Informationsdrucksache Nr. 2624/2013:
Projekt Deutsch als Fremdsprache

Inhalt der Drucksache:

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2624/2013
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Projekt Deutsch als Fremdsprache

Mit dem in der Anlage beigefügten Antrag wurde die Verwaltung u. a. beauftragt, mit mehreren Bildungsträgern und dem Job-Center für das Handlungsfeld „Sprachkompetenz und Integration“ ein Konzept für eine zentrale Koordination zu erarbeiten und bis zum 31.07. d. J. vorzulegen.

Nachstehend wird über den aktuellen Zwischenstand und die weiteren Arbeitsschritte informiert.

1. Vorbemerkungen:

1.1
Für das Handlungsfeld Sprachkompetenz und Integration gibt es bislang weder konzeptionell noch strukturell ein ganzheitlich ausgelegtes Konzept.
Die hannoverschen Akteure der Weiterbildungslandschaft sind jeweils als einzelne Auftragnehmer aktiv und die verschiedenen Angebote unterliegen unterschiedlichen Förderbedingungen, da sie im Wesentlichen durch Drittmittel finanziert werden.

1.2
Ein nach dem jeweiligen Sprachstand, insbesondere auf den Teilnehmer, die Teilnehmerin zugeschnittenes Qualifizierungsprofil, ist bislang nicht entwickelt worden.
Mit den in der Praxis unterbreiteten Angeboten, wie z. B. Alphabetisierung, Orientierungskurs, Integrationskurs oder berufsorientierende Sprachbildung sind unterschiedliche Niveaus gegeben, die aber bislang nicht in bildungs- und qualifizierungsbiografisches Gesamtkonzept überführt werden.

1.3
Die Strategie der Arbeitsverwaltung ist in erster Linie auf eine kurzfristige Vermittlung in Beschäftigung ausgerichtet. Längerfristige individuelle Qualifikations- und Integrationsstrategien müssen ggf. dagegen zurückgestellt werden.


Erste Arbeitsgespräche mit dem Job-Center führten zu dem Ergebnis, in einem Modellprojekt sogenannte “Qualifizierungsketten“ zu entwickeln und Übergänge in die Arbeitswelt zu systematisieren.


2. Aktuelle Nachfrage

In den Jahren 2011 bis 2013 haben sich die Deutsch- Kurse wie folgt entwickelt:

Ada u. Theodor-Lessing Volkshochschule:

Ustd. TeilnehmerInnen

2011 23.040 3.110
2012 23.513 3.030

2013 24.070 3.260

Anmerkung: Die Zahl der Kurse ist wegen fehlender Räumlichkeiten derzeit begrenzt.


Bildungsverein:

Ustd. TeilnehmerInnen

2011 25.000 3.638

2012 30.590 4.740

2013 36.000 5.374

Anmerkung: Erhöhte Teilnehmerzahl u.a. wegen verstärkter Inanspruchnahme Hannover Aktiv- Pass

Der Bildungsverein hat einen erheblichen personellen Aufwand betrieben, um der erheblich gestiegenen Teilnehmerzahl gerecht werden zu können. Der dazu erforderliche pädagogische und organisatorische Aufwand hat von der Leitungsebene und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bildungsvereins einen zusätzlichen Einsatz abverlangt, der nicht aus den bestehenden Ressourcen zu bestreiten ist.

Deshalb ist es aus der Sicht der Verwaltung gerechtfertigt, dem Bildungsverein für den geleisteten Mehraufwand in 2013 insbesondere im Bereich der administrativen Aufgaben einen Betrag in Höhe von 40.000 € zur Verfügung zu stellen; Mittel sind im Ergebnishaushalt unter Produkt 27301 - Stadtteilkulturarbeit veranschlagt.

Mit den Angeboten der Volkshochschule und des Bildungsvereins kann der aktuellen Nachfrage nicht entsprochen werden.
Für eine Ausweitung, der durch Drittmittel finanzierten Deutsch- Kurse, fehlen aktuell geeignete Seminarräume.
Versuche, zusätzliche Kurse im vorhandenen Raumbestand zu realisieren, blieben bislang erfolglos.


Deshalb soll geprüft werden, ob gemeinsam mit dem Bildungsverein geeignete Räume für zunächst fünf Jahre angemietet werden können.
Nach aktuellen Annahmen ist von einem Bedarf an 15 Seminarräumen auszugehen.
Alle anfallenden Kosten werden ebenfalls durch Drittmittel gedeckt.
Damit könnten nach gegenwärtiger Prognose jährlich ca.1000 TeilnehmerInnen zusätzlich erreicht werden.


3. Weitere Arbeitsschritte

VHS und BV mit Alphabetisierung und Integrationskursen

Die Landeshauptstadt Hannover setzt über die Koordinierungsstelle ALBuM seit Anfang 2009 das Programm berufsbezogene Deutschförderung um. Zusätzlich wird seit Frühjahr 2013 das BAMF-Modellprojekt „Ankommen in Alltag und Beruf“ durchgeführt.

Die Erfahrungen und die Erkenntnisse, die im Rahmen dieser Arbeit gewonnen wurden, bilden die zentrale Grundlage für die folgende Ideenskizze.

Um eine Willkommenskultur in Hannover lebendig werden zu lassen, sollte ein langfristig angelegtes System aufgebaut werden, das im Mittelpunkt die Zielsetzung verfolgt, allen Menschen in Hannover Teilhabechancen zu eröffnen. Wichtig ist dabei, dass keine Unterschiede gemacht werden, aus welchen Herkunftsländern die Personen stammen, ob sie als Fachkräfte nach Anwerbung im Heimatland nach Deutschland kommen oder ob sie aufgrund politischer oder anderer Gründe ihre Heimat verlassen haben. Wir grenzen die Zielgruppe nicht ein. Die Angebote sind für alle Menschen offen, die Unterstützung wünschen.

3.1
Clearingstelle Deutschförderung

Als Gründungstandem werden sich zunächst die Ada-und-Theodor-Lessing Volkshochschule und der Bildungsverein Soziales Lernen e.V. in Kooperation mit dem Job-Center bzw. der Agentur für Arbeit zu einem Netzwerk „Sprachkompetenz und Integration“ zusammenschließen.

Ziel dieses Netzwerkes ist es, auf den Teilnehmer, die Teilnehmerin abgestimmte Qualifizierungsmodule für Sprachbildung zu entwickeln und in übergangsorientierten Kurssystemen anzubieten.

Eine wichtige Erkenntnis konnte in den bestehenden Angebotsstrukturen bislang nicht bzw. nur reduziert berücksichtigt werden:

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bringen sehr unterschiedliche Bildungspotenziale mit. Diesem Tatbestand wirksamer als bisher gerecht zu werden, ist Aufgabe einer integralen Einstiegsberatung, die als Pflichtmodul wahrzunehmen ist.

3.2.
Orientierung bei der Anerkennung von vorhandenen Bildungsabschlüssen

Im Zuge der integralen Einstiegsberatung wird auch geprüft, ob Möglichkeiten zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen bestehen. Dies setzt allerdings die intensive Zusammenarbeit mit den Anerkennungsstellen (z. B. IHK) voraus, wo die Zuständigkeit je nach Berufsabschluss variiert.
In der Praxis könnte es sinnvoll sein, dass sich die Anerkennungsstellen zu assoziierten Partnern des Netzwerkes entwickeln.

3.3
Individuelle Orientierung in der Angebotsstruktur zur Deutschförderung

In der Clearingstelle „Deutschförderung“ können Interessentinnen und Interessenten eine Einstiegsberatung erhalten, die eine Kompetenzfeststellung (z. B. zu Deutschkenntnissen, schulische und berufliche Kompetenzen und berufliche Ziele) umfasst und einen Überblick über das regionale Angebotsspektrum zur Deutschförderung bietet. Außerdem können entsprechend der Ergebnisse der Kompetenzfeststellung Empfehlungen für die nächsten Schritte auf dem Weg der Integration zusammengestellt werden.

Als Module kommen in Betracht:

Alphabetisierung
VHS Deutsch als Fremdsprache, 1200 Std., A2 4 Kurse je 12 Teilnehmerinnen oder Teilnehmer BAMF gefördert

Orientierungskurs
Modulare Informationsangebote „Wegweiser im Alltag“ zu folgenden Themen:

• „Politik und Gesellschaft“ (z. B. Einblick in das politische System, Rechte und Pflichten, Einbürgerung
• Öffentliche Einrichtungen: Aufgaben, z. B. von Beratungsstellen für Migrantinnen, für Frauen, Sozialamt, Jugendamt, Jobcenter / Agentur für Arbeit u. a.
• Bildungssystem: verschiedene Schulformen, akademische und duale Ausbildung, Fort- und Weiterbildung, Bildungsorte, Rechte und Pflichten von Kindern und Erwachsenen, Informationen zu Nachhilfemöglichkeiten
• Arbeit: Vorbereitung der Arbeitsaufnahme, z. B. Bewerbungswege und –unterlagen, Fragen der Sicherheit am Arbeitsplatz, Arbeitsrechte und –pflichten
• Finanzen / Versicherungen (z. B. Bankensystem, Fördermöglichkeiten, Sozialversicherungen, andere Versicherungen wie Haftpflicht, Unfall oder Hausrat
• Gesundheit / Ernährung / Bewegung
• Wohnen: z. B. Mieterrechte und –pflichten, Unterstützungsmöglichkeiten u. ä.
• Mobilität: Verkehrssystem, ÖPNV, Fahrräder im Verkehr
• kulturelle Missverständnisse, Diskriminierungen

100 Std., aufsuchende Sprachbildung in den Unterkünften und punktuelle Vertiefung zu einzelnen Themen zu den Orientierungskursen im Rahmen der Integrationskurse.

Integrationskurs
600 Std., Sprachkurs zur Vorbereitung auf die B 1 – Prüfung und 60 Std. Orientierungskurs.
Für spezielle Zielgruppen besteht die Möglichkeit zur Aufstockung um 300 Std., 48 Kurse je 20 Teilnehmer.

Brückenkurs
Noch nicht entwickelt und soll in Abstimmung mit dem Job-Center vorbereitende Qualifikationen im Hinblick auf berufsorientierende Sprachkurse ermöglichen.





Berufsbezogene Deutschkurse
ALBuM
Berufsbezogene Deutschförderung im Rahmen des ESF-BAMF-Programms, die im Rahmen des Verbundes von den ALBuM-Partnern sowie der Leine VHS und der AWO Region Hannover realisiert wird. Inhaltlich werden zurzeit folgende Schwerpunkte realisiert:

• Deutsch zur beruflichen Orientierung für Menschen mit geringen Deutschkenntnissen (unter A 2-Niveau)
• Deutsch zur beruflichen Orientierung für Menschen mit A 2- bzw. B 1-Niveau
• Deutsch für die Pflege
• Deutsch für Büroberufe
• Deutsch für gewerblich-technische Berufe
• Sprache und Bildung im Dienstleistungsbereich (SuBiD)
• Deutsch für Beschäftigte (überbetrieblich und branchenspezifisch, z. B. für Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland und für Pflegefachkräfte)

Für dieses Angebot hat ALBuM im Segment Bildung und Wirtschaft am 2.12.2013 den Integrationspreis der Landeshauptstadt Hannover erhalten.

Zertifikationskurse, z. B. B 2 oder C 1/C 2
Kurse zur Prüfungsvorbereitung auf B 2 (Deutsch Mittelstufe) oder C 1/C 2 (Deutsch für Fortgeschrittene). Die entsprechenden Abschlüsse sind teilweise unverzichtbar für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse bzw. für die Aufnahme eines Studiums.


4.
Gesamtstrategie
Ende Oktober 2013 hat der Fachbereich Bildung und Qualifizierung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Antrag für ein Projekt zur gesellschaftlichen und sozialen Integration im Wirtschaftsraum Hannover für das Förderjahr 2014 gestellt.
Der Antrag für ein Willkommens-Center umfasst unter anderem das Modul „Clearingstelle Deutschförderung“ und die modularen Informationsangebote „Wegweiser im Alltag“. Mit der Entscheidung ist im Laufe des Jahres 2014 zu rechnen.

Sprache ist ein wichtiger Schlüssel zur aktiven Teilnahme und Teilhabe für eigenverantwortliche und existenzsichernde Tätigkeiten.


5.
Zusammenfassung
Die oben skizzierten Arbeitsschritte erfordern in den nächsten Wochen weitere Absprachen und konzeptionelle Präzisierungen.
In erster Linie stehen geeignete zusätzliche Räume, die Entwicklung und Durchführung von Brückenkursen und eine teilnehmerorientierte Koordination im Mittelpunkt.
Dabei sollen die bereits bei den Akteuren vorhandenen personellen und finanziellen Ressourcen identifiziert und neu justiert werden.
Das Gesamtkonzept wird im März 2014 mit dem Ziel der kostenneutralen Umsetzung zur Entscheidung vorgelegt.



Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Gender-Aspekte werden von dieser Informationsdrucksache nicht berührt.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

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Hannover / 12.12.2013