Informationsdrucksache Nr. 2665/2020:
SPIEL:ZEIT - das Kinder-Familien-Kultur-Programm

Inhalt der Drucksache:

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2665/2020
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SPIEL:ZEIT - das Kinder-Familien-Kultur-Programm

Mit dieser Drucksache informiert die Verwaltung anlässlich des 3. Durchführungsjahres über das von der Rut- und Klaus-Bahlsen-Stiftung mit 200.000 Euro über drei Jahre (Nov. 2017-Okt. 2020) geförderte Familien-Kulturprogramm SPIEL:ZEIT. Aufgrund der Pandemie-Situation wurde die Projektlaufzeit verlängert. Das Programm kann dadurch bis Ende 2021 durchgeführt werden.

SPIEL:ZEIT richtet sich an Kinder im Alter von sechs bis ca. zwölf Jahren mit ihren Familien. Je Veranstaltung i.d.R. sonntags von 14:30 bis 16:30 führen zwei Künstler*innen unterschiedliche kulturelle Bildungsangebote in den beteiligten Stadtteilkultureinrichtungen durch. Die Familien können nach ca. einer Stunde zwischen den Angeboten wechseln. Ein Betreuungsangebot für die Kleinsten (Geschwisterkinder) ermöglicht es, dass Eltern mit ihren älteren Kindern gemeinsame Erlebnisse und Erfahrungen sammeln. Ein Elterncafé lädt zum Verweilen ein und bietet die Möglichkeit, mit anderen Familien Kontakte zu knüpfen bzw. zu vertiefen. Ausflüge zu zentralen Orten der Kultur sind fester Bestandteil des Programms. Das Programm wird wissenschaftlich von der Leibniz Universität Hannover und Soretz-Organisationsberatung begleitet.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Das Programm ist auf die Bedürfnisse aller Familienmitglieder gleichermaßen ausgerichtet und berücksichtigt die Interessen aller Geschlechter.

Kostentabelle

Das Programm SPIEL:ZEIT wird gefördert über die Rut-und Klaus-Bahlsen Stiftung.

Ziele


· Kinder mit ihren Familien zu erreichen, um deren Teilhabe an Kunst und Kultur zu verbessern,

· Kinder mit ihren Familien wohnortnah vielfältige Erfahrungs- und Bildungsmöglichkeiten zu eröffnen,

· Kinder mit ihren Familien einen vertrauten Rahmen in den Stadtteilkultureinrichtungen zu bieten,

· Kinder mit ihren Familien zu zentralen Orten der Kultur zu begleiten, um diese kennenzulernen und Zugangsbarrieren abzubauen,

· Kulturschaffenden, die sich für diese Zielgruppen öffnen, ein neues Publikum zu erschließen.


Hintergrund

Die Entwicklung des Konzeptes für das o.g. Programm basiert u.a. auf den Ergebnissen des Berichts der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“, der Befragung von Familien in Hannover „Familiendialog 2030“ sowie den Erfahrungen aus der Praxis der kulturellen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Diese Ergebnisse und Erkenntnisse besagen u.a., dass kulturelle Bildung Teilhabe ermöglicht und Zugangsbarrieren abbaut. In der Befragung zeigte sich z.B., dass sich insbesondere einkommensschwache Familien günstige, wohnortnahe Angebote für Familien wünschen.

Organisationsstruktur

Das Programm ist im Bereich Stadtteilkultur, im Sachgebiet Kulturelle Kinder-und Jugendbildung entwickelt worden. Dort liegt auch die Leitung und Koordination des Programms. Die beteiligten Stadtteilkultureinrichtungen übernehmen Programmplanung und Umsetzung.

Folgende Standorte sind beteiligt:


· Stadtteilzentrum Ricklingen (seit November 2017),

· Stadtteilzentrum Weiße Rose Mühlenberg (seit November 2017),

· Kulturtreff Roderbruch e.V., (seit September 2018),

· Stadtteilzentrum Sahlkamp (seit Februar 2019) sowie

· Freizeitheim Linden (seit September 2019) in Kooperation mit dem Familienzentrum Spielhaus Linden statt. Dieses Familienzentrum wird von einem Kooperationsverbund aus AWO, Caritas und Elterninitiative getragen, so dass die SPIEL:ZEIT-Angebote an drei Orten in Linden durchgeführt werden.


Es findet ein regelmäßiger Austausch zum aktuellen Stand und zur Weiterentwicklung aller Standorte statt. Hierbei werden u.a. die aktuellen Entwicklungen und Erkenntnisse der wissenschaftlichen Begleitung diskutiert und einbezogen.

Die Angebote werden an den fünf Standorten insgesamt gut angenommen.

Kulturschaffende

Im Pool der Künstler*innen, die sich auf das Programm beworben haben, sind aktuell 55 Anbieter*innen folgender Sparten vertreten:


· Bildende Kunst (Malerei, Kunsthandwerk, experimentelle Kunst, Bildhauerei),

· Musik (Gesang, Rhythmik, Wahrnehmung, Instrumente),

· Bewegung (Tanz, Wellness, Zirkuskünste),

· Theater (chorisches Theater, Clownerie, Improvisation, Theaterspiele),

· Medien (Film, Ton, Fotografie),

· Literatur (Sprachbildung mit Poesie, Lust auf Lesen, Comic),

· Philosophie,

· Abenteuer (Erlebnispädagogik).


Die Ausschreibung von SPIEL:ZEIT erfolgte mit dem Ziel, Künstler*innen zu gewinnen, die sich auf dieses neue Format einlassen und bereit sind sowohl an der wissenschaftlichen Begleitung teilzunehmen als auch an der Weiterentwicklung des Programms in Gänze.

Die Kulturschaffenden sind aktiv an der Weiterentwicklung beteiligt und bringen sich u.a. in einem Projektforum ein. Die Angebotskonzepte werden fortlaufend weiterentwickelt, um ein abwechslungsreiches Programm durchzuführen. Es sind z.B. sogenannte Tandem-Angebote entstanden, indem die beiden Angebote bei einer Veranstaltung konzeptionell aufeinander abgestimmt werden, um den Kindern / Familien eine thematische Tiefe anzubieten. Auch wurde der Vorschlag eines Künstlers aufgegriffen, sein Atelier als Ausflugsort zu nutzen, von den Familien sehr positiv bewertet.

Außerdem besuchen die beteiligten Künstler*innen und Kulturschaffenden eine Fortbildung zur Interkulturellen Kompetenz, die im Nachgang durchweg als sehr gewinnbringend erlebt wird. Diese ist für die Künstler*innen kostenlos.

Exkursionen / Ausflüge zu Orten der Kultur

Als Orte für Exkursionen/Ausflüge wurden folgende Institutionen von einem oder mehreren Standorten besucht:


· Museen: Historisches Museum, Museum August Kestner, Landesmuseum Hannover, Sprengel Museum, Zinnober Kindermuseum e.V.

· Theater: Staatstheater Hannover: Opernhaus (Kinderkonzert, Hänsel und Gretel), Ballhof I und Ballhof II, Kinder-Theater-Haus (Klecks-Theater), Theaterwerkstatt Hannover (im Pavillon Hannover),

· Tanz: Compagnie Fredeweß (Tanzhaus im Ahrbergviertel)

· Kunst: Kunstschule Kunstwerk e.V. (ins einfallsreich), Workshop e.V.– Zentrum für kreatives Gestalten (Pavillon), Atelier von Edin Bajric

· Medien: Kinderfilmfest Seepferdchen, Kino-Fuchs im Kommunalen Kino

· Herrenhäuser Garten & Berggarten mit Lili & Claudius


Eine Kooperation entstand mit dem Nds. Staatstheater Hannover im Rahmen der Reihe „Stimmen“.

Der Dramaturg nahm gemeinsam mit Künstler*innen im Stadtteiltreff Sahlkamp und im Stadtteilzentrum Ricklingen an dem SPIEL:ZEIT-Angebot „internationale Wiegenlieder singen“ teil und nahm die Stimmen der Familien auf, als sie Wiegenlieder aus ihren Heimatländern sangen. Diese Aufnahmen wurden in dem Stück „Guten Abend, gute Nacht“ eingespielt. Eine der Aufführungen wurde von den Familien besucht. Sie waren zum Teil sehr gerührt, ihre Stimmen während der Vorstellung im Ballhof zu hören.

Exkursionen innerhalb der jeweiligen Stadtbezirke/Stadtteile:


· Stadtteilerkundungen und -veranstaltungen, wie z.B. „Alle in einem Boot“ in Mühlenberg

· Kinder-Theater-Aufführungen und Weihnachtsmärchen im Rahmen der GLANZ-Stücke in den jeweiligen Stadtteilkultureinrichtungen

· Besuch der Clownswohnung im Roderbruch


In den Sommerferien 2019 wurde erstmalig eine Projektwoche im Stadtteilzentrum Weiße Rose Mühlenberg durchgeführt und 2020 eine weitere. Im Freizeitheim Linden wurde eine Ferienwoche im Herbst 2020 durchgeführt.

Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung

Die Evaluation durch die Leibniz Universität Hannover, Institut für Sonderpädagogik, sowie der Soretz-Organisationsberatung bildet einen wichtigen Baustein zur Weiterwicklung des Programms. Während die Leibniz-Universität Hannover den Fokus der wissenschaftlichen Begleitung auf die qualitative Befragung der Familien und Kinder legt, erhebt die Soretz-Organisationsberatung einerseits die quantitative Statistik und wertet diese aus und befragt andererseits die Kulturschaffenden sowie die beteiligten Standorte zum Programm. Die Ergebnisse und Erkenntnisse fließen fortlaufend in die Weiterentwicklung des Programms ein.

Seit dem Start am 5. November 2017 bis einschließlich 15. März 2020 haben insgesamt 5.710 Besucher*innen an den 189 Veranstaltungen teilgenommen. Die größte Anzahl mit insgesamt 4.142 Personen weist die Hauptzielgruppe, nämlich Familien/Eltern mit Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren auf, davon 2.055 Kinder (1.303 Mädchen). Es haben 1.198 Kinder unter sechs Jahren und 143 über zwölf Jahren das Programm besucht. Es haben 2.087 Erwachsene, davon 1.658 weibliche teilgenommen. 4.623 Besucher*innen sprechen mindestens eine weitere Sprache als Deutsch, das entspricht über 80 Prozent. (Abweichungen von der Gesamtzahl sind durch Ungenauigkeiten der Zuordnung zu Alter und Geschlecht entstanden).

Die Besucher*innen kommen zu einer großen Mehrheit aus dem jeweiligen Einzugsgebiet der Stadtteilkultureinrichtungen, aber vereinzelt auch aus dem gesamten Stadtgebiet und darüber hinaus. Das spricht für die dezentrale Verortung in den Stadtteilkultureinrichtungen. Deutlich zeigt sich die hohe Bedeutung von SPIEL:ZEIT in dem Zitat einer Besucher*in: „Wir waren noch nie im Herrenhäuser Garten, wir wussten gar nicht wie schön das hier ist.“ Dieses Erstaunen und die Freude zeigte sich in ähnlicher Weise auch bei den Besuchen in den Museen und Theatern. Ein anderes Zitat bezieht sich auf die Qualität der Angebote, und die Wertschätzung, dass „echte“ Künstler*innen das Angebot durchführen. In der wissenschaftlichen Auswertung der Universität Hannover wurde von einer Mutter geäußert, dass sie nun verstehe, dass die Kulturprojekte in der Schule sehr wichtig für die Entwicklung der Kinder seien. Es findet seit über zehn Jahren das Programm „Mit kultureller Bildung von der Kita in die Schule“ (DS 2010/2012 und DS 1612/2014) u.a. im Stadtbezirk Ricklingen in allen Kindertageseinrichtungen / Familienzentren und den fünf Grundschulen statt.

Auch zeigte sich in Bezug auf die Qualität der Angebote, dass die überwiegende Mehrheit der Kinder mit einer „hohen Engagiertheit“ teilgenommen haben, sprich bei den Angeboten hoch konzentriert und vertieft sind.

Einige Höhepunkte sind nach wie vor die Besuche im Herrenhäuser Garten/Berggarten sowie im Staatstheater, wie z.B. die Kinderkonzerte. Viele der Beteiligten äußerten sich gegenüber den Mitarbeitenden, dass sie erstmalig dort gewesen seien.

Persönlicher Kontakt im Stadtteil

Die entscheidende Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf die Gewinnung von Kindern und Eltern/Familien für die Teilnahme an den Angeboten ist der persönliche Kontakt der Mitarbeitenden in den Stadtteilkultureinrichtungen sowie über wichtige Schlüsselpersonen, wie z.B. die „Stadtteil- und Rucksackmütter“ im jeweiligen Stadtteil. Sie bilden eine wichtige Brücke zwischen den Institutionen zu den Familien im Stadtteil, die bisher wenig Teilhabe erfahren haben.

Das speziell auf die Zielgruppe der Familien ausgerichtete Angebot SPIEL:ZEIT hat sich als ein Erfolgsmodell erwiesen.

Perspektive

· Pandemie

Aufgrund der „Corona-Pandemie“ konnten leider zwischen Mitte März bis August keine Angebote mehr stattfinden. Um das Programm nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, entstand im Mai/Juni ein filmischer Gruß von einigen Kulturschaffenden an die Familien.


Link zum filmischen Gruß an die Familien in Zeiten von Corona und Programm 2020:
https://www.hannover.de/Kultur-Freizeit/FreizeitSport/Freizeiteinrichtungen/Stadtteilkultur/SPIEL-ZEIT
SPIEL:ZEIT startete im September 2020, unter Berücksichtigung der Auflagen mit einem eingeschränkten Programm, das auch angenommen wurde. Dieses wird im November wieder ausgesetzt.

· Ausweitung des Programms auf weitere Stadtbezirke/Stadtteile

Das Programm soll auf weitere Stadtbezirke/Stadtteile ausgeweitet werden. Die bislang sehr guten Erfahrungen und Erkenntnisse unterstreichen, dass das Konzept stimmig ist und Familien, die bisher weniger Berührung zu Kunst und Kultur haben, einen Einstieg in die Vielfalt der kulturellen Bildung und kultureller Angebote in Hannover erhalten.

Als weiterer Standort ist der Stadtteil Stöcken in Planung.

· Gewinnung von weiteren Exkursionsorten

Auch sollen neue Exkursionsorte gewonnen und ungewöhnliche Angebotsformate entwickelt werden. So fand z.B. ein Ausflug mit einem Maschseeboot statt, auf dem eine Künstlerin spannende Geschichten erzählt hat. Das fand sehr hohen Zuspruch.

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Hannover / 11.11.2020