Drucksache Nr. 15-1604/2017 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten
Sitzung des Stadtbezirksrates Misburg-Anderten am 21.06.2017
TOP 5.1.1.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
An den Stadtbezirksrat Misburg-Anderten (zur Kenntnis)
 
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15-1604/2017 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten
Sitzung des Stadtbezirksrates Misburg-Anderten am 21.06.2017
TOP 5.1.1.

In Hannover wurden und werden mehrere städtische Bauvorhaben als ÖPP-Projekte (Projekte in Öffentlich-Privater Partnerschaft) durchgeführt. Hierbei wird das Bauvorhaben der Landeshauptstadt Hannover durch einen privaten Partner geplant, finanziert und realisiert. In der Form eines ‚kreditähnlichen Rechtsgeschäftes‘ werden die Kosten eines solchen Projektes nach der Auftragsvergabe schrittweise durch die LHH abbezahlt.

Insbesondere aufgrund der derzeitig niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt steht jedoch die Frage der Wirtschaftlichkeit solcher ÖPP-Projekte im Raum, da dadurch eine Realisierung von Bauvorhaben in ‚Eigenregie‘ der Landeshauptstadt Hannover wirtschaftlicher sein kann.

Im Stadtbezirk Misburg-Anderten soll aktuell der Neubau des Misburger Bades als ÖPP-Projekt realisiert werden.

Dazu fragen wir die Verwaltung:

1. Welche Bauprojekte wurden im Stadtbezirk Misburg-Anderten in den letzten zehn Jahren als ÖPP-Projekte durchgeführt, was haben diese gekostet und wie teuer wäre eine Umsetzung der Projekte in ‚Eigenregie‘ der Landeshauptstadt Hannover jeweils alternativ gewesen (bitte tabellarisch auflisten)?

2. Wie ist das Haftungsrisiko der Landeshauptstadt Hannover bei eventuellen Baukostensteigerungen oder auch Insolvenz des Projektpartners einzuschätzen (siehe auch die Erfahrung mit dem jetzt abrissreifen Misburger Bad)?

3. Wie wird sichergestellt, dass die gewählte Variante eines Bauvorhabens (ÖPP versus Planung, Finanzierung und Umsetzung des Bauvorhabens in ‚Eigenregie‘ der Landeshauptstadt Hannover) die günstigere und - was das Haftungsrisiko betrifft - sicherere ist?

Text der Antwort

Zu 1) Im Stadtbezirk Misburg-Anderten wurde in den letzten 10 Jahren lediglich die Sanierung des Misburger Bades als ÖPP-Modell realisiert (Beschluss 2006, Fertigstellung 2008). Die der Planung zugrundeliegenden Baukosten wurden durch den Auftragnehmer s.a.b mit 11,8 Mio. € netto beziffert. Der daraus abgeleitete Zuschussbedarf pro Jahr betrug anfänglich 462.000 € netto gegenüber dem durch den Betrieb in Eigenregie verursachten Zuschussbedarf in Höhe von 700.000 €.

Zu 2) Die LHH schreibt Projekte in Öffentlich-Privater Partnerschaft seit vielen Jahren – im Gegensatz zum damaligen Modell für das Misburger Bad – ausschließlich als sog. 3-Phasen-Modelle mit den Komponenten Planen, Bauen und Finanzieren aus. Grundstück und Objekt verbleiben dabei im Eigentum der Landeshauptstadt; Planung, Bau und Finanzierung erfolgen durch den privaten Partner, Betrieb und die Unterhaltung der Objekte erfolgt durch die Stadt.
Erst mit erfolgter Abnahme des fertiggestellten Objekts ergibt sich eine Zahlungsverpflichtung für die LHH. Teil- oder Abschlagszahlungen werden nicht geleistet. Sachimmanente Gefahren durch die Insolvenz privatrechtlich organisierter Firmen werden damit ausgeschlossen.
Die konkrete Ausgestaltung der Zahlungsverpflichtung aus erbrachter Leistung wird im Vergabeverfahren verhandelt, im Projektvertrag vertraglich vereinbart und in Form von Zahlungsplänen hinterlegt.

Zu 3) Derartige Projekte werden im Vorfeld der für Projekte dieser Größenordnung vorgeschriebenen europaweiten Ausschreibung gem. ÖPP-Leitfaden der Finanzministerkonferenz nochmals formalisiert auf ihre Eignung und ergänzend im Rahmen einer vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung überprüft. Erst wenn beide Prüfungen sowohl Eignung als auch Wirtschaftlichkeit erwarten lassen, wird das dann notwendige zweistufige Vergabeverfahren (Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb) initiiert.

Das mit dem in einem derartigen Verfahren letztverbleibenden Bieter ausgehandelte Ergebnis wird in einer abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung anderen Beschaffungsvarianten gegenübergestellt und – sofern wirtschaftlicher als diese – nach Beschlussfassung zur Umsetzung durch den Rat der LHH als sog. kreditähnliches Rechtsgeschäft der Kommunalaufsicht zur Genehmigung vorgelegt. Vorab prüft bereits das Rechnungsprüfungsamt der LHH das komplette Verfahren mehrfach in vergaberechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht.

Die bisher erzielten Wirtschaftlichkeitsvorteile bewegen sich zwischen ca. 2 und 15%, je nachdem, ob Pauschalfestpreise, Gesamtinvestitionskosten oder Barwerte sowie Risiken konkret betrachtet wurden. Gemäß Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in den Haushaltsgrundsätzen ist die LHH gehalten, die wirtschaftlichste Lösung umzusetzen.

ÖPP-Verfahren, in denen eine Wirtschaftlichkeit in der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nicht zu prognostizieren oder in der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nicht zu belegen war, wurden eingestellt und die Maßnahmen wurden oder werden konventionell realisiert. Ein Beispiel hierfür ist die Sporthalle Misburg I.
Anstelle einer Mängelansprüchebürgschaft verbleiben im Regelfall 10 % der zu zahlenden Summe einredebehaftet, so dass die LHH über einen Zeitraum von in der Regel 5 Jahren etwaige Ansprüche jederzeit in Form von Kürzungen oder Zurückhaltung von Zahlungen geltend machen kann. Mittels dieses Instruments kann die Verwaltung auch nach Fertigstellung und Abnahme des Objekts wirksamen Druck zur Beseitigung etwaiger Mängel aufbauen, bzw. alternativ ggfs. Ersatzvornahmen realisieren.