Sitzung Sozialausschuss am 29.01.2018

Protokoll:

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Einladung (erschienen am 19.01.2018)
Protokoll (erschienen am 18.04.2018)
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Landeshauptstadt Hannover - 50.08 - Datum 30.01.2018

PROTOKOLL

13. Sitzung des Sozialausschusses am Montag, 29. Januar 2018,
Rathaus, Hodlersaal

Beginn 15.00 Uhr
Ende 17.16 Uhr

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Anwesend:


Ratsfrau Klingenburg-Pülm (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Alter (SPD)
Ratsherr Hellmann (CDU)
Ratsfrau Iri (SPD) 15.00 - 17.00 Uhr
Ratsherr Jacobs (AfD)
Ratsherr Küßner (CDU) 15.00 - 16.30 Uhr
Ratsherr Dr. Menge (SPD)
(vertritt Ratsherrn Nicholls) (SPD)
Ratsherr Yildirim (LINKE & PIRATEN)

Beratende Mitglieder:
Herr Fahlbusch 15.00 - 17.00 Uhr
Frau Feldmann
Frau Merkel 15.00 - 16.10 Uhr
Herr Schultz 15.00 - 17.13 Uhr
Frau Stadtmüller 15.00 - 15.45 Uhr


Grundmandat:
Ratsherr Klippert (Die FRAKTION)

Verwaltung:
Stadträtin Beckedorf, Sozial- und Sportdezernentin
Frau Ruhrort, Fachbereich Soziales
Frau Reusch, Fachbereich Senioren
Herr Dyck, Fachbereich Soziales
Herr Laue, Sozial- und Sportdezernat
Frau Proksch, Fachbereich Soziales
Herr Woike, Sozial- und Sportdezernat
Frau Hanebeck, Fachbereich Soziales
für das Protokoll

Gäste:
Ratsherr Wolf


Gäste zur Anhörung:
Herr Pleske, Diakonisches Werk, Fachstelle für Sucht und Suchtprävention
Herr Gaenshirt und Herr Ruß, Neues Land e.V.
Frau Frodl und Frau Wenzel, Prisma e.V.
Herr Kimil, Ethno-Medizinisches Zentrum e.V.
Herr Westermann, STEP gGmbH
Herr Freitag, Return - Fachstelle für Mediensucht
Herr Leune, fdr - Fachverband Drogen- und Suchthilfe e.V.

Tagesordnung:


1. Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

2. A N H Ö R U N G gem. § 35 der Geschäftsordnung des Rates zum THEMA: "Sucht - Sozialarbeiterische Ansätze"
Eingeladen sind:
Diakonisches Werk, Fachstelle für Sucht und Suchtprävention
Herr Randolph Pleske

S.I.D. e.V.
Vertreter*in

Betreutes Wohnen Substituierter e.V. (ehem. Selbsthilfegruppe Drogengefährdeter e.V.)
Herr Sauer

Neues Land e.V.
Herr Eberhard Ruß u. Herr Peter Gaenshirt

Prisma e.V.
Frau Andrea Frodl

Phoenix e.V.
Vertreter*in

Ethno-Medizinisches Zentrum e.V.
Herr Ramazan Salman u. Herr Ahmet Kimil

STEP gGmbH
Herr Lennart Westermann

Return – Fachstelle für Mediensucht
Herr Eberhard Freitag

Ärztekammer Niedersachsen
Vertreter*in

fdr Fachverband Drogen- und Suchthilfe e.V., Berlin
Herr Jost Leune

Abgesagt:
Herr Prof. Dr. Heino Stöver
(Professor für sozialwissenschaftliche Suchtforschung)
Frankfurt University of Applied Sciences

3. Genehmigung des Protokolls über die 11. Sitzung am 18. Dezember 2017

4. Bericht der Dezernentin







TOP 1.
Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung
Ratsfrau Klingenburg-Pülm eröffnete die Sitzung und stellte die ordnungsgemäße Einladung sowie die Beschlussfähigkeit des Ausschusses fest.

Zur Tagesordnung schlug Ratsfrau Klingenburg-Pülm vor, den Tagesordnungspunkt 3 zu vertagen.

Stadträtin Beckedorf ergänzte, sie habe für die heutige Sitzung keine Berichte vorzutragen. Der Tagesordnungspunkt 4 könne daher aus ihrer Sicht entfallen.

Der Sozialausschuss war mit der so geänderten Tagesordnung einverstanden.


TOP 2.
A N H Ö R U N G gem. § 35 der Geschäftsordnung des Rates zum THEMA: "Sucht - Sozialarbeiterische Ansätze"
Eingeladen sind:
Diakonisches Werk, Fachstelle für Sucht und Suchtprävention
Herr Randolph Pleske

S.I.D. e.V.
Vertreter*in

Betreutes Wohnen Substituierter e.V. (ehem. Selbsthilfegruppe Drogengefährdeter e.V.)
Herr Sauer

Neues Land e.V.
Herr Eberhard Ruß u. Herr Peter Gaenshirt

Prisma e.V.
Frau Andrea Frodl

Phoenix e.V.
Vertreter*in

Ethno-Medizinisches Zentrum e.V.
Herr Ramazan Salman u. Herr Ahmet Kimil

STEP gGmbH
Herr Lennart Westermann

Return – Fachstelle für Mediensucht
Herr Eberhard Freitag

Ärztekammer Niedersachsen
Vertreter*in

fdr Fachverband Drogen- und Suchthilfe e.V., Berlin
Herr Jost Leune

Abgesagt:
Herr Prof. Dr. Heino Stöver
(Professor für sozialwissenschaftliche Suchtforschung)
Frankfurt University of Applied Sciences
Ratsfrau Klingenburg-Pülm begrüßte die Gäste, die sie der Reihe nach vorstellte und wies darauf hin, dass folgende Eingeladenen ihre Teilnahme abgesagt hätten:

S.I.D. e.V., Betreutes Wohnen Substituierter e.V., Phoenix e.V., Ärztekammer Hannover sowie Herr Prof. Dr. Stöver.

Phoenix e.V. habe sein Konzept durch die Verwaltung an den Sozialausschuss versenden lassen und auch die STEP gGmbH habe im Vorfeld eine ausführliche Aufstellung seiner Angebote übersenden lassen.

Herr Leune habe als Tischvorlage die „Forderungen für eine wirksame ambulante Suchthilfe“ verteilen lassen.


Herr Pleske stellte sich als Leiter der Fachstelle für Sucht und Suchtprävention des Diakonischen Werkes Hannover vor. Im Folgenden wolle er sich kurz zum Thema äußern.

Die Fachstelle für Sucht und Suchtprävention sei eine Fachabteilung des Diakonischen Werkes Hannover gGmbH. Das Diakonische Werk Hannover beschäftige einschließlich der Diakoniestationen und Beteiligungen ca. 1.200 Mitarbeitende. Bei der Durchführung der Suchtberatung, -prävention und –therapie könne die Fachstelle daher auf alle Ressourcen des großen Wohlfahrtsverbandes zurückgreifen. Viele Hilfen könnten aus einer Hand und auf kurzem Wege angeboten werden. Die Suchtberatung könne dabei vielfach Synergien mit anderen Angeboten bilden.

Der Fachstelle selbst gehörten derzeit 12 Mitarbeitende überwiegend aus der sozialen Arbeit an. Die sozialarbeiterischen Fachkräfte hätten langjährige Berufserfahrung im Suchtbereich und verfügten in der Regel über eine sucht- oder sozialtherapeutische Zusatzausbildung. Die Fachstelle selbst gehöre, im Zusammenschluss mit dem Caritasverband, zum Trägerverbund „Reha Sucht Hannover“, dem 3 Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie angeschlossen seien. Seit 2011 sei die Fachstelle nach DIN ISO 9001/2008 zertifiziert. Entsprechend der Vorgaben des Landes Niedersachsen sowie der Region Hannover würden die Aufgabenfelder Suchtprävention, Suchtberatung sowie Suchttherapie im Sinne der ambulanten medizinischen Rehabilitation und Nachsorge besetzt. Die Arbeitsschwerpunkte würden auf Alkohol, Medikamente und Glücksspiel sowie teilweise auch den exzessiven Medienkonsum gesetzt.

Bei der klassischen Suchtberatung werde sich an den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlich Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) orientiert. Dabei würden, soweit möglich, folgende Aspekte berücksichtigt:
- Art und Schwere der alkoholbezogenen Störung sowie weiterer substanzbezogener Störungen
- Verhaltenssüchte
- Psychische Begleit- und Folgestörungen
- Somatische Begleit- und Folgestörungen
- Beeinträchtigungen im sozialen Bereich (Beruf, Familie, Arbeit, Wohnung, Arbeit usw.)

Bei Alkoholabhängigkeit stelle die Abstinenz von Alkohol sowie weiterer psychotroper Substanzen das Behandlungsziel dar. Sollte dies – zunächst – nicht erreichbar sein, stehe die Schadensminimierung im Vordergrund.

Für die klassische Suchtberatung stünden folgende Ressourcen zur Verfügung:
- der Beratungsbereich mit der allgemeinen klassischen Suchtberatung
- die Suchtberatung für Frauen (diese habe in Hannover ein Alleinstellungsmerkmal)
- die Angehörigenberatung
- die polnisch-sprachige Beratung, das einzige Projekt, das anteilig auch von der Stadt Hannover gefördert werde

Der allgemeine Beratungsbereich umfasse Einzel- und Gruppenangebote für betroffene ratsuchende Personen. Dabei erfolge der Zugang über die offenen Sprechstunden, die in der Haupt- und der Nebenstelle wöchentlich angeboten würden sowie auch nach telefonischer Terminvergabe. Die Beratung selbst sei kostenfrei; es bestehe ein Anspruch auf Einzelberatung in Form von 50-minütigen Gesprächen. Ergänzend könne an den wöchentlichen Informations- und Orientierungsgruppen teilgenommen werden. In den Beratungsgesprächen mit den Suchtberater*innen würden passende Hilfemaßnahmen gesucht, gemeinsam geplant und in die Wege geleitet. Das Ergebnis des Beratungsprozesses könne eine Entscheidung für eine suchttherapeutische Behandlung, die sog. medizinische Rehabilitation, sein. Wenn ein Anspruch bestehe, solle auch ein Anspruch auf weiterführende Gespräche bis zum Antritt der Therapie gewährleistet sein. Des Weiteren werde in stationäre qualifizierte Entgiftungen oder in andere weitergehende Hilfen, Selbsthilfegruppen usw. vermittelt.

Als Alleinstellungsmerkmal halte das Diakonische Werk seit 1991 die Suchtberatung für Frauen vor. Dieses geschlechtsspezifische Angebot in eigenen Räumlichkeiten habe auch nach mehr als 25 Jahren nicht an Aktualität eingebüßt, was auch Statistiken bestätigten. Mehr als die Hälfte der Frauen, die die Suchtberatung aufsuchten, wiesen neben der Alkoholabhängigkeit zusätzliche psychosomatische Erkrankungen wie Depressionen und Ängste, emotional instabile Persönlichkeit usw. auf. Dazu kämen soziale Nöte, ein Leben an der Armutsgrenze und eine unzureichende berufliche Perspektive. Über die Suchtberatung für Frauen fänden auch suchtkranke Mütter mit ihren Kindern einen Zugang. Kinder suchtkranker Eltern benötigten besondere Aufmerksamkeit, um eine Kindeswohlgefährdung abzuwenden. Hierzu habe sich die Fachstelle für Sucht und Suchtprävention sowie die Suchtberatung für Frauen in 2011 einer Kooperationsvereinbarung des Arbeitskreises „Familie und Sucht Hannover“ angeschlossen. Um einen eventuellen Unterstützungs- bzw. Betreuungsbedarf zu erkennen seien verbindliche Netzwerkstrukturen zwischen den Fachkräften des suchttherapeutischen, medizinischen und pädagogischen Bereichs sowie Absprachen und Fallbesprechungen erforderlich.

Darüber hinaus werde eine Angehörigenberatung angeboten Hierbei werde ein dezidiertes Gruppenangebot, quasi ein Schulungsangebot für Angehörige, im Rahmen von 10 Gruppensitzungen, zu den Themen von Ko-Abhängigkeit, Wege in die Sucht, Kinder in Suchtkrankenfamilien, Strategien gegen Gewalt, Strategien zur Verbesserung der Lebensqualität usw. vorgehalten.

Als Drittes sei das polnisch-sprachige Beratungsangebot zu nennen. Statistisch gesehen bilde die Gruppe der polnischen Migrant*innen die größte Migrantengruppe in Hannover. Durch das Angebot werde dieser Zielgruppe der Zugang zum deutschen Suchthilfesystem erleichtert und die Chance für eine erfolgreiche Therapie sowie für die weitgehende Integration in die deutsche Gesellschaft erhöht. Die Kommunikation in der Muttersprache baue Ängste ab und ermögliche den barrierefreien Zugang zur persönlichen Problematik. Dabei würden das kulturspezifische Krankheitsverständnis, die Selbstwirksamkeitsüberzeugung, die individuelle Situation und die Phase der Integration berücksichtigt.

Die Beratung folge dem Konzept der motivierenden Gesprächsführung. Dabei handele es sich um ein zielgerichtetes, klientenzentriertes Beratungskonzept zur Lösung ambivalenter Einstellungen gegenüber Verhaltensänderungen. Die motivierende Gesprächsführung eigne sich zur Beratung bei Alkohol-, Nikotin-, Medikamenten- und Drogenproblemen, bei Risikoverhalten (auch von Adoleszenten) und schwierigen Entscheidungen. Eine klientenzentrierte Haltung und eine auf die Stufen der Veränderung abgestimmte Gesprächstechnik fördere die Autonomie des Klienten und die Bereitschaft, das Verhalten zu ändern. In der beratenden Arbeit gehe es auch um die Etablierung eines vertrauensvollen und tragfähigen Bündnisses zwischen Klient und Berater, um letztendlich die persönliche Änderungsmotivation des Klienten oder Patienten zu stärken. Dabei komme der akzeptierenden und von Empathie getragene Grundhaltung des Beraters eine zentrale Bedeutung zu. Darüber hinaus gehörten immer Zielformulierungen, die den Patienten eine Orientierung im Beratungsprozess böten, und eine positive Zukunftserwartung förderten.

Jährlich betreue die Fachstelle für Sucht und Suchtprävention 600-700 Klienten. Durchschnittlich würden jährlich Hilfesuchende in ca. 5.000 Einzel- und Gruppengesprächen betreut. 2/3 von ihnen gäben als Wohnort die Stadt Hannover an, ¼ kämen aus dem übrigen Regionsgebiet.

Insbesondere im Bereich der Glücksspielsucht sei ein Zuwachs von 100 neuen Klienten jährlich zu verzeichnen.

¾ der Klienten kämen mit der Diagnose Störung durch Alkohol.


Herr Gaenshirt sagte, er wolle versuchen einen Eindruck über die vernetzte Arbeit des Neuen Land e.V. zu geben.

Vor etwa 46 Jahren, ungefähr zeitgleich mit den Anfängen von STEP, habe das Neue Land e.V. zunächst mit Streetwork begonnen. Es wurde eine Teestube eröffnet und inzwischen habe sich alles zu einer zwar kleinen, aber gut vernetzten Hilfeeinrichtung, die auf allen Gebieten der Suchthilfe tätig sei, entwickelt. Die Klientel bestehe vor allem aus Drogen-, aber auch Polytoxikomanabhängigen. Die Fachstelle, deren Leiter er sei, sei in das gesamte Hilfesystem eingebettet. Der Verein impliziere eine Clearingstation, die Drogenanlaufstelle Bauwagen unter der Raschplatzhochstraße als niedrigschwelliges Beratungsangebot, ein SOS-Bistrocafé mit Tagestreffpunkt, Essenausgabe, Kleiderkammer und Duschmöglichkeit.

In der Steintorfeldstraße, der Zentrale des Neuen Landes e.V., sei die Fachstelle für Sucht und Suchtprävention als ebenfalls niedrigschwelliges Beratungsangebot untergebracht. Zu ihr gehöre auch Computenz (die Abteilung für Medienabhängige), die Beratungsstelle für Drogenabhängige, sowie die Abteilung für Prävention. Durch die Niedrigschwelligkeit könne auch Menschen geholfen werden, die bspw. ihren Entzug durchlaufen hätten und noch nicht wüssten, wie es für sie weitergehen solle. Diese könnten sich in einer christlich orientierten Lebensgemeinschaft weiter stabilisieren und auf die Therapie vorbereiten. Die Fachstelle helfe dabei, die geeignete Motivation zu finden und entsprechend nahtlos zu vermitteln. Wichtig dabei sei, die augenblickliche Motivation aufzugreifen, zu leiten und beizubehalten.

Insgesamt verfüge das Neue Land e.V. über eine recht hohe Vermittlungsquote von 70 Personen im Jahr, auch wenn nicht die hohe Klientenzahl des Diakonischen Werkes erreicht werde. Im Schnitt gebe es jährlich 150 – 200 Klienten. Die Schwankungen erklärten sich mit der Dauer der Prozesse beim Klienten selbst.

In Schorborn und Amelith unterhalte das Neue Land e.V. therapeutische Lebensgemeinschaften mit je 15 Männer- und 8 Frauentherapieplätzen. Diese seien von sämtlichen Kostenträgern anerkannte, rezertifizierte, kleine familienorientierte Einrichtungen. Dies aufrecht zu erhalten sei nicht immer einfach, da die hohen Anforderungen der Kostenträger oft nur noch große Kliniken zuließen, die einfacher wirtschaftlich zu führen seien. Die Wirtschaftlichkeit sei insgesamt ein großes Problem, da Zuwendungen nahezu nie tarifliche Anpassungen auffingen. Mittlerweile gebe es eine Lücke von 26 %, die durch Eigenmittel und Spenden auszugleichen versucht werde. Es wäre daher zu begrüßen, wenn es hier politisch einmal andere Akzente geben könnte.

Insgesamt sei es dem Neuen Land e.V. gelungen, Vieles mit Ehrenamtlichen und auch mithilfe von Ex-Usern, die häufig einen guten Zugang zu den Klienten fänden, auf den Weg zu bringen. Andererseits erfordere die Motivation der Ehrenamtlichen und deren professionelle Begleitung viel Energie.

Die Vernetzung sei ein enorm wichtiger Bestandteil der Arbeit. Diejenigen, die eine Therapie erfolgreich abgeschlossen hätten, könnten in stationärer Nachsorge an allen 3 Standorten wohnen und weiter betreut werden, bis der neue oder weitere berufliche Weg sich geklärt habe. Für den Bereich des ambulant betreuten Wohnens werde derzeit ein Antrag gestellt, der bei Bewilligung zu einer besseren Professionalisierung führen werde.


Frau Frodl stellte sich als Fachbereichsleiterin und zugleich stellvertretende Leiterin von Prisma gGmbH vor. Prisma sei 1989 als Verein gegründet worden und 2017 in eine gGmbH umfirmiert worden. Bei Prisma gGmbH handele es sich um eine vom Land Niedersachsen anerkannte Fachstelle Sucht und Suchtprävention, die seit 2015 TÜV-zertifiziert sein. In 2014 erfolgte der Umzug nach Linden ins Ihmezentrum.

Das Prisma-Team habe in seinen Anfängen 3 Mitarbeitende gehabt, inzwischen seien es 10. Das sei, verglichen mit anderen Einrichtungen relativ klein, trotzdem würden viele Arbeits- und Themenschwerpunkte durch unterschiedliche Professionen abgedeckt. Dabei handele es sich im Wesentlichen um Diplom-Sozialpädagogen und –Sozialarbeiter, die teilweise auch anerkannte VDR-Suchttherapeuten seien. Das Team werde als Ressource angesehen, daher habe Kommunikation und der Austausch untereinander einen hohen Stellenwert. Dazu gehörten auch regelmäßige Supervisionen, kollegiale Fallbesprechungen, Fachgruppenarbeit und Mitarbeiter-Coachings. Dies werde ergänzt durch Inhouse-Schulungen sowie externe Fort- und Weiterbildungen.

Die Themenschwerpunkte von Prisma seien die allgemeine Beratung für Betroffene und Angehörige, die Jugend- und Familienhilfe, die psychosoziale Betreuung Substituierter, die ambulante Entwöhnungsbehandlung sowie die Suchtprävention. Der Zugang erfolge zunächst telefonisch oder über die wöchentlich angebotene offene Sprechstunde für Alle.

Die Angebote der Allgemeinen Beratung richteten sich an die Betroffenen selbst, ihre Angehörigen sowie Personen aus dem sozialen Umfeld, wie bspw. auch Lehrer oder Arbeitgeber. Bei der offenen Sprechstunde werde der Auftrag geklärt und mit Termin an den für den Bedarf passenden Mitarbeiter weitervermittelt. Bei diesem fänden dann die Clearinggespräche statt, bei denen auch Hemmschwellen abgebaut werden sollen. Dabei würden in Zusammenarbeit mit dem Klienten Ziele formuliert und Prioritäten gesetzt.

In der offenen Sprechstunde könne auch deutlich werden, dass der Wunsch nach einer ambulanten oder stationären Rehabilitationsmaßnahme bestehe. Dann werde auch an andere Dienste weitervermittelt oder ergänzend eine allgemeine Beratung oder Angehörigenberatung angestrebt.

Die ambulanten Entwöhnungsmaßnahmen erfolgten nach Maßgabe der Rentenversicherung. Dabei werde auch mit substituierten Menschen gearbeitet, wenn diese beikonsumfrei seien und lediglich geringe Substitutionsmengen erhielten. Im Rahmen der ambulanten Rehabilitationsmaßnahmen biete Prisma auch Indikativgruppen z.B. für Walking, Qi Gong, Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation an und arbeite dabei mit unterschiedlichsten Honorarkräften zusammen. Da sich immer wieder neue Bedarfe ergäben, versuche Prisma derzeit bspw., ein Konzept zum Thema Zuckersucht zu entwickeln.

Die Vorbereitung auf die Medizinisch-Psychologische-Untersuchung (MPU) beziehe sich auf Menschen, die ihre Fahrerlaubnis wegen illegaler Drogen oder Alkohol abgeben mussten. Die Vorbereitung erfolge in 10 themenzentrierten Modulen und sei kostenpflichtig. Lediglich das Erstgespräch sei dabei kostenlos.

Neben der STEP gGmbH sei die Prisma gGmbH der einzige Anbieter von Jugend- und Familienhilfe und seit Mitte der 1990-er Jahre als ambulanter Jugendhilfeträger für Familien mit Suchthintergrund anerkannt. Spezialisiert auf konsumierende Familien und deren Kinder würden Jugend- und Suchthilfe unter einem Dach angeboten. Das Ziel sei die Stabilisierung der Familienstruktur bei gleichzeitiger Vermeidung von Inobhutnahmen. Der Schwerpunkt liege im Einsatz als sozialpädagogische Familienhilfe und Erziehungsbeistandschaft.

Die psychosoziale Betreuung Substituierter erfolge im Wesentlichen in Form von Einzelgesprächen. Dabei liege der Schwerpunkt auf einer Verbesserung der Kooperation mit den substituierenden Ärzten. Auch wenn keine Kapazitäten frei wären, hätten Schwangere sowie Eltern mit kleinen Kindern stets Vorrang.

Bei der Prävention würden die allgemeine Prävention, betriebliches Gesundheitsmanagement sowie „real.life“ zum kompetenten Umgang mit Medien angeboten.


Herr Kimil stellte sich als Betriebsleiter des Ethno-Medizinischen Zentrum e.V., eines gemeinnützigen Vereins, der sich seit Jahrzehnten in Niedersachsen und auch bundesweit in den Bereichen Migration, Gesundheit und Integration engagiere, vor.

In der Suchtarbeit sei das Zentrum seit 1986 im Auftrag der Stadt und der Region Hannover mit dem Projekt der interkulturellen Suchthilfe, Prävention und Beratung für Migrant*innen tätig. Das Projekt stelle mit unterschiedlichen Angeboten eine Brückenfunktion zwischen den Communities der Migranten und den Angeboten der Suchthilfe dar. Seit 1996 wurden verschiedene Maßnahmen und Angebote entwickelt, um besser zu informieren, zu motivieren und aufzuklären, damit die bestehenden Angebote der Regelversorgung besser genutzt werden könnten. Zu diesem Zweck würden 50-stündige Schulungen zu interkulturellen Suchtpräventionsmediatoren angeboten. Diese seien in den vergangenen Jahren immer weiter zu einem inzwischen sehr hohen Niveau weiterentwickelt worden. Die Schulungen selbst legten ihren Schwerpunkt auf illegale Drogen wie Heroin, Kokain, verstärkt auch Cannabisprodukte und weitere, wie Amphetamine, Meth-Amphetamine und neue, psychoaktiver Substanzen. Jährlich würden 18-20 entsprechende Mediatoren ausgebildet. Bei ihnen handele es sich um gut integrierte Menschen aus Stadt und Region Hannover, die sich im Bereich der Suchtprävention engagieren wollten, sich bereits länger in Deutschland aufhielten und dadurch einen Zugang sowohl zur deutschen als auch zu ihrer Herkunftskultur hätten. Dadurch seien sie in der Lage, Landsleuten, die noch relativ neu in Deutschland seien, zu helfen. Die Schulungen selbst würden von diversen Fachleuten, wie dem städtischen Beauftragten für Sucht und Suchtprävention, von Ärzten der Medizinischen Hochschule Hannover, niedergelassenen Ärzten, den Wohlfahrtsverbänden, der Polizei und vielen anderen vorgenommen. Nach den Schulungen organisierten die Mediatoren in ihren Lebenswelten und Stadtteilen Aufklärungsveranstaltungen für Landsleute. Die Veranstaltungen selbst seien oft mehrsprachig, teilweise auch auf Deutsch, je nachdem, welche Bedürfnisse und Kompetenzen die Zielgruppe vor Ort habe. In den Veranstaltungen werde über Sucht und Suchthilfeangebote aufgeklärt; aber auch Erziehung und Sucht in den Familien sowie gesunde Kommunikation zwischen Eltern und Kindern thematisiert. Auch für diese Veranstaltungen seien mehrsprachige Materialien entwickelt worden.

In den vergangenen Jahren habe sich eine sehr intensive Zusammenarbeit mit dem Jugendschutz von Stadt und Region Hannover im Bereich der Alkoholprävention ergeben. Dabei werde das HaLT-Projekt sehr aktiv unterstützt, da in den vergangenen Jahren beobachtet werden konnte, dass zunehmend Jugendliche mit eigenem oder familiären Migrationshintergrund Schwierigkeiten mit und durch Alkohol hätten.

Alle Maßnahmen des Ethno-Medizinischen Zentrums würden evaluiert. Bspw. sei 2014, und damit inzwischen bereits zum zweiten Mal, die sozialpsychiatrische Versorgungssituation von Menschen mit Zuwanderungshintergrund in der Region Hannover evaluiert worden. Dabei seien auch suchtspezifische Auswertungen vorgenommen worden.

Auch die Forschung spiele eine Rolle. In 2005 sei das Ethno-Medizinische Zentrum in einem BMWF-geförderten Projekt auf Effektivität und Kosteneffektivität untersucht worden. In 2008 habe das Zentrum in einem EU-Projekt die Maßnahmen, die es in Hannover im Rahmen des Suchtpräventionsprojektes entwickelt habe, modellhaft auf 8 europäische Länder übertragen um herauszufinden, ob diese auch dort funktionieren könnten. Dies habe sehr gute Ergebnisse erbracht.

Die Vernetzung gehöre ebenfalls zum Arbeitsfeld; das Zentrum arbeite in verschiedenen Gremien, wie dem Runden Tisch Sucht und Drogen und dem Arbeitskreis Gemeindepsychiatrie mit und sei auch Mitglied in der Kommission zu Teilhabe und Migration des Nds. Landtages. Mit dieser Vernetzung solle ein Bewusstsein für die verschiedenen Bedarfe bei den Themen Sucht und Gesundheit geschaffen werden, um den Betroffenen besser helfen zu können.

Einige Hilfesuchende wendeten sich direkt an das Zentrum. Dieses arbeite z.B. sehr eng mit der STEP gGmbH zusammen, wo es auch mehrsprachige Kollegen gebe. Je nach Bedarf würden die Anfragenden weitervermittelt. In Stadt und Region Hannover lebten mittlerweile 300.000 Menschen mit einem Zuwanderungshintergrund. In den letzten Jahren habe es einen verstärkten Zuzug gegeben, gleichzeitig gebe es einen Generationswechsel sowohl bei den Klienten als auch bei den Mitarbeitenden in der Suchthilfe. Neue Gruppen hätten neue Bedarfe, auf die es zu reagieren gelte. Schulungen müssten ausgebaut werden, mehr Informationsveranstaltungen wären erforderlich, neue Sprachen und neue Themen seien dazu gekommen. Dabei bedürfe es der Unterstützung. Seit 2013 beteilige sich die Region Hannover an der Förderung des Projektes und gebe inzwischen einen etwas höheren Zuschuss als die Stadt Hannover. Es wäre daher wünschenswert, wenn die finanzielle Unterstützung in diesem und dem kommenden Jahr ausgeweitet würde, damit die erfolgreiche, von Hannover ausgehende, Arbeit auch in den nächsten Jahren weiter erfolgreich fortgeführt werden könnte.


Herr Westermann stellte sich als Leiter einer Einrichtung der STEP gGmbH vor. Nachfolgend wolle er über drei durch die Stadt Hannover geförderte Einrichtungen berichten. Über die Fachstelle für Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit (FAM) habe er in der Anhörung des Sozialausschusses am 20.11.2017 zum Thema „Sucht im Alter“ bereits ausführlich berichtet.

Die Drobs Hannover sie die größte und eine der ältesten Einrichtungen ihrer Art im Bundesgebiet. Ursprünglich als Anlaufstelle bei illegalen Drogen gedacht, sei sie inzwischen sehr viel breiter aufgestellt und beschäftige sich sowohl mit stofflichen Süchten im illegalen Bereich als auch immer mehr mit stoffungebundenen Risikoverhaltensweisen und Süchten.

Die Methoden der Beratung seien von den Vorrednern bereits vorgestellt worden, ergänzend beziehe er sich auf das den Mitgliedern des Sozialausschusses im Vorfeld übersandte Schreiben, in dem die Angebote ausführlich dargestellt würden. Drobs Hannover biete Beratung, Begleitung, Behandlung und Prävention an. Letztere werde in Kindergärten, Schulen aller Art, Betrieben und anderen Institutionen durchgeführt. Das wichtigste Alleinstellungsmerkmal der Drobs Hannover seien die langen Öffnungszeiten montags bis freitags von 9-17 Uhr, die Offene Sprechstunde für Jedermann ohne Zugangsbegrenzung von 13-16 Uhr sowie die Terminvergabe für weiterführende, individuelle Beratung von 7-20 Uhr, die insbesondere für Berufstätige und im Zusammenhang mit der Wiedereingliederung ins Berufsleben interessant sei.

In der Offenen Sprechstunde gebe es jährlich ca. 1.800 Kontakte, dazu kämen ca. 1.000 weiterführende Maßnahmen wie Vermittlung in Therapie, Beratung oder auch betreutes Wohnen, je nach Bedarf des Anfragenden. Neben der Beratung und Vermittlung könne die Drobs auch bei den Folgen der Sucht bzw. ihre Begleiterscheinungen z.B. durch die Schuldnerberatung im eigenen Haus, helfen. Dabei gehe es vor allem um die Wiederherstellung der Selbstbestimmtheit und Teilhabe. Drobs arbeite geschlechtsspezifisch, kultursensibel und interkulturell. Bei Bedarf könne muttersprachliche Beratung auf russisch, türkisch und englisch angeboten werden. Im Umfeld der Flüchtlingshilfe würden Schulungen durchgeführt. Drobs arbeite öffentlichkeitswirksam und vernetzt, die Arbeitskreise seien schon benannt worden. Durch die Vernetzung könne das insgesamt vorbildliche Angebot der Suchthilfe in Hannover aufrechterhalten werden.

Die geschlechtsspezifische Arbeit erfolge sowohl mit Mädchen in städtischen Einrichtungen und sozialen Brennpunkten der Stadt, wie derzeit am Sahlkamp mit dem Projekt „smile“ für 10-14-jährige Mädchen sowie dem absoluten Dauerbrenner „Boys‘ ResorT“ für junge Männer in schwierigen Lebenssituationen. Viele würden von der Jugendgerichtshilfe geschickt, inzwischen gebe es Wartelisten, da der Andrang sehr groß sei. Immerhin schlössen 67% der Teilnehmer das Projekt mit Erfolg ab.

Stadt und Region Hannover gewährten eine kleine Förderung für die wichtige Selbsthilfeunterstützung. Drobs sei mit einer Vielfalt von Selbsthilfegruppen vernetzt, darunter auch einigen bilingualen sowie in syrischer und persischer Sprache. Sämtliche Abendtermine seien von Selbsthilfegruppen belegt, auch dies ein Zeichen der guten Vernetzung.

Bei der Fachstelle für Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, FAM, würden neben selbst Betroffenen verstärkt Angehörige aber auch Betriebe beraten. Dies sei ein Zeichen dafür, dass immer mehr wahrgenommen werde, dass Sucht ein gesellschaftliches Phänomen sei, das ganze Familiensysteme betreffe. Die aufsuchende Arbeit beim Projekt „Sucht im Alter“ sei ein Erfolgsmodell, das es weiter auszubauen gelte. Durch die Beratung bereits am Krankenbett könnten Menschen mit Suchtproblemen erreicht werden, die zuvor nie mit dem Suchthilfesystem in Berührung gekommen seien und dann in Maßnahmen des bestehenden Hilfesystems weitergeleitet werden.

Stellwerk, hervorgegangen aus dem Zusammenschluss von Fixpunkt und Café Connection, decke den niedrigschwelligen Bereich ab und betreue vor allem die Szene der Konsumenten illegaler Drogen. Dies erfolge durch Kontaktarbeit, Vermittlung in das Hilfesystem, vom Schlafplatz bis zur Rehabilitationsmaßnahme, in CMA-Einrichtungen bis zur psychosozialen Betreuung, je nach Bedarf, Streetwork in besonderen Krisenbereichen bzw. dort, wo sich die Szene aufhalte. Neben dem in Niedersachsen einzigartigen Konsumraum gebe es eine ärztliche Versorgung, werde geimpft, Wundversorgung vorgenommen und Drogennotfallhilfe geleistet. Die Betroffenen könnten duschen, ihre Wäsche waschen, etwas essen und würden durch Sozialarbeiter betreut.

Der Spritzentausch sei von Anfang an ein sehr wichtiges Thema gewesen. Bereits 1986 sei damit im Café Connection begonnen worden. Jährlich würden ca. 180.000 Spritzen, größtenteils im Tausch, ausgegeben. Damit konnte im vergangenen Jahr 1 Tonne gebrauchtes und möglicherweise infektiöses Material eingesammelt werden, das nicht mehr auf Spielplätze, in Abfallbehälter oder anderweitig in die Öffentlichkeit gelangte.

In den letzten 3 Jahren konnte bei ca. 150 Drogennotfällen geholfen werden; sämtliche Klienten hätten überlebt.


Herr Freitag stellte sich als Leiter von Return – Fachstelle für Mediensucht, die Teil des Diakoniewerkes Lister Turm e.V. sei, vor. In diesem Jahr könne Return sein 10-jähriges Jubiläum feiern. Er habe 6 Thesen formuliert, die vor dem Hintergrund der gemachten Erfahrungen für das Themenfeld bedeutsam seien.

Erstens benötige Hilfe bei problematischem Medienkonsum „Schnittstellenkompetenz“, um in diesem Feld zielführend arbeiten zu können. Dabei werde in hohem Maße ein ständig zu aktualisierendes Fachwissen im Bereich der Nutzung von Bildschirmmedien (Veränderungen in der Spieleszene, Monetarisierungsstrategien, veränderte Strukturen, gerade auch im Smartphone-Spielebereich) benötigt. Ohne diese Fachkompetenz, die ständig zu erneuern sei, wäre eine bedeutungsvolle Beziehung zu Jugendlichen als Bedingung für eine gute, konstruktive Beratung nicht möglich. Dazu kämen grundlegende Kompetenzen in der Erziehungs- bzw. Jugendberatung (Erziehungskonzepte, Reifeschritte und jugendliche Lebenswelten). Schließlich würden auch grundlegende Kompetenzen im Bereich der Suchtberatung (Diagnostik und Abgrenzung von anderen Störungen, Stärkung von Ausstiegsmotivationen, zusätzlicher Konsum von stofflichen Suchtmitteln, ko-abhängiges Verhalten, Beratung zu Kostenantragsverfahren, wenn Leistungen zur med. Rehabilitation beantragt werden sollen) angeboten.

Zweitens bestehe vielfach eine Kluft zwischen der konkreten Medienverfügbarkeit (Geräteausstattung, Bildschirmzeit, konsumierte Inhalte) und dem Reifegrad der Jugendliche und tlw. auch der jungen Erwachsenen. Um dieses Problem anzugehen, brauche es die Bündelung vieler gesellschaftlicher Kräfte, d.h. das Zusammenwirkung mit den unterschiedlichsten Institutionen, Schulen, Kindergärten und Beratungseinrichtungen, wozu Return seinen Teil beitragen wolle. Aufgrund dieser Kluft entstünden auch die potentiell problematischen Mediennutzungsmuster.

Drittens beeinträchtige unangemessene Mediennutzung die Persönlichkeitsentwicklung und könne in Abhängigkeiten führen. Diese These werde inzwischen nicht mehr in Abrede gestellt. Mittlerweise gebe es auch eine Suchtdiagnose; im Mai 2018 komme ICD-11; die Diagnose „Gaming Disorder“ werde aller Voraussicht nach dort mit aufgenommen. Im DSM-5 gebe es die Forschungsdiagnose zu suchtartigem Computerspiel. Wichtig sei eine klare, diagnostische Abgrenzung, damit der Suchtbegriff nicht verwässert und nicht zu schnell von Sucht gesprochen werde. Dabei sei nach 3 Nutzergruppen zu differenzieren: Den Freizeitspielern, um die man sich nicht kümmern müsse und die Eltern beruhigen könne. Den ambitionierten Spielern, die in der e-Sports-Szene aktiv seien, die man beobachten müsse und wo sich etwas Problematisches entwickeln könne, sowie Problematische/suchtartige, pathologische Spieler, die in der Regel alleine nicht aussteigen könnten, sondern therapeutische Hilfe, ambulant oder stationär, benötigten.

Viertens sei die exzessive Mediennutzung durch Jugendliche ein zentrales Konfliktfeld innerhalb von Familien und vielfach der Auslöser zum Besuch der Beratungsstelle. Unterschiedliche Bedürfnisse, Ansprüche und Bewertungen prallten dabei aufeinander. Um diesen Konflikt zu entschärfen bedürfe es eines möglichst hohen Maßes an Verständnis. Kürzlich habe Return die Broschüre „Battlefield home – Anregung zu Friedensgesprächen im Konfliktfeld Computerspiele“ entwickelt, die einen Beitrag dazu leisten wolle. Darin werde ein Stück weit deutlich, wie die Zielgruppe zu erreichen und diese Erfahrungen fruchtbringend eingesetzt werden könne. Wenn sich bspw. Eltern melden und die Jungs gar nicht mitkommen wollten, übersende er diese Broschüre mit einem kleinen Brief dazu. Dadurch bekämen die Jugendlichen ein Gefühl für Return als Beratungsstelle und spürten, dass diese nicht gegen sie sei und sich nicht mit den Eltern gegen sie verbündeten, sondern sie wertgeschätzt würden.

Fünftens müssten betroffene Jugendliche/junge Volljährige auf geeignete Weise abgeholt werden. Die Schaffung von Zugängen in dieses Hilfesystem sei wichtig, weil diese Zielgruppe vordergründig unmotiviert und nicht so leicht zu erreichen sei, wenn sie in die Beratungsstelle komme. Daher sei aussagekräftiges Material, Websites, Broschüren, usw. notwendig, damit Beratung von den Jugendlichen nicht als Bedrohung wahrgenommen werde. Für Return ganz essentiell, werde in Prävention und Beratung in „Personalunion“ gearbeitet. D.h., wenn Jugendliche die Mitarbeiter in der BBS oder in sonstigen Schulen erlebten, hätten sie eine Vorstellung von ihrem Gegenüber und dies sei hilfreich, die Schwelle zur Beratung senken.

Sechstens benötigten Begleit- und Ausstiegsprozesse einen langen Atem. Er komme ursprünglich aus der Drogenhilfe, sagte Herr Freitag, und habe dabei gelernt, dass Ausstiege aus Drogen oft viele Jahre in Anspruch nähmen. Die Erfahrungen mit Betroffenen zeigten, dass dies bei Mediensucht ähnlich sei. Die Begleitprozesse zögen sich bei exzessiven Spielern oft über Jahre hin, bis irgendwann eine verschärfte Konfrontation mit den Realitäten des Lebens dazu führe, dass sich etwas bewege und verändere und die Jugendlichen oder Erwachsenen dann von sich aus auf Return zukämen. Der Erstkontakt erfolge gewissermaßen im „Erziehungsberatungsmodus“ der Fachstelle, wenn die Jugendlichen etwa 14 bis 16 Jahre alt seien, und die Weiterbehandlung mit geänderter Motivation geschehe dann im „Suchtberatungsmodus“ ab 17 bis etwa Mitte 20. Hervorzuheben sei, dass dann kein Einrichtungswechsel notwendig werde und die wichtige Beziehungskonstanz erhalten bleibe. Return arbeite sehr stark beziehungsorientiert und klientenzentriert. Die Jugendlichen und junge Erwachsene könnten auch einfach einmal auf einen Kaffee vorbeikommen.

Return führe Einzelberatungen durch und habe dabei ca. 150-200 Klienten im Jahr. Die Dauer und der zeitliche Umfang der Beratung seien individuell abzustimmen. Zunehmend seien Zuweisungen über die JobCenter im Rahmen des § 16a SGB II zu beobachten. Für die Beratungsarbeit herausragend sei die Gewährleistung, dass die Jugendliche eine andere Beratungsperson als die Eltern hätten. Sie würden nicht gemeinsam in Familiengesprächen beraten, damit sich kein Interessenkonflikt zwischen dem Jugendlichen und seinem Bedarf (meistens erstmal in Ruhe gelassen zu werden) und dem der Eltern, die wollten, dass den Jugendlichen gesagt werde, sie seien süchtig sind und sollten endlich aufhören zu zocken, bilde. Um diese Auftragszwickmühle zu umgehen, teilten sich die Kollegen auf und einer berate die Eltern, während der andere die Beratung der, in diesem Hilfefeld in der Regel jungen Männern, übernehme.

Darüber hinaus gebe es bei Return noch ein Angebot mit Beratung zur Installation von Filterschutz- und Zeitmanagementsoftware für Eltern und Betroffene durch einen freien Mitarbeiter und aktuell neben der Einzelberatung noch 4 Gruppenangebote, die regelmäßig stattfänden.

Eine angeleitete Selbsthilfegruppe für Gamer nach Therapie bzw. abgeschlossener Nachsorge treffe sich wöchentlich. Seit Anfang dieses Jahres gebe es eine strukturierte Therapiegruppe Mediensucht für Betroffene unterschiedlicher Formen von Mediensucht, die, bei jederzeitigem Einstieg, 14-tägig über 12 Einheiten stattfinde. Eine angeleitete Selbsthilfegruppe für Aussteiger aus Pornografiekonsum treffe sich monatlich. Eine angeleitete Selbsthilfegruppe für Frauen, deren Partner Pornografie konsumieren und die daran litten, treffe sich ebenfalls monatlich.

Darüber hinaus bestehe eine enge Kooperation mit der Eltern-Selbsthilfegruppe-Mediensucht, die monatlich im Freizeitheim Lister Turm stattfinde. Es gebe inzwischen einen Anstieg der Zahl der Kooperationspartner; viele Kinder- und Jugendtherapeuten, Schulen und andere Beratungsdienste vermittelten an Return.

Eine permanente Ausdifferenzierung des Hilfesystems sei zu beobachten und Return wolle an den Praxiserfahrungen und Bedürfnissen der Klienten weiterarbeiten. Das Dilemma dabei sei, dass leider keine öffentliche Förderung seitens der Stadt Hannover bestehe und Return sich daher gezwungen sehe, mit bundesweiter Fortbildungs- und Vortragsarbeit Geld dazu zu verdienen. Dies gehe allerdings letztlich zulasten der Beratungsarbeit hier vor Ort. Return wünsche sich daher, dass die geleistete zukunftsweisende Arbeit bei denen, die die Verantwortung für die Sozialpolitik hätten, gesehen werde und diese Arbeit zukünftig wieder mit einer Förderung gewürdigt und unterstützt werde. Dadurch könnte diese wichtige Arbeit weiterentwickelt werden und Return ein verlässlicher Partner im Hilfesystem von Stadt und Region bleiben.


Herr Leune sagte, der fdr – FachverbandDrogen- und Suchthilfe e.V., der über 25 Jahre seinen Sitz in Hannover hatte und sich seit nunmehr 5 Jahren in Berlin befinde, verfüge bundeweit über etwa 500 angeschlossene Einrichtungen aus dem gesamten Spektrum der Suchthilfe und sei damit auf diesem Gebiet der größte Verband in Deutschland. Aus bundeweiter Sicht verfüge Hannover über „Leuchtturmprojekte“ der Suchthilfe, wobei vor allem das Jugend- und Suchtberatungszentrum genannt werden müsse, aber auch eine gut differenzierte Landschaft an Beratungsstellen. Auch das Ethno-Medizinische Zentrum habe bundesweit einen herausragenden Ruf und trage damit den Namen Hannovers ins ganze Land.

Diese Aussagen seien gespeist aus der gut entwickeIten Suchthilfestatistik, für die jährlich 900 von 1.400 Beratungsstellen ihre Daten lieferten und mit deren Hilfe die Leistungen der ambulanten Suchthilfe abgebildet werden könnten. Auf diese Weise bekämen die Daten über die Arbeit von Suchtberatungsstellen eine Qualität, die es in keinem anderen Bereich der psychosozialen und gesundheitlichen Versorgung gebe.

Grundsätzlich unterschieden sich die Angebote der Suchthilfe vor allem durch den sozialarbeiterischen Fokus und damit in ihren interdisziplinären und arbeitsfeldübergreifenden Ansätzen, die die Anliegen der Hilfesuchenden ganzheitlich in den Blick nähmen. Hannover könne stolz darauf sein, seit 45 Jahren das Jugend- und Suchtberatungszentrum zu haben und zu fördern, das in dieser Zeit immer wieder federführend bei innovativen Hilfeangeboten war und damit positiv über die Landesgrenzen Niedersachsens hinaus auf das gesamte Bundesgebiet gewirkt habe. Der Grund hierfür liege sicher darin, dass die Angehörigen aller relevanten Berufsgruppen, der Sozialarbeit, Psychologie und Medizin in einem Team als Beschäftigte eines Trägers zusammenarbeiteten, sich austauschten und damit auf kurzem Wege vernetzt richtungsweisende Angebote der Suchthilfe entwickeln konnten.

Im Vorfeld sei den Mitgliedern des Sozialausschusses die Schrift „Forderungen für eine wirksame Ambulante Suchthilfe“ zur Verfügung gestellt worden, aus denen deutlich werde, dass wirksame Hilfen förderlicher gesellschaftlicher Rahmenbedingungen bedürften. Die wesentlichen Impulse entständen aber vor Ort durch die Kommunen und deren Förderpolitik, durch die fachlichen Vorgaben sowie die Konzeptionen der Träger und das sozialarbeiterische Handeln.

Abhängigkeitskranke Menschen seien rechtlich als vorübergehend seelisch behindert anzusehen, so dass dann die UN-Behindertenrechtskonvention die Regeln für die Chancengleichheit bestimme. Im Mittelpunkt stehe dabei die Normalisierung der Lebensumstände; Wesentlich dafür sei, dass alle Menschen unabhängig von ihren persönlichen Voraussetzungen Zugang zu allen Hilfeangeboten erhielten. In der Suchtberatung wird dies vor allem dadurch gewährleistet, dass die Hilfe jederzeit anonym und kostenlos zur Verfügung stehe.

Der Forderungskatalog mache auch deutlich, dass Teilhabe u.a. durch vernetztes Arbeiten bei der Prävention, niedrigschwelligen Hilfen, soziales Beratung, mobiler Betreuung, bei Tagesangeboten, Hilfe zum Wohnen und vernetzte Einrichtungen der Rehabilitation, Wiedereingliederung sowie Angebote für chronisch Mehrfachbeeinträchtigte erreicht werde.

All dies seien im Schwerpunkt Ansätze, die sich aus der sozialen Arbeit entwickelt hätten und die Kompetenzen anderer Berufsfelder einbezögen, um gemeinsam zum Erfolg zu gelangen.

Exemplarisch am Jugend- und Suchtberatungszentrum sei auch, dass auf dem Weg zur Teilhabe für die ratsuchenden Menschen die notwendigen ergänzenden Angebote unterbreitet würden. Die Schuldnerberatung sei insbesondere für Drogenabhängige und Glücksspielsüchtige bedeutsam, da sie in erheblichem Maße von Verschuldung betroffen seien. Des Weiteren seien die geschlechterintegrierenden Hilfen, die kultursensiblen Angebote mit muttersprachlicher Beratung und die alterssensiblen Hilfen zu nennen. All dies werde überkonfessionell und an keinerlei Voraussetzungen gebunden angeboten.

Durch die voraussetzungslosen Hilfen, Methodenvielfalt, interdisziplinäre Angebote und hohe Vernetzung leiste soziale Arbeit in Suchtberatungsstellen einen wesentlichen Beitrag zur Teilhabe abhängigkeitskranker Menschen, der auf keinem anderen Feld der psychosozialen oder gesundheitlichen Hilfen in diesem Umfang realisiert werden könne. Sie liefere damit eine Vielzahl von Erfolgserlebnissen für die Betroffenen und entlaste die Kommunen in erheblichem Umfang.


Zur Frage von Ratsherrn Yildirim, wie viele Asylbewerber oder Flüchtlinge in Stadt und Region Hannover alkohol- oder drogenabhängig seien, antwortete Herr Kimil, dies sei derzeit schwer zu beantworten, da dazu keine Forschungszahlen für Deutschland vorlägen. Die von der Deutschen Stelle für Suchtstatistik erhobenen Daten bezögen sich auf Menschen mit Migrationshintergrund und damit Personen, die sich schon länger in Deutschland aufhielten. Das Ethno-Medizinische Zentrum beobachte die Situation sehr intensiv. Aus diversen Rückmeldungen von Flüchtlingen selbst, aber auch von Sozialarbeitern in Flüchtlingsunterkünften ergäbe sich, dass durchaus Fälle zu beobachten seien, bei denen Flüchtlinge teilweise bereits mit einer Suchtproblematik eingereist seien. Bei Opiatsüchtigen, die teilweise eine Substitution benötigten, werde immer wieder eine afghanische oder iranische Herkunft benannt. Darüber hinaus werde teilweise von traumatisierten jungen Männern berichtet, die in den Unterkünften in Schwierigkeiten gerieten, bei denen Alkohol eine Rolle spiele. Seit langem sei aus der psychiatrischen Arbeit, nicht nur mit Migranten bekannt, dass Traumatisierung häufig mit einer Sucht einhergehe. Manche Menschen entdeckten Alkohol für sich, um mit den Symptomen einer Traumastörung, Depression oder Angsterkrankung besser leben zu können. Langfristig betrachtet sei dies jedoch keine gute Lösungsstrategie, da die mit der Zeit entstehenden Suchtstörungen die Probleme verkomplizierten.

Im vergangenen Jahr sei das Ethno-Medizinische Zentrum von einem Konsortium aus Hamburg angefragt worden, bei dem verschiedene Universitäten mit Bundesmitteln in einem Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung die Zusammenhänge von Sucht und Flucht erforschen wollten. Mithilfe der Mediatoren seien in den vergangenen 2 Jahren in den Flüchtlingsunterkünften sehr viele Veranstaltungen in vielen verschiedenen Sprachen durchgeführt worden. Daraus habe sich der Eindruck verfestigt, dass auf diesem Gebiet etwas unternommen werden müsse, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Hierfür sei dann auch eine finanzielle Unterstützung notwendig.

Auf die Frage von Frau Feldmann, ob auch Return geschlechtsspezifisch arbeite, erklärte Herr Freitag, die Statistiken zeigten, dass der überwiegende Teil der problematischen Computerspieler junge Männer und männliche Jugendliche sei. Nur sehr selten seien exzessiv computerspielende Mädchen zu erleben. Im Bereich des problematischen Pornografiekonsums verhalte es sich ähnlich. Daher richte sich die Beratung fast ausschließlich an Männer und männliche Jugendliche. Bei der Prävention könnten auch Frauen und Mädchen erreicht werden. Nach Studien müsse es zwar sehr viele Mädchen geben, die im Bereich der Social-Media-Aktivitäten Probleme entwickelten, aber, und das berichteten auch andere Beratungsstellen, diese träten kaum mit dem Wunsch nach Hilfe in Erscheinung. Durch die begrenzten Ressourcen fokussiere sich das Angebot klar auf den erheblich größeren Bedarf von Männern und männlichen Jugendlichen.

Um bereits online Hilfeangebote finden zu können, gebe es das Modellprojekt OASIS der Universität Bochum, gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Gesundheit. Eine Erstberatung könne online in Anspruch genommen werden, dann werde an die Hilfseinrichtungen vor Ort weitergeleitet. Von diesem guten und innovativen Projekt profitiere auch Return.

Herr Gaenshirt ergänzte, in der Leitungskonferenz des Diakonischen Werkes werde immer wieder einmal diskutiert, ob die Angebote sinnvoll auf einer Plattform implementiert werden sollten. Da die meisten Einrichtungen mit ihren Auftritten im Internet sehr gut aufgestellt seien, könnten die Hilfeangebote mit den einschlägigen Suchmaschinen sehr gut ausfindig gemacht werden.

Ratsherr Klippert bat um ergänzende Ausführungen zur Kriminalisierung von Konsumenten illegaler Drogen sowie zum offenbar in Deutschland nicht erwünschten Drug-Checkings, also der Möglichkeit mittels Schnelltests die Beimischungen bei Drogen identifizieren zu können.

Herr Westermann führte aus, die STEP sei wohl die einzige Einrichtung, die in den 1990-er Jahren das Drug-Checking, bezogen auf synthetische Drogen der Extasy-Gruppe im Umfeld der Techno-Szene, durchgeführt habe. Auch die ehemalige Niedersächsische Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration, Frau Rundt, habe betont, dass dieses Projekt sehr sinnvoll sei. Seinerzeit habe es sich um ein länderübergreifendes, von der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtgefahren evaluiertes und aus Europamitteln finanziertes Projekt gehandelt, an dem sich Österreich, die Niederlande und Deutschland beteiligten. Die Evaluation habe ergeben, dass das Drug-Checking ein sehr sinnvoller Ansatz sei, der den Verbrauch senke, ihn nicht weiter befeuere und auch die Konsumentenberatung dazu beitrage, das Risikoverhalten zu minimieren und damit die Suchtgefahr zu bannen. In Wien werde das checkit!-Projekt fortgeführt. Dort würden von einem rollenden Labor mit medizinischem Personal die einzelnen Hotspots, an denen diese Drogen konsumiert werden, angefahren. Nichts desto trotz müsse darauf hingewiesen werden, dass das Ganze sehr teuer sei und einer politische Entscheidung bedürfe, ob es gewollt werde oder nicht. Die STEP habe es seinerzeit nicht fortgeführt, da die gesetzlichen Grundlagen fehlten.

Zur Kriminalisierung der Konsumenten sei in der Anhörung des Sozialausschusses am 20.November 2017 zum Thema „Kontrollierte Abgabe von Cannabis“ bereits ausführlich diskutiert worden. Natürlich sei dies ein Problem, gerade auch für die Ratsuchenden in den Beratungsstellen. Die Teilnehmer von Boys‘ ResorT kämen größtenteils mit einer Auflage der Jugendgerichtshilfe oder des Jugendgerichts. Oft sei auch Gewalt im Spiel, bei der auch Drogen eine Rolle spielten, dabei nicht so sehr Cannabis; eher gehe es um Alkohol. Die Kriminalisierung sei sicher für alle Beratungsstellen ein Thema. Begegnen könne dem nur mit einer Gesetzesänderung, dann gebe es nicht die derzeitigen Probleme. Zum weiteren könne er nur auf die schon genannte Anhörung verweisen.

Ratsherr Wolf sagte, er habe sich im Vorfeld der Anhörung mit der Finanzierung von Beratungsstellen insgesamt beschäftigt. Obwohl die Zuwendungen um 1,8% gestiegen seien, seien sie durch die Inflation von 5,8% tatsächlich um 4 % gesunken. Er bitte um eine Einschätzung aus Sicht der Beratungsstellen dazu. Darüber hinaus sei zu beobachten, dass immer mehr Beratungsstellen dazu übergingen, Suchtberatung online anzubieten. Hierzu interessiere es ihn, ob dies generell zunehme, ob es den ambulanten oder stationären Bereich entlaste, Geld einspare und auch mit welchen Folgen zu rechnen sei.

Herr Freitag erläuterte, er halte Online-Beratung für eine gute Möglichkeit, den Erstkontakt zu ermöglichen und den Bedarf abzuklären. Return nutze das Internet auch, um Personen, die weiter entfernt wohnten, mittels Skype oder eines anderen Medium zu beraten. Eine hilfreiche weitergehende Beratung erfordere den Kontakt von Angesicht zu Angesicht, da Kommunikation nicht nur aus dem rein sprachlichen bestehe. Insgesamt könnte und sollte der Bereich weiter ausgedehnt, gleichzeitig aber nicht überbewertet werden.

Herr Ruß stimmte zu, auch er halte die Online-Beratung für eine Zugangsmöglichkeit für die anonyme Beratung bei der noch oft schambehafteten Suchtberatung. Diese ersetze in keinster Weise den eigentlichen Beratungsprozess, da in diesem eine Beziehung eingegangen werden müsse, die erst den Einstieg in eine Veränderung ermögliche.

Bei den Finanzierungslücken sei es dringend an der Zeit, die Zuwendungen anzupassen. Überall gebe es tarifliche Anpassungen, nur nicht im Suchtbereich. Es wäre daher mehr als wünschenswert, wenn die Arbeit der Suchtberatungen wieder ein größeres Gewicht erhalten könnte.

Zur Bitte von Ratsfrau Iri nach weiteren Informationen zu Sucht bei Menschen mit Migrationshintergrund in Hannover sagte Herr Kimil, dem wolle er gerne nachkommen. Die Drogenproblematik insgesamt in Zahlen widerzugeben sei teilweise schwierig. Die Kriminalitätsstatistik für Niedersachsen zeige, dass 2016 gegen 27.000 Personen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt wurde; 5.000 (=18%) davon nichtdeutscher Herkunft. Insgesamt lebten in Niedersachsen rd. 1 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund, d.h. 16-17% der Gesamtbevölkerung. In den Veröffentlichungen der Deutschen Stelle für Suchthilfe werde festgestellt, dass Migrant*innen insbesondere im stationären Bereich, also Entgiftung und Therapie, unterrepräsentiert vertreten seien. Gleichzeitig würden von dem genannten Personenkreis Leistungen für den Bereich des problematischen Opioidkonsums, Kokainkonsums und der pathologischen Spielsucht überproportional, besonders von Männern, in Anspruch genommen. Dies decke sich mit den langjährigen Beobachtungen des Ethno-Medizinischen Zentrums.

Darüber hinaus sei zu beobachten, dass Sucht immer mehr die Familiensysteme insgesamt beeinflusse. Wenn jemand süchtig sei, wirke sich dies sehr stark auch auf die Eltern und Geschwister aus. Teilweise, insbesondere wenn die Hilfesysteme nicht bekannt seien, werde, aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit, sehr destruktiv mit dem Suchtproblem umgegangen, um das Problem zu verstecken. Besonders Mütter und Schwestern entwickelten häufig ein ko-abhängiges Verhalten. Es wurde auch von Vätern berichtet, die die Drogen für ihre Söhne kauften, nur damit diese nicht damit in Erscheinung träten. Offenbar werde kulturspezifisch anders mit der Sucht umgegangen, wenn es eine deutlich größere Rolle spiele, das Gesicht wahren zu können. Die Sucht werde innerhalb der Familien versteckt, teilweise auch im Rahmen von Heimaturlauben Therapieversuche angegangen, die mit der Rückkehr nach Deutschland scheiterten. Dieses Problemgemenge sei seit Jahren zu beobachten und hier werde weiterhin Hilfe benötigt. Dabei spiele die Aufklärung eine zentrale Rolle. Dabei habe sich in den vergangenen Jahrzehnten herausgestellt, dass insbesondere bei der Arbeit mit Migranten klare Botschaften wie „Sucht ist eine Krankheit, die man behandeln kann“ sehr wichtig seien, da teilweise Sucht noch als Charakterschwäche angesehen werde. Die Betroffenen müssten immer wieder aufgeklärt und von ihrem Stand abgeholt werden, um Vertrauen aufzubauen und in die Regelversorgung zu integrieren.

Es werde sehr eng mit den verschiedenen Einrichtungen, auch für die offene Drogenszene, zusammengearbeitet und die Mitarbeiter berichteten bei den Schulungen regelmäßig zur Situation. In 2016 waren nach Informationen von STEP 34% der Klienten in Beratung, Therapie und Behandlung Menschen mit einem Migrationshintergrund, bei einem Bevölkerungsanteil in Hannover von 30%. Das Ethno-Medizinische Zentrum biete Primärprävention an, d.h. es versuche bereits in den Flüchtlingsunterkünften über den Schutz vor Sucht, auch wie Kinder davor geschützt werden könnten, zu informieren. Jährlich würden etwa 30 Informationsveranstaltungen in Stadt und Region Hannover angeboten und damit 400-500 Personen erreicht. Die muttersprachlichen Mediatoren informierten nach einem vordefinierten Standard inzwischen in über 30 Sprachen. Die Nachfrage, sowohl seitens der Flüchtlinge selbst als auch auf Initiative der Betreiber, nach Veranstaltungen in den Unterkünften nehme immer mehr zu. Daneben gebe es weiterhin Veranstaltungen für bereits länger hier lebende Migranten zu den Bereichen seelische Gesundheit, Psychiatrie und Sucht.

Auf die Nachfrage von Herrn Schulz, ob es Zahlen zum längerfristigen Erfolg des clean- oder methadongestützten Ausstieges gebe, sagte Herr Westermann, für die heutige Sitzung müsse er eine Antwort schuldig bleiben, werde aber entsprechendes zum Protokoll nachliefern.

(Anmerkung der Protokollführung:
Der Anlage zu diesem Protokoll können die entsprechenden Informationen entnommen werden).


Herr Leune ergänzte, nach bundesweiten Zahlen der Rentenversicherungen als für die Rehabilitationsbehandlungen zuständige Kostenträger zahlten 80% derjenigen Personen, die eine „Sucht-Reha“ durchlaufen hätten, wieder Beiträge. Wenn dies in Verhältnis gesetzt werde zu den Katamnesen, die von den Verbänden gemacht würden, könne von einer Quote von 60% ausgegangen werden, die ohne Rückfall und unauffällig weiterlebten.

Herr Ruß erklärte, das Neue Land e.V. arbeite nach einem ausstiegsorientierten und nicht substitutionsgestützten Ansatz mit einem umfangreichen Nachsorgeangebot. Die Wiedereingliederungsquote habe in den vergangenen Jahren 35% betragen. Es werde ebenfalls eine Katamnese durchgeführt und die Personen seien wieder in den Arbeitsmarkt integriert. Die von Herrn Leune genannten Zahlen halte er daher für vergleichsweise sehr hoch und zumindest für den Bereich der Konsumenten illegaler Drogen könne sie nicht gelten. Es könne leicht ein falscher Eindruck entstehen.

Zur Nachfrage von Ratsherrn Klippert wie bei nichtstofflichen Süchten ein Rückfall verhindert werden könne, denn anders als bei stofflichen Süchten sei eine Abstinenz sicher kaum realistisch, erläuterte Herr Leune, Return arbeite, wie auch in der stationären Rehabilitation, mit einem Ampelmodell. Dabei müsse jeder für sich selbst definieren, was er auf „rot“ setze. Im Rahmen der Nachsorgebegleitungen werde immer wieder angepasst, was letztlich zielführend sei. Beispielsweise könne „grün“ für reine Anwendungen, wie Word oder Excel stehen, „gelb“ für Offline-Spiele, die gelegentlich genutzt werden und „rot“ für Online-Strategiespiele, die pathologisch gespielt wurden. Manche Hilfesuchenden verzichteten komplett auf jegliche Computerspielenutzung, andere nutzten sie gelegentlich zur Freizeitgestaltung. Hier seien ganz klare Unterschiede zur stofflichen Sucht zu sehen: die kontrollierte Einnahme von Heroin sei nicht möglich, kontrolliertes Spielen aber schon.

Ratsherr Klippert erinnerte an das vom Rat verabschiedete Konzept zu Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum. Er bitte um weitere Ausführungen, wie in diesem Zusammenhang Streetwork zu sehen sei. Werde hier die Möglichkeit zum Nachsteuern gesehen, insbesondere was „Problemplätze“ wie den Raschplatz angehe, gebe es Nachholbedarf?

Herr Ruß antwortete, in Hannover gebe es immer weniger konsumfreie Räume. Das Neue Land arbeite ausstiegsorientiert und benötige entsprechende konsumfreie Räume, wie sie der Bauwagen unter der Raschplatzhochstraße biete. Gerade in der Szene müsse es solche Räume geben, damit die Menschen einmal zur Ruhe kommen könnten. Dabei entstehe eine ganz andere Gesprächsatmosphäre und dies sei eine wichtige Ergänzung, die hier noch einmal hervorgehoben werden solle. Um diese zu erhalten sei die Unterstützung der Stadt gerade für den niedrigschwelligen Bereich dringend notwendig. Dies umso mehr durch die Zunahme der Zahl der Migranten und der Entwicklung der Substitutionsszene. Zwar leisteten die vielen Ehrenamtlichen einen wichtigen Beitrag, aber es erfordere auch finanzielle Mittel, um diese anzuleiten und zu qualifizieren.

Herr Westermann ergänzte, Streetwork sei vor allem sehr personalintensiv und das Stellwerk sei im genannten Umfeld bereits aktiv. Es würden jedoch keine Mitarbeiter vorgehalten, um das Angebot ausweiten zu können. Der Bereich in Linden werde gesondert gefördert und dort werde deutlich, dass auch die Menschen erreicht werden könnten, die noch nicht oder nicht mehr die anderen Einrichtungen der STEP aufsuchten, sich aber trotzdem im Umfeld von Sucht bewegten. Streetwork habe auch die Aufgabe, Kontakte zu halten sowie neu anzubahnen. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass diese personalintensive Arbeit nicht nur von Ehrenamtlichen abgedeckt werden könne, sondern sozialarbeiterische Fachkräfte erfordere, die den Bedarf erkennen könnten und in die bestmöglichen Hilfen weitervermittelten.

Ratsherr Jacobs sagte, er wolle noch einmal auf den demografischen Wandel zu sprechen kommen und interessiere sich in diesem Zusammenhang, ob es aus Sicht der Suchthilfe Veränderungen gebe. Herr Leune erläuterte, wenn von Sucht gesprochen werde, gehe es vorrangig um Substanzkonsum und Glückspielsucht. Dabei werde der Substanzkonsum im Wesentlichen durch Alkohol und Medikamente dominiert. Diese würden durch massive Werbung am Markt platziert und fänden ständig Abnehmer. In dem Bereich sei nahezu keine Veränderung festzustellen, außer, dass offenbar immer weniger Menschen immer mehr konsumierten.

Darüber hinaus gebe es Probleme mit illegalen Substanzen, die vor allem übers Internet als sog. neue psychoaktive Substanzen angeboten würden und über die extrem wenig bekannt sei. Vermutlich hätten sie eine hohe Verbreitung, seien aber eher ein Jugendphänomen, das es zu beobachten gelte.

Beruflich habe er seit mehr als 30 Jahren mit Abhängigkeiten zu tun; statistisch ließen sich 50 Jahre überblicken. Daraus lasse sich keine Veränderung im Anteil der süchtigen Menschen ableiten.

Frau Feldmann bat um weitere Ausführungen zu Frauen und Sucht. Sie habe herausgehört, dass es zwar Angebote für Frauen gebe, aber diese generell schlecht zu erreichen seien. Es würde sie interessieren, ob es noch weitere Ideen oder Ansätze gäbe, die verfolgt werden könnten. Darüber hinaus bitte sie um Auskunft, ob genügend Therapieplätze, vor allem für Jugendliche und Heranwachsende zur Verfügung stünden

Herr Freitag erläuterte, dass es mittlerweile recht viele gute Kliniken gebe, die sowohl medienabhängige Jugendliche als auch Erwachsene aufnähmen. Die Wartezeiten seien ähnlich wie bei anderen Maßnahmen.

Mädchen könnten noch besser erreicht werden, wenn eine größere Präsenz in den Schulen mit geschlechtsspezifischen Präventionsangeboten möglich wäre. Teilweise werde dies schon durchgeführt und durch die Trennung von Jungen und Mädchen ergäben sich Kontaktaufnahmen. Letztlich handele es sich um eine Frage der Ressourcen. Bei einer verstärkten Präsenz insbesondere in Schulen würde ein der Beratungsbedarf sicher stärker sichtbar und sich auch auf die Hilfenachfragen bei Return auswirken.

Herr Westermann ergänzte, Mädchen seien eher in sozialen Netzwerken unterwegs, einem Geschäftszweig, der riesige Umsätze generiere. Er gehe daher davon aus, dass gerade aus diesem Grund ungern an problematisches Nutzerverhalten herangegangen werde.

Herr Leune fügte hinzu, dass derzeit die Rentenversicherungen einen Antragsrückgang bei den medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen beklagten. Es werde vermutet, dass dies einerseits mit der Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse zu tun habe, bei dem sich die Beschäftigten nicht trauten, eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in Anspruch zu nehmen. Andererseits erreichten die psychiatrischen Einrichtungen mit ihren relativ kurzen und intensiven Behandlungen, die von den Krankenkassen finanziert würden, recht viele Menschen, die dann keine lange, klassische Rehabilitation mehr machten. Werde der Behandlungsbegriff noch weiter gefasst und zähle man neben der medizinischen Rehabilitation auch die Vermittlung in Arbeit, die Schaffung von Wohnperspektiven und die Maßnahmen der Eingliederungshilfe hinzu, gebe es viele weiterführende Maßnahmen, die einfacher durchzuführen seien und auch zu einem Erfolg führen könnten.


Abschließend bat Ratsfrau Klingenburg-Pülm auf Anregung und Bitten von Ratsherrn Klippert sowie Frau Feldmann die eingeladenen Fachleute darum, in einem kurzen Statement ihre Wünsche an die Politik zu formulieren.


Herr Pleske betonte, dass die Zuwendungen insbesondere durch die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen den Personalkosten und den teilweise gedeckelten Gesamtzuwendungen nicht auskömmlich seien. Gerade der Anteil Abhängiger im legalen Bereich sei deutlich größer, als bei den illegalen Stoffen. Das Diakonische Werk versuche die Ausfälle im Wesentlichen durch Einnahmen aus der ambulanten medizinischen Rehabilitation zu kompensieren. Für Projektförderungen sei man jederzeit offen; Einzelheiten dazu würden aber heute zu weit führen.

Herr Gaenshirt sagte, nach Auffassung des Neuen Landes e.V. sei für ausstiegsbereite Drogenabhängige eher eine längere stationäre Aufnahme notwendig. Daran müsse sich eine Nachsorge anschließen, die in früheren Jahren durch die Landesversicherungsanstalt und das Land finanziert wurde. Diese Stellen seien inzwischen komplett gestrichen worden, was zu einem nahezu 100-%-igen Defizit bei der Nachsorge geführt habe. Einige Gespräche könnten abgerechnet werden; dies decke aber bei Weitem nicht den Aufwand der Therapeuten in der Therapie sowie der Fachstelle in der Nachsorge, die sich bis teilweise über 2 Jahre hinweg erstrecke.

Es sei festzustellen, dass Menschen mit Suchterkrankungen, auch durch Substitution, heute deutlich länger überlebten. Während früher meist 20-30-Jährige ausstiegen, seien es heute die 30-40-Jährigen. In Kürze werde bspw. ein 59-Jähriger aufgenommen. Selbstverständlich müsse den Menschen dann geholfen werden, wenn der für sie richtige Zeitpunkt gekommen sei, aber die berufliche Förderung ende oft bereits bei 40-Jährigen.

Im Bereich der Jugendpflege habe das Neue Land e.V. ein weiteres dringendes Anliegen: Seit inzwischen 30 Jahren arbeite sie mit der Clearingstation, bei der die Jugendhilfe nicht implementiert sei. Bei jungen Menschen müsse erst eine Gesamtplanung aufgestellt werden, viele Fachleute seien zu beteiligen, was viel Zeit in Anspruch nehme. Nehme die Einrichtung bereits vor abschließender Klärung auf, erhalte sie keine Kostenerstattung. Darüber hinaus gebe es diverse Versicherungs- sowie Zuständigkeitsabklärungen mit Ämtern und Behörden. Insbesondere für die Clearingstation müsse daher dringend ein neuer Weg gefunden werden, um eine Akutaufnahme von unter 21-Jährigen zu ermöglichen.

Frau Frodl erklärte, sie wolle sich im Wesentlichen den Ausführungen von Herrn Pleske zum Auseinanderklaffen von Personalkosten und Zuwendungen anschließen. In der Diskussion seien von einem Redner die Werbekosten angesprochen worden; auch diese machten einen nicht unerheblichen Teil der Ausgaben aus. Auch begrüße sie Projektförderungen, da damit immer wieder neue, aktuelle Themen umgesetzt werden könnten.

Im Rahmen der ambulanten Suchthilfe sei auch Prisma e.V. vertraglich mit der Landeshauptstadt Hannover verbunden. Dafür stehe 1 Stelle zur Verfügung, die aber bei Weitem nicht den steigenden Bedarf abdecken könne. Leider müsse Vieles abgelehnt werden, da die Kapazitätsgrenze erreicht sei.

Herr Kimil sagte, konkret stelle sich das Ethno-Medizinische Zentrum vor, eine höhere Zuwendung für die Ausweitung seiner bisher 50-stündige Schulung auf 55-60 Stunden, um neue Themen wie Sucht und Trauma, psychoaktive Substanzen, rechtliche sowie geschlechtsspezifische Aspekte noch stärker integrieren zu können, zu nutzen. Dadurch könne die Zahl der Mediatoren von derzeit 18-20 auf 22-25 jährlich sowie die Zahl der Infoveranstaltungen durch die Mediatoren von 30 auf 35 erhöht werden. Dadurch könnten noch mehr Migranten und Bürger in der Prävention erreicht werden. Auch die Materialien könnten in weiteren Sprachen erstellt werden.

Auch Herr Westermann schloss sich Herrn Pleske sowie Frau Frodl an. Die heutige Anhörung habe deutlich gemacht, dass die Suchthilfeeinrichtungen an einigen Stellen am Limit arbeiteten. Wenn es Vorstellungen zur Erweiterung der Öffnungszeiten von Stellwerk und Ausweitung von Streetwork gebe, sei dies mit der bisherigen Förderung nicht zu realisieren.

Der bereits angesprochene demografische Wandel lasse sich auch daran ablesen, dass in der ambulanten Behandlung inzwischen auch 80-Jährige anfragten. Dies habe auch mit einer anderen Sichtweise auf Sucht zu tun. Auch die Wünsche nach Teilhabe und Unabhängigkeit zeigten sich hier. In der Szene der Konsumenten harter Drogen stagniere glücklicherweise die Zahl, wenn auch auf hohem Niveau. Neue Abhängige gebe es beim Cannabisgebrauch, der in der Drogenberatung ein wichtiger Aspekt sei. Auch dort gehe es darum, die bestehenden Angebote insbesondere der interkulturellen Suchtberatung zu erhalten, denn gerade bei jüngeren Menschen mit Migrationshintergrund gebe es hier Handlungsbedarf.

Herr Freitag erklärte, eine Zunahme des exzessiven Medienkonsums sei zu prognostizieren, da die Geräte und Medieninhalte, die zur Gefühlsregulierung eingesetzt werden könnten, immer früher und intensiver zu einem Zeitpunkt zur Verfügung stünden, wo die Selbstkontrolle und –steuerung kaum vorhanden sei, also bei Kindern und Jugendlichen. Dadurch blieben diese bereits jetzt hinter ihren Möglichkeiten zurück. Der Wunsch von Return wäre, dass die Wartezeiten für Menschen, die nach einer Beratung anfragten, reduziert werden könnten. Dafür sei eine Wiederaufnahme der Förderung seitens der Landeshauptstadt Hannover notwendig, damit die Fachstelle eine stabile Perspektive für ihre Arbeit erhalte. Darüber hinaus wäre die Anerkennung als Suchtberatungsstelle gemäß den Richtlinien des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung wünschenswert, für die hier um eine politische Unterstützung geworben werde.

Herr Leune sagte, der fdr als bundesweiter Fachverband wünsche sich, dass die Landehauptstadt Hannover ihren Einfluss in den kommunalen Spitzenverbänden dazu nutze deutlich zu machen, dass Abhängigkeitserkrankungen ein Thema insbesondere auch der kommenden Jahre seien. Der fdr habe in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder versucht, mit seinem Anliegen an die kommunalen Spitzenverbände heranzutreten, sei dort aber auf Desinteresse gestoßen. Offenbar werde überhaupt nicht wahrgenommen, dass Abhängigkeit Volkserkrankung sein und die Kommunen die Antworten darauf liefen müssten, was Viele überfordere.


Im Namen des Sozialausschusses dankte Ratsfrau Klingenburg-Pülm den Vortragenden für den interessanten Einblick in ihre Arbeit. Die Fraktionen würden sicher einiges davon in ihrer Arbeit aufgreifen können.

Die Anhörung wurde durchgeführt

TOP 3.
Genehmigung des Protokolls über die 11. Sitzung am 18. Dezember 2017
Ohne Aussprache.

Vertagt


TOP 4.
Bericht der Dezernentin
Es lagen keine Berichtspunkte vor.


Ratsfrau Klingenburg-Pülm schloss die Sitzung.


Beckedorf Hanebeck
Stadträtin für das Protokoll