Drucksache Nr. 1318/2021:
Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (VVG) – Kündigung des Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages (BEAV) zwischen der VVG und der enercity AG (enercity)

Inhalt der Drucksache:

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Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (VVG) – Kündigung des Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages (BEAV) zwischen der VVG und der enercity AG (enercity)

Antrag, zu beschließen


die Stimmführerin in der Gesellschafterversammlung der VVG anzuweisen, der Kündigung des Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages zwischen der VVG und der enercity unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist durch ordentliche Kündigung seitens der VVG mit Wirkung zum 01. Juli 2022 zuzustimmen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten


Von der Kündigung des BEAV sind alle Geschlechter gleichermaßen betroffen.

Kostentabelle


Die Kündigung des bestehenden BEAV dient als ergänzender Schritt der steuerrechtskonformen Ausgestaltung eines neuen BEAVs und damit der Erhaltung des VVG - Querverbundes.

Begründung des Antrages


Sachstand
Zwischen der VVG und jeweils der enercity, der ÜSTRA sowie der infra bestehen Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge (BEAV). Die drei Organgesellschaften haben sich verpflichtet, ihr gesamtes Ergebnis vor Feststellung ihres Jahresabschlusses an die VVG abzuführen. Die VVG hat ihrerseits die Verpflichtung, sämtliche Verluste der Gesellschaften vor Feststellung des Jahresabschlusses auszugleichen. Durch die VVG als Querverbundunternehmen und Holdinggesellschaft erfolgt zum einen eine finanzwirtschaftliche und steuerliche Ergebnisorientierung und zum anderen wird dadurch sichergestellt, dass die Organgesellschaften ihren Geschäftsbetrieb nach dem Willen der VVG führen.

Anteilseigner der enercity sind neben der VVG (75,09 %), die THÜGA AG (24,00 %) und die Region Hannover (0,91 %); diese sind keine Vertragspartner des BEAV und in dessen unmittelbare Ergebnisabführung nicht eingebunden. Den daher sogenannten „außenstehenden Aktionären“ steht gemäß § 304 Abs. 2 Aktiengesetz (AktG) ein angemessener Ausgleich zu, der im BEAV zu regeln ist. Hierbei ist nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG ein Betrag für eine mindestens jährliche Zahlung zu bestimmen und zuzusichern; die sogenannte Garantiedividende. Im BEAV zwischen VVG und enercity sind neben der Garantiedividende (Stufe 1) in Abhängigkeit des Ergebnisses der enercity zwei weitere Stufen festgelegt, mit Erreichen der Stufe 3 erhalten die außenstehenden Aktionäre den Gewinnanteil entsprechend ihrer Aktienanteile.

aktuelle Rechtsprechung

Im Jahr 2017 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) Ausgleichszahlungen an außenstehende Aktionäre, die sich am Gewinn der Organgesellschaft orientieren, als schädlich für die Organschaft eingestuft. In diesen Fällen würde nicht der ganze Gewinn abgeführt und die Organschaft wäre steuerlich nicht anzuerkennen. Als Reaktion darauf hat der Gesetzgeber Ende 2018 § 14 Abs. 2 KStG neu aufgenommen.

Nach der neuen gesetzlichen Regelung gilt der ganze Gewinn auch dann als abgeführt, wenn über den mindestens zugesicherten Betrag i.S.d. § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG (Garantiedividende) hinausgehende Ausgleichszahlungen vereinbart und geleistet werden. Diese gesetzliche Privilegierung gilt jedoch gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 KStG nur, wenn die Ausgleichszahlungen insgesamt den dem Anteil am gezeichneten Kapital entsprechenden Gewinnanteil des Wirtschaftsjahres nicht überschreiten, der ohne Gewinnabführungsvertrag hätte geleistet werden können. Am 04. März 2020 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) ein Schreiben herausgegeben, wie der steuerlich zulässige Höchstbetrag zu ermitteln ist.

Handlungsbedarf

Derzeit gilt noch eine Übergangsregelung für bestehende Verträge und Ausgleichsberechnungen, jedoch letztmals für den Veranlagungszeitraum 2021. Spätestens ab dem 01.01.2022 muss die Höchstbetragsregelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KStG beachtet werden. Anderenfalls droht eine Gefährdung des steuerlichen Querverbunds.

Aktuell werden Verhandlungen mit den außenstehenden Aktionären geführt um die Regelungen des BEAV einvernehmlich ab dem 01.01.2022 anzupassen. Bisher konnte aber noch keine Einigung hinsichtlich einer Höchstbetragsbegrenzung der Ausgleichszahlungen mit der THÜGA AG erzielt werden und es kann nicht abgeschätzt werden, ob die Verhandlungen ausreichend zeitnah zu einem Ergebnis führen.

Alternativ bzw. in Ergänzung zu den Verhandlungen soll daher der BEAV gekündigt werden. Dies ist nur alle 5 Jahre möglich, gleichwohl eröffnet sich diese Option mit einem Kündigungstermin am 30.06.2021 unter einer Kündigungsfrist von einem Jahr mit Wirkung zum 01.07.2022.

Die Landeshauptstadt und die Region Hannover als öffentliche Aufgabenträger der Versorgung und des öffentlichen Personennahverkehrs ÖPNV verfolgen vornehmlich das Ziel einer einvernehmlichen Verhandlungslösung mit Wirkung zum 01.01.2022. Die ergänzende Kündigung erfolgt um sicherzustellen, dass spätestens ab dem 01.07.2022 eine steuergesetzkonforme Ausgleichsregelung gilt und so die finanzwirtschaftliche und steuerliche Ergebnisorientierung des der steuerliche Querverbundes gesichert bleibt.

20.20 
Hannover / 31.05.2021