Sitzung Gleichstellungsausschuss am 27.05.2020

Protokoll:

verwandte Dokumente

Einladung (erschienen am 21.05.2020)
Protokoll (erschienen am 09.07.2020)
Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
______________________________________________________________________
Landeshauptstadt Hannover - GB - Datum 19.06.2020

PROTOKOLL

26. Sitzung des Gleichstellungsausschusses am Mittwoch, 27. Mai 2020,
Rathaus, Ratssaal

Beginn 16.00 Uhr
Ende 17.20 Uhr
______________________________________________________________________
Anwesend:

(verhindert waren)

Ratsfrau Klingenburg-Pülm (Bündnis 90/Die Grünen)
(Ratsfrau Jeschke) (CDU)
Ratsfrau Dr. Carl (SPD)
Ratsherr Engelke (FDP)
Beigeordnete Gamoori (SPD)
(Beigeordneter Hauptstein) (AfD)
Ratsherr Jacobs (AfD) für Beigeordneten Hauptstein
Ratsherr Jeng (CDU)
Beigeordneter Kelich (SPD)
Ratsfrau Dr. Matz (CDU) für Beigeordnete Seitz
(Beigeordnete Seitz) (CDU)
Ratsfrau Steinhoff (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Wolf (LINKE & PIRATEN)

Beratende Mitglieder:
(Frau Feldmann)
Frau Gutenberger
(Frau Kellner)
(Frau Dr. Köster)
(Herr Moormann)
(Frau Wegmann)

Grundmandat:
(Ratsherr Böning) (DIE HANNOVERANER)
Ratsherr Klippert (Die FRAKTION)

Verwaltung:
Frau Tegtmeyer-Dette Erste Stadträtin
Frau Kämpfe Gleichstellungsbeauftragte
Frau Diers FB Personal und Organisation
Frau Hesse FB Schule
Frau Kannenberg Referat für Frauen und Gleichstellung

Gäste:
Frau Hoffmann Interventions- und Koordinierungsstelle BISS
Frau Dr. Koesling Männerbüro Hannover e. V.
Frau Tasdemir SUANA / kargah e. V.

Tagesordnung:





1. Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

2. Genehmigung der Protokolle über die Sitzungen am 03. Februar und 02. März 2020

3. Einwohner*innenfragestunde

4. Fachtag "Kinderschutz an hannoverschen Ganztagsgrundschulen"
(Informationsdrucks. Nr. 0376/2020 mit 1 Anlage)

5. Jahresbericht der Geschäftsstelle Hannoversches Interventionsprogramm - HAIP 2019
(Informationsdrucks. Nr. 0978/2020 mit 1 Anlage)

6. Anfragen und Anträge

6.1. Antrag der AfD-Fraktion zur Stärkung von Frauenrechten – Opfer von Genitalverstümmelung
(Drucks. Nr. 0378/2020)

6.2. Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Durchführung einer Anhörung zum Thema: Was braucht es auf kommunaler Ebene, um Frauen, die wohnungs- und obdachlos sind, zu schützen und zu unterstützen?
(Drucks. Nr. 0932/2020)

6.3. Antrag von Ratsherrn Braune zu Frauenparkplätzne vor dem Rathaus
(Drucks. Nr. 0417/2020)

7. Bericht der Verwaltung

8. Bericht der Gleichstellungsbeauftragten

9. Verschiedenes











TOP 1.
Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

Frau Klingenburg-Pülm eröffnete die Sitzung und stellte die ordnungsgemäße Einberufung und Beschlussfähigkeit fest. Die vorliegende Tagesordnung wurde bestätigt.


TOP 2.
Genehmigung der Protokolle über die Sitzungen am 03. Februar und 02. März 2020

Die Protokolle vom 03. Februar und 02. März 2020 wurden mit 7 Jastimmen, 0 Neinstimmen und 2 Enthaltungen genehmigt.


TOP 3.
Einwohner*innenfragestunde

Eine Einwohnerin fragte nach, warum bei der im Herbst geplanten gemeinsamen Anhörung des Sozial- und Gleichstellungsausschusses zum Thema „Was braucht es auf kommunaler Ebene, um Frauen, die wohnungs- und obdachlos sind, zu schützen und zu unterstützen?“ keine unmittelbar betroffenen Personen eingeladen werden, damit diese von ihren eigenen Erfahrungen berichten können. Es sei aus ihrer Sicht sehr sinnvoll, nicht nur Expert*innen zu befragen, sondern auch Menschen, die tatsächlich mit dem Problem der Wohnungs- und Obdachlosigkeit jeden Tag konfrontiert seien.

Frau Tegtmeyer-Dette antwortete für die Verwaltung. Der politische Antrag auf Durchführung einer Anhörung müsse zunächst in den entsprechenden Fachausschüssen beschlossen werden. In den meisten Fällen beinhalten diese Anträge auch schon Vorschläge zu den anzuhörenden Personen. Die Fraktionen hätten aber im Nachgang noch die Möglichkeit, weitere anzuhörende Personen zu benennen. Sie gehe davon aus, dass die hier vorgetragene Anregung von den Fraktionen aufgegriffen werde und bedankte sich für den Redebeitrag.


TOP 4.
Fachtag "Kinderschutz an hannoverschen Ganztagsgrundschulen"
(Informationsdrucksache Nr. 0376/2020 mit 1 Anlage)

Frau Dr. Carl bedankte sich bei der Verwaltung für die Drucksache. Der Kinderschutz habe einen sehr hohen Stellenwert in der Gesellschaft. Dieses Thema bedarf einer ständigen politischen Aufmerksamkeit. Sie begrüßte es daher, dass auch die Verwaltung dieses Anliegen unterstütze und mit wachsamem Auge begleite.

Frau Steinhoff fragte, wie sich die aktuelle Situation auf die Schulen und Kindertagesstätten, insbesondere auf die Inanspruchnahme der frühen Hilfen, auswirke und bat um Angaben, ob die Zahl der Meldungen zur Kindeswohlgefährdung zurückgegangen oder angestiegen sei. Sie bat in diesem Zusammenhang auch um Angaben, ob in dieser besonderen Situation Konzepte entwickelt worden seien, um einem Anstieg der Meldungen entgegen zu wirken.



Frau Hesse aus dem Fachbereich Schule antwortete, dass diese Fragestellung nicht von ihr sondern vom Kommunalen Sozialdienst des Fachbereichs Jugend und Familie beantwortet werden könne. Sie sagte zu, eine Antwort zum Protokoll nachzureichen.

Antwort der Verwaltung:

Es habe anfangs eine abnehmende Zahl an Gefährdungsmeldungen gegeben. Mit zunehmender Öffnung von Schulen, Kindertagesstätten, usw. stiegen die Meldungen erneut und hätten das gleiche Niveau wie vor Corona erreicht.
Es gebe regelmäßig telefonische Beratung und Unterstützung bei den bestehenden Fällen. Wenn es sich nicht vermeiden ließe, wie z.B. durch Telefonkonferenzen, so würden Hilfeplangespräche in der Dienststelle vorgenommen.

Die Drucksache wurde zur Kenntnis genommen.


TOP 5.
Jahresbericht der Geschäftsstelle Hannoversches Interventionsprogramm - HAIP 2019
(Informationsdrucksache Nr. 0978/2020 mit 1 Anlage)

Frau Kämpfe berichtete, dass sich die Zahlen in Bezug auf die insgesamt gemeldeten Fälle, in Bezug auf die Fälle der Selbstmelderinnen und die Fälle der mitbetroffenen Kinder im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig verändert habe. Die Zahl der mitbetroffenen Kinder sei zwar in den letzten Jahren angestiegen, was auch der hier im Ausschuss vorgestellte Bericht zum Familienmonitoring bestätigt habe. Als Grund könne eventuell der Trend zu einer Mehr-Kind-Familie in den letzten Jahren vermutet werden. Im Vergleich zum Vorjahr sei diese Fallzahl allerdings eher stagniert.
Bei der inhaltlichen Arbeit des HAIP-Netzwerkes habe im letzten Jahr die Erarbeitung einer Vorgehensweise zum Umgang mit Fallkonferenzen, den sogenannten Hochrisikofällen, im Fokus gestanden. Ein Hochrisikofall liege immer dann vor, wenn eine Beratungsstelle allein an ihre Grenzen komme und keine ausreichende Unterstützung anbieten könne. Die betreffende Beratungsstelle lade dann alle weiteren beteiligten Einrichtungen ein, es werden bei dieser Fallkonferenz gemeinsame weitere Schritte zur Vorgehensweise verabredet. Die Fallkonferenz könne auch anonymisiert durchgeführt werden. Bislang habe es einen Fall dazu gegeben, der nach dieser Vorgehensweise beraten worden sei.
Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt sei im vergangenen Jahr die Veränderung bei der Faxübermittlung der angezeigten Fälle durch die Polizei gewesen. Hier sei aktuell noch in Klärung, wohin die Täterinnendaten übermittelt werden sollen. Eine weitere Neuerung sei auch die vorgenommene Erweiterung des Netzwerks. In der neu eingerichteten AG Frauenberatungsstellen seien auch Beratungsstellen vertreten, deren Arbeitsschwerpunkt nicht ausschließlich das Thema Häusliche Gewalt sei, aber unter anderem auch dazu beraten werde. Die Beratungsstellen treffen sich 2 x im Jahr zum Austausch. Im letzten Jahr standen auch die Umgangsregelungen und Situation von Kindern bei Trennung und Scheidung, insbesondere beim Vorliegen von Häuslicher Gewalt, im Fokus. Hier ergebe sich leider oftmals die Problematik, dass bei den Entscheidungen der Familiengerichte nicht immer beachtet werde, welche Auswirkungen Häusliche Gewalt als Trennungsgrund habe und in solchen Fällen trotzdem das Wechselmodell angeordnet worden sei. Vor diesem Hintergrund habe unter anderem die AG Kinder und Jugendliche das Thema aufgegriffen und Empfehlungen zu Umgangsregelungen in Fällen Häuslicher Gewalt erarbeitet, welche den beteiligten Institutionen am Runden Tisch als Leitfaden dienen soll. Zudem wurde der Beschluss gefasst, dass eine Vertreterin des Familiengerichtes regelmäßig an den Bausteine Treffen teilnimmt.

Abschließend bedankte sie sich bei allen Netzwerkpartner*innen und Akteur*innen für die Unterstützung und das Engagement gegen Häusliche Gewalt und die Mitarbeit bei HAIP.

Herr Wolf erkundigte sich nach dem aktuellen Sachstand zur Zusammenlegung der AG Migrantinnen und AG Zwangsheirat.

Frau Kämpfe antwortete, dass beide Arbeitsgruppen beschlossen hätten, künftig als eine Arbeitsgruppe zu agieren.

Herr Jeng berichtete von Meldungen über den Anstieg der Fälle von Häuslicher Gewalt im Zusammenhang mit der Coronakrise und den angeordneten Ausgangsbeschränkungen. Er fragte, inwieweit die Verwaltung dies bestätigen könne und was getan werden könne, um diesem Trend entgegen zu wirken.

Frau Hoffmann von der Koordinierungs- und Interventionsstelle BISS Hannover gab an, dass bislang kein deutlicher Anstieg der Fälle zu verzeichnen sei. Es gab zwar im März dieses Jahres einen erkennbaren Anstieg, dieser lag allerdings noch vor Beginn der Coronakrise, so dass hier kein Zusammenhang abgeleitet werden könne. Alle anderen Vergleichsmonate zum Vorjahr hätten so gut wie keine Veränderung ergeben. Auch aus vielen anderen vernetzten Einrichtungen innerhalb Niedersachsens seien ihr keine deutlichen Anstiege der Fallzahlen bekannt. Es bleibe abzuwarten, wie sich die Fallzahlen entwickeln, wenn die Coronabeschränkungen weiter gelockert werden.

Frau Dr. Carl hatte eine Nachfrage zum Thema Gewalt an Frauen in digitalen Medien. Sie bat um weitergehende Informationen, ob die Stadtverwaltung zu diesem Themenbereich Projekte plane. Darüber hinaus regte sie an, künftige Fachtage von der Veranstaltungsdauer her so zu planen, dass auch berufstätige Ratsmitglieder daran teilnehmen können.

Frau Kämpfe antwortete, dass aktuell von der Stadtverwaltung keine konkreten Projekte zum Thema Digitale Gewalt an Frauen in Planung seien. Die Anregung zur besseren Gestaltung des zeitlichen Rahmens von Veranstaltungen werde sie aufgreifen, wobei es immer schwierig sei, allen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Frau Kannenberg von der Geschäftsstelle HAIP führte ergänzend aus, dass sich im Rahmen von HAIP eine neue AG Digitale Gewalt gegründet habe, deren Arbeit sei aber, bedingt durch die Coronakrise, in den letzten Monaten sehr eingeschränkt gewesen sei.

Frau Steinhoff bat um Erläuterung und weitergehende Angaben zu den Themenbereichen der Hochrisikofälle und der Beteiligung der Verwaltung, dem Anteil der geschädigten Männer in der Anzahl der Gesamtfälle und der sehr hohen Zahl der weiblichen Beschuldigten.

Frau Kämpfe erläuterte kurz, dass das Referat für Frauen und Gleichstellung als Teil der Verwaltung nur insoweit beteiligt sei, als dass eine anonymisierte Dokumentation stattfinde. Wenn Kinder mitbetroffen seien, werde der Kommunale Sozialdienst eingeschaltet. Alles Weitere erfolge durch die Mitarbeiter*innen der Beratungsstellen.

Frau Hoffmann führte zur hohen Zahl der weiblichen Beschuldigten aus, dass der größte Teil dieser Meldungen sich auf Tätlichkeiten durch den Partner oder Expartner bezogen habe, wobei hier allerdings auch viele Frauen sowohl als Täterin und als Opfer gemeldet worden seien. Es lasse sich erst über das Clearing feststellen, ob die Frauen Opfer oder tatsächlich Täterinnen gewesen seien. Ein geringerer Teil der Meldungen bezog sich auf Frauen, die ihre Kinder misshandelt haben. Zum Umgang mit Hochrisikofällen gab sie an, dass zunächst eine Gefährdungseinschätzung durch den/die Mitarbeiter*in der mit dem Fall betrauten Beratungsstelle erfolge. Sollte die Einschätzung ergeben, dass die alleinige Intervention nicht ausreiche und weitere Einrichtungen beteiligt werden sollten, lädt der/ die Mitarbeiter*in alle Einrichtungen, die zur weiteren Fallbearbeitung mit ihrer Expertise hilfreich sein können, zu einer Fallkonferenz ein. Hier werde gemeinsam das weitere Vorgehen erarbeitet und dokumentiert. Diese Dokumentationen werden, wie bereits erwähnt, in anonymisierter Form in der Geschäftsstelle HAIP aufbewahrt.

Frau Dr. Koesling vom Männerbüro Hannover e. V. erläuterte zur Frage nach dem Anteil der geschädigten Männer in der Anzahl der Gesamtfälle, dass die Region Hannover im Gegensatz zur Stadt Hannover erst seit Januar 2019 intensiv damit begonnen habe, das Projekt der proaktiven Ansprache für männliche Beschuldigte bei Häuslicher Gewalt konkret umzusetzen. Es gebe auch noch keine ausreichende Kooperation der Polizeidirektion Hannover für die gesamte Region Hannover, was dazu führe, dass nicht alle Polizeidienststellen die Berichte über gemeldete Fälle Häuslicher Gewalt an die BISS Koordinierungsstelle schicken. Dies habe die Auswertung erschwert. Die genannten Zahlen seien daher auch nicht zu 100 % aussagekräftig, da nicht exakt belegt werde könne, ob tatsächlich von jeder Polizeidienststelle der gesamten Region Hannover alle Fälle gemeldet und weitergeleitet worden seien.

Herr Wolf fragte, wie die Verwaltung die Problematik der Vereinbarung des neuen niedersächsischen Polizeigesetzes mit der Datenschutzgrundverordnung einschätze.

Frau Kämpfe antwortete, dass die Polizeidienststellen bisher die kompletten Meldungen mit allen Täter- und Opferdaten an die BISS-Koordinierungsstelle übermittelt habe. Mit Hinweis auf den Datenschutz, wonach die Übermittlung von Täterdaten an eine Opferberatungseinrichtung problematisch sei, habe die Polizei das Vorgehen geändert und schicke nun die Opferdaten und die Täterdaten getrennt voneinander direkt an die jeweiligen Beratungsstellen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten funktioniere die Übermittlung der Daten inzwischen recht gut, unklar sei jedoch noch, wohin die Täterinnendaten übermittelt werden sollen, hier gebe es die Optionen der Übermittlung an Täbea oder weiterhin an die BISS-Koordinierungsstelle. Dies sei, wie bereits erläutert, noch in Klärung.

Herr Jeng erklärte, dass auf die mitbetroffenen Kinder bei Gewaltfällen ein besonderes Augenmerk gelegt werden müsse. Er fragte, in wie vielen Fällen, bei denen Kinder mitbetroffen seien, eine Herausnahme aus der Familie durch den Kommunalen Sozialdienst erfolge. Darüber hinaus interessierte er sich dafür, ob die finanzielle Unterstützung für das Netzwerk und alle daran beteiligten Einrichtungen und Institutionen ausreichend sei, um eine gute und erfolgreiche Arbeit zu leisten und Hilfsangebote in ausreichendem Umfang anzubieten.

Frau Kämpfe sagte zu, die entsprechenden Fallzahlen zum Protokoll nachzureichen.

Antwort des Kommunalen Sozialdienstes:

Im Zeitraum 01.01.2019 – 31.12.2019 erfolgten insgesamt 578 Inobhutnahmen. Hierbei berücksichtigt sind auch die unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge.

Frau Dr. Koesling führte ergänzend aus, dass das Männerbüro für die Arbeit mit Tätern bei Häuslicher Gewalt eine Warteliste für die sozialen Trainingskurse führe, da die Nachfrage größer sei als das Angebot. Die Kapazitäten seien ausgeschöpft. Gerade beim Thema Häusliche Gewalt sei ein gut funktionierendes Netzwerk mit regelmäßigen Treffen ausgesprochen wichtig. Die Arbeit von HAIP sei dabei in Hannover vorbildhaft für ganz Niedersachsen. Diese Netzwerkarbeit sei sehr zeitintensiv, dem gegenüber stehen begrenzte Personalkosten, somit sehe sie durchaus den Bedarf an weitergehender finanzieller Interstützung.

Frau Kämpfe bestätigte die Ausführungen von Frau Dr. Koesling. Die Arbeit der Beratungsstellen und staatlichen Institutionen innerhalb des Netzwerkes benötige zwar viel Zeitressourcen, es konnte durch den regelmäßigen Austausch aber auch schon viel erreicht werden, wie zum Beispiel die engere Zusammenarbeit mit den Familiengerichten. Auch die Einrichtung einer Geschäftsstelle bei HAIP habe zu einer Verbesserung der Netzwerkarbeit beigetragen. Trotzdem gebe es immer noch Themen, die aufgrund fehlender Ressourcen im Netzwerk noch nicht bearbeitet werden konnten.

Die Drucksache wurde zur Kenntnis genommen.


TOP 6.
Anfragen und Anträge

TOP 6.1.
Antrag der AfD-Fraktion zur Stärkung von Frauenrechten – Opfer von Genitalverstümmelung
(Drucks. Nr. 0378/2020)

Herr Jacobs stellte den Antrag vor. Es werde beantragt, dass die Verwaltung ein Konzept entwickele, um die Frauenrechte, speziell zum Thema Prävention und Aufklärung bei Genitalverstümmelung, zu stärken und die Mitarbeitenden der Verwaltung dahingehend zu sensibilisieren.

Frau Dr. Carl entgegnete, dass ein Antrag zu diesem Thema nicht neu sei. Genitalverstümmelung verstoße gegen die Menschenrechte, sei verabscheuungswürdig und dürfe in der Gesellschaft keine Chance haben. Die Einrichtung baobab – zusammensein e.V. biete bereits in Hannover betroffenen Frauen Hilfe und Unterstützung an und werde auch von der Stadt Hannover finanziell gefördert. Der Antrag der AfD könne nur als ein Feigenblattantrag angesehen werden, mit dem die migrations- und kulturell feindliche Gesinnung überdeckt werden soll. Der Antrag werde von ihrer Fraktion keinesfalls mitgetragen. Sie regte an, dass die AfD stattdessen im Rahmen der Haushaltsberatungen lieber einen Antrag einbringen soll, den Verein baobab finanziell noch besser zu unterstützen.

Herr Klippert stimmte dem Redebeitrag von Frau Dr. Carl vollumfänglich zu. Es sei auch für ihn völlig klar, dass die AfD kein Interesse daran habe, das Thema Gleichstellung in der Gesellschaft voran zu bringen, dieser Antrag könne nur abgelehnt werden.

Frau Steinhoff führte ergänzend aus, dass auch ihre Fraktion den Antrag ablehne. Das Thema der weiblichen Genitalverstümmelung werde dazu benutzt, die menschenverachtende und ausgrenzende Politik der AfD in den Vordergrund zu stellen. Der Antrag sei völlig überflüssig, der Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung keineswegs.

Herr Jacobs entgegnete, dass auch die AfD den Antrag auf finanzielle Unterstützung von baobab mitgetragen habe. Er sehe hier ein komplexes Thema, welches nicht auf wenige Einrichtungen beschränkt bleiben darf, es müsse hier eine weitreichende Netzwerkarbeit erfolgen, in die auch die Verwaltung eingebunden werden müsse.

Frau Dr. Matz erklärte, es sei aus ihrer Sicht wichtig, dass diejenigen sich mit der Problematik befassen sollten, die den besten Zugang dazu haben. Dies seien die Personen, die den betroffenen Frauen kulturell am nächsten stehen und in den entsprechenden Einrichtungen wie baobab tätig sind. Sie sehe keine Notwendigkeit zur Erstellung von zusätzlichen Konzepten durch die Verwaltung. Man sei in der Stadt Hannover bereits auf einem guten Weg, um dem Problem der Genitalverstümmelung zu begegnen.

Herr Kelich ergänzte, dass die AfD bei den letzten Haushaltsberatungen einen Antrag vorgelegt habe, die Zuschüsse an baobab zu kürzen, insofern entsprechen die Ausführungen von Herrn Jacobs nicht den Tatsachen.

Der Antrag wurde mit 9 Neinstimmen und 1 Jastimme ohne Enthaltungen abgelehnt.


TOP 6.2.
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Durchführung einer Anhörung zum Thema: Was braucht es auf kommunaler Ebene, um Frauen, die wohnungs- und obdachlos sind, zu schützen und zu unterstützen?
(Drucks. Nr. 0932/2020)

Frau Steinhoff brachte den Antrag ein. Die Situation wohnungs- und obdachloser Frauen sei in den letzten Jahren stärker in den Fokus gerückt. Bislang wurde das Thema überwiegend bei Männern gesehen, aber gerade bei den Frauen gebe es eine hohe Dunkelziffer. Sie betonte, dass die Liste der vorgeschlagenen Anzuhörenden selbstverständlich noch erweitert werden könne. Es sei durchaus vorstellbar unmittelbar Betroffene einzuladen. Sie gehe davon aus, dass auch die anderen Fraktionen weitere Vorschläge unterbreiten werden.
In diesem Zusammenhang erwähnte sie auch die guten Erfahrungen mit der hannoverschen Jugendherberge, die aufgrund der Coronapandemie kurzfristig Schlafplätze für die betroffenen Menschen zur Verfügung gestellt habe. Da die Jugendherberge nun ihren normalen Betrieb wiederaufnehme, entfalle diese Möglichkeit der Unterbringung. Es sei aber überlegenswert, ob ähnliche Modelle entwickelt werden könnten, um diese in den Regelbetrieb zu überführen.

Frau Dr. Carl begrüßte den Antrag und regte ebenfalls an, noch weitere Vorschläge für einzuladende Anzuhörende zu machen. Zur aktuellen Situation sagte sie, dass zwar einige neue Notschlafplätze für Frauen geschaffen worden seien, es aber in jedem Fall noch Verbesserungsmöglichkeiten gebe.

Herr Wolf gab an, den Antrag ebenfalls zu unterstützen. Ihm sei dabei wichtig, unmittelbar betroffene Frauen zu diesem Thema anzuhören. Er hoffe, dass sich aus der Anhörung Aspekte ergeben, die als politischer Antrag in die Verwaltung eingebracht werden, so dass eine schnelle und nachhaltige Hilfe für die betroffenen Frauen erfolgen könne.

Frau Steinhoff erwiderte, dass die letzte durchgeführte Anhörung zum Thema Frauen in Gewaltsituationen sehr deutliche Konsequenzen nach sich gezogen habe. Im Bereich zum Ausbau der Frauenhauslandschaft wurden nicht unerhebliche Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt und die Schutzplätze für von Gewalt betroffene Frauen sowohl im Stadtgebiet als auch in der Region deutlich erhöht.

Herr Jacobs sagte, dass auch die AfD den Antrag unterstützen werde. Er sehe allerdings die Problematik, dass durch die coronabedingte Haushaltslage und die damit verbundenen anstehenden Einsparungen nicht alle Anträge umgesetzt werden können. Es sei daher wichtig, sehr genau zu schauen, wo eine Unterstützung am notwendigsten sein wird.

Der Antrag wurde einstimmig angenommen.


TOP 6.3.
Antrag von Ratsherrn Braune zu Frauenparkplätzne vor dem Rathaus
(Drucks. Nr. 0417/2020)
Der Antrag wurde einstimmig abgelehnt.


TOP 7.
Bericht der Verwaltung


TOP 8.
Bericht der Gleichstellungsbeauftragten

Frau Kämpfe erläuterte, dass die aktuelle gesellschaftliche Lage durch Covid-19 gerade für Frauen eine besondere Situation und Herausforderung darstelle. Frauen seien in Krisensituationen anders betroffen als Männer. Dies äußere sich zum Beispiel besonders im Berufsalltag der Pflegebereiche. Frauen hätten in der aktuellen Situation mehr Arbeit, mehr Verantwortung und mehr Gefahr bei gleichbleibend schlechter Bezahlung. Auch die Familien- und Sorgearbeit erfolge vorwiegend durch Frauen. Sie arbeiten häufig in Teilzeit im Zuverdienermodell und momentan übernehmen sie coronabedingt auch noch verstärkt die Kinderbetreuung und das Homeschooling. Dies führe zu einer finanziellen Abhängigkeit vom Partner und habe auch negative Auswirkung auf die berufliche Zukunft.
Besonders betroffen durch die fehlende Kinderbetreuung seien alleinerziehende Frauen. Die Gratwanderung zwischen Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung sei gerade in der aktuellen Situation kaum leistbar, hier ergebe sich auch durch die Möglichkeit des Homeoffice nicht viel Entlastung. Zudem habe sich die potentielle Gefährdungslage für von Häuslicher Gewalt betroffener Frauen durch den Lockdown verschlechtert. Darüber hinaus hatte und hat die aktuelle Situation enorme Auswirkungen auf die Versorgung von Frauen im Rahmen von Schwangerschaft und Geburt. Diese Beispiele machen deutlich, dass Gleichstellung in allen Maßnahmen, die im Zuge der Pandemie ergriffen wurden und werden, Berücksichtigung finden müsse. Es sei deutlich zu erkennen, wie wichtig es sei, dass Frauen in den Gremien vertreten sein müssen, die Meinungsbildungsprozesse beeinflussen und letztendlich auch Entscheidungen treffen.
Auch die Stadt Hannover habe als Arbeitgeberin und Dienstleisterin Regelungen getroffen und auf die Pandemie reagiert, es sei dabei an vielen Stellen gelungen, Gleichstellungsaspekte anzuregen und einzubringen. Frau Kämpfe nannte hier beispielhaft die kurzfristige Erweiterung der Sofortaufnahme des Frauenhaus 24, die vorübergehende Unterbringung von Obdachlosen in der Jugendherberge, den Sozialfond und das beschlossene Sozialpaket sowie den pragmatischen Umgang mit Zuwendungen bis Ende des Jahres. Auch für die Beschäftigten, insbesondere bei der Betreuung von Kindern oder bei zu pflegenden Angehörigen, wurde an Lösungen gearbeitet. Daran müsse angeknüpft und weitergearbeitet werden, um einem Rückschritt in Sachen Gleichstellung entgegen zu wirken.

Herr Engelke stimmte den Ausführungen von Frau Kämpfe grundsätzlich zu, wies aber darauf hin, dass auch Männer im Homeoffice durch die Ausnahmesituation belastet seien. Er gab auch zu bedenken, dass Frau Kämpfe als Gleichstellungsbeauftragte für die Stadt Hannover tätig sei und durch den Bericht der Eindruck entstehen könnte, es gebe große Mängel in der Verwaltung. Dies lasse sich daraus ableiten, dass sich ein Großteil des Berichtes nicht auf die Verwaltung, sondern auf die gesellschaftliche Situation allgemein bezogen habe. Insofern gehe er allerdings davon aus, dass die Abläufe in der Stadt Hannover funktionieren und es so gut wie keine Benachteiligung von Frauen gegenüber Männern gebe.

Frau Kämpfe betonte, sie sehe es als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Hannover als ihre Aufgabe an, in die Verwaltung hinein zu wirken. Gleichzeitig sei es aber auch Teil ihrer politischen Haltung, sich für Frauen einzusetzen und nach außen zu positionieren.
Sie informierte über den Termin für die gemeinsame Anhörung mit dem Sozialausschuss, die für den 21. September 2020 vorgesehen sei. Weitere Vorschläge für einzuladende Personen können noch bis zum 15.Juni 2020 eingereicht werden, eine schriftliche Information erfolge in den nächsten Tagen.

Frau Kämpfe erinnerte an den Termin für die Klausurtagung am 26. Juni 2020, die nun doch durchgeführt werden könne. Durch die Coronasituation war es bis vor kurzem noch unklar, ob die Klausur stattfinden könne. Weitere Informationen dazu werden ebenfalls in den nächsten Tagen zugesandt. Als Themenpunkte seien „Situation und Angebote für obdachlose Frauen in Hannover“, „Verwahrlosung im Alter“ und „Sichtbarkeit von LSBTTIQ Personen“ vorgesehen.
Sie wies zuletzt noch auf die nun verfügbaren Postkarten für den diesjährigen Stadt-Hannover-Preis hin. Die Bewerbungsphase habe begonnen und ende am 30.August 2020. Sie würde sich freuen, wenn diese Informationen an alle Interessierten in der Stadt Hannover weitergetragen werden.

Frau Steinhoff lobte die aus ihrer Sicht sehr gelungene Aufmachung der Postkarten. Sie fragte, ob es schon Überlegungen dazu gebe, ob und in welcher Form der Preis in diesem Jahr übergeben werden könne.

Frau Tegtmeyer-Dette antwortete für die Verwaltung. Der Wirtschaftsempfang sei für den 16. November 2020 terminiert, es stehe aber aufgrund der Coronaeinschränkungen noch nicht fest, ob und unter welchen Bedingungen dieser stattfinden könne. Das Programm sei zwar bereits größtenteils geplant, es werde aber auch an Alternativen gearbeitet, sofern sich im Hinblick auf die Hygienevorschriften in der nächsten Zeit keine grundlegenden Änderungen ergeben werden. Sie könne daher momentan leider keine konkrete Aussage dazu treffen, ob die Verleihung des Preises „Frauen machen Standort“ in diesem Jahr im gewohnten Rahmen durchgeführt werden kann.


TOP 9.
Verschiedenes

Die Sitzung wurde um 17:20 Uhr geschlossen.






Sabine Tegtmeyer-Dette Renate Barluschke
(Erste Stadträtin) (Für das Protokoll)