Anfrage Nr. 15-0050/2020:
Verwaltungsentscheidung bezüglich des Bezirksratsbeschlusses zur Naturwalderweiterung in der Eilenriede

Inhalt der Drucksache:

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Verwaltungsentscheidung bezüglich des Bezirksratsbeschlusses zur Naturwalderweiterung in der Eilenriede

Im Folgenden beziehe ich mich auf die 1. Entscheidung (Nr. 15-2750/2019 S1) in Bezug auf den Beschluss des Stadtbezirksrats Buchholz-Kleefeld unter TOP 7.5.1 v. 14.11.2019.(1)

Wie die Verwaltung mitteilt, werden die hannoverschen Stadtwälder in 5 Kategorien eingeteilt:

1. Naturnah bewirtschafteter Erholungswald 915,33 ha
2. Erholungswald 117,09 ha
3. Schutzwald (Naturwald) 124,83 ha
4. Altwarmbüchener Moor 168,92 ha
5. Tiergarten 80,86 ha

Die Kategorien 2 - 5 stünden, wie es heißt, "bereits unter besonderem Schutz". Hierzu vorab einige Anmerkungen.

Erstens, es wird nicht dargelegt, ob dieser besondere Schutz in den Klassen Erholungswald, Altwarmbüchener Moor und Tiergarten tatsächlich identisch ist mit dem, was unter Naturwald verstanden wird. Zweitens das Altwarmbüchener Moor liegt gar nicht in Hannover, sondern in Isernhagen. Hier wird also nicht (nur) auf die hannoverschen Stadtwälder rekurriert, sondern auch auf Waldflächen aus dem näheren Umland. Drittens steht auf S. 2 der Ablehnungsbegründung, dass das jetzige Verhältnis von 65% naturnah bewirtschafteter Erholungswald zu den anderen 4 Klassen, die "unter besonderem Schutz stehen", und die zusammen 35% ausmachen, nicht verändert werden kann, ohne das "Leitbild der hannoverschen Stadtwälder" kaputt zu machen.(2)

Gerade diese letzte Aussage könnte man sachlogisch als eine Ewigkeitsgarantie für den derzeitigen Status quo verstehen. In einer sich verändernden Welt wäre das wenig sachgerecht. Angesichts der Erderwärmung und des immer massiver auftretenden Klimawandels - sowie auch angesichts der rezenten Impulse für eine veränderte Umweltpolitik, die aus der Regionsversammlung gekommen sind - erscheint eine solche Haltung schon ein wenig anpassungsunfähig bzw. innovationsresistent.

Dabei war der Antrag - und somit der Beschluss - auf ein überschaubares Areal in der südlichen Eilenriede beschränkt. Wieso dieses Areal nicht der Naturwaldfläche zugeschlagen werden kann oder darf, wurde überhaupt nicht erklärt. Das kann eigentlich nur heißen, dass der o.g. Hinweis auf ein existenziell bedrohtes "Leitbild der hannoverschen Stadtwälder" so zu verstehen ist, dass auch nur ein Quadratmeter mehr an Naturwald in Hannover - egal wo und egal warum - intolerabel wäre.

Dabei hat die Lokalpresse im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Vorstoss in Sachen Klimanotstand in Hannover daran erinnert, dass die EU-Kommission Deutschland schon ein Vertragsverletzungsverfahren mit potenziellen Bußgeldern in Milliardenhöhe wegen des ständigen Verfehlens der verpflichtenden deutschen Klimaziele angedroht hat. Man sollte vielleicht darüber nachdenken, ob nach einer rationalen Güterabwägung tatsächlich der Fortbestand eines bestimmten "Leitbilds" höher zu bewerten ist als ein zielführender Umweltschutz.

Noch ein Punkt ist die Frage von Naturwald als CO2-Senke. Die Verwaltung beruft sich auf wissenschaftliche Forschungen, denen zu Folge bewirtschafteter Wald - unter Umständen - ebensogut als CO2-Senke dienen kann wie Naturwald (siehe S. 2-3 der v.g. Entscheidung).

Ich frage daher die Verwaltung:

1. Erfahren die Stadtwald-Kategorien 2 und 5 genau denselben Schutz wie die Kategorie 3 Schutzwald/Naturwald und (wenn ja), wieso werden diese beiden Kategorien überhaupt gesondert ausgewiesen?

2. Inwieweit ist das Waldbaukonzept bzw. das Leitbild für die hannoverschen Stadtwälder aus Verwaltungssicht "in Stein gemeißelt", also nicht ohne Weiteres veränderbar?

3. Auf welche wissenschaftlichen Untersuchungen bezieht sich die Verwaltung bei der Frage der gleich guten Eignung von bewirtschaftetem Wald als CO2-Senke?

Fußnoten
(1) Quelle: https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/15-2750-2019S1
(2) Die genaue Formulierung war: "Ohne diese Durchforstungen kann das Leitbild der hannoverschen Stadtwälder nicht länger
aufrechterhalten und umgesetzt werden."