Antrag Nr. 0370/2012:
Änderungantrag der Fraktion DIE LINKE. zu Drucks. Nr. 3251/2011 - HSK VIII (hier: Keine Grundsteuererhöhung sondern eine maßvolle Beteiligung der Wirtschaft)

Inhalt der Drucksache:

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Änderungantrag der Fraktion DIE LINKE. zu Drucks. Nr. 3251/2011 - HSK VIII (hier: Keine Grundsteuererhöhung sondern eine maßvolle Beteiligung der Wirtschaft)

Antrag


Der Rat möge beschließen:

Der Antragstext in genannter Drucksache wird wie folgt geändert:

1. Die in der vorliegenden Drucksache unter IV 5 zu findende Grundsteuererhebung wird gestrichen und durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer um 20 Punkte von 460 auf 480 Punkte ersetzt. Dies führt zu einer Mehreinnahme aus Gewerbesteuern von ca. 23 Mio. EUR.

2. Der Betrag, die die Beteiligungsgesellschaften der Stadt Hannover dem HSK VIII zuführen, beträgt statt der geplanten 10 Mio. EUR nun 15 Mio. EUR und gliedert sich wie folgt:

HSK – LINKE Maßnahmen
HSK – Effekt zusammen: (in Mio. EUR)
17,0
Stadtwerke (ohne Sozialfonds von 1,5 Mio.) EUR
5,0
Grundstücksverkäufe
1,0
Stadtsparkasse
3,0
Flughafen, Hafengesellschaft, HCC
3,0
Messe AG
5,0
3. Die Blöcke „Restriktive Haushaltsbewirtschaftung, „Pauschalmaßnahmen“ und Dezernatsmaßnahmen werden wie folgt umkonfiguriert:

a. Einsparungen beim Personal, insbesondere im niedrig besoldeten Segment, werden nicht vorgenommen.

b. Die unter den Punkten „Pauschalmaßnahmen“ und „restriktiven Dezernatsvorgaben“ aufgeführten Einsparpotentiale werden auf ca. 2 Mio. pro Fachdezernat in drei Jahren begrenzt. Dies führt zu einem Einsparpotential von ca. 7 Mio. EUR in drei Jahren. Ebenso wird das Einsparpotential der „restriktiven Haushaltsbewirtschaftung“ um 2 Mio. EUR auf 13 Mio. EUR reduziert und trägt den Titel sparsame Haushaltsbewirtschaftung


4. Einführung einer Beherbergungssteuer als örtliche Aufwandssteuer in der Höhe von 7%. Die Einführung einer solchen Steuer generiert 5 Mio. EUR Mehreinnahmen.

Insgesamt führt dies zur folgenden HSK VIII Struktur:






Begründung

1. Wir verstehen die Absicht des Kämmerers, auf der Einnahmeseite ein verlässliches konjunkturunabhängiges Einnahmenplus zu generieren. Verweisen aber darauf, dass eine Grundsteuererhöhung zu einem nicht unerheblichen Maße zu Lasten der MieterInnen geht. Eine alleinige Grundsteuererhöhung, die die Wirtschaft, gerade auch in Zeiten eines „Wirtschaftsbooms“, nicht gewinnabhängig beteiligt, lehnen wir deshalb ab. Insbesondere auch, wenn man sich vor Augen hält, dass die Gewerbesteuer in Hannover seit 20 Jahren nicht mehr erhöht worden ist. DIE LINKE beantragt daher, den Hebesatz der Gewerbesteuer mittelfristig auf das Niveau der vergleichbaren Wirtschaftszentren der Bundesrepublik anzuheben. Dies wäre ein Hebesatz von 520 Punkte, der auf einer Stufe mit München, Frankfurt/Main und Stuttgart liegen würde. Schon eine Anhebung von derzeit 460 Punkten auf 490 Punkte würde jährliche Mehreinnahmen von 32,5 Mio. Euro generieren. Unsere Forderung die Gewerbesteuersatz auf 480 Punkte zu heben, ist maßvoll und nimmt die Gewerbetreibenden in die Pflicht ihren Anteil zur Finanzierung der LHH zu leisten.
2. Wir stimmen mit der Verwaltung überein, dass die eigenen Unternehmen und die Firmen, an denen die Stadt als Anteilseigner beteiligt ist, in den nächsten beiden Jahren ihren Beitrag zur Konsolidierung des städtischen Haushalts erbringen müssen (In der ref. Drucksache werden auf S. 4 mehrfach „Gewinn- und Eigenkapitalverzinsung“ erwähnt, als seien zwei unterschiedliche Finanzquellen gemeint. Gewinnabführung und Eigenkapitalverzinsung bezeichnen jedoch den gleichen Sachverhalt einer Einnahme aus öffentlichen oder beteiligten Unternehmen aus deren Jahresüberschuss.) (vgl. auch Punkt 1 d. Beschlussdrucksache 2351/2011, S. 4). Marc Hansmann und Stephan Weil schlagen eine zusätzliche Gewinnausschüttung der öffentlichen und beteiligten Unternehmen um 10 Mio. Euro in drei Jahren und damit 3,3 Mio. Euro mehr pro Jahr vor. Dieses als „ambitioniert“ bezeichnete Ziel ist für eine konjunkturelle Boomphase für DIE LINKE inakzeptabel. Angesichts eines Beteiligungsvermögens von 1,55 Mrd. Euro (Vgl. LHH: Hannover zieht Bilanz- Vorläufige Eröffnungsbilanz der LHH zum 1.1.2011, Broschüre Eigenverlag 2012, S. 16/17 und 30.) wäre in „guten Jahren“ eine Eigenkapitalverzinsung von 4 Prozent, in schlechten Jahren von 2 Prozent zu erwarten. Eine 4-prozentige Eigenkapitalverzinsung ergibt im Planungszeitraum eine jährliche Gewinnausschüttung von 60 Mio. Euro, macht zusammen in drei Jahren 180 Mio. Euro. Dies ist weit mehr, als die Stadt derzeit realisiert.

Nur die Stadtwerke erfüllen bisher ihr Abführungssoll an die Stadtkasse. Sie haben aber deutlich höhere Strom- und Gastarife als etwa die Stadtwerke Garbsen. (Vgl. Presseserie der HAZ aus dem Sommer 2010. Wenn in der HAZ v. 6.1.12 der Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke verkündet, dass „ mehr als 60 Prozent des Gewinns (der Stadtwerke) gar nicht in Hannover, sondern bei auswärtigen Geschäften erwirtschaftet werden, etwa beim bundesweiten Stromhandel.“ So macht er sich einer groben Irreführung der Öffentlichkeit schuldig. Die HAZ plaudert am 9.1. (S. 14) denn auch die problematischen Begründungen für Preiserhöhungen der Stadtwerke aus.) Die Linksfraktion fordert deshalb einen Sozialfonds für Strom und Wärme, mit dem Ersatzleistungen für zahlungsunfähige Mitbürger(inn)en beglichen und Inkasso- sowie Abschaltkosten für wirtschaftlich Schwache vermieden werden. Für diesen Sozialfonds sollen die Stadtwerke jährlich 500.000 Euro aus dem Jahresgewinn beisteuern, sodass sich der Konsolidierungsbeitrag der Stadtwerke um 2 Mio. Euro auf 5,0 Mio. Euro verringert.
Die Stadtsparkasse muss jedes Jahr 1 Mio. Euro mehr abführen, anstatt in drei Jahren nur 1,3 Mio. Euro mehr wie von der Stadtspitze geplant. Von allen konjunkturabhängigen Unternehmen wie Flughafen, Hafengesellschaft und HCC-Veranstaltungsbereich erwarten wir einen Sonderbeitrag von 1 Mio. Euro pro Jahr.

Die Landeshauptstadt hat vor zwei Jahren die Deutsche Messe AG mit einer Eigenkapitalspritze von 125 Mio. Euro vor der Insolvenz bewahrt hat. Die LINKE fordert für diese „gute Tat“ in der Hochkonjunkturphase wenigstens eine angemessene Eigenkapitalverzinsung von 4 Prozent pro Jahr, was eine zusätzliche Einnahme von jährlich 1,25 Mio. Euro und insgesamt 5 Mio. Euro für den Planungszeitraum bedeutet.

3. Um die Einnahmesituation zu verbessern, kann die Stadt auch bei den Ausgaben ansetzen, ohne den Service für die Bürgerinnen und Bürger verschlechtern zu müssen. Einsparungen ergeben sich etwa, wenn die Stadt die Zuschüsse an die Vereine früher auszahlt. Nichts gegen eine solide Abstimmung zwischen den Fachdezernaten und dem Fachbereich Finanzen. Aber wenn das zu einer verspäteten Auszahlungskultur der öffentlichen Hand gegenüber Zuwendungsempfängern und Auftragnehmern führt, entstehen womöglich dort weit höhere Finanzierungskosten. Für Überziehungszinsen werden zwischen 8 Prozent und 16 Prozent fällig, dagegen liegen die Kassenkreditzinsen für die Stadt zwischen 1,5 Prozent und 2 Prozent. Es hat sich etwa eingebürgert, die Platzpflegekosten für Sportvereine in zwei Schritten im Juni und Oktober auszuzahlen. Die Kosten der Platzpflege fallen aber vor allem im Frühjahr und von Juli bis September an. Die Finanzierungskosten tragen somit die Vereinsmitglieder. DIE LINKE schlägt deshalb vor, die Auszahlungen an Zuwendungs- und Zahlungsempfänger um zwei Monate vorzuziehen. Dadurch verringern sich die erforderlichen Zinszahlungen an die Banken um rund 10 Prozentpunkte. So kann man jedes Jahr rund 1 Mio. Euro sparen.
a. Keine Kürzungen bei Personal und Weiterbildung
Die Linke spricht sich gegen pauschale Kürzungen beim Personal und bei den Sachmitteln aus. Die Steuerungsfunktion solcher allgemeinen und pauschalen Vorgaben stellen wir infrage, die unserer Auffassung nach nur den Anschein einer „Gerechtigkeit für Alle“ erwecken sollen. Mit einer pauschalen 1-prozentigen Kürzung ist keine haushalterische Profilbildung möglich. Diese wird erst durch die Dezernatsvorgaben in der Drucksache 2351/2011 sichtbar. Die 125 Einzelmaßnahmen umfassen geplante Einsparungen bei den Sachmitteln von 4,1 Mio. Euro, denen Absichtserklärungen zugrunde liegen. Anders die geplanten Ausgabenkürzungen beim Personal: 46 Stellen, vor allem im unteren Besoldungssegment, sollen definitiv in drei Jahren wegfallen. Dabei soll sich die Qualität der Leistungserbringung, sprich des jeweiligen “Produkts“, nicht verschlechtern. Dies erscheint der Linksfraktion nach sieben vorausgegangenen Kürzungsprogrammen unmöglich und auch unsozial. Wir gehen davon aus, dass sich das Leistungsprofil der Stadtverwaltung durchaus den mittelfristigen Entwicklungen der Bedarfe und Wünsche der Gesellschaft anzupassen hat und die letzten unproduktiven Ecken in der Verwaltung ausgekehrt werden können. Das kann aber nur auf Grundlage einer stabilen Personalentwicklung gelingen, die die Leistungsqualität der Mitarbeiter angesichts zunehmender Verrentung durch die Einstellung jüngerer Kräfte ausgleicht.

b. Einsparpotenzial in Dezernaten
Insgesamt halten wir die 25 Mio. Euro Einsparung aus Pauschalmaßnahmen und restriktiven Dezernatsvorgaben für viel zu hoch angesetzt. Diese Vorgabe wird zu einzelnen Verwaltungsstellen nicht zu mehr Sparsamkeit, sondern zu irrationaler Leistungsverweigerung führen. Nach unserer Meinung sollte die Verwaltung ganz auf die pauschale Ein-Prozent-Regel verzichten und den Fachdezernaten eine effektive und erreichbare Sparsumme von jährlich etwas mehr als 2 Mio. Euro auferlegen, also knapp 7 Mio. Euro in drei Jahren. Diese Summe sollte das Rechnungsprüfungsamt jährlich überprüfen und bei Nichterreichen in das Folgejahr übertragen. DIE LINKE plädiert so für tatsächlich erreichbare Einsparungen von insgesamt 20 Mio. Euro in drei Jahren – anstatt der großartig klingenden, aber mit vielen Fragezeichen versehenen 35 Mio. Euro Einsparplanungen von Verwaltung und rot-grüner Ratsmehrheit. Die Durchsetzung der rot-grünen Kürzungen in den nächsten Jahren, in denen ein Konjunkturabschwung zu erwarten ist, dürfte mit einem weiteren Abbau sozialer Infrastruktur einhergehen. Auch aus diesem Grund konzentrieren sich die haushaltspolitischen Vorschläge der LINKEN wie beschrieben auf die Einnahmeseite.
4. Die Linksfraktion plädiert für die Einführung einer 7-prozentigen „Bettensteuer“ oder kommunalen Hotelgäste-Abgabe für Hoteliers, die die Nutzung der städtischen Infrastruktur im Sinne der bekannten „Kurtaxe“ mit Bagatellbeträgen für den einzelnen Gast vergütet. Die erwarteten Mehreinnahmen liegen bei jährlich rund 5 Mio Euro und machen zugleich das schwarz-gelbe Steuerprivileg rückgängig.

Oliver Förste
Fraktionsvorsitzender