Antrag Nr. 0906/2019:
Änderungsantrag der Elternvertreter im Schul- und Bildungsausschuss zu Drucks. Nr. 0401/2019 N1: Antrag des Schul- und Bildungsausschusses zum Antrag der Elternvertreter zum Thema Waschbecken in allgemeinen Unterrichtsräumen

Inhalt der Drucksache:

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Änderungsantrag der Elternvertreter im Schul- und Bildungsausschuss zu Drucks. Nr. 0401/2019 N1: Antrag des Schul- und Bildungsausschusses zum Antrag der Elternvertreter zum Thema Waschbecken in allgemeinen Unterrichtsräumen

Antrag

den Antrag 2142/2018 „Die Verwaltung wird beauftragt, bei Umbaumaßnahmen an Schulgebäuden sicherzustellen, dass Waschbecken mit Kaltwasseranschluss in allen Fach- und Unterrichtsräumen auch dann vorhanden sind, wenn sich dort interaktive Tafeln befinden“, abzulehnen. zu bestätigen.

Begründung

Die Begründung des von der Verwaltung in der o.g. Drucksache vorgelegten Antrages (unten kursiv dargestellt und blau eingefärbt) ist aus verschiedenen, nachfolgend dargelegten Gründen nicht schlüssig und stichhaltig. Daher sollte der ursprüngliche Antrag nicht abgelehnt, sondern bestätigt werden.
Folgende Gegenargumentationen sind dafür vorhanden:
Zu den Kosten:
Bei Neubauten verursacht jeder Waschtisch Investitionskosten von mindestens 4.000 €. Bei Nachrüstung von fehlenden Zu- und Abläufen in Bestandsgebäuden, ist von Investitionskosten von mindestens 10.000 € pro Waschtisch auszugehen.
Die Kosten von 4000 Euro für jeden Waschtisch in Neubauten erscheinen viel zu hoch gegriffen, da nur Standard-Teile verbaut werden und die allgemeinen Unterrichtsräume in der Regel übereinander liegen und – wie in der Drucksache auch angegeben – a mehrere Waschtische an einem Steigestrang angeschlossen sind. Auch bei den Kosten für Nachrüstungen (wie viele sind da zu absehbar?) erscheint die Summe sehr pessimistisch geschätzt und soll wohl abschrecken.
Darüber hinaus fallen jährliche Kosten je Waschtisch in Höhe von 150 - 200 € für die Instandhaltung (Instandsetzung, Wartung) an. Hinzu kommt ein noch nicht abgeschätzter Aufwand für die regelmäßige Reinigung und für den Wasserverbrauch durch zur Sicherstellung der Wasserhygiene erforderliche Spülvorgänge. Weiterhin müssen sämtliche Steigestränge jährlich durch ein anerkanntes Labor beprobt werden. Auch hierfür entstehen Kosten.
Die Waschtische haben in erster Linie einen Nutzen (Reinigung von Mensch & Material, Erfrischung) auf dessen detaillierte Darlegung hier verzichtet und auf den ursprünglichen Antrag verwiesen wird.
Dass bei einem nutzbaren Angebot auch Kosten entstehen ist daher nicht verwunderlich. Aber wenn schon über Kosten argumentiert wird muss man die 150-200 € auch gegenrechnen: Es muss nämlich eine professionelle Reinigung der Tafeln bei fehlenden Waschbecken mindestens wöchentlich durch das Reinigungspersonal (unter Gebrauch von Wasser) erfolgen, um das stadteigene Inventar gebrauchsfähig und in einem optimalen Zustand zu halten. Diese Kosten werden häufig übersehen und können nicht auf die Schule abgewälzt werden, wenn die Rahmenbedingungen sich derart verschlechtern.

Zur Hygiene
Im Jahr 2009 wurde aufgrund des Planes zur Umrüstung von Kreidetafeln auf Interaktive Tafeln bzw. Whiteboards in höheren Schulformen intensiv mit dem Niedersächsischen Landesgesundheitsamt und dem Team Hygiene der Region über die Notwendigkeit von Waschtischen in diesen Unterrichtsräumen diskutiert. Im Ergebnis wurde das Standardraumprogramm für weiterführende Schulen geändert und keine Waschtische in Unterrichtsräumen mehr vorgesehen.
Trinkwasser ist ein wichtiges Lebensmittel, das i. d. R. durch den Wasserversorger in einwandfreier Qualität zur Verfügung gestellt wird. Damit dies in der Hausinstallation so bleibt, ist laut Trinkwasserverordnung ein bestimmungsgemäßer Betrieb sicher zu stellen. Die Vermeidung von Stagnationszeiten des Wassers über mehr als 72 Stunden (DVGW 6023) ist hierbei ein wichtiger Baustein. Waschtische in Klassenräumen weisen in der Regel nur sehr geringe Wasserverbräuche auf (das Wasser stagniert). Das Landesgesundheitsamt empfiehlt daher im Schulhygieneplan von 2017: „Der Aufwand für die Erhaltung der Trinkwasserhygiene bei selten genutzten Handwaschbecken ist dem Zusatznutzen für die Händehygiene gegenüberzustellen. […] Daher ist die Installation zentral gelegener Waschbecken, die häufig genutzt werden, gegenüber der Verwendung vieler peripherer selten genutzter Waschbecken zu bevorzugen.“
An diversen Standorten in Schulen (nicht nur in Unterrichtsräumen) musste in der Vergangenheit der Rückbau von Waschbecken wegen wiederholter Probleme mit der Trinkwasserhygiene, die auf Nichtnutzung der Entnahmestellen (Stagnation) zurückzuführen war, durchgeführt werden. Aus Sicht der Verwaltung hat sich der Verzicht auf Waschtische an den Standorten, an denen ein Rückbau durchgeführt wurde, bewährt.
Dass sich ein Rückbau bewährt hat, scheint eine besondere Sicht zu sein, da insbesondere bei den zurückliegenden Infektionswellen eine erhöhte Handhygiene empfohlen bzw. angeordnet wurde. Auch die Reinigung der Tafeln und damit die Möglichkeit einer optimalen Unterrichtsumgebung wird erschwert. Wenn davon die Rede ist, dass sich der Rückbau bewährt hat, liegt das vermutlich daran, dass die geringe Zahl der Fälle wo kein Waschtisch mehr vorhanden ist noch nicht zu einer Beschwerdewelle geführt hat, die die Handlungsweise der LHH in Frage gestellt hat.
Zu der Spülproblematik lässt sich sagen, dass am Ende/Anfang eines Steigestranges für die Waschbecken mit heutigem Stand der Technik Spülautomaten angeschlossen werden können, die erfassen, ob in den letzten 72 Stunden Wasser entnommen worden ist. Diese Automaten spülen dann ggf. die Leitung automatisch. Dies ist in Neubauten über einen in der Regel eingeplanten Putzraum pro Etage und bei Bestandsbauten an den Steigleitungen im Keller realisierbar.
Automatische Spüleinrichtungen stellen zwar einen regelmäßigen Wasserdurchsatz sicher, bergen aber andere Gefahren und bieten auch keine absolute Sicherheit für die Trinkwasserqualität. So besteht bei mutwilliger Verstopfung des Abflusses die Gefahr von Überflutungen. Selbst die Ausstattung der Waschbecken mit automatischen Spüleinrichtungen kann eine Verkeimung nicht immer sicher verhindern. Aktuell sind in zwei Schulen genau an diesen Spüleinrichtungen Verkeimungen aufgetreten und haben zu einer Nutzungsuntersagung geführt.
Die Gefahr der Verstopfung ist wohl als gering anzusehen, da die Räume nach dem Unterrichtsende verschlossen werden und anschließen durch Reinigungskräfte begangen werde (Kontrolle). Außerdem sind separate Spüleinrichtungen am Anschlussstrang in den Putzräumen oder Kellern denkbar.
Aus schulfachlicher Sicht ist es nachvollziehbar, Waschtische in allgemeinen Unterrichtsräumen vorzuhalten. Da in den Grundschulen die Waschtische erhalten bleiben,

wird insbesondere von den weiterführenden Schulen angeführt, dass Waschtische in den Unterrichtsräumen zur Trinkwasserentnahme für die Schüler*innen, zum Händewaschen zwischendurch sowie zur Feuchtreinigung der Interaktiven Tafeln und Whiteboards mit Mikrofasertüchern sinnvoll ist.
Mit welcher Begründung sollen Grundschüler andere Wasserrechte haben als größere Schülerinnen und Schüler? Die Aufsichtspflichten sind insbesondere in den unteren Klassen an weiterführenden Schulen gleich, so dass ein Verlassen des Unterrichtsraumes, um Wasser zu holen nicht hinnehmbar ist. Durst haben die größeren Jugendlichen auch und benötigen vermutlich auch mehr Wasser.
Sicherheit
In höheren Schulformen gibt es keine permanente Aufsicht in den Klassenräumen, bei
„Wasserschlachten“ besteht Rutschgefahr und eben genau dadurch und nicht wie bei den von den Elternvertretern aufgeführten Beispielen in den Fluren oder durch Sprühflaschen ein Sicherheitsrisiko. Ein Verletzungsrisiko durch die wöchentliche Reinigung mittels Wassersprühflasche kann ebenfalls von der Verwaltung nicht nachvollzogen werden.
Aufgrund der geringen Menge klaren Wassers in der Flasche, die nach dem Sprühvorgang wieder ausgegossen werden kann, geht von der Sprühflasche keine Gefahr aus.
Dass die permanente Aufsicht in „höheren Schulformen“ nicht gegeben ist, ist falsch: Alle Schülerinnen und Schüler sind zu beaufsichtigen auf dem Schulgelände. (https://www.landesschulbehoerde-niedersachsen.de/themen/schulorganisation/aufsicht-und-haftung) Zur Sicherstellung dieses Auftrages werden die Klassenräume zu den Pausen verlassen und verschlossen. Daher baut die LHH in die Türen aufwendige Schosssysteme ein, die auch über eine Panikverriegelung und/oder Fluchtwegschließanlage verfügen. Das Argument von Wasserschlachten in Schulen kommt eher gar nicht vor (in den letzten 7 Jahren nicht einmal). Und mit Blick auf die höheren Jahrgänge ist mit einem solchen Verhalten wohl kaum zu rechnen.
Bezüglich der Behauptung, dass von den Sprühflaschen keine Gefahr ausgeht lässt sich folgendes bemerken: Zunächst muss sichergestellt werden (was unmöglich ist) dass das Wasser nach Gebrauch, wie im Antrag behauptet, weggegossen wird. Ansonsten steht diese Flasche bei Raumtemperatur (mind. 17°C) mehrere Tage im Unterrichtsraum. Die Keimzahlen durften sich hierdurch in der Flasche dramatisch erhöhen. Ein Tröpfchen dieses Wassers ins Auge oder über die Feinzerstäubung in die Atemluft, kann zu starken Erkrankungen der Augen/Atemwege führen. Diese Gefahr ist deutlich größer einzuschätzen als verkeimtes Wasser aus dem Waschtisch. Und wenn die Flaschen ausgegossen werden sollen, wäre zu klären wo dies erfolgen soll.
Bei Sprühflaschen besteht zudem die Gefahr, dass der Beamer im Unterrichtsraum besprüht wird, was der Technik überhaupt nicht gut tut. Wenn schon die Rede davon ist, dass Wasserschlachten so wahrscheinlich seien, dann besteht wohl auch hier Grund zur Sorge wo ein solcher Beamer so etwa 2500€ kostet.
Erfrischung/Versorgung mit Trinkwasser
Wasser für Genusszwecke kann und darf an diesen Waschtischen nicht abgegeben werden. In vielen Schulen stehen für die Versorgung der Schüler mit Trinkwasser spezielle, zentral gelegene „Trinkbrunnen“ zur Verfügung. Bei diesen Trinkbrunnen ist die Trinkwasserqualität (durch regelmäßige Beprobung) und die tägliche Reinigung (durch einen vertraglich festgelegten geeigneten Personenkreis) stets gewährleistet.
Die Aussage, dass „Wasser für Genusszwecke“ an keinem der Waschtische abgeben werden kann und darf ist besonders vor dem Hintergrund interessant, dass in den Pilotschulen (dort sind die Tafeln abgebaut, aber die Waschtische noch vorhanden) bisher

an keinem Waschtisch ein Schild „KEIN TRINKWASSER“ hängt. Wenn dieses Wasser also tatsächlich kein Genusswasser sein kann dann sollte man doch zu Erfrischungs- und Reinigungszwecken die Waschtische in jedem Raum vorhalten, da das Gesundheitsargument (Verkeimung) ja dann wohl nicht zählt. Die ganze Diskussion um Gesundheit wäre damit hinfällig.
Bezüglich des Trinkwasserbrunnens lässt sich anmerken, dass diese in Zahl und Lage (ein bis zwei zentrale Trinkwasserbrunnen) für große Schulen allein aufgrund des Weges (insbesondere bei Randlagen zum Teil mehrere hundert Meter) nicht als Lösung für Erfrischung geeignet sind.
Weiter Kommentare/Gedanken:
Waschtische im Klassenraum erfüllen zudem die Aufgabe, dass vergossene Lebensmittel oder verschmierte Tische (Tintenspritzer, Butterbrotreste), aber auch Erbrochenes durch Mitschüler/Lehrkräfte schnell und im Rahmen der Aufsichtspflichten gereinigt werden können. Das Mikrofasertuch der Tafel kann zu diesem Zweck ebenfalls eingesetzt werden.
Durch die zunehmende Inklusion sind derartige Vorkommnisse stärker in den Klassenräumen zu erwarten. Weiter ist es notwendig, dass Kinder mit Handikap die Möglichkeit bekommen, Lerninhalte anderes zu erfahren. Hierzu gehört auch ein kreativeres Lernen, was z.B. einen Tuschkasten, Klebstoff oder ähnliches im Unterricht außerhalb des Kunstunterrichts im allgemeinen Unterrichtsraumes erforderlich macht. Ein Waschtisch in der Schultoilette (meist in deutlicher Entfernung) ist hier nicht sinnvoll (Aufsichtspflicht)
Auch an heißen Sommertagen kann durch Befeuchtung von Taschentüchern hier im Klassenraum besser Abkühlung/Erfrischung erreicht werden. Dies ist kostengünstiger (auch mit Blick auf den Klimaschutz) als eine jüngst ins Gespräch gebrachte Klimaanlage für jeden Klassenraum. Diese braucht übrigen auch einen Abfluss für das Kondenswasser.
Mit Blick auf die Sprühflaschen sind auch solche Sprühflaschen grundsätzlich abzulehnen, die chemische Reinigungsmittel oder Zusätze enthalten, da von diesen eine Verletzungsgefahr ausgeht.
Die Idee der Befeuchtung der Microfasertücher auf den Schultoiletten wurde in der hier thematisierten Drucksache bewusst nicht mehr angeführt, da hier wohl die Verantwortlichen das Risiko der Rutschgefahr durch Wassertropfen auf Fluchtwegen und Treppen erkannt wurden. Dies sollte aber dennoch eingebracht werden, da das Befüllen von Sprühflaschen bei den derzeitig verbauten Waschtischen in den Schultoiletten (niedriger Hahnaustritt) nicht ohne Wasserspritzer möglich ist. Das bedeutet auch, dass auf dem Rückweg ebenfalls Wassertropfen auf den Gängen und Treppen zu erwarten sind. Damit ist das Problem ebenfalls nicht gelöst. Ähnlich ist das auch bei den Trinkwasserbrunnen und den mitgeführten Trinkflaschen der Schülerinnen und Schüler (SuS) zu sehen