Drucksache Nr. 2427/2022 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage von Ratsherrn Böning (Die Hannoveraner): Überträger neuer Krankheiten nach Deutschland aufgrund des Klimawandels: Wie gut ist Hannover vorbereitet?
in der Ratssitzung am 29.09.2022, TOP 3.10.3.

Inhalt der Drucksache:

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2427/2022 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage von Ratsherrn Böning (Die Hannoveraner): Überträger neuer Krankheiten nach Deutschland aufgrund des Klimawandels: Wie gut ist Hannover vorbereitet?
in der Ratssitzung am 29.09.2022, TOP 3.10.3.

Drei Jahre ist es her, dass vom Robert-Koch-Institut (RKI) erstmals Infektionen mit dem ursprünglich aus Afrika stammenden West-Nil-Virus bei erkrankten Menschen in Deutschland festgestellt wurden, die auf eine Übertragung durch heimische Mücken zurückgingen.
Das West-Nil-Virus kann problemlos in heimischen Mücken überwintern. Im Jahr 2020 wurde erstmals ein Todesfall registriert.

Hinzu kommt, dass sich Mückenarten aus tropischen und subtropischen Gebieten in Deutschland zunehmend wohler fühlen. Experten haben seit 2007 fünf neue Stechmücken-Arten nachgewiesen, die sich in Deutschland angesiedelt haben.

Mit den invasiven Arten und den Erregern drohen Deutschland jedenfalls schlimme neue Erkrankungswellen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Verwaltung:

1. Ist der Verwaltung die drohende Gefahr der Zunahme von Krankheiten wie oben beschrieben bekannt? Wenn ja: Findet, bzw. fand zwischen der Region und der Stadtverwaltung Hannover ein Austausch hierüber statt?

2. War in den letzten Jahren ein Anstieg von "Tropenkrankheiten" in der Stadt und der Region Hannover zu verzeichnen? Wenn ja: wieviele?

3. Wie gut vorbereitet sind die zuständigen Behörden bei einer vermehrten Ausbreitung von eingeschleppten Krankheiten?

Text der Antwort

Frage 1: Ist der Verwaltung die drohende Gefahr der Zunahme von Krankheiten wie oben beschrieben bekannt? Wenn ja: Findet, bzw. fand zwischen der Region und der Stadtver-waltung Hannover ein Austausch hierüber statt?

Der Region Hannover ist die drohende Gefahr der Zunahme von Krankheiten, wie oben beschrieben, bekannt. Der Fachbereich Gesundheitsmanagement hält sich in seinen Empfehlungen an die Richtlinien des Landes Niedersachsen, des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA) sowie des Robert-Koch-Instituts (RKI). So werden laut der Niedersächsischen Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels 2021 Monitoringprojekte, Handlungsempfehlungen und Präventionsmaßnamen erarbeitet. Bei der späteren Umsetzung der Empfehlungen würde sich die Region Hannover im Bedarfsfall mit der Landeshauptstadt Hannover austauschen.

Das RKI hat im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Bevölkerungs­schutz und Katastrophenhilfe (BBK) die nationalen seuchenhygienischen Koordinierungsaufgaben und die Verbindung zu verwandten Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), den European Centers of Disease Prevention and Cont­rol (ECDC) und den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in den USA übernommen. Weiterhin beobachtet es u.a. epi­demiologische Trends zu aus den Tropen importierten vektor­bedingten Infektionskrankheiten.

Es sind zudem in einzelnen infektiologischen Einrichtungen Schwerpunkte z.B. durch die Ernennung von Referenz­- und Konsiliarlaboratorien eingerichtet und institutionalisiert worden. Das Hamburger Bern­hard­-Nocht-Institut für Tropenmedizin koordiniert eine bundesweite Überwachung be­stimmter Vektoren sowie potentiell darin enthaltener eingeschleppter Infektionserreger.
(Quelle: Cramer, J. P. (2014): Globale Zunahme von Tropenkrankheiten. In: Lozán, J. L., Grassl, H., Karbe, L. & G. Jendritzky (Hrsg.). Warnsignal Klima: Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. 2. Auflage. Elektron. Veröffent. (Kap. 3.2.1))


Frage 2: War in den letzten Jahren ein Anstieg von "Tropenkrankheiten" in der Stadt und der Region Hannover zu verzeichnen? Wenn ja: wie viele?

Ein Anstieg an Tropenkrankheiten ist in der Region in den letzten Jahren nicht zu verzeich-nen. In den Jahren von 2002 bis 2022 gab es keine Fälle von Marburgfieber, viralen hämorrhagischen Fieber, Zikavirus und West-Nil-Virus. Die Anzahl der Fälle von Chikungunya-Fieber, Denguefieber FSME und Malaria bewegen sich zumeist im einstelligen Bereich und sind detailliert den dieser Beantwortung beigefügten Grafiken zu entnehmen.




Diagramm 1. Survstat-Anfrage nach oben genannten Erkrankungen in der Region Hannover. Meldungen, die über GA und Landesstelle eingegangen sind.


Diagramm 2. Survstat-Anfrage nach oben genannten Erkrankungen in der Region Hannover. Meldungen, die nichtnamentlich direkt an das RKI gingen.



Frage 3: Wie gut vorbereitet sind die zuständigen Behörden bei einer vermehrten Ausbreitung von eingeschleppten Krankheiten?

In der Prävention und Bekämpfung von Vektor-bedingten Infektionskrankheiten ist vor allem das Monitoring ein essentieller Bestandteil, um frühzeitige Krankheitshäufungen wahrnehmen zu können. Ein vom NLGA durchgeführtes Mücken-Monitoring zeigt für die Jahre 2018 und 2019 bei sehr heißen und trockenen Sommern ein geringes Mückenaufkommen (Siehe Abb. 7 aus dem Jahresbericht des NLGA 2018/19). Außerdem konnte bislang kein Vorkommen von Aedes albopictus (Asiatische Tigermücke) nachgewiesen werden. Diese ist als Überträger von Krankheitserregern wie beispielsweise dem Zika-Virus, dem Chikungunya-Virus, West- Nil- Virus und dem Dengue-Virus besonders bedeutsam.


Das Team Pandemie- und Infektionsschutz des Fachbereiches Gesundheitsmanagements ist gemeinsam mit dem NLGA und dem RKI für die Überwachung meldepflichtiger Erkrankungen zuständig. Nach §7 des Infektionsschutzgesetztes werden Labornachweise auf entsprechende Erkrankungen namentlich dem Gesundheitsamt gemeldet. Verdachtsfälle werden überprüft, Infektionsübertragung und Infektionsort ermittelt. Von den bekannten Tropenerkrankungen wird aktuell nur der Nachweis von Plasmodium sp., dem Erreger der Malaria, nichtnamentlich vom Labor direkt an das RKI übermittelt. Für alle anderen Erreger gilt eine namentliche Meldepflicht. Eine namentliche Meldung bei Malaria erfolgt nur, wenn aufgrund der Krankheitshäufung Hinweise auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit bestehen.
Als weitere Präventivmaßnahme steht z.B. bei FSME (Zeckenübertragene Hirn- und Hirnhautentzündung) eine Impfung zur Verfügung. Eine konkrete Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) existiert bereits für Risikogebiete wie das Emsland. In der Region Hannover gilt die Empfehlung aktuell nur für Personen, die beruflich besonders zeckenexponiert sind oder sich in ihrer Freizeit viel in der freien Natur aufhalten.