Drucksache Nr. 1767/2012:
Konzessionierungsverfahren/Neuvergabe der Wegenutzungsverträge Strom, Gas, Wasser und Fernwärme

Informationen:

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Ausschuss für Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten
In den Ausschuss für Haushalt Finanzen und Rechnungsprüfung
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
 
1767/2012
1
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt

Konzessionierungsverfahren/Neuvergabe der Wegenutzungsverträge Strom, Gas, Wasser und Fernwärme

Antrag, zu beschließen bzw. zur Kenntnis zu nehmen:


1.) zur Kenntnis zu nehmen, dass die Wegenutzungsverträge für Strom und Gas in getrennten Losen nach den Grundsätzen des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ausgeschrieben werden. Das Verfahren wird europaweit bekannt gemacht und in Anlehnung an ein Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb durchgeführt.

2.) zur Kenntnis zu nehmen, dass die Verfahren zur Vergabe der Konzessionsverträge Wasser und Fernwärme an die Stadtwerke Hannover AG ohne Bekanntmachung durchgeführt werden.

3.) zu beschließen, dass die Wertungskriterien für die Vergabe der Wegenutzungsverträge Strom und Gas wie in der Drucksache beschrieben, festgelegt und gewichtet werden. Die Verwaltung wird ermächtigt, die Hauptkriterien durch sachgerechte Unterkriterien zu konkretisieren.

4.) zu beschließen, dass mit der Neuvergabe des Wegenutzungsvertrages Fernwärme ein angemessenes Gestattungsentgelt (Konzessionsabgabe) und ein Fernwärmeausbaupogramm mit Schaffung zusätzlicher Anschlusskapazitäten verhandelt wird. Ziel ist ein Anteil der Fernwärme am hannoverschen Wärmemarkt von mindestens 30 % im Jahr 2020. Bemessungsgrundlage für das Gestattungsentgelt soll nicht die Trassenlänge sein.


5.) die Verwaltung wird beauftragt, das Verfahren durchzuführen und dem Rat die endverhandelten Verträge zur Beschlussfassung erneut vorzulegen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass oder inwieweit die Neuvergabe der Wegenutzungsverträge Strom, Gas, Wasser und Fernwärme geschlechtsspezifische Auswirkungen entfaltet.

Kostentabelle

Darstellung der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen in Euro:
Teilfinanzhaushalt 20 - Investitionstätigkeit
Bezeichnung
EinzahlungenAuszahlungen
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Beiträge u.ä. Entgelte für Investitionstätigkeit 0,00 €
Veräußerung von Sachvermögen 0,00 €
Veräußerung von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
  
  
Erwerb von Grundstücken und Gebäuden 0,00 €
Baumaßnahmen 0,00 €
Erwerb von bewegl. Sachvermögen 0,00 €
Erwerb von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
Saldo Investitionstätigkeit 0,00 €
0,00 €

Teilergebnishaushalt 20 und Andere - Investitionstätigkeit
Produkt 53501
Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH und Andere
Angaben pro Jahr
Ordentliche ErträgeOrdentliche Aufwendungen
Zuwendungen und allg. Umlagen 0,00 €
Sonstige Transfererträge 0,00 €
Öffentlichrechtl. Entgelte 0,00 €
Privatrechtl. Entgelte 0,00 €
Kostenerstattungen 0,00 €
Auflösung Sonderposten (anteilige Zuwendungen) 0,00 €
Sonstige ordentl. Erträge 4.000.000,00 €
  
Außerordentliche Erträge 0,00 €
  
Erträge aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Personalaufwendungen 0,00 €
Sach- und Dienstleistungen 0,00 €
Abschreibungen 0,00 €
Zinsen o.ä. (TH 99) 0,00 €
Transferaufwendungen 0,00 €
Sonstige ordentliche Aufwendungen 0,00 €
  
Saldo ordentliches Ergebnis 4.000.000,00 €
Außerordentliche Aufwendungen 0,00 €
Saldo außerordentliches Ergebnis 0,00 €
Aufwendungen aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo gesamt 4.000.000,00 €
Aus der Neufassung der Verträge werden verminderte Aufwendungen für die LHH erwartet und insbesondere aus der Einführung der Fernwärmekonzessionsabgabe werden höhere Einnahmen erwartet (HSK VIII). Eine Differenzierung zwischen verminderten Aufwendungen und erhöhten Erträgen ist derzeit noch nicht möglich.

Begründung des Antrages

Die mit der Stadtwerke Hannover AG bestehenden Konzessionsverträge über die Versorgung mit elektrischer Energie (Strom), Gas, Wasser und Fernwärme im gesamten Stadtgebiet laufen selbständig aber parallel bis einschließlich zum 20.05.2014. Der Rechtsrahmen zu den Konzessionsverträgen hat sich seit deren Verhandlung und Abschluss im Jahr 1994 erheblich verändert.

Im Rahmen der Liberalisierung der Energiemärkte wurde der Betrieb der Netze und die Belieferung von Endkunden mit Strom und Gas voneinander getrennt (sogenannte Entflechtung). Deshalb ist die Belieferung der Endkunden mit Strom und Gas nicht mehr Gegenstand der Konzessionsverträge Strom und Gas. Die Endkunden können ihren Lieferanten frei wählen. Um eine Versorgung mit Strom und Gas sicher zu stellen, besteht nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) eine Pflicht zur Belieferung von Endkunden mit Strom und Gas durch den Grundversorger. Grundversorger ist das Energieversorgungsunternehmen, das in einem Netzgebiet die meisten Haushaltskunden versorgt. In der Landeshauptstadt Hannover ist die Stadtwerke Hannover AG Grundversorger. Weiterhin wurde im Rahmen der Novellierung des Energierechts im Jahr 1998 die Möglichkeit der exklusiven Einräumung der Wegenutzungsrechte für Strom und Gas an den öffentlichen Verkehrswegen an ein Unternehmen durch die Streichung der entsprechende Ausnahmeregelung im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gestrichen.

Die neu abzuschließenden Verträge für Wasser und Fernwärme beinhalten neben dem jeweiligen Wegenutzungsrecht, weiterhin die Berechtigung und Verpflichtung zur Versorgung mit Wasser bzw. Fernwärme. Es handelt sich um Konzessionsverträge, die sowohl die Wegenutzungsrechte, als auch und das Recht und die Pflicht des Konzessionsnehmers zur Belieferung mit Wasser bzw. Fernwärme regeln.

Über den Wasserkonzessionsvertrag kann die Landeshauptstadt Hannover aufgrund einer Übergansregelung in § 131 Abs. 6 GWB dem Wasserversorgungsunternehmen weiterhin exklusive Wegenutzungs- und Versorgungsrechte einräumen. Hinsichtlich der Fernwärme sieht das GWB keine solche Ausnahmeregelung vor.

Die Landeshauptstadt Hannover ist verpflichtet, die Neuvergabe der Wegenutzungsrechte für Strom, Gas, Wasser und Fernwärme im Wege eines rechtssicheren und transparenten Verfahrens durchzuführen. Zur Begleitung dieser komplexen Themen und zur Durchführung des Verfahrens wurde ein externer juristischer und energiewirtschaftlicher Berater hinzugezogen. Beauftragt wurde die Bietergemeinschaft kbk Rechtsanwälte, Hannover/BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH, Aachen.

Wegenutzungsverträge (Strom, Gas, Wasser und Fernwärme) stellen sogenannte Dienstleistungskonzessionen dar. Art. 17 der Richtlinie 2004/18/EG (Vergabekoordinierungsrichtlinie) stellt ausdrücklich fest, dass das Kartellvergaberecht (abgesehen von Art. 3 der Richtlinie 2004/18/EG) auf Dienstleistungskonzessionen keine Anwendung findet. Somit fallen Wegenutzungsverträge nicht in den Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB.



Auch wenn das Kartellvergaberecht keine Anwendung findet, ist bei der Gestaltung des Verfahrens den primärrechtlichen Grundsätzen des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Rechnung zu tragen.

Verfahren nach den allgemeinen Grundsätzen des AEUV erfordern eine hinreichend zugängliche Bekanntmachung vor der Auftragsvergabe, die diskriminierungsfreie Beschreibung des Auftragsgegenstands, den gleichen Zugang für Wirtschaftsteilnehmer aus allen Mitgliedstaaten, angemessene Fristen und einen transparenten und objektiven Ansatz. Es sind insbesondere folgende Grundsätze zu beachten:

· Transparenz des Verfahrens
· Gleichbehandlung
· Nichtdiskriminierung
· Verhältnismäßigkeit


Prämissen der Neuvergabe

Die Neuvergabe der Konzessionsverträge stellt eine HSK VIII – Maßnahme dar. Mit Drucksache 2351/2011 hat der Rat der Landeshauptstadt Hannover am 23.02.2012 beschlossen, dass durch eine Optimierung der Kostenstruktur und der Erträge ein Volumen von 4 Mio. € zu erzielen ist.
Die Höhe der Konzessionsabgaben im Strom, Gas und Wasserbereich ist gesetzlich limitiert; hier wird jeweils die „Zahlung der höchstmöglichen Konzessionsabgabe“ vereinbart.

Neben der Optimierung der Kosten, insbesondere bei Baumaßnahmen, ist der HSK VIII-Betrag jedoch nur dann zu erzielen, wenn zusätzlich ein Gestattungsentgelt für Fernwärme eingeführt wird (siehe unter Begründung zu Beschlusspunkt 4).

Auszug Drucksache 2351/2011
HSK-Maßnahme
HSK-Effekt
Konzessionsverträge
Optimierung der Kostenstruktur und der Erträge bei Neuabschluss der Konzessionsverträge für Gas, Wasser, Strom und Fernwärme im Jahr 2014
4 Mio. €


zu 1 Neuvergabe Wegenutzungsverträge Strom und Gas

Für die Vergabe der Wegenutzungsverträge Strom und Gas ergeben sich weitere Verfahrensanforderungen aus dem Energie- und dem Kartellrecht. Hierzu haben die Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt im Dezember 2010 einen gemeinsamen Leitfaden heraus gegeben, der die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Verfahrensablauf und die zulässigen Vertragsinhalte aus Sicht dieser Behörden darstellt.

Bei der Ausgestaltung der Wegenutzungsverträge Strom und Gas ist unter anderem die Beachtung des sogenannten Nebenleistungsverbots relevant. Gegenleistungen des Energieversorgungsunternehmens (EVU) für die Einräumung der Wegenutzungsrechte durch die Stadt sind durch die Konzessionsabgabenverordnung (KAV) eingeschränkt. Neben der Konzessionsabgabe darf ein Kommunalrabatt gewährt und notwendige Kosten der Stadt vergütet werden, die bei Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen an den öffentlichen Verkehrswegen durch die Versorgungsanlagen entstehen. Darüber hinaus dürfen vom EVU Verwaltungskostenbeiträge für Leistungen der Stadt gezahlt werden. In gewissem Umfang sind auch Leistungen im Rahmen kommunaler Energiekonzepte und anderer Maßnahmen zur Energieeinsparung zulässig.

Die Gewährung weiterer Leistungen verstößt gegen das Nebenleistungsverbot, sofern Leistung und Gegenleistung nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Ein Verstoß gegen das Nebenleistungsverbot kann eine Nichtigkeit des Vertrages und ein Einschreiten der Aufsichtsbehörden, insbesondere der Kartellbehörden zur Folge haben.

Gemäß § 46 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 2 EnWG hat die Stadt das Auslaufen der Verträge zwei Jahre vor deren Ende im Bundesanzeiger und im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt zu machen. Dies ist im Februar 2011 erfolgt. Gemäß § 46 Abs. 1 EnWG ist ein diskriminierungsfreies Verfahren durchzuführen. Bei der Auswahl des Unternehmens ist die Stadt gemäß § 46 Abs. 3 Satz 5 EnWG den Zielen des § 1 EnWG verpflichtet, eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht, sicher zu stellen.

Entsprechend des Leitfadens von BNetzA und BkartA sind die Auswahlkriterien der Stadt gegenüber den Bietern klar zu benennen. Die Kriterien müssen ferner einen sachlichen Bezug zur Konzession oder zum Netz aufweisen.

Aufgrund der Rechtslage und in Umsetzung der Empfehlung der beauftragten Berater ist für die Neuvergabe der Wegenutzungsrechte Strom und Gas die Bekanntmachung gemäß § 46 Abs. 3 EnWG im elektronischen Bundesanzeiger und im Supplement zum Amtsblatt der EU (elektronisch TED) erfolgt. Hiermit wurde das dreistufige Verfahren: Interessenbekundung und das Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnehmerwettbewerb begonnen.

Entsprechend der Vorgaben des Leitfadens von BNetzA und BKartA erfolgt die Vergabe der beiden Verträge in gesonderten Losen für Strom und Gas.








zu 2 Neuvergabe Wegenutzungsverträge Wasser und Fernwärme

Während sich für die Neuvergabe der Wegenutzungsverträge Strom und Gas bereits aus § 46 EnWG umfangreiche Vorgaben für die Verfahrensgestaltung ergeben, gibt es für die Neuvergabe der Konzessionen Wasser und Fernwärme keine vergleichbare gesetzliche Regelung. Seitens der externen Berater wurde daher untersucht, welche Anforderungen an die Verfahren zur Neuvergabe der Konzessionsverträge Wasser und Fernwärme zu stellen sind.
Im Ergebnis sind sowohl der Wasser- als auch der Fernwärmekonzessionsvertrag als Dienstleistungskonzessionen einzustufen, bei deren Neuvergabe die Grundsätze des AEUV (siehe oben) zu beachten sind. Allerdings können die in beiden Konzessionsverträgen geregelten Leistungen (Belieferung des gesamten Stadtgebietes mit Wasser bzw. Fernwärme) nur von der Stadtwerke Hannover AG (SWH AG) erbracht werden.

Die bestehenden Wasser- und Fernwärmekonzessionsverträge enthalten zwar die Pflicht der SWH AG, die Versorgungsanlagen zur Verteilung von Wasser und Fernwärme an die LHH oder einem von ihr benannten Dritten zu übertragen, dieser Anspruch umfasst aber nicht die Anlagen zur Gewinnung und Aufbereitung von Wasser bzw. zur Erzeugung von Fernwärme.

D.h. ein Dritter müsste eigene Anlagen zur Wassergewinnung und/oder Fernwärmeerzeugung aufbauen können. Im Kern einer weiteren technischen und wirtschaftlichen Abschätzung kommen die externen Berater zu dem Ergebnis, dass Dritte nicht in der Lage sind, die Leistungen des Konzessionsvertrages im erforderlichen Umfang anzubieten. Für einen solchen Fall sieht das Kartellvergaberecht in Art. 31 Abs. 1 Ziff. b) Vergabekoordinierungsrichtlinie eine Ausnahme vor. Danach können Aufträge ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden, „wenn der Auftrag aus technischen oder künstlerischen Gründen oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Wirtschaftsteilnehmer ausgeführt werden kann“. Zu diesen Ausschließlichkeitsrechten zählen auch das Eigentum und eigentumsähnliche Rechte, wobei das Eigentum an den Erzeugungsanlagen sowohl im Bereich der Wasserversorgung als auch der Fernwärmeversorgung ein solches Ausschließlichkeitsrecht darstellt. Diese Ausnahme ist auch auf die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen anwendbar.

Die Gutachter kommen zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Unmöglichkeit der Leistungserbringung durch Dritte bei der Vergabe der Konzessionsverträge Wasser und Fernwärme auf eine Bekanntmachung verzichtet werden kann.

Der Neuabschluss der Konzessionsverträge wird daher ohne Bekanntmachung mit der Stadtwerke Hannover AG verhandelt.


zu 3 Wettbewerbskriterien für die Neuvergabe Strom und Gas

Entsprechend der rechtlichen Vorgaben an die Gestaltung eines Verfahrens zur Neuvergabe von Wegenutzungsverträgen für Strom und Gas sind Wertungskriterien aufzustellen, zu gewichten und den am Verfahren beteiligten Energieversorgungsunternehmen bekannt zu machen. Die Wertung der Angebote erfolgt ausschließlich anhand dieser Kriterien.

Der nachfolgende Kriterienkatalog enthält fünf Hauptkriterien. Sollte sich im weiteren Verfahren die Notwendigkeit ergeben, die Hauptkriterien durch sachgerechte Unterkriterien zu konkretisieren, wird die Verwaltung ermächtigt, diese Konkretisierung durchzuführen.


Kriterium
Gewichtung
I. Qualität der Leistungserbringung durch den Netzbetreiber
30 %
II. Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung durch den Netzbetreiber
30 %
III. Netzbezogener kommunaler Einfluss, Abstimmungs- und Informationspflichten
15 %
IV. Umweltengagement, Klimaschutz
15 %
V. Risikoverteilung zwischen Stadt und Netzbetreiber
10 %
Summe:
100 %


zu I. Qualität der Leistungserbringung durch den Netzbetreiber
Durch eine hohe Qualität des Netzbetriebes kann eine sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche und effiziente Versorgung mit Strom und Gas im Stadtgebiet sichergestellt werden. Dies entspricht den Zielen des § 1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), die im Rahmen einer Konzessionsvergabe zwingend zu berücksichtigen sind.

Aspekte der Qualität der Leistungserbringung sind die Versorgungsqualität, insbesondere die Dauer und Auswirkungen von Störungen, der Umfang von Investitionen in das Netz und die Effizienz des Netzbetriebes. Eine geringe Zahl von Störungen und deren schnelle Behebung sind ein wesentliches Merkmal einer hohen Versorgungsqualität. In diesem Zusammenhang kann der Netzbetreiber auch durch regelmäßige angemessene Investitionen in das Netz sicherstellen, dass die Versorgungsanlagen nicht überaltern und dadurch störanfällig sind.

Die Qualität des Kundenservice für Netzkunden (Kundencenter, telefonisch Service und Service über das Internet) kann im Rahmen dieses Kriteriums ebenfalls bewertet werden.

Da die Qualität der Leistungserbringung für die Stadt Hannover von besonderer Bedeutung ist, wurde dieses Kriterium ebenso wie die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung mit der höchsten Gewichtung versehen.

zu II. Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung durch den Netzbetreiber
Als Gegenleistung für die Einräumung der Wegenutzungsrechte erhält die Stadt vom Netzbetreiber Konzessionsabgaben. Zusätzlich kann der Netzbetreiber der Stadt einen Kommunalrabatt gewähren. Beide Leistungen sind von der Konzessionsabgabenordnung in der Höhe gedeckelt. Im Rahmen des Verfahrens hat die Stadt die Möglichkeit vorzugeben, dass die höchstzulässige Konzessionsabgabe gezahlt und der höchstzulässige Kommunalrabatt vom Netzbetreiber eingeräumt werden soll. Diese von der Stadt vorgegebenen wesentlichen finanziellen Aspekte im Zusammenhang mit den Konzessionsverträgen sind deshalb nicht Bestandteil der Wertung.

Gewertet werden im Rahmen der Wirtschaftlichkeit über die Konzessionsabgabe und den Kommunalrabatt hinaus gehende Aspekte mit finanziellen Auswirkungen auf die Stadt. Hierzu gehören die Verteilung der Folgekosten bei von der Stadt veranlassten Umlegungen von Versorgungsanlagen und der Umfang der Entfernungspflicht stillgelegter Anlagen. In beiden Bereichen können der Stadt Kosten entstehen, soweit diese nicht vom Netzbetreiber übernommen werden. Aufgrund der Beschränkungen durch die Konzessionsabgabenverordnung sind die zulässigen finanziellen Leistungen, die der Netzbetreiber der Stadt im Rahmen eines Konzessionierungsverfahrens anbieten darf, rechtlich stark eingeschränkt.

Da die wesentlichen wirtschaftlichen Aspekte, Höhe der Konzessionsabgaben und des Kommunalrabattes, von der Stadt vorgegeben werden und deshalb nicht Bestandteil der Wertung sind, kann die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung ebenso gewichtet werden, wie die Qualität der Leistungserbringung.

zu III. Netzbezogener kommunaler Einfluss, Abstimmungs- und Informationspflichten
Gegenstand dieses Kriteriums sind Einflussmöglichkeiten der Stadt und Abstimmungs- und Informationspflichten des Energieversorgungsunternehmens, die die Versorgungsqualität und –sicherheit erhöhen und Beeinträchtigungen der Stadt und ihrer Bürger durch die Versorgungsanlagen minimieren.

Der Ausbau der Netze entsprechend der Entwicklungsplanung der Stadt dient der Sicherstellung einer hohen Versorgungssicherheit. Durch verbindliche Abstimmungsprozesse zwischen Stadt und Netzbetreiber zur Netzausbauplanung ist dies gewährleistet. Darüber hinaus wird bewertet in wieweit sich der Netzbetreiber verpflichtet, den Netzausbau entsprechend durchzuführen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Abstimmung von Baumaßnahmen, um die Anzahl der Baumaßnahmen und die Bauzeiten im Stadtgebiet gering halten zu können. Ziel ist darüber hinaus im möglichen Umfang eine gemeinsame Nutzung von Baumaßnahmen.

Im Rahmen dieses Kriteriums kann zudem berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Netzbetreiber bereit ist, Daten über das Netz und dessen Zustand in regelmäßigen Abständen an die Stadt zu übermitteln.

zu IV. Umweltengagement, Klimaschutz
Die umweltverträgliche Energieversorgung ist als weiteres Ziel des § 1 EnWG im Rahmen des Konzessionierungsverfahrens zu berücksichtigen. Wichtige Aspekte sind dabei die Netzertüchtigung zur Einspeisung aus regenerativen Energien und die Mitarbeit des Netzbetreibers an kommunalen Klimaschutzkonzepten und Programmen. Die Mitwirkung und Unterstützung des Konzessionsnehmers an den bereits von Rat oder vom Verwaltungsausschuss beschlossenen Energiekonzepten (DS 1221/92, DS 109/93) sowie der Klima-Allianz Hannover 2020 (DS 1688/2008) wird in den Konzessionsverträgen aufgenommen. Ebenfalls soll die Unterstützung bei der Erreichung der Ziele des Masterplans 100 % Klimaschutz, (DS 1153/2012 derzeit im Gremienverfahren) zur Einsparung von 95 % der Treibhausgase und 50 % der Endenergie bis zum Jahr 2050 aufgenommen werden.

Darüber hinaus kann bewertet werden, in welchem Umfang der Netzbetreiber den Netznutzern Beratungsleistungen zur Energieeinsparung und der Einspeisung aus erneuerbaren Energien anbietet.

zu V. Risikoverteilung zwischen Stadt und Netzbetreiber
Risiken aus dem Netzbetrieb ergeben sich für die Stadt vor allem bei Schäden, die durch Versorgungsanlagen oder den Netzbetreiber verursacht werden und bei Schäden an den Versorgungsanlagen. Dies können Schäden sein, die in der städtischen Sphäre liegen, beispielsweise solche, die durch von der Stadt gepflanzte Grünpflanzen verursacht werden. Bewertet wird mit diesem Kriterium, in wieweit die möglichen Risiken vom Netzbetreiber übernommen werden.





zu 4 Einführung eines Gestattungsentgeltes für Fernwärme

Bereits im aktuellen Konzessionsvertrag Fernwärme ist unter § 10 geregelt, dass über ein Entgelt zu verhandeln ist, wenn die Sparte Fernwärme einen Gewinn erwirtschaftet. Seitens der Verwaltung wurden zwischenzeitlich Verhandlungen aufgenommen, die jedoch bislang zu keinem Ergebnis führten und nun ausgesetzt sind.

Im HSK VIII (DS. 2351/2011) ist ein Ergebniseffekt aus dem Abschluss der Konzessionsverträge in Höhe von 4 Mio. € zugrunde gelegt. Ohne die Einführung einer Konzessionsabgabe Fernwärme ist diese Ergebnisverbesserung nicht zu erzielen. Bei den Konzessionsabgaben ist insgesamt zu berücksichtigen, dass diese seit Jahren, insbesondere im Gasbereich, rückläufig sind. Weiter sollen die Verabredungen zwischen der Stadtwerke Hannover AG und der Verwaltung zum Fernwärmeausbauprogramm (siehe DS 1422/2010) in die Verhandlungen einbezogen werden, um die Ziele des Ausbauprogramms auch im Rahmen des Konzessionsvertrages abzusichern. Bemessungsgrundlage soll nicht die Trassenlänge sein, da eine Orientierung nur an der Trassenlänge für den geplanten Netzausbau u.U. hinderlich wäre.


Zur aktuellen Situation der Konzessionsabgaben für Fernwärme in anderen deutschen Städten haben wir eine Umfrage bei den Mitgliedern der Arbeitsgruppe Deutscher Großstadtkämmereileiter des Deutschen Städtetages durchgeführt, durch die Mitteilungen von 37 Städten vorliegen, davon 24 Großstädte (Anlage 1).

Die Erhebung von Fernwärme-Konzessionsabgaben ist in deutschen Kommunen, insbesondere in Großstädten, keine Besonderheit. Ausgehend von 24 Rückmeldungen aus Großstädten ist die Fernwärme-KA bereits in 16 Großstädten eingeführt (rd. 67 %) und befindet sich in weiteren zwei Großstädten konkret in der Diskussion und es ist u. E. davon auszugehen, dass weitere Städte folgen, sobald deren Konzessionsverträge zum Neuabschluss anstehen.

Die externen Begleiter des Konzessionierungsverfahrens, kbk-Rechtsanwälte und BET Büro für Energiewirtschaft, haben die „Erhebung von Gestattungsentgelten von der Fernwärmesparte der SWH“, 18.04.2012, aus wettbewerblicher, wirtschaftlicher und rechtlicher Perspektive untersucht. Dem Gutachten sind folgende Kernaussagen zu entnehmen:

• Die Fernwärmesparte der SWH AG ist wirtschaftlich.

• Der Fernwärme-Preise der SWH AG ist im bundesweiten (horizontalen) Preisvergleich der Wettbewerber als „sehr günstig“ einzustufen. In Abbildung 1 des Gutachtens wird aufgezeigt, dass die SWH-Preise im vorderen günstigen Viertel und deutlich unter dem Mittelwert liegen.

Abbildung 1: AGFW-Fernwärmepreisvergleich

• Die Wettbewerbsfähigkeit der Fernwärme im (vertikalen) Preisvergleich zur Wettbewerbsenergie Gas ist soweit gegeben, dass auch ein Spielraum für eine durch die fernwärme-KA-induzierte Preisanhebung besteht, ohne die vertikale Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden (Abbildung 2). Der Gutachter weist darauf hin, dass aufgrund der mit einem Fernwärmeanschluss für den Kunden verbundenen geringeren Risiken aus Investitionen und Instandhaltung, die bei der SWH AG liegen, in der Regel sogar eine Rechtfertigung für einen geringfügig höheren Fernwärmepreis gesehen wird.

Abbildung 2: Vertikaler Preisvergleich

• Die Bandbreite der Höhe der Konzessionsabgaben wird seitens des Gutachters zwischen 0,5 Mio. € und 6,2 Mio. € angegeben. Als Bemessungsgrundlagen kommen neben der Absatzmenge (Cent pro KWh) auch die Roherträge, die Trassenlänge oder Pauschalen in Betracht.

Da das Gutachten vertrauliche Daten und Unternehmensinterna enthält, kann es dieser öffentlichen Drucksache nicht beigefügt werden. Es kann vertraulich im Fachbereich Finanzen eingesehen werden.

20.20 
Hannover / 18.07.2012