Antrag Nr. 15-0505/2016:
Umbenennung der Sohnreystraße

Inhalt der Drucksache:

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Umbenennung der Sohnreystraße

Antrag

Der Bezirksrat möge beschließen:
Die Verwaltung der Landeshauptstadt Hannover wird aufgefordert, die Sohnreystraße umzubenennen in Lola-Fischel-Straße.

Begründung

Der mit Personen des öffentlichen Lebens besetzte städtische Beirat „Wissenschaftliche Betrachtung von namensgebenden Persönlichkeiten“ hat am 01.10.2015 Empfehlungen herausgegeben, nach denen von 500 überprüften Biographien 10 Umbenennungsempfehlungen für Straßennamen in Hannover ausgesprochen wurden aufgrund der zugrunde liegenden Kriterien zur Umbenennung von Straßen aus dem Jahr 2009. Auch die 1924 in der Südstadt benannte Sohnreystraße wird empfohlen umzubenennen.

Als Gründe werden u. a. dargelegt, dass der Lehrer, Publizist und Volksschriftsteller Heinrich Sohnrey 1933 zu den 88 Schriftstellern gehörte, die das „Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler“ unterzeichneten. Sohnrey war zwar kein NSDAP-Mitglied, äußerte sich aber in seiner 1934 erschienenen Autobiographie Zwischen Dorn und Korn „an mehreren Stellen lobend über Hitler und das unter seiner Führung sich entwickelnde neue Deutschland“. Schumann (2013). Sohnrey gehörte bereits vor 1933 zu den Vermittlern völkischen, antisemitischen, aber auch antislawischen und antiziganistischen Gedankengutes. Schumann (2013) verweist auf „eine fremdenfeindliche und rassistische Tendenz“ in Sohnreys Werk, die bereits „vor 1914 erkennbar ist und sich insbesondere nach 1933 weiter zuspitzt“. „Die am weitesten gehende Übereinstimmung mit der nationalsozialistischen
Ideologie zeigt sich in Sohnreys nach Kriegsbeginn veröffentlichter Propagandaschrift Landflucht ist Volkstod.“ Schumann (2013).

Mit seiner Popularität und den damit verbundenen Auflagenhöhen unterstützte er damit maßgeblich das NS-Regime im publizistischen Betrieb der Diktatur, so das abschließende Fazit der wissenschaftlichen Betrachtung.

Dieser Betrachtung folgen die AntragstellerInnen und halten daher die Benennung der Sohnreystraße nach Heinrich Sohnrey für nicht weiter vertretbar, so dass eine Umbe-nennung erforderlich wird.

Umbenannt werden soll die Straße in Lola-Fischel-Straße. Lola Fischel (geb. Potok) wurde geboren am 07.03.1914 in Sosnowitz/Polen, gestorben ist sie am 18.03.2009 in Hannover. Die Zahnärztin erlebte das Ghetto in Warschau, wurde im Alter von 29 Jahren im August 1943 mit dem letzten Aussiedlungstransport in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt, später nach Bergen Belsen. Ihre Eltern, die Schwester sowie fast alle Familienangehörigen wurden im KZ Auschwitz ermordet. Nach der Befreiung war sie Leiterin einer Klinik auf dem Gelände des Lagers Bergen Belsen. Mit ihrem späteren Ehemann, dem hannoverschen Zahnarzt Siegmund Fischel, führte sie ab 1947 eine Praxis in Hannover.

Über viele Jahre leitete sie die Jüdische Frauenorganisation WIZO – Gruppe „Helen Hannover“ und leistete Pionierarbeit bei der Unterstützung des Jüdischen Nationalfonds (KKL). Sie war Mitbegründerin der Hannoverschen Jüdischen Gemeinde. Als Zeitzeugin berichtete sie über die NS-Herrschaft und die Konzentrationslager. Unermüdlich engagierte sie sich für die Deutsch-Israelische Gesellschaft und für die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Seit Anfang der 70er Jahre engagierte sie sich für den Aus- und Aufbau des Jüdischen Seniorenheimes, ansässig im Stadtbezirk Südstadt-Bult, in der Haeckelstraße. Es trägt heute den Namen Lola-Fischel-Haus. Über 25 Jahre war sie Vorsitzende des Trägervereins Jüdisches Altersheim e. V. in Hannover.

Aufgrund ihrer besonderen Verdienste wurde ihr 1989 die Stadtplakette der Landeshauptstadt Hannover und 1997 die Niedersächsische Landesmedaille verliehen.