Informationsdrucksache Nr. 1420/2015 N1:
Konzept "Akademie für Erwachsene" (Arbeitstitel)

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
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In den Ausschuss für Integration, Europa und Internationale Kooperation (Internationaler Ausschuss)
In den Verwaltungsausschuss
An den VHS-Beirat (zur Kenntnis)
 
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1. Neufassung
1420/2015 N1
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Neufassung wegen Erweiterung der Beratungsfolge

Konzept "Akademie für Erwachsene" (Arbeitstitel)

Vorgestellt wird das Konzept einer Akademie für Erwachsene, die bestehende Angebote in Hannover in einer Qualifizierungskette miteinander verzahnt. Kernelement des Konzepts ist die Einrichtung einer beratenden und koordinierenden Stelle, die die Übergänge zwischen den Qualifikationsbausteinen bzw. -einrichtungen organisiert und EinwohnerInnen im Sinne einer anzustrebenden lebenslangen Qualifizierungskette berät. Ziel soll sein, bestehende Unterstützungsangebote in Hannover miteinander zu verzahnen, sodass für InteressentInnen nahtlose Übergänge zwischen den Qualifikationsstufen möglich werden. Zugleich sollen InteressentInnen durch das Beratungsangebot gezielt darüber informiert werden, wo sie welchen Qualifikationsbaustein nutzen können und welche Voraussetzungen sie dafür erfüllen müssen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Das Konzept Akademie für Erwachsene berücksichtigt die unterschiedlichen Bedürfnisse von Männern und Frauen gleichermaßen.

Kostentabelle

Die Kosten für die neuen Angebote zur Integration von Flüchtlingen werden momentan geprüft und voraussichtlich im Haushaltsentwurf 2016 eingestellt. Für die Umsetzung des Akademiekonzepts entstehen ansonsten keine zusätzlichen Kosten. Die Verwaltung würde prüfen, ob ggf. eine anteilige Finanzierung von Sach- und/ oder Personalaufwand über Drittmittel zu aktivieren wäre.



Ausgangssituation

Die Volkshochschule Hannover (VHS) ist der Bildungsanbieter für Erwachsene in Hannover, der ein nach dem niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetz definiertes Vollangebot vorhält. Dies prädestiniert – neben der kommunalen Aufhängung – die VHS auch zu einer lebensphasenübergreifenden Begleitung der BürgerInnen der Landeshauptstadt Hannover in Bildungsfragen. Ziel eines derartig abgestimmten Beratungs- und Bildungsangebotes ist es, möglichst viele Menschen bei der Entwicklung einer erfolgreichen Bildungsbiografie zu unterstützen und Übergänge möglichst bruchlos zu ermöglichen.

Neben Angeboten für die BürgerInnen der Landeshauptstadt Hannover werden aktuell auch für die Zielgruppe der ZuwandererInnen und Flüchtlinge kommunale Beratungsangebote bezüglich finanziellen, organisatorischen und rechtlichen Unterstützungsmöglichkeiten vor Ort bereitgestellt. Organisatorisch sind diese an die Ausländerbehörde gekoppelt, welche wiederum mit verschiedenen kommunalen, kirchlichen oder gemeinnützigen Kooperationspartnern in der Region die Migrationsberatung durchführt. Die Angebote zielen fast ausschließlich auf die wirtschaftliche, - respektive - materielle Versorgung der Ankommenden.

Die Erfahrungen zeigen aber, dass die Ankommenden in der neuen Umgebung darüber hinaus Beratungs- und Bildungsangebote suchen, die ihnen Chancen der gesellschaftlichen Teilhabe eröffnen. Auch dafür bietet die Landeshauptstadt Hannover sowie von der Stadt geförderte Einrichtungen ein vielfältiges Angebot. Es gilt nun, bestehende Angebote miteinander zu verzahnen und bei Bedarf auszubauen, um Übergänge nachhaltig zu ermöglichen und zu gestalten.

Ziel

Neben den Angeboten zur wirtschaftlichen und materiellen Grundsicherung sollten in einem vergleichbaren Ansatz Bildungs- und Beratungsangebote in der Landeshauptstadt Hannover gebündelt und den Ankommenden und EinwohnerInnen zugänglich gemacht werden. Ziel ist, ihnen die Orientierung zu erleichtern und Perspektiven aufzuzeigen. Mit diesem Angebot sollte in der Landeshauptstadt Hannover eine Willkommenskultur unterstützt werden, die AkteurInnen und InteressentInnen ohne lange Umwege zusammenbringt. Im Mittelpunkt der Beratung müsste der/die Lernende stehen; die Beratung sollte daher den Anspruch der Trägerneutralität umsetzen. Ziel ist, Integration und lebenslanges Lernen über eine kompetente Beratung zu unterstützen und für Einzelne passgenaue Qualifikationsketten zu planen und zu ermöglichen.

Bereits vorhandene Bausteine

Innerhalb des vielfältigen kommunalen Angebots sind folgende Bausteine von zentraler Bedeutung für eine Akademie für Erwachsene:


(1) Die Weiterbildungsberatung ist eine von der Volkshochschule und dem Bildungsverein kooperativ betriebene Einrichtung. Die Weiterbildungsberatung berät seit 2010 anbieterunabhängig und kostenlos InteressentInnen zu Weiterbildungs-, Fortbildungs- und Umschulungsangeboten, häufig im Zusammenhang mit einem Wunsch der InteressentInnen nach beruflicher Neuorientierung. Aktuell arbeitet die Weiterbildungsberatung mit drei pädagogischen Beratern in Vollzeit (davon zwei Stellen der VHS sowie eine Stelle vom Bildungsverein) sowie anteilig ½ Stelle Sachbearbeitung.


(2) Das Projekt „Ankommen in Deutschland – Deutschkurse für Asylbewerber“ organisiert und realisiert Ankommens- und Alphabetisierungskurse für Flüchtlinge direkt vor Ort, d.h. in Flüchtlingsunterkünften. Hier erhalten die Flüchtlinge erste Orientierung in der neuen Umgebung, Hilfestellung beim Kennenlernen der hiesigen Kultur sowie konkrete Informationen zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten der Landeshauptstadt Hannover (z.B. weiterführenden Sprachkursen). Unterstützt wird dieses Projekt durch die ehrenamtlichen IntegrationslotsInnen. Das Projekt ist im Sachgebiet VHS Dialog verortet und wird von einer pädagogischen Mitarbeiterin geleitet.


(3) Die VHS Hannover betreibt ein regionales Grundbildungszentrum Alphabetisierung. Die Angebote des Grundbildungszentrums richten sich an alle Bevölkerungs- und Altersgruppen und fokussieren die Kompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen. Stadtteil- und einrichtungsbezogene Angebote, z.B. eine Kooperation mit Berufsschulen, decken lokale Bedarfe. Das Grundbildungszentrum wird von einer hauptamtlichen Pädagogin geleitet und mit ½ Stelle Sachbearbeitung unterstützt.


(4) Die Schule für Erwachsene ist ein Angebot der Landeshauptstadt Hannover, das bei der Volkshochschule angesiedelt ist. Sie dient dem Nachholen von Schulabschlüssen für all jene, die bereits ihre Schulpflicht erfüllt haben, aber keinen Abschluss vorweisen können. Das Konzept der Schule für Erwachsene ist bereits zielgruppenspezifisch auf die Gestaltung von Übergängen ausgerichtet: Basierend auf den Ergebnissen kompetenzdiagnostischer Gespräche können die BewerberInnen in Grundbildungskursen die nötigen Lese-, Schreib- und Lernkompetenzen trainieren, die für die Teilnahme an den Schulkursen nötig sind. SozialpädagogInnen erarbeiten mit den TeilnehmerInnen Lösungsstrategien für multiple persönliche Problemlagen, die den Schulbesuch sonst erschweren oder verhindern würden. Die Kurse der Schule für Erwachsene werden flankiert durch Angebote (z.B. in den Bereichen Kultur, Politik, Medien), die eine Teilhabe am kulturell-gesellschaftlichen Leben fördern. In ihrer Schulzeit entwickeln die TeilnehmerInnen durch Berufsorientierungsangebote eine realistische Vorstellung ihrer beruflichen Zukunft und unternehmen erste Schritte zur Realisierung dieser (z.B. durch Unternehmensbesuche). In der Schule für Erwachsene sind 21 Stellen mit pädagogischen MitarbeiterInnen verortet sowie eine Stelle Sachbearbeitung.


(5) Das VHS Lernzentrum Linden ist ein Teil der Volkshochschule mit Multiplikatorenfunktion für die Landeshauptstadt und das Land Niedersachsen im Bereich Lehren und Lernen mit neuen Medien und Bildungstechnologien. Das Lernzentrum bietet dafür zielgruppengerechte Bildungsangebote an: Von der Medienschulung für KursleiterInnen der Volkshochschule bis zu niedrigschwelligen, pädagogisch betreuten Lernangeboten im Bereich EDV, Sprachen und Gesundheit wird ein breites Portfolio abgedeckt. Das Lernzentrum ist mit zwei hauptamtlichen Pädagoginnen besetzt.

Umsetzung

Der Fokus würde auf der Verzahnung der bestehenden Bausteine mit einer zu schaffenden Koordinationsstelle für Bildung und Qualifizierung liegen. Diese soll InteressentInnen beraten und sie auf Wunsch in passgenaue Angebote zur Weiterentwicklung der eigenen Kompetenzen und Potentiale vermitteln.

Ein Kontakt zwischen InteressentInnen und AnbieterInnen sollte sowohl vor Ort als auch telefonisch oder elektronisch möglich sein. Dafür wäre eine Anlaufstelle nötig, die sowohl zentral als auch dezentral in der Landeshauptstadt Hannover verortet sein sollte und die gut mit dem öffentlichen Nahverkehr erreicht werden könnte. Gleichzeitig sollte die Anlaufstelle in einem einschlägigen Kontext vorgehalten werden, damit ein Bezug zur Landeshauptstadt Hannover erkennbar wäre.

Denkbar wären die folgenden Lokalisierungen:


1. Im neuen Hauptgebäude der VHS am Hohen Ufer sollte ein Empfangsbereich eingerichtet werden. Dieser Bereich könnte zu festgelegten Zeiten mit einer qualifizierten Beratung besetzt sein.

2. Die Weiterbildungsberatung WBB könnte die Beratung bei entsprechender räumlicher und personeller Ausweitung am Platz der Weltausstellung anbieten.

3. Der VHS-Standort Lindener Rathaus könnte ebenfalls ein derartiges Beratungsangebot, insbesondere im niedrigschwelligen Angebotsbereich (Alphabetisierung, Stadtteilkurse, Flüchtlingskurse, Integrations- und EinbürgerungslotsInnen), ausweisen.

4. Ein weiterer räumlicher Anker könnte im Bürgeramt Mitte sinnvoll sein, wenn sich der Standort zu einem Welcomecenter weiterentwickelt.


Neben dem persönlichen Beratungsangebot sollte ebenfalls eine Orientierung mithilfe eines Online-Angebots möglich sein. Auf diesem Online-Angebot sollten in einem Minimalszenario die wichtigsten Bildungs- und Orientierungsangebote auch mehrsprachig zugänglich sein. Hier wäre eine Kooperation mit der Internetseite welt-in-hannover.de zu prüfen.

Online- und Vor-Ort-Angebote sollten eng miteinander verzahnt sein, d. h. über das Online-Angebot sollten Beratungstermine vereinbart werden können und die Kontaktaufnahme mit den BeraterInnen hergestellt werden. Gleichzeitig sollte in Vor-Ort-Gesprächen das Online-Angebot als direkte Arbeitshilfe verwendet werden können, z. B. zur Überwindung sprachlicher Barrieren zwischen Informationssuchenden und BeraterInnen.

Das gesamte Beratungsangebot soll mit den Akteuren des ALBuM-Netzwerks entwickelt werden. Zudem sollte die Kooperation zu bestehenden Beratungsstellen, z. B. den Migrationserstberatungsstellen, den Jugendmigrationsdiensten, der Erstanlaufstelle für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse (IHK) u. a. m. dazu dienen, den Ratsuchenden eine umfassende Orientierung bieten zu können. Ein wichtiger Kooperationspartner wäre hier der Bereich Standesamt und Staatsangehörigkeit der Landeshauptstadt Hannover, insbesondere das Sachgebiet Ausländerangelegenheiten. Die Akademie für Erwachsene sollte in enger Rückbindung mit diesem Bereich realisiert werden, um insbesondere den Ankommenden Beratungs- und Unterstützungsangebote an die Hand zu geben, die in Deutschland eine längerfristige Perspektive haben und daher möglichst nahtlos qualifiziert werden sollten und so der Übergang in den ersten Arbeitsmarkt möglich würde. Daran schlösse sich eine Kooperation mit dem Modellprojekt „Early Intervention“ der Bundesagentur für Arbeit an, welches zum Ziel hat, mithilfe beschäftigungsfördernder Maßnahmen, wie z.B. Bildungsgutscheinen, Flüchtlingen die Teilnahme an passenden Qualifizierungsangeboten zu ermöglichen.

Neben der Weiterbildungsberatung WBB hält die VHS bereits ein umfangreiches Angebot für die o. a. Zielgruppen bereit, das derzeit allerdings noch nicht zielgerichtet aufeinander bezogen ist. So gibt es vielfältige Beratungs- und Begleitangebote, die in unterschiedlichen Sachgebieten und Programmbereichen eingegrenzt sind. Die organisatorische und inhaltliche Bündelung zu dem o. b. Rahmenkonzept für Lernen und Teilhabe müsste folgende Programmanteile integrieren und Schnittstellen bedienen:


1. Alphabetisierung und Grundbildung
Schnittstelle zu nicht alphabetisierten Ankommenden

2. Niedrigschwellige Ankommenskurse in Flüchtlingsunterkünften mit Beratungs- und Übergangsmanagement

3. Stadtteilorientierte Kursangebote Deutsch als Fremdsprache für Flüchtlinge und ZuwandererInnen mit langfristiger Bleibeperspektive mit Übergangsmanagement in die Integrationskurse

4. Integrations- und EinbürgerungslotsInnen als flankierende Maßnahme

5. Integrationskursangebote (BAMF) mit dem Ziel Einbürgerung

6. Deutsch als Fremdsprache für Schule, Studium und Beruf (oberhalb B 1 – Niveau)

7. Beratung zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen (Schule für Erwachsene)

8. Berufsbezogene Kursangebote Deutsch als Fremdsprache (ESF-BAMF)

9. Qualifizierungsangebote im Bereich Medien, Sprachen und Gesundheit

10. Übergangsmanagement in die beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen, z.B. Umschulungen


Die Bündelung dieser Bausteine zu einer möglichen Qualifizierungskette bedarf immer auch einer direkten Begleitung durch die o. a. Beratungsstelle als permanentes Angebot des Übergangsmanagements, damit letztendlich das Ziel der vollwertigen gesellschaftlichen Integration und des lebenslangen Lernens gelingen kann.

43.1 
Hannover / 25.06.2015