Drucksache Nr. 15-1846/2021 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Wenn Gesetz und Verwaltungshandeln auseinanderfallen
Sitzung des Stadtbezirksrates Döhren-Wülfel am 07.10.2021
TOP 8.1.2.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
An den Stadtbezirksrat Döhren-Wülfel (zur Kenntnis)
 
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15-1846/2021 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Wenn Gesetz und Verwaltungshandeln auseinanderfallen
Sitzung des Stadtbezirksrates Döhren-Wülfel am 07.10.2021
TOP 8.1.2.

Der Stadtbezirksrat Döhren-Wülfel hatte in seiner Sitzung vom 10. Juni 2021 die Verwaltung beauftragt, beauftragt, ein neues Gestaltungskonzept für den Platz vor dem Nachbarschaftstreff in Mittelfeld zu erarbeiten (Drs. 15-1247/2021).

Dies liegt in der Entscheidungskompetenz des Stadtbezirksrates. In § 93 Abs. 1 Nr. 1 NKomVerfG heißt es, der Stadtbezirksrat vertritt die Interessen der Ortschaft oder des Stadtteils und fördert deren oder dessen positive Entwicklung innerhalb der Gemeinde. Soweit der Rat nach § 58 Abs. 1 und 2 nicht ausschließlich zuständig ist und soweit es sich nicht um Aufgaben handelt, die nach § 85 Abs. 1 Nrn. 3 bis 6 der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten obliegen, entscheidet der der Stadtbezirksrat unter Beachtung der Belange der gesamten Gemeinde in Angelegenheiten der Unterhaltung, Ausstattung und Benutzung der im Stadtbezirk oder in der Ortschaft gelegenen öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, Büchereien, Kindergärten, Jugendbegegnungsstätten, Sportanlagen, Altenheime, Dorfgemeinschaftshäuser, Friedhöfe und ähnliche soziale und kulturelle Einrichtungen, deren Bedeutung über den Stadtbezirk oder die Ortschaft nicht hinausgeht. Damit korrespondiert § 9 Abs. 1 der Hauptsatzung der LH Hannover, wonach der zuständige Stadtbezirksrat unter Beachtung der Belange der gesamten Stadt in folgenden Angelegenheiten entscheidet:1.a) Um-und Ausbau, Unterhaltung, Ausstattung und Benutzung der im Stadtbezirk gelegenen öffentlichen Einrichtungen, wie Stadtteilbibliotheken, Kindergärten, Jugendbegegnungsstätten, Sportanlagen, Altenheime, Friedhöfe und ähnliche soziale und kulturelle Einrichtungen, soweit deren Bedeutung nicht über den Stadtbezirk hinausgeht.



Bei dem Nachbarschaftstreff Mittelfeld handelt es sich um eine derartige Einrichtung.

Nun hat die Verwaltung in der Drs. 15-1247/2021 S1 mitgeteilt, dass sie nicht gedenkt, dem o.g. Antrag zu folgen.

Gem. § 85 NKomVerfG hat der Hauptverwaltungsbeamte (und damit die ihm unterstehende Verwaltung) die Beschlüsse der Vertretung – und damit auch die des Stadtbezirksrates – auszuführen. Die Verwaltung kann nicht nach eigenem Ermessen entscheiden, ob sie bindende Beschlüsse der Bürgervertretung ausführt oder nicht. D.h., wenn der Stadtbezirksrat einen Antrag im Rahmen seiner Kompetenz beschlossen hat, muss die Verwaltung ihn ausführen.



Wir fragen die Verwaltung,
1. Aufgrund welcher rechtlichen Ermächtigung meint die Verwaltung, von den Vorgaben des NKomVerfG abweichen zu können?
2. Hält die Verwaltung den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auch hinsichtlich der LH Hannover für einschlägig?

Die Verwaltung antwortet die Anfrage zusammenhängend wie folgt:


Die Verwaltung weicht im vorliegenden Fall nicht von den Vorgaben des NKomVG ab, weil dem Stadtbezirksrat für die hier in Rede stehende Drucksache Nr. 15-1247/2021 kein Entscheidungsrecht, wohl aber ein Vorschlagsrecht zusteht.

Fraglich ist hier nämlich, ob sich aus § 93 Abs. 1 S. 1 NKomVG eine Kompetenz der Stadtbezirksräte ergibt, von der Verwaltung die Erstellung einer vorbereitenden Planung zu verlangen, über deren Umsetzung der Stadtbezirksrat zu einem späteren Zeitpunkt befinden kann. Dies ist jedenfalls im konkreten Fall zu verneinen.

Aus § 93 Abs. 1 S. 1 NKomVG ergibt sich nach rechtlicher Auffassung der Verwaltung keine allumfassende Entscheidungskompetenz der Stadtbezirksräte für sämtliche baulichen Maßnahmen einschließlich der vorbereitenden Planungen an einer im Stadtbezirk belegenen öffentlichen Einrichtung. Die Entscheidungskompetenz des Stadtbezirksrates betrifft vielmehr nur konkrete Maßnahmen für den Um- und Ausbau, die Unterhaltung, die Ausstattung und die Instandhaltung einer öffentlichen Einrichtung. Insoweit muss sich schon aus dem Antragstext ergeben, welche konkreten Maßnahmen beschlossen werden.

Die „Gestaltung“ einer öffentlichen Einrichtung fällt schon dem Wortlaut nach nicht unter diesen Kompetenztitel. Aus dem Beschluss des Stadtbezirksrates wird auch nicht hinreichend erkennbar, welche konkrete Zielsetzung das von der Verwaltung geforderte Gestaltungskonzept haben soll. Die Aufgabenstellung an die Verwaltung ist zu unkonkret, um von dieser im Sinne des Stadtbezirksrates bearbeitet zu werden.

Die Stadtbezirksräte können nicht verlangen, dass die Verwaltung vorbereitende Planungen für die Gestaltung einer öffentlichen Einrichtung „ins Blaue hinein“ durchführt. Es muss sich vielmehr aus dem Antragstext oder zumindest aus der Begründung ergeben, wie die gestalterischen Vorstellungen des Stadtbezirksrates aussehen bzw. welche Gesichtspunkte dabei zu beachten sind. Ein Entscheidungsrecht des Stadtbezirksrates setzt immer einen konkreten umsetzbaren Auftrag an die Verwaltung voraus. Dieser Auftrag kann auf einer Vorlage der Verwaltung, aber auch auf einer Vorlage aus dem Stadtbezirksrat beruhen. Es kann aber von der Verwaltung nicht verlangt werden, dass diese dem Stadtbezirksrat ohne konkrete Vorgaben eine potentielle Entscheidungsvorlage erstellt. Ein solch weites Normverständnis überdehnt nach Auffassung der Verwaltung den Anwendungsbereich des bewusst nur punktuell definierten § 93 Abs. 1 NKomVG.

Für das in der Drucksache geforderte „Gestaltungskonzept“ gibt es aber weder im Antragstext noch in der Begründung konkrete Anhaltspunkte, an denen sich die Verwaltung orientieren könnte. Es wird vielmehr verlangt, dass die Verwaltung ein Gestaltungskonzept zusammen mit den Nutzer*innen des Nachbarschaftstreffs entwickeln solle, obwohl eine solche Absprache mit den Nutzer*innen ausweislich der Antwort der Verwaltung bereits durchgeführt wurde und keinen weiterführenden Bedarf an einer Umgestaltung der Freifläche ergeben hat. Insoweit ist der hier in Rede stehende Beschluss aufgrund seiner Unbestimmtheit für die Verwaltung nicht umsetzbar.

Im Übrigen gibt es bereits ein mit den Nutzer*innen abgestimmtes Gestaltungskonzept, das die Aufstellung von drei Bänken auf diesem Platz vorsieht. Die freie Gesamtfläche sollte groß genug bleiben, um weiterhin Veranstaltungen wie Weihnachtsbaumverkauf, Weihnachtsmärkte etc. stattfinden lassen zu können (vgl. Entscheidung 15-1247/2021 S1).

Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass darüber hinaus auch Zweifel daran bestehen, ob die gegenständliche Freifläche vor dem Nachbarschaftstreff unabhängig vom konkreten Antragstext wie vom Stadtbezirksrat angenommen unter § 9 Abs. 1 Nr. 1 a) der Hauptsatzung zu subsumieren ist. Offensichtlich handelt es sich bei dieser Fläche nicht um ein umfriedetes Grundstück, so dass hier eher § 9 Abs. 1 Nr. 2 d) der Hauptsatzung als rechtlicher Anknüpfungspunkt für ein Entscheidungsrecht des Stadtbezirksrates in Betracht käme. Diese beiden Kompetenztitel unterscheiden sich insoweit, als die Nr. 1a) auch die Ausstattung und Benutzung mit beinhaltet, wogegen der Bezirksrat nach der Nummer 2d) „nur“ für Um- und Ausbau, Unterhaltung und Instandsetzung zuständig wäre. Nach dem Vorgesagten kommt es auf diese Differenzierung aber im konkreten Fall nicht an.

Da dem Stadtbezirksrat nach Auffassung der Verwaltung jedenfalls im konkreten Fall kein Entscheidungsrecht für die Beauftragung der Verwaltung mit der Erstellung eines Gestaltungskonzeptes zusteht, wurde die Entscheidung im Sinne einer geltungserhaltenden Auslegung als Vorschlag an die Verwaltung (§ 94 Abs. 3 NKo

mVG) behandelt und dementsprechend auch inhaltlich geprüft und beantwortet.