vertreterin der Vertreterversammlung der Eltern und Mitarbeiter hann. Kindertagesstätten und Kinderläden

(Frau Kumkar)
-
Lehrerin

Herr Nolte
-
Vormundschaftsrichter

(Herr Pappert)
-
Vertreter der ev. Kirche

(Herr Poss)
-
Vertreter der Jüdischen Gemeinde

(Herr Richter)
-
Vertreter der katholischen Kirche

(Frau Dr. Sekler)
-
Vertreterin der Interessen ausl. Kinder u. Jugendlicher

(Herr Steinecke)
-
Vertreter der freien Humanisten
Mitglieder des Migrationsausschusses
A
Stimmberechtigte Mitglieder



(Bürgermeister Strauch
als Vorsitzender)
-
SPD-Fraktion

Ratsherr Busse
-
CDU-Fraktion

(Ratsfrau Fischer)
-
SPD-Fraktion

Ratsfrau Handke
-
CDU-Fraktion

Ratsfrau Keller
-
SPD-Fraktion

(Ratsherr Kirci)
-
SPD-Fraktion

Ratsfrau Kramarek ab 14:10 Uhr
-
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bürgermeisterin Lange
-
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

(Ratsherr Meyburg)
-
FDP-Fraktion

Ratsfrau Neubauer
-
CDU-Fraktion

(Ratsfrau Schlienkamp)
-
SPD-Fraktion

(Ratsherr Scholz)
-
CDU-Fraktion
B
Grundmandat



Ratsherr Förste
-
DIE LINKE.

(Ratsherr List)
-
DIE LINKE.
C
Beratende Mitglieder



(Herr Bankole)
-


(Herr Elal)
-


(Frau Guaqueta-Korzonnek)
-


(Frau Heine)
-


(Frau Konopinska)
-


(Herr Lamm)
-


Herr Onay


(Herr Pollice)
-


Herr Sangaré
-


(Frau Sediq)
-


(Frau Dr. Sekler)
-
Vertreterin der Interessen ausl. Kinder u. Jugendlicher

(Herr Vossoughi)
-
Vertreter der ev. Kirche
Mitglieder des Schulausschusses
A
Stimmberechtigte Mitglieder



(Ratsherr Degenhardt
als Vorsitzender)
-
SPD-Fraktion

Ratsherr Bindert bis 15:25 Uhr
-
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

(Ratsherr Blickwede)
-
CDU-Fraktion

Ratsfrau de Buhr
-
SPD-Fraktion

Ratsfrau Frank bis 15:05 Uhr
-
CDU-Fraktion

(Frau Frauendorf-Gieske)
-


(Beigeordneter Klie)
-
SPD-Fraktion

Ratsfrau Kramarek ab 14:10 Uhr
-
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

(Ratsherr Meyburg)
-
FDP-Fraktion

Ratsfrau Nerenberg
-
SPD-Fraktion

Ratsfrau Neubauer
-
CDU-Fraktion

(Herr Post)
-


(Ratsfrau Seitz)
-
CDU-Fraktion

(Herr Sieverling)
-
Vertreter der Eltern

(Frau Skorupka)
-
Vertreterin der Schülerinnen und Schüler:
Allgemeinbildende Schulen
B
Grundmandat



(Ratsherr Böning)
-
Wir für Hannover (WfH)

Beigeordneter Höntsch
-
DIE LINKE.



Presse



Frau Thomas
-
Hannoversche Allgemeine Zeitung

Herr Krasselt
-
Neue Presse

Gäste



Herr Dr. Albers
-
Leibniz Universität Hannover
Pädagogische Hochschule Karlsruhe, Institut für Bildungswissenschaften

Herr Harms
-
Lebenshilfe für Menschen
mit geistiger Behinderung gGmbH

Frau Lengert
-
mittendrin -
Verein für die Integration von Menschen mit Behinderung in Hannover e. V.

Herr Dr. Schulz
-
Sozialpädiatrisches Zentrum Hannover

Frau Prof. Dr. Seitz
-
Universität Bremen,
Arbeitskreis Inklusive Pädagogik





Verwaltung



Herr Dr. Behrendt
-
Büro Oberbürgermeister,
Referat für interkulturelle Angelegenheiten

Herr Berg
-
ÖPR 51

Frau Brehmer
-
Fachbereich Jugend und Familie,
Bereich Kommunaler Sozialdienst

Herr Dienst
-
Fachbereich Jugend und Familie,
Bereich Zentrale Fachbereichsangelegenheiten

Frau Drevermann
-
Kultur- und Schuldezernentin

Frau Ebel
-
Fachbereich Jugend und Familie,
Bereich Jugend- und Familienberatung

Frau Frede-Raischies
-
Fachbereich Jugend und Familie,
Bereich Kindertagesstätten und Heimverbund

Frau Fritz
-
Fachbereich Jugend und Familie,
Bereich Zentrale Fachbereichsangelegenheiten

Frau Kalmus
-
Büro Oberbürgermeister,
Presseinformation und Öffentlichkeitsarbeit

Frau Klinschpahn-Beil
-
Fachbereich Jugend und Familie,
Bereich Kindertagesstätten und Heimverbund

Frau Kulczyk
-
Fachbereich Jugend und Familie,
Bereich Jugend- und Familienberatung

Herr Rohde
-
Fachbereich Jugend und Familie,
Bereich offene Kinder- und Jugendarbeit

Frau Schepers
-
Fachbereich Jugend und Familie,
Bereich offene Kinder- und Jugendarbeit

Frau Simpson
-
Fachbereich Bibliothek und Schule,
Bereich Schulorganisation

Frau Teschner
-
Dez. III

Frau Wilke
-
Fachbereich Jugend und Familie,
Bereich Kindertagesstätten und Heimverbund

Herr Krömer für die Niederschrift
Frau Prinz für die Niederschrift

Tagesordnung:



1. Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

2. A N H Ö R U N G gem. § 35 der Geschäftsordnung des Rates zum THEMA: "Inklusion im Elementarbereich"

- Auflistung der Eingeladenen (s. Anlage)







Tagesordnungspunkt 1

Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

Ratsfrau Schlienkamp eröffnete die Sitzung und begrüßte die Anwesenden des Jugendhilfeausschusses, des Migrations- und des Schulausschusses. Insbesondere begrüßte sie als Referentinnen und Referenten Frau Prof. Dr. Seitz von der Universität Bremen, Herrn Prof. Dr. Albers, Herrn Doktor Schulze vom Sozialpädiatrischen Zentrum in Hannover, die Vorsitzende des Vereins "mittendrin e. V.", Frau Lengert und Herrn Harms von der Lebenshilfe Hannover.


Tagesordnungspunkt 2

A N H Ö R U N G gem. § 35 der Geschäftsordnung des Rates zum THEMA: "Inklusion im Elementarbereich"

Die Vorträge von Frau Prof. Dr. Seitz, Herrn Prof. Dr. Albers und Herrn Dr. Schulz sind der Niederschrift als Anlage beigefügt.


Frau Lengert führte aus:
Ich bedanke mich auch recht herzlich für die Einladung und habe mir vorgenommen, am Anfang zu sagen, dass unser Verein ja genau dem entspricht, was in der UN-Konvention steht, nämlich der Beteiligung von Menschen mit Behinderungen oder deren Angehörigen an allen Entwicklungen auf dem Weg zur Inklusion. Ich bin jetzt die erste, die keine Powerpoint-Präsentation vorbereitet hat, weil ich mir vorgenommen habe, ein bisschen darauf einzugehen, was die verschiedenen Redner vor mir gemacht haben. Und da ich das vorher nicht gelesen hatte, habe ich mir ganz viele Notizen gemacht und einiges mitgebracht aus unserem Verein und werde mich auf einiges beziehen.
Ganz kurz vielleicht noch zu unserem Verein: Der ist eigentlich aus der Situation heraus entstanden, die Herr Albers hier auch schon in mehreren Zitaten beschrieben hat: Dass es eben für Eltern wahnsinnig schwierig ist, einen, ich nenne es im Moment noch mal, integrativen Bildungsweg für ihre Kinder mit Behinderungen zu erstreiten. Ich nenne es auch mal bewusst "erstreiten". Ich denke, nicht jeder hat vielleicht eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen, aber es ist an vielen Stellen doch ein Kampf. Das Modellprojekt für Integration in Krippen ist da sicherlich ein erster sehr erfreulicher Weg, der ja zumindest hier in Hannover so gehandhabt wird, dass da keinem Kind mehr eine Barriere entgegen gestellt wird. Das ist aber über Hannovers Grenzen hinaus auch keine Selbstverständlichkeit. Es ist nämlich so, dass wir ja eigentlich noch mitten in der Situation leben, dass wir eigentlich noch kein inklusives Bewusstsein in unserer Gesellschaft haben. Das heißt, wir reden noch ganz viel davon, wie behindert ein Kind ist, versuchen das zu kategorisieren und sprechen in unserem täglichen Sprachgebrauch am ehesten noch von der Integration, nämlich dem Hineinbringen eines behinderten Kindes in ein Umfeld von nicht behinderten Kindern. Das finden Sie ja auch im pädagogischen Alltag wieder, das heißt, wir haben Regeleinrichtungen, in die Kinder ohne Behinderungen gehen können oder diejenigen mit leichteren Beeinträchtigungen, die man da irgendwie noch reinschieben kann; wir haben integrative Einrichtungen im Kindergartenbereich; leider insoweit nur integrativ, als dass sich viele integrative Einrichtungen hier in Hannover nicht in der Lage sehen, Kinder mit schwereren Behinderungen zu integrieren. Da haben wir dann wieder das Problem des zu-behindert-seins. Oder auch Kinder mit autistischen Zügen oder einer Diagnose aus dem Bereich des Autismus werden sehr viel noch in die Richtung kategorisiert, dass man sagt, die seien nicht integrationsfähig. So einen Sprachgebrauch gibt es nach wie vor.
Was hier heute noch nicht genannt worden ist, dass wir in Hannover, wie auch im restlichen Niedersachsen, einen sehr, sehr hohen Anteil an heilpädagogischen Einrichtungen bei Kindertagesstätten haben. Wenn wir uns außerhalb von Niedersachsen bewegen - wir haben als Verein schon viele bundesweite Kontakte -, erleben wir immer wieder, dass das in den anderen Bundesländern auf ein relatives Unverständnis stößt, weil es das da überhaupt nicht mehr gibt. Hier ist es für uns in der Beratung von Eltern und auch in der Findung eines geeigneten beispielsweise Kindergartenplatzes nach wie vor ein riesiges Problem, dass nur ein gewisser Anteil an integrativen Plätzen zur Verfügung steht und ein hoher oder mindestens gleich großer Anteil an heilpädagogischen Plätzen. Das wäre auch eine erste wichtige Frage von meiner Seite: Wie kann damit auf dem Weg zur Inklusion umgegangen werden hier in Hannover? Was passiert mit den heilpädagogischen Einrichtungen? Wir halten es für nicht sinnvoll, ähnlich wie es jetzt auch schon im Schulbereich diskutiert wird zu sagen: die Eltern sollten eine Wahlfreiheit behalten, um damit so ein Restargument zu haben: "Jenes Kind ist eben doch zu behindert oder hat einen zu hohen Hilfebedarf und ist nicht geeignet, um es in eine integrative Einrichtung zu geben". Die heilpädagogischen Einrichtungen verfügen über ein wahnsinnig hohes Kompetenzspektrum, haben ein ganz tolles Angebot für die Kinder - das passend zu dem, was Herr Dr. Schulz gerade gesagt hatte -, und da finden wir ja beispielsweise in der Einrichtung sehr häufig ein sehr gutes therapeutisches Angebot. Von dem können wir viel lernen, wenn wir uns auf den Weg zur Inklusion machen, weil sie ein sehr komplexes Angebot für die Kinder mit Behinderungen anbieten, das Eltern sich in integrativen Einrichtungen oft erst erkämpfen müssen. Ich kann das von meinem eigenen Sohn berichten, den man vielleicht auch als schwer integrationsfähig bezeichnen könnte, wenn man wollte. Da arbeiten wir ständig daran, die Therapeuten und die Pädagogen alle an einen Tisch zu bringen und zu organisieren, wie das funktionieren kann, dass man Therapien in der Einrichtung stattfinden lässt. Bei einem gesetzlich versicherten Kind ist das so gut wie unmöglich. Wenn man den Vorzug der privaten Versicherung genießt, dann kann man da schon mal das Kreuzchen "Hausbesuch" machen und es in einer Einrichtung stattfinden lassen. Aber in der Regel ist es ein Riesenproblem, die Hilfen an einen Tisch zu bringen.
Ich habe ja gerade schon ein bisschen Bestandsaufnahme gemacht. Wir haben hier in Hannover heilpädagogische, regel- und integrative Einrichtungen. Alle drei Einrichtungstypen brauchen sicherlich Konzepte, wie sie sich auf den Weg zur Inklusion machen können. Da kann man nicht ein Konzept entwickeln, das man einem überstülpt, weil jeder ja einen anderen Zugangsweg hat. Die integrativen Einrichtungen brauchen Unterstützung auf dem Weg dahin, wie sie tatsächlich inklusiv für alle Kinder sein können und nicht nur für die leichter behinderten Kinder. Die Regeleinrichtungen haben sicher einen hohen Fachberatungsbedarf, um sich überhaupt zuzutrauen, mit einer größeren Vielfalt an Kindern umzugehen. Die heilpädagogischen Einrichtungen - denke ich - die könnten einfach mehr Mut haben, ihr vorhandenes Know-how auch anders einzusetzen. Auf diesem Weg der Weiterentwicklung zu inklusiveren Einrichtungen entsteht ein sehr hoher Beratungsbedarf, und zwar auf allen Seiten. Da war auch schon genannt worden der Beratungsbedarf der Eltern; denn auch die Eltern werden ja sehr früh mit dem unterschiedlichen Hilfebedarf ihrer Kinder konfrontiert und sind im Moment noch in der Situation, dass sie eigentlich gar nicht wissen, wo sie die alle her holen sollen. Sie sind häufig mit Einrichtungen konfrontiert, die sich überfordert fühlen und dass man, wenn man auf der Suche beispielsweise nach einem integrativen Kindergartenplatz ist, eine sehr individuelle Begleitung machen muss, indem man Einrichtung für Einrichtung abklappert, immer wieder darstellt, wie der Förderbedarf des Kindes konkret aussieht und auch mit den Einrichtungen zusammen bereits entwickelt, wie der erfüllt werden könnte. So haben wir beispielsweise einen integrativen Krippenplatz für ein Kind mit einem Coch-learimplantat. wir haben fast anderthalb Jahre hier in Hannover nach einer Einrichtung gesucht, die sich das zutraut und letztendlich einen weiteren integrativen Krippenplatz geschaffen. Auch beispielsweise große Träger wie die AWO haben unsere Beratung genutzt, um sich zuzutrauen, eine Integration in der AWO-Kindertagesstätte Freytagstraße einzurichten.
Wenn man sich von der Integration langsam auf den Weg zur Inklusion machen möchte, dann kann man auch nicht mehr bei den bisherigen Gruppengrößen starr bleiben und sagen: Eine Regelgruppe hat 25 Kinder, eine Gruppe mit Einzelintegration hat 20 Kinder und eine integrative Gruppe hat 18 Kinder. Das würde nämlich dazu führen, dass man weiterhin sagen muss: Der ist zu behindert, um dies zu machen oder jener ist nicht behindert genug, um die Gruppengröße zu reduzieren, oder ... oder... da sind einfach neue Modelle gefragt, und das kann sicher nicht nur die Stadt Hannover leisten, sondern da würden wir uns wünschen, dass die Stadt Hannover beim Land anklopft und sagt: Die Qualität, die durch die zweite Durchführungsverordnung gesichert wird, ist gut und schön. Aber kann nicht so bleiben, wenn wir von Inklusion sprechen. Da muss sich an der Durchführungsverordnung was ändern, was natürlich auch immer die Gefahr birgt, dass man hinterher eher weniger in die Einrichtung reingibt als man vorher gegeben hat. Aber wir kommen nicht umhin, Gruppengrößen zu verändern, wenn man zum Beispiel Kinder mit Autismus oder mit Verhaltensauffälligkeiten in Einrichtungen packt. Da sehen wir ein großes Entwicklungspotential gerade in großen Einrichtungen. Es gibt ja beispielsweise Einrichtungen, die haben eine Sprachheilgruppe und mehrere Regelgruppen, und indem man da vielleicht einfach ein bisschen mehr bausteinhafter denkt, da gibt es sicher auch einfache Lösungen, Gruppengrößen unterschiedlich zu gestalten.
Ich fand den letzten Übergang von Herrn Schulz noch mal ganz wichtig, dass es notwendig ist, im Prinzip für jedes Kind ein Netzwerk aus Hilfen zu stricken. Deshalb finde ich das heute auch eine sehr schöne Situation, dass so verschiedene Ausschüsse da sind. Denn es wird nicht mehr so einfach sein zu sagen: Die Kosten muss hier auf jeden Fall das Sozialamt übernehmen und jene Kosten auf jeden Fall das Jugendamt oder das Gesundheitsamt, sondern man muss irgendwie sehen, wie man es auch für die Familien so hinbekommt, dass es ineinander greift. Auch da wieder kann die Familie das nicht alleine leisten, sondern braucht eine Beratung, die ihr hier zur Seite steht und hilft, ein solches Förderpaket für ihre Kinder zu stricken.
An dieser Stelle möchte ich gern darauf aufmerksam machen für die, die es noch nicht wissen, dass wir uns mal auf den Weg machen, ein solches Beratungsangebot hier in Hannover zu stricken, einen ersten Versuch zu unternehmen und im kommenden Jahr eine Beratungsstelle eröffnen werden, für die wir bei der Stadt auch Zuschüsse beantragt haben. Sie möchte einerseits Eltern diese unabhängige Beratung anbieten und herausfinden, was die geeignete Bildung im Elementarbereich und anschließend im Schulbereich ist. Andererseits wolle sie auch weiterhin die eben schon zum Teil stattgefundenen Fachberatungen in Einrichtungen oder die Begleitung in eine integrative oder inklusive Maßnahme leisten.
Vielen Dank!

Herr Harms trug Folgendes vor:
Ich möchte mich erstmal für die Einladung zu diesem wichtigen Thema bedanken.
Beginnen möchte ich mal mit einem Zitat unseres Landesgeschäftsführers zur Inklusion im Elementarbereich: "Umdenken ist angesagt! Es gibt immer noch Kindertagesstätten und Schulen als gesonderte Gebilde. Inklusion heißt, Umgebungen zu schaffen, wo behinderte Kinder in Kindertagesstätten die gleichen Förder- und Bildungschancen erhalten wie die nicht behinderten Kinder."
Das Thema "Inklusion im Elementarbereich" führt uns also in eine Welt der konsequenten Betrachtung. Alles Andere ist eine Illusion; das muss allen Beteiligten klar sein. Inklusion im Elementarbereich in Hannover kann nur bedeuten, dass wir die Betreuung von behinderten Kindern in hannoverschen Kindertagesstätten als vollkommen selbstverständlich ansehen. Das hat zur Folge, dass Eltern ihre Kinder mit Behinderungen ohne Wenn und Aber in jeder in der Nähe des Elternhauses gelegenen Kindertagesstätte anmelden können. Dass die räumlichen Prämissen vorliegen oder in kürzester Zeit realisiert werden müssen, sollte vorausgesetzt werden. Das setzt natürlich auch eine gewisse Flexibilität aller beteiligten Akteure voraus. Neben den räumlichen Voraussetzungen müssen auch die beruflichen Qualifikationen den zukünftigen Anforderungen Rechnung tragen. Gehen wir in einem bisherigen Regelkindergarten zunächst von den Berufsbildern der Erzieher und Sozialassistenten aus, werden wir in einem konsequent umgesetzten Inklusionsmodell auch Berufsbilder aus dem heilpädagogischen Spektrum begrüßen können, um allen Kindern mit und ohne Behinderungen die notwendigen Hilfen zukommen zu lassen. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskon­vention lässt nur diesen einen Weg für die Stadt Hannover zu. In Hannover gibt es eine Trägervielfalt, die eine notwendige Beratung zur Umsetzung ermöglicht. Aber allen Beteiligten muss auch deutlich sein - da schließe ich mich meinen Vorrednern an -: Inklusion gibt es nicht zum Nulltarif. Allein schon vor dem Hintergrund, dass die Kindergruppen kleiner werden, die Qualifikation der Betreuer sich ändert, Umbauten in Betracht gezogen werden müssen - dies alles verursacht immense Kosten. Gleichwohl dürfen wir uns von dem Kostenaspekt als oberstes Primat nicht leiten lassen, denn Inklusion entsteht in den Köpfen der Menschen, bei kleinen Kindern am schnellsten. Denn erst die Erwachsenen bringen den Kindern bei, dass es behinderte Kinder gibt. Wenn wir dies nicht tun würden, wachsen unsere Kleinsten mit dem Bewusstsein auf, dass eine Behinderung das Normalste der Welt sei. Und das ist eine wichtige Vorschubarbeit für die inklusive Schule, die den späteren Schulkindern als das Selbstverständlichste erscheint. Wir schaffen ein Umfeld, in dem Dinge, die bisher im Leben vieler Kinder nicht präsent waren, einen normalen Stellenwert erlangen. Das heißt: wir beenden die Spezialisierung. Die Normalität der Inklusion mit Behinderung erscheint als eine Selbstverständlichkeit und kann für Betroffene und Angehörige Lebensinhalt sein und wird von Menschen ohne Behinderung mitgetragen.
Wenn wir uns die meisten aktuellen Konzeptionen der Kindertagesstätten ansehen, entdecken wir, dass sich das pädagogische Ansinnen zielgerichtet darauf ausrichtet, dass sich jedes einzelne Kind mit seinen Bedürfnissen und Interessen darin wieder finden kann. Nur wenige Konzeptionen sind auf das Kind mit einer Behinderung ausgerichtet. Ich habe feststellen müssen, dass Kinder mit Behinderungen ausgeschlossen werden. Die derzeitigen Rahmenbedingungen haben zurzeit einen deutlich ausschließenden Charakter. Aus diesem Grund begrüßt die Lebenshilfe Hannover die Anhörung der Landeshauptstadt Hannover zum Thema "Inklusion im Elementarbereich". Das für die in der Heilpädagogik Tätigen Selbstverständliche, das immer Wiederkehrende, findet in der Regel in der Kita nicht den Platz, den unsere Kinder mit Behinderungen benötigen. Das ist keine Kritik an den Erziehern, die ihre pädagogische Arbeit mit sehr viel Engagement verrichten. Nein, das ist eine Kritik am System. In den bisherigen großen Gruppen mit 25 Kindern muss aus zeitrationellen Gründen darauf geachtet werden, dass Kinder innerhalb einer angemessenen Zeit funktionieren. Funktionieren sie nicht, dann können die Eltern nur hoffen, einen Platz für ihr Kind in einer Spezialkita zu erhalten. Hier arbeiten dann auch Heilpädagogen. Die Gruppen sind kleiner; die Rahmenbedingungen stimmen also. Aber - das müssen Sie natürlich zugeben - mit Inklusion hat das nicht so viel zu tun.
Die Perspektive eines Kindes mit Behinderungen einzunehmen, zwingt uns notwendig, die Einrichtung und die Pädagogik mit neuen Augen zu sehen. Wir sprechen über eine neue Lernumgebung, die den Kindern hilft, auch unter erschwerten Bedingungen einen Selbständigkeitsgrad zu erreichen, der für diese Kinder angemessen ist. Mit der Diskussion zur Inklusion haben wir die einmalige Chance, dass Kinder mit Behinderungen mit ihrer Umwelt in einen wertschätzenden Dialog kommen. Wir erleben häufig, dass Eltern behinderter Kinder häufig traumatisiert sind. Sie fühlen sich oft schuldig und verunsichert, das Schicksal ihrer Kinder mit verursacht zu haben. Und sie fühlen sich allein gelassen. Da ergreifen sie jede Chance, um die Situation ihres behinderten Kindes zu verbessern.
Ich würde gern einmal einige kurze Auszüge aus einem Elternbrief, dem Brief eines Vaters, vorlesen, damit auch deutlich wird, worum es geht. Der Vater schreibt:
"Grundsätzlich stehe ich dem Thema 'Inklusion' sicherlich sehr positiv gegenüber. Jeder Mensch ist in seinen Sinneswahrnehmungen, in seinen motorischen und geistigen Fähigkeiten eingeschränkt und damit behindert. Nur die Ausprägung ist unterschiedlich. Insofern sollte auch das anders sein, vollkommen normal sein, und jedes Kind nach seinen Voraussetzungen und Möglichkeiten gefördert werden. Eine Ausgrenzung sollte möglichst vermieden werden.
Mein Anliegen ist, die Sicht etwas zu erweitern auf die schwerstbehinderten Kinder, die zum Beispiel in einer Einrichtung leben und lernen. Hier macht es mir zum Teil ernsthaft Schwierigkeiten, mir vorzustellen, wie sie in eine Gruppe mit normalen Kindern integriert werden. Ich glaube, dass die Realität dieser Kinder den meisten Pädagogen, die sich mit dem Thema "Inklusion" beschäftigen, fremd ist. Ich möchte dies einmal anhand meines behinderten Sohnes schildern:
Mein Sohn kann seine Arme und Beine nicht zielgerichtet bewegen, kann sich weder fortbewegen noch im Bett drehen noch etwas anfassen. Er ist blind, kann nicht sprechen und versteht auch sprachlich nicht, was man ihm sagt. Zielgerichtet bewegen kann er seinen Kopf. Er ist inkontinent und hat eine Ernährungsproblematik. Er hat jahrelang jeden Tag erbrochen und musste abgesaugt werden. Was benötigt er in der Versorgung in einer Kita? Essen- und Trinktraining, Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie. Das tägliche Stehen im Stehbrett und die Nutzung anderer Hilfsmittel zur Stabilisierung der orthopädischen Entwicklung während der Wachstumszeit sind zu nutzen. Die pflegerische Betreuung, usw., usw."
Der Brief des Vaters beschreibt die Situation recht deutlich, und ich muss zugeben, dass mich das auch in meiner konsequenten Herangehensweise an das Thema "Inklusion" bestärkt hat. Auch Kinder mit Behinderungen benötigen eine sichere Basis, in der das Kind ein Gefühl der Sicherheit erlebt, eine gute Selbstwertschätzung und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit. Ich gebe auch zu, dass sich eine gemeinsame Philosophie und die Offenlegung innerer Werthaltungen nicht anordnen lassen. Auch vor dem Hintergrund monetärer Problemfelder können wir einen Anfang machen für das Gelingen einer Pädagogik der Vielfalt und der Gestaltung inklusionsförderlicher Rahmenbedingungen.
Ich möchte meinen kurzen Vortrag damit schließen und Ihnen sagen, dass die Lebenshilfe Hannover Ihnen für die Planung, für die Beratung ihre Unterstützung anbietet.
Herzlichen Dank!

Beigeordneter Höntsch fragte, ob es richtig sei, dass bei dem von Prof. Dr. Albers genannten Inklusionsmodell in Tirol ausdrücklich blinde und gehörlose Kinder ausgeschlossen würden.

Herr Prof. Dr. Albers antwortete, dass das Konzept Blinde und Gehörlose mit einschließe. Dabei müssten jedoch ambulante Unterstützungssysteme genutzt werden.

Ratsfrau Handke bedankte sich für die Vorträge und begrüßte ausdrücklich die Absicht des Vereins "mittendrin", eine Beratungsstelle zu errichten sowie die Vorstellung der Schaffung eines individuellen Netzwerks für jedes Kind mit Behinderungen.
An Frau Lengert richtete sie die Frage, ob eine wohnortnahe Unterbringung für Kinder mit Behinderungen überhaupt möglich sei.

Frau Lengert meinte, in der Großstadt habe man oft den Vorteil, mehrere Kindergärten in Wohnortnähe zu haben, so dass eine Auswahl bestehe. Zwar würde sie ein behindertes Kind nicht gegen den erklärten Willen in eine bestimmte Kindertagesstätte geben; jedoch würde sie andererseits auch keine Grenze ziehen. In diesen Fällen bedeute individuelle Begleitung, dass mit jedem einzelnen Kindergarten über die Aufnahme des behinderten Kindes gesprochen werden müsse.

Auf eine Frage von Bürgermeisterin Lange zum Thema "behinderte Kinder mit Migrationshintergrund" äußerte Frau Prof. Dr. Seitz, sie habe oft beobachtet, dass Kinder mit Migrationshintergrund oft zu Auffälligkeiten neigten, die jedoch nach einer gewissen Zeit der Betreuung wieder verschwänden. Problematisch bei der Unterbringung von behinderten Kindern mit Migrationshintergrund sei jedoch eine Konkurrenzsituation, die sich dadurch ergebe, dass Kindertagesstätten einerseits zwar am liebsten Kinder aufnähmen, deren Eltern beide erwerbstätig seien. Andererseits müssten jedoch auch Kinder aufgenommen werden, deren Eltern nicht beide erwerbstätig seien, deren Wohl jedoch gefährdet sei.

Frau Lengert meinte, dass sich integrative Kindertagesstätten und solche, die Kinder mit Migrationshintergrund aufnähmen, ergänzten, weil beide mit Heterogenität umgehen könnten.
Im Übrigen verwies sie darauf, dass der Verein eine zunehmende Zahl von Beratungsanfragen von Eltern mit einem behinderten Kind und mit Migrationshintergrund verzeichne.

Ratsfrau Wagemann bedankte sich für die Vorträge und wies auf die positive Resonanz der integrativen Einrichtungen in Hannover hin.
Sie fragte, was den integrativen Einrichtungen fehle, um inklusiv zu werden und wie die Frage der flexiblen Ressourcenzuteilungen gelöst werden könne.

Frau Prof. Dr. Seitz erläuterte zur Frage, was für die Inklusion benötigt werde, den Index für Inklusion für Tageseinrichtungen und seine unterschiedlichen Ebenen. Dabei gehe es um die gedankliche Verknüpfung mit unterschiedlichen Formen von Heterogenität und um die Entwicklung zu einer demokratischen Einrichtung. Es gehe darum, die unterschiedlichen Ebenen dieses Index, die Ebene der inklusiven Kulturen oder Orientierungsqualität, die inklusiven Strukturen oder Strukturqualität und die inklusiven Praktiken oder die Prozessqualität miteinander zu verquicken. Diese Entwicklung gehe nicht von heute auf morgen, sondern brauche Zeit.

Frau Lengert ergänzte, dass, solange nicht von inklusiven Einrichtungen gesprochen werden könne, wie kein ausreichendes Angebot bestehe und erläuterte dies anhand eines Beispiels.

Herr Prof. Dr. Albers wies ergänzend darauf hin, dass Kinder, die etwas benötigten, bis jetzt immer noch deutlich machen müssten, was sie nicht könnten. Andererseits werde jedoch in der Ausbildung gelehrt, die Stärken der Kinder hervorzuheben. Auch hier sei auf dem Weg zur Inklusion ein Umdenkungsprozess notwendig.
Zur Kostenfrage meinte er, es gebe zumindest für das Schulwesen Untersuchungen, dass eine Umstellung kostenneutral möglich sei, wenn nicht die Förderzentren neben den Schulen bestünden.

Frau Prof. Dr. Seitz erläuterte anhand eines Beispiels aus Bremen, dass sich auch ein Förderzentrum öffnen und als inklusive Schule präsentieren könne.

Ratsfrau Hindersmann fragte, was die Kommune den Einrichtungen zur Verfügung stellen müsse, die inklusiv arbeiten wollten. Ferner bat sie um eine Einschätzung der Situation in Hannover vor dem Hintergrund, dass die heilpädagogischen Einrichtungen geschlossen und die Betreuungseinrichtungen inklusiv arbeiten würden. Sei davon auszugehen, dass der Bedarf in Hannover damit gedeckt wäre?

Ratsherr List begrüßte die Diskussion um das Thema "Inklusion" und wies darauf hin, dass viele Eltern der Tatsache, dass ihr Kind behindert sei, zunächst ablehnend gegenüberstünden. Er fragte, wie ein besserer Zugang zu diesen Eltern erreicht werden könne.

Frau Lengert meinte, die vorhandenen Gruppengrößen sollten als Orientierungslinien genommen werden. Es müsste jedoch in den integrativen Kindertagesstätten nachgefragt werden, aus welchen Gründen auf der Warteliste stehende Kinder abgelehnt würden. Dies hänge nach ihrer Auffassung oftmals an den Ressourcen, aber auch der Personalschlüssel könne eine Rolle spielen.
Es gebe sicher auch Kinder, für die die Gruppengröße verkleinert werden müsse. Es sei natürlich eine berechtigte Frage, inwieweit dies auch von kleinen Einrichtungen leistbar sei. Hingegen könne bei größeren mehrgruppigen Einrichtungen überlegt werden, ob Gruppen flexibilisiert werden könnten.
Es sei offenbar so, dass zusätzliche Hilfen für ein Kind in einer integrativen Einrichtung nicht unbedingt teurer sein müssten als die Unterbringung in einer heilpädagogischen Einrichtung. Dies sollte einmal gegengerechnet werden.
Zur Praxisausstattung sei zu sagen, dass ein Kind viele seiner Hilfsmittel selbst mitbringe. Schwieriger sei es natürlich beispielsweise für gehörlose Kinder. Auch müssten sich die Eltern davon verabschieden, dass es eine Kindertagesstätte in der Nebenstraße gebe. Jedoch müssten mehr Angebote geschaffen werden, als es im Augenblick der Fall sei.
Eine Schließung der heilpädagogischen Einrichtungen komme für sie nicht in Betracht. Es müsse eher um eine Form der Umwandlung gehen, denn das dort bestehende Know-how werde dringend benötigt. Was die Bedarfsdeckung angehe, so seien in ihrem Verein oft Fälle zu beobachten, die einen Integrationsplatz nicht erhalten hätten, dann aber doch irgendwo in einer Regelkita aufgenommen worden seien. Hierbei handle es sich dann nicht um Inklusion, weil das Kind dort keine zusätzlichen Hilfen erhalte, die es benötige.
Auf den Hinweis des Ratsherrn List eingehend, meinte sie, dass Eltern ihre Kinder oft deshalb nicht als behindert ansähen, weil sie die Befürchtung hätten, dass diese aussortiert würden. Das langfristige Ziel der Inklusion sei ja, dass schon beschrieben werden solle, welcher Hilfebedarf nötig sei, dass aber die Etikettierung der Kinder als Behinderte entfalle.

Frau Prof. Dr. Seitz wies auf das Spannungsfeld zwischen den pädagogischen Fachkräften einerseits und den Eltern andererseits hin. Dieses entstehe, weil die Ressourcen auf einem Weg erkauft werden müssten, ohne das Kind zu stigmatisieren. Die Fachkräfte gerieten in das Dilemma, Defizite zu beschreiben und somit das Gegenteil von dem tun zu müssen, was sie in der Ausbildung erlernt hätten. Der Zwang, Ressourcen nicht flexibel vergeben zu können, schaffe eine Vielzahl von Problemen.

Ratsfrau Keller fragte nach den Erfahrungen, die in Bremen mit behinderten Kindern mit Migrationshintergrund in Betreuungseinrichtungen für unter Dreijährige gemacht wurden und wie sich in Hannover die Familien mit den verschiedenen Betreuungseinrichtungen vernetzten.

Ratsherr Busse fragte, wie die Eltern den Weg zum Verein "mittendrin" fänden.

Ratsfrau Wagemann machte deutlich, dass gerade die Frage der Kosten in der realen Politik eine große Rolle spielen dürfte. Sie fragte, wie viele Menschen in Hannover betroffen seien, die nicht das bekämen, worauf sie einen Anspruch hätten, ohne den Rechtsweg beschreiten zu müssen.

Herr Prof. Dr. Albers meinte zunächst, dass Familienzentren eine große Rolle im Rahmen der Kooperation mit der Elternbildung spielen könnten. Im Rahmen solcher Netzwerke wie der Elternbildung werde ja gerade herausgearbeitet, wie Familien erreicht werden könnten.
Hinsichtlich der rechtlichen Problematik verwies er darauf, dass es zwar die UN-Kinderrechtskonvention gebe; jedoch benötige man noch einen nationalen Aktionsplan, der gegenwärtig gestartet werde.

Frau Lengert erläuterte zunächst die Zusammensetzung des Vereins "mittendrin". Dies führe dazu, dass das Klientel auf verschiedenen Wegen erreicht werden könne. Auch werde von unterschiedlichen Stellen auf den Verein verwiesen.
Zur Inanspruchnahme der Rechte machte sie deutlich, dass es immer wieder Familien gebe, die einen integrativen Platz suchten, ihn aber nicht bekämen. Hier müsse überlegt werden, wie damit umgegangen werden könne. Die Eltern hätten oft die Angst, dass ihre Kinder keine Teilhabe an der Gesellschaft hätten. Hier müsse überlegt werden, was Teilhabe überhaupt auch schon in diesem Alter bedeute und wie dies vor Ort in ehemaligen Rekelkindertagesstätten oder integrativen Kindertagesstätten realisiert werden könne.

Daraufhin bedankte sich Ratsfrau Schlienkamp bei den Referentinnen und Referenten sowie den Anwesenden und schloss die Anhörung.



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(Drevermann) Für die Niederschrift:
Stadträtin Krömer