Drucksache Nr. 15-2022/2020 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Pflegeplätze und -qualität im Stadtbezirk Mitte
Sitzung des Stadtbezirksrates Mitte am 21.09.2020
TOP 12.3.2.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
An den Stadtbezirksrat Mitte (zur Kenntnis)
 
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15-2022/2020 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Pflegeplätze und -qualität im Stadtbezirk Mitte
Sitzung des Stadtbezirksrates Mitte am 21.09.2020
TOP 12.3.2.

Im Zuge der demographischen Entwicklung nimmt der Bedarf an qualitativ guten Plätzen in Alten- und Pflegeheimen kontinuierlich zu, so auch im Stadtbezirk Mitte.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Hannover:

1. Wie viele Plätze in Alten- und Pflegeheimen gibt es im Stadtbezirk Mitte, wie teilen sich diese auf? Wie viele davon werden von der Stadt, von Wohlfahrtsverbänden und anderen gemeinnützigen Einrichtungen gestellt und wie viele privatwirtschaftlich durch gewinnorientierte Unternehmen?

2. Inwiefern stellt die Stadt im Rahmen ihrer Heimaufsicht die Qualität in Alten- und Pflegeheimen in Mitte sicher, wie viele unangekündigte Kontrollen gab es in den letzten 10 Jahren, inwiefern werden die Einrichtungen auch auf nicht gerichtlich angeordnete Fixierungen und decubitus-Symptome bei BewohnerInnen untersucht?

3. Wie häufig mussten Einrichtungen aus Mitte in den letzten 10 Jahren zur Einhaltung von rechtlichen Vorgaben angehalten werden?


Die Verwaltung beantwortet die Anfrage wie folgt:

1. Im Stadtbezirk Mitte stehen insgesamt 716 vollstationäre Plätze in Alten- und Pflegeheimen zur Verfügung zuzüglich 10 Plätzen in einer freigemeinnützigen Tagespflege.




Die 716 vollstationären Plätze teilen sich wie folgt auf:

295 Einzelzimmer/plätze
358 Plätze in Doppelzimmern (179 DZ)
653 (darin enthalten sind eine Hausgemeinschaft sowie ein beschützter Bereich mit
insgesamt 61 Plätzen für demenziell erkrankte Bewohner*innen)

55 Plätze spezial (9 EZ, 23 DZ) für schädelhirngeschädigte Bewohner*innen
8 Plätze spezial (4 EZ, 2 DZ) für demenziell erkrankte Bewohner*innen
716

Insgesamt stehen drei Einrichtungen unter einer freigemeinnützigen Trägerschaft. Fünf Einrichtungen werden von privaten Trägern geführt.

2. Das Team der Heimaufsicht (in der Regel bestehend aus einem Prüfer/ einer Prüferin und einer oder zwei Pflegefachkräften je nach Größe der Einrichtung) führt in den vollstationären Einrichtungen neben grundsätzlich einmal jährlich stattfindenden, angemeldeten wiederkehrenden Prüfungen auch unangemeldete, anlassbezogene Prüfungen infolge eingehender Beschwerden durch. Dabei wird geprüft, ob die Vorgaben des Niedersächsischen Gesetzes über unterstützende Wohnformen (NuWG) sowie die zur Durchführung dieses Gesetzes vom Ministerium erlassenen Verordnungen erfüllt bzw. eingehalten werden und damit u. a. die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohner*innen geachtet und vor Beeinträchtigungen geschützt wird. Ebenso wird dabei überprüft, ob eine dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechende Qualität des Wohnens, der Verpflegung und Betreuung der Bewohner*innen gesichert ist und die Pflege nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse für pflegebedürftige Bewohner*innen gewährleistet und sichergestellt ist. Auch wird bei den Heimprüfungen die bewohnerbezogen und ordnungsgemäße Aufbewahrung der Arzneimittel kontrolliert. Zusätzlich werden mehrmals jährlich Nachtwachenkontrollen durchgeführt, die vorrangig dazu dienen, festzustellen, ob eine ausreichende Anzahl an Fachkräften auch des Nachts dauerhaft anwesend sind, ob freiheitsentziehende Maßnahmen – des Nachts hauptsächlich gezogene Bettgitter-rechtmäßig angewandt werden und Spätmahlzeiten für Bewohner*innen in den Wohnbereichen vorgehalten werden.

Das Team der Heimaufsicht macht sich regelmäßig während der wiederkehrenden Prüfungen einerseits in Form von Hausrundgängen und damit verbundenen Inaugenscheinnahmen von Bewohner*innen einen Eindruck davon, welche freiheitsentziehenden Maßnahmen bei welchen und wie vielen Bewohner*innen eingesetzt werden, um anschließend anhand der Einsichtnahme in die Pflegedokumentation zu prüfen, ob die Betreiber*innen stationärer Einrichtungen ihrer Aufzeichnungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 8 NuWG betreffend der bei den Bewohner*innen angewandten freiheitsentziehenden und unterbringungsähnlichen Maßnahmen nachkommen. Hier werden insbesondere die Anbringung von Bettgittern, Stecktischen an Rollstühlen, Fixierungen durch Bauchgurte, das Abschließen von Zimmertüren und das Verabreichen sedierender Medikamente soweit diese auch in der Absicht gegeben werden, die Bewegungsfreiheit des Betroffenen einzuschränken in den Blick genommen.

Die Überprüfung der Aufzeichnungspflichten durch die Heimaufsicht bezieht sich in der Regel auf folgende Varianten:
- Hat ein*e einwilligungsfähig*er Bewohner*in, dem das Wesen, die Bedeutung und die Tragweite der freiheitsentziehenden Maßnahme bewusst ist, eine aktuelle Eigeneinwilligung unterschrieben. Diese Einwilligungserklärung ist in regelmäßigen Abständen – die Heimaufsicht empfiehlt halbjährlich - zu wiederholen. Sollten Zweifel daran bestehen, dass die Einwilligungsfähigkeit des/der Bewohner*in fortbesteht, wird das Gericht eingeschaltet.
- Prüfung des vormundschaftsgerichtlichen Beschlusses mit der Fragestellung, ob dieser noch Gültigkeit besitzt und auch tatsächlich nur die darin aufgeführte freiheitsentziehende Maßnahme eingesetzt wird.
- Sollten Bewohner*innen keinen natürlichen Fortbewegungswillen mehr haben, ist ein ärztliches Attest zur Bescheinigung von Immobilität oder nicht willentlich steuerbaren Bewegungen vorzulegen.

Um während der Prüfungen in den stationären Einrichtungen feststellen zu können, ob die pflegerische Versorgung der Bewohner*innen i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 5 und 9 NuWG sichergestellt ist, lässt sich die Heimaufsicht zu Beginn der Prüfungen neben einer tagesaktuellen Bewohner*innenliste auch eine sogenannte Risikoliste (Liste von Bewohner*innen mit besonderen gesundheitlichen oder pflegerischen Risiken) vorlegen, um an Hand dieser Listen strichprobenmäßig Bewohner*innen auszuwählen, die z. B. unter einem Dekubitus oder anderen pflegerischen Risiken leiden. Die von den Pflegefachkräften der Heimaufsicht ausgewählten Bewohner*innen werden daraufhin in ihren Bewohner*innenzimmern besucht, um deren einwandfreie pflegerische Versorgung zu prüfen. Anschließend erfolgt die Durchsicht der dazugehörigen Pflegedokumentation, um feststellen zu können, ob die gesetzlich vorgeschriebene Aufzeichnung der Pflegeplanungen für die Bewohner*innen dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse entspricht.
Stellt die Heimaufsicht im Rahmen ihrer Prüfungen erstmalig fest, dass die o. g. gesetzlichen Vorgaben nicht eingehalten werden, wird die Betreiber*in darüber informiert und beraten, wie und in welchem zeitlichen Rahmen die festgestellten Mängel abzustellen sind. Sollte festgestellt werden, dass bereits in der Vergangenheit kommunizierte Mängel trotz Aufforderung nicht abgestellt worden sind, kann die Heimaufsicht die für die Beseitigung der Mängel erforderlichen Anordnungen – wie Aufnahme-/Belegungsstopps in einzelnen oder mehreren Wohnbereichen bzw. der gesamten vollstationären Einrichtung oder nur in Bereichen mit bestimmten, meist höheren Pflegegraden, treffen. Um feststellen zu können, ob die aufgezeigten Mängel zeitnah abgestellt werden, erfolgen im Anschluss daran sogenannte Nachprüfungen.

Für den gewünschten Zeitraum von 10 Jahren gibt es bei der Heimaufsicht keine umfassende statistische Erfassung. Nach Durchsicht der Akten ist jedoch festzuhalten, dass die Heimaufsicht in den vollstationären Einrichtungen des Stadtbezirks Mitte insgesamt 83 unangekündigte Prüfungen durchgeführt hat.

3. Das Team der Heimaufsicht stellt bei vielen wiederkehrenden und auch anlassbezogenen
Prüfungen immer wieder mangelbehafteten Umgang mit den gesetzlichen Vorgaben fest. Wie unter 2. aufgeführt, wird dann zunächst der/die Betreiber*in von der Heimaufsicht informiert und beraten, wie die festgestellten Mängel in einer anzusetzenden Frist abgestellt werden können, ohne eine Anordnung auszusprechen oder zu verfügen, was nach § 10 Abs. 1 NuWG so vorgesehen ist. Die Vergangenheit hat in der Praxis gezeigt, dass dieses Vorgehen in der Regel nicht nur zum zügigen Abstellen der Mängel führt, sondern auch zur Qualitätsverbesserung der gesamten pflegerischen Versorgung der Bewohner*innen. Auch trägt dieses Vorgehen zu einer positiven Kommunikation zwischen den Prüfer*innen der Heimaufsicht und den Mitarbeiter*innen der Betreiber*innen bei, so dass Leitungskräfte der Betreiber*innen immer häufiger bereits vorab den Kontakt zur Heimaufsicht suchen, um sich bei bevorstehenden Problemen bzw. Konflikten Unterstützung bei der Heimaufsicht zu holen. Diese informierenden und beratenden Tätigkeiten werden statistisch nicht erfasst.


In den Einrichtungen des Stadtbezirks Mitte wurden von der Heimaufsicht in den letzten acht Jahren insgesamt zehn Anordnungen getroffen.