Gemeinsame Sitzung Stadtentwicklungs- und Bauausschuss, Ausschuss für Arbeitsmarkt- Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten am 15.05.2019

Protokoll:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
______________________________________________________________________

Landeshauptstadt Hannover - Dez.VI-DC - Datum 16.05.2019

PROTOKOLL

Sondersitzung des Stadtentwicklungs- und Bauausschusses, des Ausschusses für Arbeitsmarkt,- Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten am Mittwoch, 15. Mai 2019,
Rathaus, Hodlersaal

Beginn 15.00 Uhr
Ende 16.50 Uhr

______________________________________________________________________

Anwesend:

(verhindert waren)


Stadtentwicklungs- und Bauausschuss

Ratsherr Albrecht (CDU)
(Ratsherr Dr. Gardemin) (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsfrau Dr. Clausen-Muradian (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Engelke (FDP)
Ratsherr Gill (SPD) i. V. f. Ratsherrn Kreisz
Ratsherr Hirche (AfD)
Ratsfrau Jeschke (CDU)
Beigeordneter Kelich (SPD)
(Ratsherr Kreisz) (SPD)
Beigeordneter Machentanz (LINKE & PIRATEN)
Ratsherr Markurth (SPD) i.V. f. Ratsfrau Pluskota
(Ratsfrau Pluskota) (SPD)
Ratsherr Semper (CDU) 15.20 - 16.50 Uhr

Beratende Mitglieder:
(Herr Dickneite)
(Herr Dipl.-Ing. Fahr)
Herr Dipl.-Ing. Kleine
Herr Sprenz
(Herr Dr. Stölting)
(Herr Weh)
Herr Wippach
Frau Wohlfarth 16.10 - 16.50 Uhr

Grundmandat:
Ratsherr Förste (Die FRAKTION)
Ratsherr Wruck (DIE HANNOVERANER)





Ausschuss für Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten

Ratsherr Hellmann (CDU) 15.00 - 16.25 Uhr
(Ratsfrau Keller) (SPD)
Ratsfrau Dr. Clausen-Muradian (Bündnis 90/Die Grünen)
(Ratsherr Döring) (FDP)
(Ratsherr Emmelmann) (CDU)
Ratsherr Engelke (FDP) i.V. f. Ratsherrn Döring
(Ratsfrau Falke) (LINKE & PIRATEN)
(Ratsherr Gast) (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Gill (SPD) i.V. f. Ratsfrau Keller
Ratsfrau Jeschke (CDU) i.V. f. RH Emmelmann
Ratsherr Karger (AfD)
(Ratsherr Oppelt) (CDU)
Ratsherr Pohl (CDU) i.V. f. Ratsherrn Oppelt
Ratsfrau Ranke-Heck (SPD)
Ratsherr Spiegelhauer (SPD)

Beratende Mitglieder:
(Herr Bebek)
(Frau Gahbler)
(Frau Günter)
(Frau Herz)
(Herr Weinel)

Grundmandat:
(Ratsherr Böning) (DIE HANNOVERANER)
Ratsherr Förste (Die FRAKTION)

Verwaltung:
Stadtbaurat Bodemann Dezernat VI
Frau Dr. Ruprecht PR
Frau Gruber Dezernatscontrolling
Frau Malkus-Wittenberg Fachbereich Planen und Stadtentwicklung
Herr Biederbeck Fachbereich Planen und Stadtentwicklung
Frau Dr. Fröhlich Fachbereich Planen und Stadtentwicklung
Herr Clausnitzer Fachbereich Planen und Stadtentwicklung
Herr Dr. Schlesier Fachbereich Planen und Stadtentwicklung
Herr Zunft Fachbereich Planen und Stadtentwicklung
Frau Linkersdörfer Fachbereich Planen und Stadtentwicklung
Herr Wydmuch Fachbereich Planen und Stadtentwicklung
Herr Schalow Fachbereich Planen und Stadtentwicklung
Herr Lüdtke Fachbereich Planen und Stadtentwicklung
Frau de Cassan Fachbereich Wirtschaft
Herr Bode Fachbereich Tiefbau
Frau Reuse Rechnungsprüfungsamt
Herr Henke Fachbereich Feuerwehr
Herr Sandek Fachbereich Gebäudemanagement
Herr Machan Fachbereich Gebäudemanagement
Frau Steigerwald Büro Oberbürgermeister



Anzuhörende Gäste:
Herr Dipl. Ing. Abraham Architekturbüro Abraham, Hannover
Herr Dipl. Ing. Heistermann HHP-West, Hannover
Herr Dipl. Ing. Dietrich Rassek & Partner Brandschutzingenieure, Wuppertal
Herr Dipl. Ing. Schäfer NORD/FM Norddeutsche Facility-Management GmbH
Herr Dipl. Ing. Birth bauart Architekten, Hannover
Herr Dipl. Ing. Dittmar Architekt
Herr Dipl. Ing. Sauer N2M Architektur Stadtplanung GmbH, Hannover

Tagesordnung:

I. Ö F F E N T L I C H E R T E I L

1. ANHÖRUNG gemäß § 35 der Geschäftsordnung des Rates zum Thema " Brandschutz - Probleme und Herausforderungen"


I. Ö F F E N T L I C H E R T E I L

Ratsherr Albrecht, Vorsitzender des Stadtentwicklungs- und Bauausschusses, eröffnete auch im Namen des Ausschusses für Arbeitsmarkt,- Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten die gemeinsame Anhörung zum Thema „Brandschutz – Probleme und Herausforderungen“ und stellte die ordnungsgemäße Einladung fest. Er informierte darüber, dass keine Beschlüsse gefasst werden und bat die Damen und Herren der Ausschüsse darum, keine politischen Statements abzugeben, sondern sich auf Fragestellungen zu konzentrieren.

Er verlas die Hinweise zu Film- und Tonaufnahmen während öffentlicher Sitzungen (§ 64 Abs. 2 NKomVG i. V. m. § 3a Hauptsatzung der LHH).

1. Anhörung gemäß § 35 der Geschäftsordnung des Rates zum Thema „Brandschutz – Probleme und Herausforderungen“

Ratsherr Albrecht begrüßte die Experten, bedankte sich für ihr Erscheinen und bat darum, die Rededauer auf maximal 10 Minuten pro Anzuhörenden zu begrenzen. Dabei handele es sich nicht um eine Geringschätzung des Vortrages. Die Verfahrensweise sei lediglich dem Zeitmanagement der nachfolgenden Termine geschuldet. Er schlage deshalb vor, erst alle Statements zu hören und anschließend in die Diskussion einzusteigen.

Herr Dipl. Ing. Schäfer bedankte sich für die Einladung und meinte zum Einstieg, dass es beim Brandschutz um fachlich schwierige Themen gehe. Die Überlegungen und Ideen, die entwickelt worden seien, sollen vorgestellt werden und helfen, das Thema weiter zu optimieren. Er betonte, dass Brandschutzmaßnahmen Geld kosten und über deren Angemessenheit es aktuell und in der Vergangenheit zu zahlreichen Meinungsverschiedenheiten gekommen sei. Das führe dazu, dass sich Genehmigungsverfahren zeitlich verzögern und Auseinandersetzungen nach sich ziehen. Er sehe strukturelle Probleme, die sinnvoll mit allen Beteiligten in einem Dialog zu lösen seien. „Brandschutz im Dialog“ sei eine Arbeitsgemeinschaft, in der sich Fachleute getroffen haben, um diesen Dialog zu starten und ihre Expertise zu angemessenen Brandschutzanforderungen einzubringen. Er fügte hinzu, dass alle Anzuhörenden aus ihrer persönlichen und fachlichen Sicht berichten und nicht im Auftrag der Firmen, in denen sie tätig seien.

Es wies darauf hin, dass nun sechs kurze Statements aus verschiedenen Perspektiven der Planer*innen, Architekt*innen und Brandschutzsachverständigen, der Feuerwehr und auch der Landesverwaltung folgen werden.

Die Herren Dipl.-Ing. Abraham, Dipl.-Ing. Dittmar und Dipl.-Ing. Dietrich stellten ihre Präsentationen mit den Ursachen und Zusammenhängen der strukturellen Problematik vor.

Die Herren Dipl.-Ing. Heistermann und Dipl.-Ing. Birth behandelten in ihren Vorträgen konkrete Beispiele im Bereich der Gewerbeimmobilien und des Wohnungsbaus.

Herr Dipl.-Ing. Sauer gab zum Abschluss einen Blick über Niedersachsen hinaus.

(Die Präsentationen befinden sich als PDF-Dateien im SIM.)

Ratsherr Engelke betonte, er habe auf Grund der Vorträge den Eindruck, dass eine Abwägung zwischen Wirtschaftlichkeit und Menschenleben getroffen werden solle. Es sei alles zu teuer und kompliziert, deshalb solle man die Regelungen herunterschrauben. Er fragte, wie man auf die Berechtigung komme, Brandschutzauflagen gegen Menschenleben aufzurechnen. Er sei froh und dankbar, dass es in Hannover eine sehr gut ausgestattete Feuerwehr gebe, die sehr viele Menschen rette.

Herr Dipl.-Ing. Schäfer äußerte, er habe großen Respekt für die Feuerwehrleute, die ihre Gesundheit und ihr Leben immer wieder aufs Spiel setzen. Seine Aussagen bedeuten nicht, durch weniger Auflagen das Niveau zu reduzieren, sondern genau zu schauen, an welchen Stellen sich der Aufwand lohne. Darüber hinaus solle es vor allem nicht der*dem jeweiligen Brandschutzprüfer*in überlassen werden, dieses Niveau festzulegen und den Mehraufwand selbstständig anzuordnen, ohne dass die Gesetzgebung für die Gesamtgesellschaft dafür Vorgaben gemacht habe.

Ratsherr Wruck fragte, was zu immer schärferen Brandschutzmaßnahmen führe.

Herr Dipl. Ing. Dietrich antwortete, dass in der Brandschutzbranche grundsätzlich unfassbar viel Geld verdient werde. Häufig werden Normen nicht von Behörden- oder Gesetzgebungsseite vorgegeben. Die Firmen, die ihre Produkte verkaufen, können in der Regel die Normen selber schreiben. Stattdessen tun sich Verbände zusammen, die eine entsprechende Norm, zum Beispiel über Brandmeldeanlagen, Feuerlöscher oder ähnliches, für notwendig halten. So gebe es beispielsweise eine Brandmeldeanlage, deren DIN-Norm Firmen schreiben lassen, die Brandmelder herstellen. Diese Norm lege fest, dass die Brandmelder nach 8 Jahren ausgetauscht werden müssen. Über die Richtigkeit dieses Zeitraumes gebe es allerdings keine Untersuchungen. Planung und Behörden gehen von der Richtigkeit der Norm aus. Zu Recht möchte niemand die Verantwortung dafür übernehmen, wenn es schiefgehe. Zumal sowohl Mitarbeiter*innen in der Bauaufsicht, der Feuerwehr als auch Sachverständige persönlich haften.

Beigeordneter Kelich machte darauf aufmerksam, dass die Gesetzeslage des Landes Niedersachsen nicht durch die Kommunalpolitik beeinflussbar sei oder vereinfacht werden könne. Er sehe weiterhin einen Widerspruch zwischen Wirtschaftlichkeit und der Gefahr für Leib und Leben und er bitte um Auskunft bezüglich der Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme. Er fragte, ob allen bekannt sei, dass es in Niedersachsen am meisten brenne. Er betonte, dass die Fachleute von der Feuerwehr in die brennenden Gebäude gehen müssen und nicht die Theoretiker, die die Gutachten erstellen. Er möchte niemanden diskreditieren, aber auch nicht missverstanden werden. Im Zweifelsfall müsse der Dialog mit der Feuerwehr gesucht werden. Als Beispiel nannte er den Brand in einem alten Gebäude in London, bei dem die Warnungen der Feuerwehr ignoriert wurden und 71 Menschen zu Tode gekommen seien. Er fragte, wie private Brandschutzverständige das praktische Wissen, dass die Feuerwehr in Bezug auf den Brandschutz habe, aufwiegen können.

Herr Dipl. Ing. Abraham bemängelte die steigenden Anforderungen der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO). Es sei unstrittig, dass in einfachen Wohnungsbauten die Schutzziele der NBauO eingehalten werden. Daneben gebe es jedoch einen Ermessensspielraum. Die sogenannte Kompensation besage, dass man mit einer Brandmeldeanlage einen baulichen Mangel ausräumen könne. Die Verhältnis- und Rechtmäßigkeit dieser Anforderung habe die untere Bauaufsicht zu entscheiden. Außerdem betonte er, dass er fast durchweg positive Erfahrungen mit der Feuerwehr in Hannover gemacht habe. Seiner Meinung nach habe die Feuerwehr auf Grund ihres Praxisbezuges bessere Lösungen als die untere Bauaufsicht. Er wolle als Negativbeispiel der Verwaltung ein Verfahren nennen, bei dem 5 Ingenieure*innen eine Woche gebraucht haben, um in einem städteplanerischen Entwurf eine Bordsteinabsenkung zu überarbeiten, damit der Verkehr im Brandfall nicht gestört werde. Diese Arbeitsweise gehe weit über das hinaus, was in der NBauO definiert sei.

Ratsfrau Dr. Clausen-Muradian fasste die Äußerungen so auf, dass die Schärfe der Brandschutzregelungen der NBauO und die Regelungen der Bauordnung kritisiert werde. Sie wies auf den Ermessensspielraum der Verwaltung hin. Die Rechtsgüter, wie der Eigentumsschutz und der Schutz des menschlichen Lebens, seien gut gegeneinander abzuwägen. Am Ende sei die Stadt Hannover haftbar, wenn sie den Ermessensspielraum falsch ausübe. Sie fragte, ob das Anliegen der Anzuhörenden bezüglich der gesetzlichen Problematik beim Land hinterfragt worden sei.

Herr Dipl. Ing. Abraham teilte mit, dass Schreiben an die Herren Weil, Pistorius, Lies, Schostok und an Frau Rundt verschickt und beantwortet worden seien. Er werde aber zu laufenden Verfahren keine Auskunft geben.

Herr Dipl. Ing. Sauer äußerte, dass es Gespräche mit dem Ministerium gebe. Er fügte hinzu, dass von verschiedenen Interessengruppen im Moment nur Maximalforderungen gestellt werden, die sich teilweise widersprechen und planerisch kaum lösbar seien. Im Rahmen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen solle günstig gebaut werden. Deshalb müsse die Politik die Richtung vorgeben.

Ratsherr Semper meinte, es sei deutlich geworden, dass Klärungs- und Lösungsbedarf bestehe. Er begrüße die sachlich und fundiert vorgetragenen Kritikpunkte. Er habe verstanden, dass die Anforderungen der NBauO keine Rechtsklarheit schaffen, sondern eher Unsicherheiten. Die Anforderungen an den Brandschutz seien viel restriktiver als sie im Gesetz stehen. Er fragte, was die Stadt Hannover im Dialog konkret besser machen könne.

Herr Dipl. Ing. Heistermann erinnerte an das Beispiel aus seiner Präsentation, bei der der Bauherr durch unverhältnismäßige Forderungen fast in den Ruin getrieben worden sei. Erst als der Bauantrag auf die zwingend erforderlichen Maßnahmen reduziert und alle anderen Bauteile aus dem Antrag entfernt worden seien, konnte eine Genehmigung herbeigeführt werden. Eine hundertprozentige Anpassung des Gebäudebestandes an das heutige Baurecht sei seiner Meinung nach nicht regelmäßig umsetzbar. Er wünsche sich deshalb mehr Augenmaß und eine kooperative Zusammenarbeit.

Herr Dipl. Ing. Dietrich war der Meinung, wenn Anforderungen geändert oder anders definiert werden, werde nicht automatisch das Sicherheitsniveau reduziert. Es spiele niemand mit Menschenleben. Altbauten weisen nicht ansatzweise das Sicherheitsniveau eines Neubaus auf. Die Landesbauordnung definiere erstmal die Anforderungen für Neubauten. Deren Einhaltung sei völlig unbestritten. Die Anpassungen, die bei einem Umbau erfolgen müssen, seien der Behörde vorbehalten und müssen nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden werden. Gelte bei Altbauten das heutige Sicherheitsniveau, müsse man ganze Stadtteile abreißen und neu bauen. Die Holztreppen ab dem 4. Geschoss und die Holzbalkendecken seien nicht mehr erlaubt und eine Nachrüstung sei nicht möglich. Er fragte, was es bringe, eines von 100.000 alten Gebäuden auf Grund eines Antrages auf einen Dachgeschossausbau den aktuellen Erfordernissen anzupassen, wenn 100.000 daneben seien, die unverändert bleiben. Die Statistik, dass es genau in diesem Gebäude brenne, sei unheimlich gering. Er sei absolut nicht gegen Brandschutz, seiner Meinung nach müsse es sich aber um effektive Maßnahmen handeln.

Herr Dipl. Ing. Abraham bezog sich auf den Dialog mit der Stadt Hannover. Er meinte, dass die Bearbeitung eines Bauantrages aktuell zwischen 3 und 9 Monaten dauere. Er plädiere dafür, die Standardfälle, wie z.B. Dachgeschossausbau oder kleine Änderungen im Bestand, außerhalb des Antragsverfahrens zu klären und die Fragen nicht anhand eines konkreten Bauantrages zu beantworten. Sonst werde weiterhin gegeneinander gearbeitet. Er kenne keinen Bauherrn oder großen Verband, der in ein Klageverfahren gehe. Der Bauherr habe keine Zeit, sondern müsse einziehen. Er schlug vor, zusammen mit der Verwaltung, Lösungen zu entwickeln. Dann könne man dem Gesetzgeber die Vorschläge gemeinsam vorstellen oder sich politisch dafür stark machen.

Herr Dipl. Ing. Dittmar nahm Bezug auf § 33 NBO. Demnach fordere der Gesetzgeber ab 10 Personen einen zweiten Rettungsweg. Es sei schwierig, dies z.B. auf einer Zeichnung, dem Bauantrag oder auf Grund des Gebäudes zu prüfen. Seiner Meinung nach lasse sich nur in Evakuierungsübungen erkennen, ob z.B. ein zweiter Rettungsweg notwendig sei. Nur dann könne man gewissenhaft und angemessen handeln. Handele es sich z.B. nur um junge Menschen, können aus seiner Sicht ca. 20 Personen gerettet werden.

Beigeordneter Machentanz äußerte, er gehe davon aus, dass die zahlreichen Brandopfer im Wesentlichen in älteren Wohngebäuden zu finden seien. Vor diesem Hintergrund bat er um Auskunft, ob z. B. der Brandschutz im Ihmezentrum kontrolliert werde oder ob dieses nur bei einer Umbaumaßnahme möglich sei.

Herr Dipl. Ing. Dietrich meinte, in der gesamten Bundesrepublik gebe es in besonderen Gebäuden sogenannte Brandschauen der Feuerwehr, die je nach Landesrecht im Turnus von ca. 5 Jahren stattfinden. Nach den Vorgaben der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in der Bundesrepublik Deutschland (AGBF) zählen dazu Altenheime, Krankenhäuser, Diskotheken, Schulen und Hochhäuser. In Wohngebäuden finde üblicherweise keine Brandschau statt. Hier werden nur Gebäude angeschaut, für die ein Bauantrag gestellt werde.

Ratsherr Engelke bat um Auskunft, ob die Zuständigkeit tatsächlich immer beim Bauamt liege oder ob das Bauamt berechtigt sei, das Fach- und praktische Wissen der Feuerwehr hinzuziehen. Darüber hinaus wollte er wissen, ob die Behauptung aus der Power-Point-Präsentration belegt werden könne, dass junge Mitarbeiter*innen im Bauamt nur ein Zehntel des Wissens haben.



Herr Dipl. Ing. Dittmar betonte, er spreche aus eigener Erfahrung. Er sei u.a. in der unteren Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Helmstedt als Ausbilder tätig gewesen und habe immer darauf hinweisen müssen, dass verschiedene Absätze in einem Paragraphen miteinander zu verknüpfen seien. Den jungen Menschen sei beizubringen, nach Normen und technischen Regeln zu suchen. Dafür fehle heute oft die Zeit.

Stadtbaurat Bodemann antworte auf die Frage der Zuständigkeit, dass bei Gebäuden höherer Komplexität grundsätzlich die Feuerwehr als Fachdienststelle beteiligt werde, um das Praxiswissen in das Brandschutzkonzept einzupflegen. Es komme nicht selten vor, dass auch von Gutachtern eingereichte Brandschutzgutachten angepasst werden müssen. Die abschließende Entscheidung treffe aber das Bauordnungsamt.

Ratsherr Engelke bat die Feuerwehr Hannover bezüglich der Brandschauen in Hannover um Auskunft.

Herr Henke antwortete, dass die Brandverhütungsschauen in Hannover nach dem niedersächsischen Brandschutzgesetz bei Sonderbauten erfolgen, dazu gehören auch die Hochhäuser. Klassische Wohngebäude seien keine brandschaupflichtigen Objekte. Dieses sei ein übliches Verfahren.

Ratsherr Karger bedankte sich für die Vorträge. Er äußerte den Eindruck, dass den Anzuhörenden unterschwellig unterstellt werde, den Brandschutz auf Kosten von Menschenleben aushebeln zu wollen. Dieser Dialog biete viele Chancen, auch wenn die Stadt nicht zuständig sei. Außerdem könne man Landtagsabgeordnete befragen, wie sie zu diesem Thema stehen. Am Beispiel einer Feuerschutztreppe in einem Stadtbezirk, ähnlich einem riesigen Baugerüst, machte er deutlich, dass er sich mehr Augenmaß und auch die Chance wünsche, Strukturen zu reduzieren und trotzdem Menschen zu retten.

Beigeordneter Kelich bat die Experten um Auskunft, welchen Wert die Sicherheit von Menschen habe, und wie ein Abwägungsprozess stattfinden könne. Auch fragte er, ob bekannt sei, dass Fachaufsichtsbeschwerden bei der Fachaufsicht eingereicht werden können.

Herr Dipl. Ing. Abraham führte aus, das niemand der Anwesenden zur Verantwortung gezogen werde. Laut BGH -Entscheidung können jedoch Planende zur Haftung herangezogen werden, wenn diese die überzogenen Maßnahmen der Baubehörde als ihre eigenen ausgeben. Die Arbeitsgemeinschaft „Brandschutz im Dialog“ bündele die Interessen der Planer*innen nur und wünsche sich eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Verwaltung. Niemand wolle mutwillig Menschenleben riskieren. Sein Ziel sei, dass das Baurecht eingehalten werde. Die immer höheren Ansprüche haben immer weniger Wirkung und die Wirtschaftlichkeit sei dann nicht mehr gegeben. Zudem werden Maximalforderungen zu den Themen behindertengerechtes Bauen, Wärmedämmung, Brandschutz und Schallschutz aufgestellt. Zum Beispiel seien für die Annahme des Bauantrages Nachweise von Brandschutzfenstern gefordert worden, die im geöffneten Zustand den Schallschutz erfüllen. Es handele sich dabei also nicht um eine Auflage, gegen die man Widerspruch einreichen könne, sondern der Antrag werde erst gar nicht angenommen. Laut Brandschutzleitfaden des Bundesministeriums entstehen 80 % aller Kosten in der Vorplanung. Dementsprechend sei es erforderlich, wirtschaftlich und sicher zu planen. Auf Grund der zahlreichen Forderungen kommen Planende und Architekt*innen aber an die Grenzen der Wirtschaftlichkeit. Das habe mit der Gefährdung von Menschenleben nichts zu tun.

Ratsherr Semper bat um Auskunft, ob es nicht möglich sei, dass man eine Baugenehmigung mit Auflagen für einen gewissen Brandschutz erhalte. Gegen Auflagen könne vorgegangen werden und sie seien auch gerichtlich prüfbar. Er habe jedoch den Eindruck, der Bauantrag werde nicht bearbeitet, wenn Bauherr, Planende oder Architekt*in nicht die entsprechenden Brandschutzauflagen selbst beantragen. Das führe aus seiner Sicht dazu, dass es gerichtlich nicht angreifbar und die*der Antragsteller*in vom Bauherrn in Regress genommen werden könne.

Herr Dipl. Ing. Abraham nannte als Beispiel einen Bauantrag für eine größere Baumaßnahme, der ein dreiviertel Jahr geruht habe. Der Bauherr habe im Januar den Bauantrag eingereicht und plane, im Dezember einzuziehen. Im Mai sei er informiert worden, dass er die Änderungen selbst beantragen müsse, da keine Fristverlängerung erfolge und der Antrag sonst kostenpflichtig zurückgeschickt werde. Über einen Rechtsanwalt habe man wieder Kontakt mit dem Bauamt aufgenommen und Architekt*in, Bauherr, Feuerwehr und Stadtplanungsamt seien einbestellt worden, um festzulegen, was die*der Architekt*in im Brandschutzkonzept ändern solle. Allerdings sei Bedingung gewesen, dass er als Planer nicht anwesend sei. Auf Anweisung des Bauherrn habe er diesem Wunsch entsprochen. Es sei ein spezieller Fall, dass Sachverständige ausgeladen werden. Aus seiner Sicht gehen die meisten Bauherren auf alle Forderungen zum Brandschutz ein, damit der Bauantrag nicht als nicht genehmigungsfähig abgelehnt werde.

Ratsherr Albrecht sah keine weiteren Wortmeldungen und bedankte sich ausdrücklich bei den Anzuhörenden. Des Weiteren fragte er, ob die Power-Point-Präsentationen als Anhang zum Protokoll zur Verfügung gestellt werden können.

Diesem Wunsch wurde zugestimmt.


Ratsherr Albrecht schloss die Sitzung um 16.50 Uhr.




Bodemann Döring
Stadtbaurat Schriftführerin