Drucksache Nr. 2283/2007:
Beschluss über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes Stöcken

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2283/2007 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtbezirksrat Herrenhausen-Stöcken
In den Sozialausschuss
In den Jugendhilfeausschuss
In den Kulturausschuss
In den Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Ausschuss für Haushalt Finanzen und Rechnungsprüfung
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
 
2283/2007
1
 

Beschluss über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes Stöcken

Antrag,

  1. die als Anlage beigefügte Satzung der Landeshauptstadt Hannover über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes Stöcken zu beschließen,
  2. eine Verpflichtung dahingehend abzugeben, dass die Landeshauptstadt Hannover die erforderlichen Komplementärfinanzierungsmittel für das Bund-Länder-Programm "Soziale Stadt" von einem Drittel der Gesamtsumme bezogen auf die Gesamtlaufzeit zur Verfügung stellen wird,
  3. zu beschließen, dass die Sanierung in Stöcken spätestens zum 31.12.2017 beendet wird.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten und Aspekte behinderter Menschen:

Das komplexe Vorhaben einer städtebaulichen Sanierung Stöckens wird differenzierte Auswirkungen auf die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern, Mädchen und Jungen, alten und jungen Menschen haben. Die Beachtung von Gender-Aspekten, die auch eine inhaltliche Vorgabe des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“ist, wird neben den Belangen von alten Menschen mit Behinderungen sowie Müttern und Vätern zu einem zentralen Bestandteil bei allen Entscheidungen und Prozessen im Rahmen der Sanierung Stöckens.

Die Belange behinderter Menschen werden insbesondere bei allen baulichen, im Rahmen der Sanierung durchzufühenden Maßnahmen berücksichtigt.

Kostentabelle

Darstellung der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen:
Investitionenin €bei HMK
(Deckungsring)/
Wipl-Position
Verwaltungs-
haushalt;
auchInvestitions-
folgekosten
in € p.a.bei HMK
(Deckungsring)/
Wipl-Position
EinnahmenEinnahmen
Finanzierungsanteile von Dritten4.830.000,00 €6152.004Betriebseinnahmen
sonstige EinnahmenFinanzeinnahmen von Dritten400.000,00 €6152.000-171000
Einnahmen insgesamt4.830.000,00 € Einnahmen insgesamt400.000,00 € 
AusgabenAusgaben
ErwerbsaufwandPersonalausgaben
Hoch-, Tiefbau bzw. Sanierung7.945.000,00 €6152.004Sachausgaben600.000,00 €6152.000-601000
EinrichtungsaufwandZuwendungen100.000,00 €4980.000-718000
Investitionszuschuss an DritteKalkulatorische Kosten394.100,00 €EPL 9
Ausgaben insgesamt7.945.000,00 € Ausgaben insgesamt1.094.100,00 € 
Finanzierungssaldo-3.115.000,00 € Überschuss / Zuschuss-694.100,00 € 
Bei Hoch-, Tiefbau: Freudenthalstraße 700.000,00 €

Die Investitionsmittel sind im Haushaltsplan 2007 veranschlagt und in der Mittelfristigen Finanzplanung 2007-2011 wie folgt vorgesehen:

Haushaltsjahr Ausgabe Einnahme

2007 128.000 €

2008 200.000 € 218.000 €

2009 800.000 € 493.000 €

2010 1.200.000 € 470.000 €

2011 1.200.000 € 470.000 €.

Die Veranschlagung der verbleibenden Ausgaben in Höhe von 4.417.000 € und der Einnahmen in Höhe von 3.179.000 € ist für die Jahre 2012 ff vorgesehen.

Die vorbereitenden Untersuchungen beziffern den notwendigen Bedarf aus Städtebauförderungsmitteln auf 7.845.000 € für die gesamte Laufzeit der Sanierung. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 7.245.000 € für Hochbau, Straßenbau, Sanierung und Investitionszuschüssen an Dritte (6152.004) sowie 600.000 € Sachausgaben des Verwaltungshaushaltes.

Darüber hinaus sind in der Kostentabelle die Investitionsausgaben für die Restsanierung der Freudenthalstraße dargestellt. Diese Maßnahme, deren Förderungsfähigkeit noch zu prüfen ist, wird im Rahmen der Gesamtsanierung mit durchgeführt.

Die Städtebauförderungsmittel werden auf Antrag vom Land Niedersachsen für jedes Programmjahr gesondert bewilligt. Dabei stellt das Land Niedersachsen aus Bundes- und Landesmitteln zwei Drittel der Städtebauförderungsmittel zur Verfügung (insgesamt 5.230.000 € bei Finanzmanagementkonto 6152.004-361100 und 6152.000-171000). Die Landeshauptstadt Hannover muss sich mit einem Drittel, bezogen auf die gesamte Laufzeit, mit voraussichtlich 2.615.000 € daran beteiligen.

Das Niedersächsische Sozialministerium hat angekündet, das Gebiet Stöcken im Programmjahr 2007 in einer 1. Rate mit 150.000 € zu fördern, was unter Berücksichtigung des städtischen Drittelanteils von 75.000 € Ausgaben bis zur Höhe von 225.000 € in den Jahren 2007 ff ermöglicht.

Der Beschluss zu 2.) ist Vorbedingung für die endgültige Aufnahme in das Förderungsprogramm "Soziale Stadt".

Die Städtebauförderungsmittel können ausschließlich für Investitionen und deren Vorbereitung eingesetzt werden. Darüber hinaus werden vom Land seit 2007 in einem Wettbewerbsverfahren nicht investive Städtebauförderungsmittel des Bundes vergeben. Diese Mittel müssen zu 2/3 kofinanziert werden, da das Land selbst nicht mitfinanziert, sondern lediglich die Bundesgelder an die Kommunen weiterreicht. Zur Förderung von nicht investiven Maßnahmen und ggf. für die Kofinanzierung von nicht investiven Städtebauförderungsmitteln sind im Verwaltungsentwurf des Haushalts 2008 bei der Haushaltsmanagementkontierung 4980.000 - 718000 Zuschüsse an übrige Bereiche - "Zuwendungen Soziale Stadt" 100.000 € für die soziale Sanierung des Stadtteils Stöcken veranschlagt.

Begründung des Antrages

Ausgangslage

Das Sanierungsgebiet Stöcken ist ca. 64 ha groß. Es ist gekennzeichnet durch eine Reihe städtebaulicher und funktionaler Defizite, die in ihrer Brisanz durch soziale und sozialstrukturelle Probleme verstärkt werden. Das Gebiet wurde vom Land Niedersachsen in das Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ aufgenommen. Grundlage dafür waren die aufgrund des Einleitungsbeschlusses des Rates vom 06.04.2000 (Drucksache 0345/2000) durchgeführten Vorbereitenden Untersuchungen. Die im Rahmen der Erarbeitung der Vorbereitenden Untersuchungen festgestellten Defizite lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Eine Reihe von städtebaulichen Problemen, die Qualität des Wohnungsbestandes und allgemein gestiegene Arbeitslosenzahlen haben dazu beigetragen, dass sich die Sozialstruktur im Stadtteil verändert hat. Das Gebiet, in dem früher im Wesentlichen Arbeiter der angrenzenden Großbetriebe wohnten, weist heute überproportional viele Arbeitslose und Transferleistungsempfänger auf. Die Perspektivlosigkeit dieser Menschen hat Auswirkungen auf das Sozial- und Wohnverhalten. Während in freiwerdende Wohnungen vor allem Deutsche in prekären Lebenslagen sowie Migrantinnen und Migranten nachrücken, nimmt die Fähigkeit zur Selbstorganisation des Stadtteillebens und zur Integration tendenziell ab.

Diese Veränderungen der Sozialstruktur betreffen allgemein das gesamte Gebiet der Vorbereitenden Untersuchung. Besonders starke Veränderungen und Konzentrationen weist jedoch der zentrale Bereich zwischen der Hogrefestraße und der Straße Am Stöckener Bach auf.

In dem Bereich zwischen Hogrefestraße und Freudenthalstraße bzw. zwischen der Moorhoffstraße und der Weizenfeldstraße sind auch die größten Ausstattungs- und Substanzmängel sowohl bei Wohnungen und Gebäuden als auch im Wohnumfeld festzustellen. Gleichzeitig bietet dieser zentrale Bereich des Untersuchungsgebietes wenig Wohnraum für Familien. Der sehr hohe Anteil an kleinen Wohnungen mit weniger als 60 qm und der teilweise schlechte Zustand dieser Wohnungen fördert die sozialräumliche Segregation.

Der Stadtteil grenzt im Westen unmittelbar an die Leineaue und im Süden an die parkähnlichen Flächen des Stadtfriedhofs Stöcken. Von beiden Bereichen ist er allerdings weitgehend abgeschnitten; im ersten Fall durch den Schnellweg, im anderen durch eine Mauer, die große Umwege erforderlich macht. Im Gebiet selbst herrscht ein großer Mangel an öffentlich nutzbaren Grün-, Frei- und Spielflächen.

Die soziale Infrastruktur zeigt insbesondere bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen und bei Angeboten für Seniorinnen und Senioren sowie Migrantinnen und Migranten Defizite.

Im Untersuchungsgebiet gibt es nur wenige mittelständische Gewerbe- und Handwerksbetriebe. Die angrenzenden, global agierenden Großbetriebe wie VW, Varta und Conti haben kaum noch Bezug zu dem Stadtteil.

Viele Straßen im Gebiet sind überdimensioniert und wirken ungeordnet; sie bieten wenig Aufenthaltsqualität und sind in Teilen erneuerungsbedürftig. Die Hogrefestraße bildet durch die abgetrennte Gleisfläche der Stadtbahn und das ungeordnete Straßenprofil eine starke Barriere, die den Stadtteil in zwei Hälften zerschneidet.

Handlungsansätze

Die o.a. städtebaulichen, funktionalen und sozialen Defizite sollen mit dem Instrumentarium der städtebaulichen Sanierung nach §§ 136 ff BauGB behoben bzw. gemindert werden. Dabei sollen über den klassischen Sanierungsansatz hinaus die Handlungsfelder Städtebau, Wohnen und Wohnumfeld, Soziales, Stadtteilkultur, Bildung und Qualifizierung, lokale Ökonomie sowie Beteiligung / bürgerschaftliches Engagement zu einem integrierenden Handlungsansatz für Stöcken im Sinne des Bund-Länder-Programms "Soziale Stadt" gebündelt werden.

Im städtebaulichen Handlungsfeld wird es im Rahmen der Sanierung darum gehen, die den Stadtteil umgrenzenden Grünflächen weiter zum Gebiet zu öffnen und miteinander zu verbinden. Darüber hinaus wird die Schaffung und Neugestaltung sowohl wohnungsbezogener privater und halböffentlicher wie stadtteilbezogener öffentlicher Grün- und Freiräume, hier insbesondere die Sanierung von Spielplätzen, ein zentrales Thema der Sanierung sein.

Der Umbau von Straßen mit dem Ziel, die Aufenthaltsqualität der Straßenräume zu erhöhen bzw. Barriereeffekte zu verringern, ist ein weiteres wichtiges Handlungsfeld. Dies trifft vorrangig auf die Freudenthalstraße zu, deren Ausbau bereits seit längerem geplant ist und der jetzt im Rahmen der Sanierung durchgeführt werden soll.

Der in Teilen unmodernisierte Wohnungsbestand mit geringen Wohnungsgrößen, schlechter Wärmedämmung und mangelnder Ausstattung verhindert auch den Zuzug anderer Bevölkerungsgruppen. Die Wohnsituation der jetzt dort lebenden Menschen zu verbessern und ein möglichst differenziertes Wohnangebot, z.B. auch für alte Menschen und Familien zu schaffen, ist Ziel der beabsichtigten Modernisierungen.

Trotz direkter Nachbarschaft der wesentlichen industriellen Großbetriebe Hannovers herrscht hohe Arbeitslosigkeit. Ob und wieweit diese Nachbarschaft für die positive Entwicklung des Stadtteils nutzbar gemacht werden kann, wird im Sanierungsverfahren zu prüfen sein. Qualifizierung, Ausbildung und Schaffung neuer Lebensperspektiven für Arbeitslose gehören in jedem Fall zum Aufgabenspektrum des Programms „Soziale Stadt“.

Wesentliche Voraussetzung für diesen Prozess ist auch die Modernisierung bzw. Ergänzung der sozialen und kulturellen Infrastruktur. Sie soll verstärkt dazu beitragen soziale Netzwerke zu knüpfen, Kontakt- und Handlungsspielräume zu eröffnen, Menschen in ihrem Alltag zu unterstützen und Verantwortungsbewusstsein für das Zusammenleben zu erzeugen. Ein hoher Bedarf an sozialer und kultureller Infrastruktur besteht in Stöcken für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen und deren Eltern sowie für Seniorinnen und Senioren. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf der interkulturellen Arbeit liegen.

Durch die Schaffung von Mitwirkungs- und Beteiligungsstrukturen, vor allem in Zusammenhang mit der integrierten Sanierung, sollen die Bewohnerinnen und Bewohner die Möglichkeit erhalten, sich für ihre Belange und das Stadtteilleben zu engagieren. Dies soll auch durch die Einrichtung einer Sanierungskommission unterstützt werden. Diese Einbeziehung der Betroffenen und die Eröffnung von konkreten Gestaltungs- und Veränderungsmöglichkeiten erhöht auch die Identifikation mit dem Stadtteil und kann so die zunehmend überforderten Nachbarschaften stabilisieren. Eine zentrale Aufgabe besteht in der Schaffung und Stärkung von Strukturen der nachbarschaftlichen Selbstorganisation, die nach Ende der Sanierung eine sozial tragfähige Grundlage für eine positive weitere Entwicklung bieten.

Eine Vernetzung zwischen der Stadtteilbevölkerung, den verschiedenen Infrastruktureinrichtungen, der Politik und den verschiedenen Verwaltungseinrichtungen vor Ort ist in Stöcken bereits im Grundsatz vorhanden. Der wichtigste Impuls war die Gründung der „Vor-Ort-Runde“ im Zusammenhang mit der erstmaligen Antragstellung im Programm Soziale Stadt im Jahr 2000 und die daraus entstandene Gründung des Vereins „Soziales Netzwerk Stöcken e.V.“, der mittlerweile bereits wichtige soziale und kulturelle Projekte für Kinder und Jugendliche im Gebiet durchführt.

Im Stadtteil Stöcken sollen zwei Quartiersmanagerinnen bzw. –manager vor Ort eingesetzt werden. Die Stellen werden inhaltlich aus dem Themenfeld des Jugend- und Sozialdezernats und des Baudezernats besetzt. Im Fachbereich Planen und Stadtentwicklung wird Stöcken von dem mit einer Planerin verstärkten Team der Stadterneuerung bearbeitet, das gegenwärtig auch für das Soziale-Stadt-Gebiet Mittelfeld zuständig ist. Bereits seit 2004 ist in Stöcken eine Mitarbeiterin der Gesellschaft für Bauen und Wohnen Hannover mbH (GBH) mit einer halben Stelle als Quartiersmanagerin in Nichtfördergebieten tätig. Sie wird ihre Aufgaben auch während der Sanierung, dann aber in enger Abstimmung mit dem städtischen Quartiersmanagement, weiter wahrnehmen.

Der erste wichtige Arbeitsschritt wird die Erstellung eines integrierten Handlungskonzeptes für Stöcken sein. Dieses Integrierte Handlungskonzept soll gemeinsam mit den lokalen Akteuren und den Einwohnerinnen und Einwohnern Stöckens entwickelt und anschließend als Zielkonzept der Sanierung vom Rat voraussichtlich im Herbst 2008 beschlossen werden.

Durch die letzte Änderung des Baugesetzbuches (durch Artikel 1 des Gesetzes zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006) ist es nach § 142 Abs. 3 BauGB erforderlich, die Dauer der Sanierung durch Ratsbeschluss zeitlich zu befristen, wobei die Frist 15 Jahre nicht übersteigen darf. Während in der Vorbereitenden Untersuchung von einem Durchführungszeitraum von 8 Jahren ausgegangen wird, ist bei dieser Frist auch zu berücksichtigen, dass die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen stark von der Mittelgewährung des Landes Niedersachsen abhängt. Da gegenwärtig nicht vorhersehbar ist, ob und in welchen Teilbeträgen die veranschlagten Städtebauförderungsmittel bereitgestellt werden, wird vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit anderen Sanierungsgebieten ein Durchführungszeitraum von 10 Jahren als realistisch eingeschätzt. Sollte sich vor Ende der Sanierung herausstellen, dass diese Zeit nicht ausreicht, kann der Rat die Durchführungsfrist durch Beschluss entsprechend verlängern.

61.41 
Hannover / 18.09.2007