Drucksache Nr. 1328/2022 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der AFD-Fraktion zu persönlichen Äußerungen während Ratsversammlungen durch Verwaltungsbeamte
in der Ratssitzung am 30.06.2022, TOP 3.2.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
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1328/2022 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der AFD-Fraktion zu persönlichen Äußerungen während Ratsversammlungen durch Verwaltungsbeamte
in der Ratssitzung am 30.06.2022, TOP 3.2.

Aus gegebenen Anlass fragen wir die Verwaltung:

1. Sind Verwaltungsbeamte/Dezernatsleiter berechtigt, persönliche Erklärungen, Einlassungen oder Meinungen zu Anträgen bzw. Anfragen der Ratsfraktionen und/oder Einzelvertretern abzugeben?

2. Sollte es zu einer Verletzung der Neutralitätspflicht gekommen sein, wo kann die betroffene Fraktion oder der Einzelvertreter Beschwerde einlegen?

3. Welche Maßnahmen können bei Verfehlungen und Verletzungen der Neutralitätspflicht durch den obersten Vorgesetzten (Oberbürgermeister) eingeleitet werden?

Jens Keller
Fraktionsvorsitzender

Text der Antwort

Frage 1: Sind Verwaltungsbeamte/Dezernatsleiter berechtigt, persönliche Erklärungen, Einlassungen oder Meinungen zu Anträgen bzw. Anfragen der Ratsfraktionen und/oder Einzelvertretern abzugeben?

Auch Verwaltungsbeamte/Dezernent*innen genießen das Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG). Als Wahlbeamte bzw. als Beschäftigte im öffentlichen Dienst haben sie bei politischer Betätigung aber „diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt“ (§ 33 Abs. 2 BeamtStG). Mithin ist es städtischen Bediensteten also keineswegs untersagt, zu Anfragen und Anträgen der Fraktionen eine eigene Meinung zu entwickeln und diese auch öffentlich zu äußern. Diese Meinungsäußerung muss jedoch in sachlicher und verbal gemäßigter Weise erfolgen. Die Stellungnahme der Beschäftigten der Verwaltung sollte sich daher ausschließlich mit dem Verhandlungsgegenstand und nicht mit der politischen Einstellung eines Antrag- oder Anfragestellers auseinandersetzen.

Es trifft ferner nicht zu, dass der Oberbürgermeister oder die Dezernent*innen in der Ratssitzung das Wort ausschließlich zur Sachaufklärung und zur Beantwortung von Anfragen ergreifen dürften. Aus § 16 Abs. 3 GO Rat ergibt sich lediglich, dass dem Oberbürgermeister oder den Beamt*innen auf Zeit das Wort - außerhalb der Reihenfolge der Wortmeldungen - nur zur sachlichen Aufklärung erteilt werden kann. Das schließt aber nicht aus, dass dem Oberbürgermeister oder den Beamt*innen auf Zeit innerhalb der Reihenfolge der Wortmeldungen das Wort auch zu persönlichen Stellungnahmen zu einem Diskussionsgegenstand erteilt werden kann. Sie müssten dann nur warten, bis sie nach der Reihenfolge der Wortmeldungen dran sind. Dies ergibt sich u.a. aus § 6 S. 3 GO Rat, wonach die Beamt*innen auf Zeit auf ihr Verlangen zum Gegenstand der Verhandlung zu hören sind. Grundsätzlich haben die Wahlbeamt*innen also während der Ratssitzung das gleiche Rederecht wie die Abgeordneten. Ausgenommen davon sind lediglich Anträge zur Geschäftsordnung, die nur von Ratsmitgliedern gestellt werden können (§ 13 Abs. 1 GO Rat). Entsprechendes gilt für das Rederecht der Vertreter*innen der Verwaltung in den Ausschusssitzungen.

Frage 2: Sollte es zu einer Verletzung der Neutralitätspflicht gekommen sein, wo kann die betroffene Fraktion oder der Einzelvertreter Beschwerde einlegen?

Eine Beschwerde wäre an den Dienstvorgesetzten zu richten. Dienstvorgesetzter über Verwaltungsbeamte ist der Oberbürgermeister. Soweit es den Oberbürgermeister selber betrifft, ist dessen Dienstvorgesetzter die Vertretung, bei der Landeshauptstadt Hannover also der Rat (§ 107 Abs. 5 S. 1 NKomVG).

Frage 3: Welche Maßnahmen können bei Verfehlungen und Verletzungen der
Neutralitätspflicht durch den obersten Vorgesetzten (Oberbürgermeister) eingeleitet werden?

Abhängig von der Schwere der Pflichtverletzung kommen als Maßnahmen eine Ermahnung, eine Missbilligung oder die Einleitung eines Disziplinarverfahrens in Betracht. Bei Tarifbeschäftigten kann es bei einem festgestellten Pflichtenverstoß zu einer Abmahnung kommen.