Informationsdrucksache Nr. 0619/2023:
Fachstelle Wohnungserhalt

Inhalt der Drucksache:

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0619/2023
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Fachstelle Wohnungserhalt

Ausgangslage

Ein drohender Wohnungsverlust ist für die betroffenden Menschen oft eine soziale, wirtschaftliche und emotionale Ausnahmesituation. Die Ursachen für den drohenden Wohnungsverlust sind vielfältig und erfordern eine Berücksichtigung der individuellen Lebensumstände.

Die Regulierung bestehender Mietschulden bietet die Chance, einen dauerhaften Wohnungserhalt zu erreichen. In vielen Fällen schaffen die betroffenen Haushalte diesen Ausgleich jedoch nicht alleine oder es sind zu einer dauerhaften Sicherung der Wohnung weitere Hilfen / Unterstützung erforderlich.

Bereits jetzt arbeiten unterschiedliche Dienste und Akteur*innen im Themenfeld. Diese Angebote reichen aber nicht aus, um den betroffenen Menschen die erforderliche Unterstützung zu bieten. Außerdem ist es notwendig, Beratungskapazitäten und Unterstützung bereits zu einem frühen Zeitpunkt anbieten zu können. Eine Intervention vor Erhebung einer Räumungsklage erfordert weniger finanziellen Aufwand und bietet Chancen für eine gute Einigung zwischen Vermietenden und Mieter*innen.

Die Verwaltung hat sich entschieden, in Hannover die Prävention von Wohnungsverlust zu verstärken. Durch den Aufbau der Fachstelle Wohnungserhalt soll die individuelle Unterstützung durch Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen verbessert werden. Sie hat zur Aufgabe, die bestehenden Unterstützungsleistungen (städtischer Dienststellen und externer Akteur*innen) zu bündeln, zu koordinieren und zusätzlich eigene Kapazitäten für erforderliche Beratungs- und Unterstützungsangebote aufzubauen.

Zusammenarbeit mit der Region Hannover

Die Unterstützung von Menschen in Wohnungslosigkeit ist eine gemeinsame sozialpolitische Zielsetzung des Landes Niedersachen, der Region Hannover und der Landeshauptstadt Hannover. Die Region Hannover ist für die Leistungen nach
§ 67 zuständiger Träger und damit für die Umsetzung der Hilfen in besonderen sozialen Schwierigkeiten verantwortlich. In der Fortschreibung des Handlungskonzeptes der Region für diese Hilfen (Regionsdrucksache 4294 aus 2021) ist die Einrichtung von kommunalen Fachstellen als präventives Instrument der Wohnungsnotfallhilfe als ein von der Region Hannover gewünschtes Instrument ausdrücklich erwähnt worden, finanzielle Mittel zur Unterstützung der Kommunen bei der Einrichtung einer solchen Stelle sind bereitgestellt worden. Die Landeshauptstadt Hannover hat eine temporäre finanzielle Unterstützung der Bildung der Fachstelle bei der Region Hannover beantragt. Ab dem 01.01.2023 und für die Dauer von 3 Jahren übernimmt die Region Hannover Personalkosten für zwei Stellen.
Die aktuelle Planung zu der neuen städtischen Fachstelle wurde eng mit der Region Hannover abgestimmt. Die Einrichtung der Fachstelle ist eine gemeinsame strategische Zielsetzung der Landeshauptstadt Hannover und der Region Hannover.

Aus der Praxis lernen

Bundesweit bündeln einige Kommunen ihr Angebote rings um das Thema Wohnungserhalt in sogenannten Fachstellen. Je nach Modell gibt es unterschiedlichste Varianten und Umsetzungsmodelle. In Interviews mit Mitarbeitenden von Fachstellen anderer vergleichbarer Großstädte wurden im Vorfeld der praktischen Arbeit Informationen über die jeweiligen Umsetzungen vor Ort und Praxiserfahrungen ausgetauscht.

Gleichzeitig wurden Gespräche mit externen und stadtinternen Netzwerkpartner*innen geführt. Hinweise zu Erwartungen und Bedarfen wurden so in das Handlungskonzept der Fachstelle aufgenommen.

Aufgaben und Angebote der Fachstelle (Startmodell)

Gemeinsam mit den von Wohnungsverlust betroffenen Menschen werden die individuellen Lösungswege erarbeitet und die erforderlichen Maßnahmen besprochen. Dieses kann zum Beispiel beinhalten:
· „Clearingphase“
o Klärung der tatsächlichen aktuellen Gefährdung der Wohnung (Verfahrensstand, bereits erfolgte Lösungsversuche),
o Unterstützung bei der Kommunikation mit den Vermietenden oder beteiligten Dritten,
o Abklärung von eigenen (finanziellen) Ressourcen und Wünschen zum weiteren Vorgehen,
o Informationen zu bisher nicht beanspruchten Leistungen und Angeboten und falls erforderlich und gewünscht Unterstützung bei der Beantragung.
· Klärung weiterer Unterstützungsbedarfe
o Mietschuldenübernahme,
o Wohnungsentrümpelung und Grundreinigung (z.B. bei einer Kündigung wegen Verwahrlosung der Wohnung / mietwidrigem Verhalten),
o Sozialpädagogische Unterstützung durch Träger der sozialen Arbeit (Begleitetes Wohnen, Hilfen zur Weiterführung des Haushaltes oder eine Wohnassistenz).
· Praktische Umsetzung
o Unterstützung bei Antragstellung,
o teilweise: Bearbeiten der Anträge in eigener Zuständigkeit der Fachstelle,
o Einbindung externer Fachdienste bei Bedarf (zum Beispiel Sozialpädagogischer Dienst, Kommunaler Sozialdienst, Schuldnerberatungen etc.),
o Motivation und Beratung bei kritischen Entwicklungen.
· Wohnungserhalt oder Unterstützung bei alternativen Lösungen
· Verstetigung des Wohnungserhalts (bei Bedarf),
o Vereinbaren von geeigneten Maßnahmen mit den betroffenen Haushalten,
o Weitervermittlung an geeignete Angebote und falls erforderlich Unterstützung bei der Beantragung.

Hinter diesen Angeboten steht das Ziel, präventiv und nachhaltig der Entstehung von Wohnungslosigkeit entgegenzuwirken. Dazu braucht es die aktive Einbindung der betroffenen Menschen und eine individuelle Unterstützung, die sich an deren Zielen und Ressourcen orientiert.

Umsetzung der Fachstelle

Die Fachstelle Wohnungserhalt besteht aus je drei neuen Stellen für Sachbearbeitung und Sozialpädagogik, 4 bereits bestehenden Verwaltungstellen (bisher im Baudezernat) und einer Leitungsstelle. Sie ist damit mit 11 Fachkräften ausgestattet und wird die bisher bestehenden Angebote zum Wohnungserhalt mit einer Bündelung von Know-how aus Sachbearbeitung und sozialpädagogischer Expertise deutlich ausbauen. Die Stellen sind seit dem 01.03.2023 vollständig besetzt.

Der gesamte Bereich Soziale Hilfen in Wohnungslosigkeit wird Mitte März 2023 in die Leinstraße 14 umziehen. Ab dem 20.03.2023 startet hier auch die neue städtische Fachstelle Wohnungserhalt mit einer offenen Sprechstunde ohne vorherige Terminvereinbarung:

Montag, Dienstag und Donnerstag von 08.30 Uhr bis 11.00 Uhr
Darüber hinaus können montags bis freitags individuelle Termine vereinbart werden

Für die Schnittstellen zum Jobcenter und dem Fachbereich Soziales werden derzeit die Kooperationsvereinbarungen überarbeitet bzw. neu abgeschlossen.

Um betroffene Haushalte möglichst umfassend und niedrigschwellig zu erreichen, wird das Unterstützungsangebot der Fachstelle in Kürze mit Flyern beworben. Diese werden Netzwerkpartner*innen wie Wohnungsgesellschaften, Beratungsstellen, Bürgerämtern, Jobcentern etc. zur Verfügung gestellt. Weitere Maßnahmen sind in Vorbereitung. Gleichzeitig werden in den nächsten Monaten Gespräche mit Netzwerkpartner*innen und Multiplikator*innen zur Gestaltung der künftigen Zusammenarbeit geführt.

Sprechstunden in den Stadtquartieren sind in Vorbereitung, um auch Menschen zu erreichen, für die der Weg zu einer Behörde in der Stadtmitte möglicherweise ein Hindernis wäre.

Weitere Angebote werden Schritt für Schritt entwickelt, umgesetzt und evaluiert.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Im öffentlichen Straßenbild sind wohnungslose Frauen weniger präsent, sie sind oft von verdeckter Wohnungslosigkeit betroffen. Verdeckte Wohnungslosigkeit entsteht auch dadurch, dass Mietverhältnisse durch eine Kündigung oder andere Gründe gefährdet werden.

Die Frage, wie man betroffene Frauen noch früher und effektiver dabei unterstützen kann, ihre Wohnung zu erhalten, wird ein Bestandteil der oben genannten Projektphase sein. Dabei wird es auch um die Frage gehen, auf welchen Kommunikationswegen Frauen besser informiert und durch Beratungsangebote erreicht werden können. Ein Weg wird die Einbindung von Frauenberatungsstellen auch aus dem Gewaltschutzsystem und deren Netzwerken sein.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

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Hannover / 06.03.2023