Drucksache Nr. 1930/2023:
Mitte neu denken – das Innenstadtkonzept 2035
Leitprojekt 4 – „Integriertes Mobilitätskonzept“ für die Innenstadt

Informationen:

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtbezirksrat Mitte
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Ausschuss für Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten
In den Ausschuss für Umweltschutz, Klimaschutz und Grünflächen
In den Verwaltungsausschuss
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1930/2023
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Mitte neu denken – das Innenstadtkonzept 2035
Leitprojekt 4 – „Integriertes Mobilitätskonzept“ für die Innenstadt

Antrag,

1. die Ziele und die Programmatik des Integrierten Mobilitätskonzeptes Innenstadt aus Anlage 1 als Leitlinien zur Umsetzung einer Mobilitätswende festzulegen. Diese sind abgeleitet aus dem vom Rat beschlossenen Integrierten Innenstadtkonzept („Mitte neu denken – das Innenstadtkonzept 2035“) als richtungsgebende und strategische Zielsetzung einer resillienten und klimaneutralen, lebenswerten und zukunftsorientierten Innenstadt.
2. die Verwaltung mit der konsequenten Nachverfolgung, Ausplanung und sukzessiven Umsetzung des Konzeptes und der notwendigen Maßnahmen, auch Interventionen der temporären Umgestaltung und Nutzung, zu beauftragen. Ziel ist die vitale Innenstadt als vielfältiger Lebens-, Arbeits-, Kultur- und Handelsstandort mit Grün- und offenen Aufenthaltsräumen sowie, Kultur- , Freizeit- und Bewegungsangeboten bei zeitgemäßer Mobilitätsausstattung.

3. die in der Anlage 1 dargestellten Maßnahmen zur Unterbindung von Durchgangsverkehren in der Innenstadt zeitnah umzusetzen. Die dargestellten Umgestaltungsvorschläge für einzelne Straßenräume sind sukzessive auszuplanen und herzustellen.
4. mit spezifischen Dialog- und Beteiligungsformaten die individuellen Bedürfnisse und Belange aller Teile der Stadtgesellschaft in die Umsetzung einzelner Bausteine des Konzeptes einzubeziehen und in erforderliche Beschlussfassungen einzubringen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Der vorliegende Antrag richtet sich an die Stadtgesellschaft in all ihren Ausprägungen. Es sind alle Geschlechter gleichermaßen berücksichtigt. Gruppen, die in ihrer Mobilität als Voraussetzung zur Teilhabe eingeschränkt oder benachteiligt sind, profitieren in besonderem Maße.

Ergebnis der Klimawirkungsprüfung

Positive Auswirkungen auf den Klimaschutz entstehen durch das Umsetzen der Mobilitätswende in der Innenstadt. Dies insbesondere durch die Priorisierung der aktiven Mobilität, umweltverträglichen Verkehrsarten und der Vermeidung unnötiger Verkehre (THG-Emissionen werden reduziert) sowie den daraus erwachsenden Möglichkeiten zur Klimaanpassung und Attraktivierung des Stadtraums.

Kostentabelle

Finanzielle Auswirkungen entstehen erst aus der Umsetzung der einzelnen Bausteine des Konzeptes. Für die prioritär genannten Maßnahmen (Anlage 1) wurden bereits Mittel im Haushalt 2023/2024 eingestellt oder sie werden bei den Haushaltsplanungen der folgenden Jahre berücksichtigt.

Erforderliche Beschlussfassungen für Einzelmaßnahmen, die über das Tagesgeschäft der Verwaltung hinausgehen, zum Beispiel bei der Umgestaltung von Straßenräumen, notwendigen Widmungsverfahren, die Vergabe von Planungs- und Bauleistungen oder städtebaulichen Festlegungen bleiben davon unberührt.

Begründung des Antrages

Der Rat der Stadt Hannover hat dem strategischen Konzept „Mitte neu denken – das Innenstadtkonzept 2035“ und dessen Handlungsprogramm als Grundlage zur Entwicklung einer klimaneutralen, resilienten Innenstadt im September 2022 (Beschlussdrucksache Nr. 1904/2022) zugestimmt. Das Konzept fasst die zentralen Erkenntnisse aus dem offenen Innenstadtdialog und den fachlichen Einschätzungen zusammen und bündelt sie in abgewogene und zueinander in Bezug stehende Ziele und Strategien.

Mit dem Zielbild „Hinkommen und Ankommen – Mobilitätswende wahr machen“ sind im Innenstadtkonzept der strategische Rahmen und die Erwartungen an die Erreichbarkeit der Innenstadt vorweggedacht und die Bevorzugung nachhaltiger Mobilitätsalternativen beschlossen worden. Das Zielbild wurde als Voraussetzung für die Aufwertung von Achsen, Plätzen und Straßen sowie als städtebauliche Chance für die Neuordnung von Flächen für vielfältige attraktive Nutzungen sowie das Gelingen der lokalen Mobilitätswende hin zu einer autofreien Innenstadt anerkannt.

Das Handlungsprogramm umfasst eine Auswahl von Leitprojekten und Projektideen, die beispielhaft und vorbildlich für eine erfolgreiche Entwicklung einer resilienten und klimaneutralen Innenstadt stehen. Im Handlungsprogramm ist das Leitprojekt 4 – „Integriertes Mobilitätskonzept“ die richtungsgebende Vision der Mobilitätswende in der Innenstadt und damit Verwaltungsauftrag für das vorliegende Konzept (Anlage 1).

Das „Integrierte Mobilitätskonzept“ für die Innenstadt formuliert ein programmatisches Zielbild für das Jahr 2030+ und definiert Maßnahmen, zunächst für den Kern der Innenstadt, südlich der Bahnanlagen und umgrenzt durch Kurt-Schumacher-Straße, Münzstraße, Steintorplatz, Goethestraße, Leine und Leibnizufer, Friedrichswall, Aegidientorplatz und Schiffgraben, mit denen sich die Innenstadt als vitaler Lebens-, Arbeits-, Kultur- und Handelsstandort in Zukunft bestmöglich entwickeln kann und sicher, barrierefrei und klimaneutral erreichbar sein wird. Die Maßnahmen sind, abgeleitet aus dem Innenstadtkonzept „Mitte neu denken“, aufeinander abgestimmt und wirken zusammen mit den Zielen und Konzepten anderer gesamtstädtischer Strategien, wie beispielhaft dem Klimaschutzprogramm, dem Veloroutenkonzept, der Smart City-Strategie Restart: #HANnovativ, den Fahrradstraßen 2.0 (u.a. Lange Laube), der Integration von autoarmen Quartieren (sog. Superblocks), der Ausweitung des Bewohner*innenparkens in den innenstadtnahen Wohnquartieren, der Entwicklung des Kulturdreiecks, der Vernetzung der umweltverträglichen Mobilitätsalternativen, der Verkehrsentwicklungs- und Nahverkehrsplanung der Region und der Vision einer nachhaltigen stadtweiten Mobilitätswende. Das „Integrierte Mobilitätskonzept“ für die Innenstadt ist zugleich ein Baustein für die anstehende Fortschreibung des Masterplans Mobilität für die Gesamtstadt im Hinblick den Zeithorizont 2035.

Eine „autofreie Innenstadt“ ist offen und gut erreichbar für alle Menschen, jung oder alt, mit und ohne Mobilitätseinschränkungen. Sie ist offen für klimaverträgliche Mobilitätsformen, offen für Logistik und offen für notwendigen Kfz-Verkehr (z.B. gezielt zu den Parkhäusern oder privaten Grundstücken). Sie ist im besonderen Maße offen für neue Ideen und Freiräume sowie temporäre Nutzungen, die bereits in den vorhandenen oder teils umgestalteten Straßenräumen stattfinden. Sie ist auch offen für Veränderungen, die unabdingbar sind, sei es aufgrund des Klimawandels, der Digitalisierung oder gesellschaftlicher Veränderungen.

Die Entlastung der Straßenräume von Verkehr lässt Räume entstehen, in denen sich Menschen wieder frei bewegen können. Die Erreichbarkeit mit allen Verkehrsarten ist gewährleistet und ein wichtiger Schritt zu mehr sozialer Teilhabe. Vorrang bei allen Überlegungen hat die „Basismobilität“, also der sichere Fußverkehr und die Barrierefreiheit, gefolgt von weiteren Verkehrsmitteln des Umweltverbundes. Ein zuverlässiger, bequem nutzbarer ÖPNV ist zentral, ebenso die Erreichbarkeit durch Radverkehr, Mikromobilität, Rollatoren etc.. Multimodale Verkehre werden durch Auf- und Ausbau entsprechender Infrastrukturen gefördert. Die Querung des Cityrings und die Erreichbarkeit angrenzender Quartiere werden besonders für den Fuß- und Radverkehr verbessert. Die Verkehrsfunktion wird integriert, ist aber nicht mehr das bestimmende Element. Der fließende Kfz-Verkehr wird auf das notwendige Maß reduziert, erreicht seine Ziele aber sicher. Das Parken wird aus dem öffentlichen Raum in die vorhandenen Parkhäuser verlagert. Moderne Logistikkonzepte entlasten die Innenstadt und verbessern diese Dienstleistung als Rückgrat auch des Handels.

Das Zentrum der europäischen Stadt war immer ein Ort des Handels, gleichzeitig aber auch ein Ort für Arbeiten und Wohnen, ein Raum für demokratische Willensbekundung und kulturelle Aktivitäten und damit auch das Gesicht der Stadt und Identifikationsort für die Stadtgesellschaft. Die Innenstädte der Zukunft – auch Hannovers Innenstadt - stehen aufgrund der Megatrends wie der gesellschaftlichen Veränderungen (u.a. Alterung und Individualisierung der Gesellschaft), der auf alle Lebensbereiche zugreifenden Digitalisierung, des Kliamwandels und dessen Folgen, aber auch wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges mit deren wirtschaftlichen Folgen vor großen Herausforderungen. Insbesondere der Einzelhandel spürt den Wandel des Einkaufsverhaltens mit Kaufkraftabflüssen ins Netz – und das obwohl die Fußgänger*innenfrequenz in der Innenstadt wieder auf dem Vorkrisenniveau liegt.

Die Innenstädte der Zukunft sind gefordert, sich an den Klimawandel und dessen Folgen mit wirksamen Maßnahmen anzupassen. Städtebauliche Zielsetzungen und die An-
forderungen von Nutzer*innen bilden den weiteren Rahmen für die künftige Gestaltung der Stadt-, Straßen- und Platzräume. So entstehen neue Möglichkeiten für eine gerechtere Aufteilung der Räume – für Gestaltung, Aufenthalt, Grün und neue multicodierte Nutzungen. Stadträume werden zu Erlebnisräumen für alle. Sie bieten Platz und Atmosphäre für Menschen, die sich dort gerne aufhalten, für Begegnung, Bewegung, Kultur, Spiel und Sport. Die blau-grüne Transformation von Straßenräumen sorgt, sofern technisch möglich durch Begrünungen und Regenwassernutzung oder -versickerung vor Ort für einen kühlenden Effekt beispielhaft in der Prinzenstraße. Saubere Luft und verringerte Lärmimmissionen sorgen für Entschleunigung und ein gesundes Stadtraumklima.

Diese Maßnahmen fördern die Attraktivität der Innenstadt und sind neue Erlebnisfaktoren, die zum Besuch anreizen. Hohe Frequentierung, begrünte gestaltete Bereiche, die zum Bummeln einladen, ein gutes Image der Innenstadt kommen auch dem lokalen Handel, dem Gewerbe und der Gastronomie sowie der Kultur zugute.

Die ersten Schritte der Umsetzung des Konzeptes haben den Zeithorizont 2030 und beziehen sich räumlich auf den Kern der Innenstadt südlich der Bahnanlagen zwischen der Kurt-Schumacher-Straße, Steintorplatz, Leine, Aegidientorplatz und Schiffgraben. Das Konzept definiert Interventionsräume und lässt temporäre Umgestaltungen und Nutzungen ausdrücklich zu. Erste Visualisierungen aus dem Innenstadtdialog sind Grundlage für eine Priorisierung der Maßnahmen, aber vor allem klare städtebauliche Visionen und zugleich ein Versprechen für den Stadtraum.

Konkrete Projekte und Maßnahmen sind der Umbau von Schmiedestraße (Abschluss 1. Bauabschnitt September 2023), Schillerstraße (Beschlussdrucksache ab Ende 2023), Steintorplatz (BDS Nr. 1410/2023, Bau ab Frühjahr 2024), Georgstraße (Beschlussdrucksache nach Beschluss dieser Drucksache ab Frühjahr 2024), Joachimstraße (Beschlussdrucksache nach Beschluss zum Verkehrskonzept ab Sommer 2024) und Prinzenstraße (Beschlussdrucksache nach Beschluss dieser Drucksache ab Ende 2024). Für diese Bereiche sind bereits erste konkrete Planungen erarbeitet worden, die nach Beschluss dieses Konzeptes in Umsetzungsvarianten vertieft, auf ihre Wirkung überprüft sowie dann den politischen Gremien zum Beschluss vorgelegt werden sollen. Weitere städtebauliche Entwicklungen sind mitgedacht und integriert, wie das nördliche Bahnhofsumfeld (Masterplan in Vorbereitung), der Köbelinger Markt (Ausschreibung Nachnutzung Gebäude Leinstraße ab zweiter Jahreshälfte 2024) oder das Stadtquartier Goseriede (Städtebauliches Konzept „Urban Q“ in Bearbeitung).

Die Planung und Umsetzung akzeptiert notwendige Korrekturen und auch die Möglichkeit des Aussetzens oder Scheiterns einzelner Bestandteile des Konzeptes. Zugleich stehen die Programmatik des Konzeptes für eine stadtweite Mobilitätswende mit dem Zeithorizont 2030+ und die einzelnen Bausteine für die Übertragung erfolgreicher Maßnahmen zunächst auf alle Teile der Innenstadt, also Steintor-, Odeon-, Gerichts- oder Warmbüchenviertel, aber auch die gesamte Stadt.
Dez. VI 
Hannover / 18.09.2023