Sitzung Stadtbezirksrat Linden-Limmer am 13.12.2017

Protokoll:

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Einladung (erschienen am 05.12.2017)
Protokoll (erschienen am 07.02.2018)
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Landeshauptstadt Hannover - 18.63.10 - Datum 16.01.2018

PROTOKOLL

zur 1. Sondersitzung des Stadtbezirksrates Linden-Limmer
zum Konzept "Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum"
am Mittwoch, 13. Dezember 2017,
Aula des Gymnasiums Limmer,
Wunstorfer Straße 14, 30453 Hannover

Sitzungsbeginn: 18.10 Uhr
Sitzungsende: 21.25 Uhr
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Anwesend: (verhindert waren)

Bezirksbürgermeister Grube (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Stellv. Bezirksbürgermeisterin Schmalz (DIE LINKE.)
(Bezirksratsherr Bulut) (FDP)
(Bezirksratsherr Dzienus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bezirksratsfrau Fiedler (DIE LINKE.)
Bezirksratsherr Ganskow (PIRATEN)
Bezirksratsherr Dr. Gardemin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
(Bezirksratsherr Geffers) (SPD)
Bezirksratsfrau Grobleben (Die PARTEI)
(Bezirksratsfrau Hamburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bezirksratsherr Klenke (CDU)
Bezirksratsherr Knoke (SPD)
Bezirksratsfrau Laube (SPD) (18.20 - 20.05 Uhr)
Bezirksratsherr List (DIE LINKE.)
Bezirksratsherr Mallast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bezirksratsfrau Martin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bezirksratsherr Müller (DIE LINKE.)
Bezirksratsfrau Schweingel (SPD)
Bezirksratsfrau Steingrube (CDU)
Bezirksratsherr Voß (SPD) (18.25 - 21.25 Uhr)
(Bezirksratsfrau Weist) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Beratende Mitglieder:
Beigeordnete Kastning (SPD)
Ratsherr Klippert (Die FRAKTION)
(Ratsfrau Langensiepen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
(Beigeordneter Machentanz) (LINKE & PIRATEN)
(Ratsfrau Steinhoff) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
(Ratsherr Wolf) (LINKE & PIRATEN)

Verwaltung:
Herr Dr. von der Ohe (Finanz- und Ordnungsdezernat)
Herr Hupe (Finanz- und Ordnungsdezernat)

Frau Rühmann (Fachbereich Öffentliche Ordnung)
Frau Schaffert-Weiland (Fachbereich Öffentliche Ordnung)
Frau Diers (Fachbereich Personal und Organisation)
Herr Wescher (Fachbereich Personal und Organisation)
Herr Mingers (Fachbereich Personal und Organisation)
Herr Öktem (Fachbereich Personal und Organisation)



TOP 1.
Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

Bezirksbürgermeister Grube eröffnet die 1. Sondersitzung des Stadtbezirksrates Linden-Limmer zum Konzept „Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum“ und stellt die ordnungsgemäße Einberufung, die Beschlussfähigkeit und die Tagesordnung fest.

Er begrüßt den Dezernenten für Finanzen und öffentliche Ordnung, Herrn Stadtkämmerer Dr. von der Ohe, sowie die übrigen anwesenden VertreterInnen der Verwaltung aus den Fachbereichen „Personal und Organisation“ und „Öffentliche Ordnung“. Er begrüßt die rund 60 anwesenden Einwohnerinnen und Einwohner.

Bezirksbürgermeister Grube erläutert den Ablauf der Sondersitzung:
Zunächst wird Stadtkämmerer Dr. von der Ohe das vom Rat beschlossene Konzept „Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum“ vorstellen. Unter TOP 3 können sich dann die Mitglieder des Bezirksrats äußern und Fragen stellen, ehe die Einwohnerinnen und Einwohner in die offene Diskussion eintreten. Zu diesem TOP wurden auch sogenannte „sachverständige Personen“ eingeladen – Personen, die in besonderen Funktionen im Stadtbezirk arbeiten, aktiv sind oder sich persönlich engagieren. Diese Sachverständigen von der Polizei, vom Stadtteilforum Linden-Süd, Faust e.V., u.a. können zu ihren spezifischen Themen gehört werden oder sich nach Bedarf äußern.

Da im Vorfeld zur heutigen Sitzung entsprechende Bitten geäußert wurden, weist er darauf hin, dass Anwesende nur fotografiert werden dürfen, wenn sie einer Veröffentlichung der Aufnahmen zustimmen.


TOP 2.
Information der Verwaltung: Beteiligungsprozess zum Thema „Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum“

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe präsentiert das Konzept „Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum“ und erläutert, welchen Anforderungen und Bedürfnissen der Einwohnerinnen und Einwohner die Stadt Hannover mit diesen Maßnahmen begegnen will.

Er erinnert, dass mit der heutigen Auftaktsitzung zunächst eine Bestandsaufnahme für den Stadtbezirk Linden-Limmer vorgenommen werden soll und dass eine zweite Sondersitzung in rund sechs Monaten erfolgt, die sich mit den Lösungen, Maßnahmen und Handlungsansätzen befassen wird.

[Die Präsentation ist Teil des Protokolls]

TOP 3.
Austausch mit dem Stadtbezirksrat Linden-Limmer, den eingeladenen Sachverständigen sowie den Einwohnerinnen und Einwohnern

Bezirksratsherr Mallast stellt fest, dass in der Präsentation ein starkes Sicherheitsgefühl der Bevölkerung diagnostiziert wird, dass aber die Sicherheitsvereinbarung mit der Polizeidirektion Hannover wiederum „ein gemindertes Sicherheitsempfinden“ der EinwohnerInnen beschreibt. Dies sei, so Bezirksratsherr Mallast, ein argumentativer Widerspruch.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe entgegnet, dass sich einerseits die Aussagen zum subjektiven Sicherheitsempfinden der BewohnerInnen an zwei Straßenecken schon sehr unterscheiden können. Zudem habe die flankierende EinwohnerInnenabfrage, die die dringlich gewünschten Leistungen erfasst, hohe Stimmenzahlen für Sicherheits- und Ordnungsmaßnahmen ergeben. Dieses Thema ist den Menschen folglich wichtig.

Bezirksratsfrau Martin merkt an, dass der Eindruck entsteht, dass der beschriebenen Sensitivität für die subjektive Sicherheit kein objektiver Zuwachs an kritischen Gefährdungen entspricht. Wenn dies zuträfe, dann sollte man die Bevölkerung eher aufklären, als ihnen ein gegenstandsloses Konzept zu präsentieren. Sie fragt weiter, wie der Erfolg des Konzeptes gemessen werden wird.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe führt aus, dass es Gefährdungen und Probleme gibt, die mit einem Sicherheits- und Ordnungskonzept beeinflusst und reguliert werden können. In der Folge werde die Verwaltung prüfen, ob sich die Zahl der relevanten Vorfälle objektiv verringert hat und ob die Menschen eine qualitative Verbesserung wahrnehmen. Das subjektive Sicherheitsempfinden der BewohnerInnen ist eine relevante Größe – keine Fiktion.

Bezirksratsherr Mallast bezieht sich auf die Sicherheitsvereinbarung, die zwischen der Stadt und der Polizei Hannover geschlossen wurde und fragt, wie die hier genannten „risikobehafteten Flashmobs“ bestimmt sind, die sowohl als politische Demonstrationen oder als Vergnügungsveranstaltungen vorkommen könnten. Er fragt weiter, welche Maßnahmen zur Minderung der Sicherheitsrisiken von Veranstaltungen vorgesehen sind.

Stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Schmalz fragt ergänzend, ob mit Großveranstaltungen auch politische Demonstrationen gemeint sind.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe antwortet, dass die Stadt gemeinsam mit der Polizei die angemeldeten Veranstaltungen überprüft, Gefährdungen kategorisiert und so mögliche Risiken zu vermindern versucht - es seien Veranstaltungen wie das Maschseefest und nicht politische Demonstrationen gemeint.

Bezirksratsfrau Steingrube erläutert, dass die Bevölkerung insbesondere im Stadtteil Linden-Nord aber auch in Linden-Mitte unter dem nächtlichen Partytourismus leidet. Sie weist darauf hin, dass die Ordnungskräfte nur bis 22.00 Uhr eingesetzt werden und somit zu den relevanten Zeiten keine Hilfe sind.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe antwortet, dass die Einsatzzeiten der neuen Mitarbeiter von Montag bis Samstag zu den genannten Zeiten angesetzt sind. Auf der Limmerstraße soll an den Wochenenden und in der Nacht weiterhin der Sicherheitsdienst eingesetzt werden und auch Sozialbetreuerische Maßnahmen des Karl-Lemmermann-Hauses werden erhalten. Das Konzept für Sicherheit und Ordnung soll nicht die bisherigen sinnvollen Maßnahmen ersetzen, sondern diese vielmehr ergänzen.

Bezirksratsherr Müller zählt weitere Probleme des Bezirks auf die nach 22.00 Uhr also außerhalb der Einsatzzeiten der Ordnungskräfte relevant werden: Parken auf den Fußgängerübergängen der Kreuzungsbereiche, überhöhte Geschwindigkeiten von hochtourig fahrenden Pkws auf der Limmerstraße, Befahrung der Limmerstraße in der falschen Richtung, etc.

Bezirksratsfrau Steingrube fragt, wie das Abfallwirtschaftsunternehmen aha in das Konzept eingebunden ist. Der Partytourismus verursacht Müll aber auch unangemeldet abgelegter Sperrmüll ist ein Problem.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe sagt, dass das Konzept noch um das Thema Sauberkeit ergänzt werden muss. Hierzu werde voraussichtlich im Frühjahr 2018 ein gesonderter Vorschlag vorgelegt.

Bezirksratsherr Müller kritisiert, dass die Sauberkeit mit Ordnungskräften hergestellt werden soll, während aha mit der Entscheidung das Entsorgungskonzept für Altpapier zu verändern den Bezirk stark belastet und sogar vermüllt hat. Die gepriesene kostenlose private Altpapiertonne ist in den bevölkerungsverdichteten Stadtteilen Lindens vielerorts nicht unterzubringen.

Er führt weiter aus, dass das Ordnungspersonal eine Reihe von Eingriffsbefugnissen gegen die EinwohnerInnen hat. Er fragt, ob das Personal bei der Einstellung auf politische und andere Straftaten hin überprüft werde.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe antwortet, dass eine Überprüfung der Ordnungskräfte auf vorausgehende Verurteilungen aufgrund von Körperverletzungen oder politischen Straftaten etc. selbstverständlich sei.

Bezirksratsherr List kritisiert, dass Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum mit Sauberkeitsanforderungen und mit dem Verhindern nicht organisierten Bettelns aber auch mit störenden StraßenmusikerInnen in eins gesetzt werden. Hier werde nicht kriminelles Verhalten verfolgt, sondern der soziale Frieden wird durch die Kriminalisierung von einfachsten Vergehen gestört. Er habe den Eindruck, dass eine umfassende Kontrolle der Einwohnerinnen und Einwohner durch polizeilich ausgebildete MitarbeiterInnen erfolgen soll.

Bezirksratsfrau Grobleben merkt an, dass das Beharren auf Sicherheit und Ordnung der kulturellen Atmosphäre des Bezirks widerspricht und dieser schadet.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe stellt fest, dass die dauerhafte Beschallung mit Straßenmusik durchaus ein stark störendes Ereignis ist – für alle, die dem ausgesetzt sind.

Er argumentiert, dass zahlreiche Studien und Erhebungen gezeigt haben, dass Verwahrlosungszustände, wie bei ständig wiederkehrender illegaler Müllablage, nicht trivial sind. Wenn dieses Verhalten dauerhaft ist, stellt es die Regeln gemeinsamen Zusammenlebens und damit auch die öffentliche Ordnung in Frage.

Er erinnert Bezirksratsherrn List daran, dass die Befugnisse der kommunalen Ordnungskräfte festgelegt sind und in der Präsentation dargestellt wurden; sie sind nicht denen der Polizei vergleichbar. Diese Befugnisse wurden zudem für die Situation des Notfalls geschaffen und definieren nicht das alltägliche Auftreten der MitarbeiterInnen.

Die Polizei wird die neuen KollegInnen im städtischen Dienst nicht ausbilden. Es wird, wie bisher beim Ordnungsdienst der Innenstadt, gemeinsame Schulungen und einen Austausch von Erfahrungen sowie gelegentliche gemeinsame Streifengänge geben.

Bezirksratsherr Ganskow bemängelt, dass die in der Innenstadt ergriffenen Maßnahmen zu einer Verdrängung z.B. von StraßenmusikerInnen in angrenzende Bezirke führen wird.

Er merkt an, dass einige StraßenmusikantInnen erheblichen Aufwand bei der Inszenierung betreiben und bspw. ein Klavier an den Aufführungsort transportieren. Die neuen städtischen Regelungen mit begrenzter Aufführungszeit werden so etwas verhindern und folglich das Niveau verschlechtern. Auch bei der möglichen Fokussierung gegen den Partytourismus könnte das Ordnungskonzept negative Folgen für die überregional bekannte Clubkultur in Linden haben.

Bezirksratsherr Dr. Gardemin bezeichnet den Partytourismus als Problem, das man mit verstärkter Sozialarbeit und nicht mit Ordnungskräften lösen sollte. Er weist darauf hin, dass das Geschehen an den Wochenenden wie eine Großveranstaltung zu handhaben ist. Jährlich kommen hier rund 1 Mio. Gäste zum Feiern nach Linden. Veranstaltungen wie das Maschseefest oder das Schützenfest werden anders behandelt.

Bezirksratsherr Dr. Gardemin kritisiert, dass man Straßenmusik nicht wie aggressive Bettelei und Alkoholismus behandeln kann. Diese Einschätzung des Ordnungskonzepts ist auch nicht durch eine Befragung oder ähnliches legitimiert, denn der Beteiligungsprozess beginnt ja erst mit dieser Sitzung. Er fragt, ob die Kriterien der Innenstadt auch auf die anderen Bezirke übertragen werden.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe präzisiert, dass die Regelungen des Sicherheits- und Ordnungskonzepts zur Straßenmusik für die Innenstadt und die Lister Meile entwickelt wurden und so nur dort angewendet werden. Andererseits gilt für alle StraßenmusikerInnen bereits heute, dass für Darbietungen, die abseits vorgesehener Plätze stattfinden, eine Genehmigung erforderlich ist.

Bezirksratsherr Ganskow nimmt an, dass Bettelnde sich als Spendensammler ausgeben und damit einer Verfolgung durch die städtischen MitarbeiterInnen entziehen könnten.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe antwortet, dass die Ordnungskräfte in der Lage sind, zwischen Betteln und Sammeln unterscheiden zu können. Bettelnde, die andere aggressiv angehen, sie nötigen oder die Kinder mit sich führen, werden vom Ordnungsdienst sicher nicht mit Sammelnden verwechselt.

Bezirksratsfrau Martin fragt, ob hinterfragt wurde, dass sich der Einsatz von SicherheitsmitarbeiterInnen auch negativ auf das Verhalten der überwachten Personen auswirken könnte – dass sie sich provoziert fühlen könnten.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe stellt fest, dass die Befugnisse des Sicherheitspersonals professionell genutzt werden müssen. Um einen deeskalierenden Einsatz zu erreichen, werden die KollegInnen geschult und eingewiesen.

Sie werden in Doppelstreifen unterwegs sein, um ihnen mehr Sicherheit zu gewähren und im Sinne gegenseitiger Kontrolle. Er weist darauf hin, dass die Sicherheitskräfte in der Innenstadt noch nie eine Durchsuchung vorgenommen haben.

Bezirksratsherr Mallast stellt fest, dass die Polizei, die City-Gemeinschaft und der Stadtbezirksrat Mitte die Plätze für Straßenmusik festgelegt haben und fragt, ob dies im Bezirk Linden-Limmer ebenso erfolgen könnte. Der Bezirksrat Linden-Limmer ist sicher interessiert, die Plätze für Straßenmusik selbstständig festzulegen.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe erläutert, dass einige der Probleme im Stadtbezirk Mitte ursächlich für das Konzept „Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum“ waren, da hier eine andere Ausgangslage und besonderer Handlungsdruck gegeben waren. Die Polizei und die City-Gemeinschaft haben nicht entschieden, auf welchen Plätzen die Straßenmusik stattfinden kann. Beide waren mit ihren Erfahrungen und Vorschlägen nur eingebunden. Für den Stadtbezirk Linden-Limmer hat die Verwaltung keine Festlegungen getroffen, er wird durch die Sondersitzungen in anderer Weise beteiligt.

Beigeordnete Kastning ergänzt, dass der Rat beschlossen hat, dass alle 13 Stadtbezirke informiert und beteiligt werden. Die Kompetenz der BezirksratspolitikerInnen, der sogenannten Sachverständigen und der EinwohnerInnen ist dabei unentbehrlich und wird auch zukünftig in einem andauernden Dialog relevant sein.

Stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Schmalz berichtet, dass regelmäßig parkende Autos die Fußgängerwege auf der Limmerstraße zustellen und die Fußgänger zu Umwegen auf die Straße zwingen, wo sie durch Fahrzeuge mit überhöhter Geschwindigkeit in Gefahr gebracht werden. Sie fragt, ob der Ordnungsdienst auch für diese Verkehrsordnungsdelikte zuständig sein wird.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe antwortet, dass nur die Polizei für den fließenden Verkehr zuständig ist.

Bezirksbürgermeister Grube eröffnet die Diskussion für die anwesenden Einwohnerinnen und Einwohner und erinnert, dass in der heutigen Sitzung keine abschließenden Antworten oder Lösungen vorgesehen sind.

Einwohnerin (1) berichtet, dass ihr Familienleben in der gesamten warmen Zeit durch den ständigen Lärm privater Musikanlagen auf der Dornröschenbrücke gestört wird. Die Menschen starten an den Wochenenden bereits gegen Mittag mit der dauerhaften Beschallung, die sich bis in die Nacht fortsetzt. Auch an den Wochentagen kommt immer jemand, der sich dort mit seiner lauten Musik niederlässt. In der Regel gehe sie auf diese Personen zu, die aber meist nicht bereit seien, die Musik abzustellen. Dann benachrichtige sie die Polizei, die sich vor 22.00 Uhr als nicht zuständig ansieht.

Sie wünsche sich deshalb einen Ordnungsdienst der einschreitet. Sie fragt, ob diese Form der Störung auch Straßenmusik ist.

Einwohner (2) merkt an, dass die Menschen auf der Straße feiern, weil sie sich das Bier in der Kneipe nicht leisten können.

Einwohnerin (3) schildert, dass Gruppen von Skateboardern auf dem Küchengartenplatz über den ganzen Sommer ohne Rücksicht ihrem Sport nachgehen, der aufgrund der Sprünge sehr laut ist. Sie spricht auch regelmäßig die VerursacherInnen an, die aber nicht reagieren.

Sie unterstützt die Schaffung von weiteren Skaterplätzen abseits der Wohnbebauung und hofft, dass die Verwaltung diese Nutzung des Küchengartenplatzes in Zukunft verhindert.

Bezirksbürgermeister Grube erinnert, dass der Bezirksrat 2009 gemeinsam mit den AnwohnerInnen ein Konzept für den Küchengartenplatz entwickelt und ein Schild angebracht habe, dass die Skateboarder zur Rücksicht auffordert. Gleichzeitig habe man zusammen mit dem damaligen Stadtbezirksmanager die Entstehung eines Skatergeländes durch den 2er Skateboarding e.V. an der Fössestraße unterstützt. Diese Kombination aus Regeln und Nutzungsmöglichkeit hat zeitweise für eine verträgliche Koexistenz gesorgt. Andererseits wird man den Drang der Skater, Kunststücke auf öffentlichen Flächen zu zeigen, nie vollständig unterbinden können. Die alten Regeln müssen neu durchgesetzt werden. Es war ein Wunsch der Bürgerbeteiligung das Skaten zuzulassen.

Einwohnerin (3) entgegnet, diese Regulierung auf bestimmte Zeiten und Tage habe damals nur mäßig funktioniert und werde von der neuen Generation gar nicht mehr akzeptiert. Eingreifende Parkranger waren immer nur vorübergehend im Stadtteil und konnten das Konzept nicht unterstützen.

Einwohner (4) widerspricht und hofft auf eine Regulierung ohne Ordnungskräfte. Der Küchengartenplatz sei auch ein Angebot für die Skater der Innenstadt gewesen und habe dann aber schnell für neue Probleme gesorgt.

Eine Einwohnerin (5) kritisiert, dass der nächtliche Lärm, der von dem Partytourismus in Linden-Nord ausgeht, gesundheitsgefährdend sei. Ihr Schlaf werde ständig gestört und niemand agiere verantwortlich.

Sie weist darauf hin, dass das Ordnungskonzept in die falsche Richtung geht, denn die Innenstadt sei doch ideal für Lärm, Skaten etc. In der Innenstadt wohnt niemand.

Einwohner (6) kritisiert, dass ihm als Gastronomen die Schuld an den Verhaltensweisen des Partytourismus gegeben wird. Er schaffe mit seinem Lokal einen Ort für die AnwohnerInnen, habe Hilfe als Anbieter der „netten Toilette“ geleistet und sei manchmal ebenso ein Geschädigter, wenn z.B. die Menschenmassen vom Fährmannsfest oder aus der Faust kommen. Er sei immer Ansprechpartner gewesen und um Lösungen bemüht.

Sachverständiger (1) informiert, dass er seit zehn Jahren eine Arbeitsgemeinschaft Wohnumfeld im Stadtteil Linden-Süd organisiert und als Quartiersmanager an diversen Gruppen- und Netzwerkveranstaltungen teilnimmt. Er betont, dass auch das Thema Sauberkeit zum Themenkomplex „Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum“ gehört. Die regelmäßige illegale Entsorgung von Müll und Sperrmüll greift in das soziale Miteinander ein – sie ist ein Hinweis, dass die Spielregeln des gemeinsamen Lebens nicht anerkannt werden. Er begrüßt, dass mit dem Konzept mehr MitarbeiterInnen präsent sein werden, die sich um die kleinen Dinge kümmern, die nicht funktionieren. Der Stadtteil benötigt nicht nur Regeln, sondern auch Personen die sie einfordern. Er kritisiert gleichzeitig, dass aha und seine Müllfahnder bisher nicht Teil des städtischen Konzepts sind.

Der Sachverständige (1) führt weiter aus, dass auch das Thema Drogen im Stadtteil Linden-Süd sehr präsent ist, da sich am Schwarzen Bären bzw. am Anfang der Deisterstraße mehrere Substitutionspraxen befinden. Die massive Ansammlung von PatientInnen ist für die AnwohnerInnen sehr belastend. Möglicherweise, so schlägt der Sachverständige vor, könnte eine gerechtere Verteilung über das Stadtgebiet den Stadtteil entlasten.

Bezirksbürgermeister Grube ergänzt, dass in den genannten Kliniken mehr als 1000 Menschen substituiert werden. Nicht wenige Personen gehen mit Hilfe der Substitution einer geregelten Arbeit nach. Einige wenige Personen können noch als Drogenabhängige bezeichnet werden, der Drogenverkauf auf einem gegenüberliegenden Parkplatz wird von der Polizei beobachtet. Andere holen sich die substituierenden Mittel und kaufen Alkohol hinzu, dann halten sie sich am Leineufer auf. Hier wurde auf Initiative des Bezirksrats und mit Unterstützung der Verwaltung eine Toilette aufgestellt, um die Belastungen für die AnwohnerInnen zu verringern. Bei einer früheren Veranstaltung mit der Bundesgesundheitsministerin und der Ärztekammer hat sich der Bezirksrat informieren lassen. Damals haben die ExpertInnen darauf hingewiesen, dass eine Verteilung der Ausgabestellen dazu führt, dass auch das Problem über das gesamte Stadtgebiet verteilt wird.

Er schildert weiter, dass die starken Aktivitäten der Polizei (z.B. am Faustgelände) gegen die Drogenszene zu einer Zersplitterung der Dealerszene über den gesamten Stadtteil geführt haben.

Der Sachverständige (1) weist zudem darauf hin, dass der Stadtteil bei Großveranstaltungen an vielen Stellen illegal beparkt wird. Hier sollte eine stärkere Überprüfung mit Sanktionen stattfinden. Die Idee, Anwohnerparkplätze zu schaffen und entsprechende Anwohnerausweise auszustellen, sei kein geeigneter Lösungsweg.

Er berichtet weiter, dass AnwohnerInnen gemeinsam mit Stadtteilaktiven und der Verwaltung jüngst verhindern konnten, dass sich eine Dealergruppe von jungen Männern am Kinderspielplatz Großkopfstraße ansiedelt. Er weist darauf hin, dass die von den Dealern genutzte städtische Fläche an den Spielplatz angrenzt, aber nicht entsprechend deklariert sei. Wenn sie dem Spielplatz zugeschlagen und als solche gewidmet würde, könnte die Polizei z.B. Platzverweise für den Spielplatz aussprechen.

Einwohnerin (7) weist kritisch darauf hin, dass nach Abschluss der Sondersitzungen in allen 13 Bezirken wahrscheinlich überall Skaten, Straßenmusik oder öffentlicher Aufenthalt unmöglich ist. Alle werden, so prognostiziert sie, sagen „bei uns nicht“. Wichtig wäre hingegen über unsere Plätze, ihre Beschaffenheit und ihre Nutzung zu diskutieren. Mit der Stadtplanung sollte über die Konstruktion von Plätzen, Lärmschutz und andere Möglichkeiten zur Koexistenz von verschiedenen Nutzungen nachgedacht werden. Das Konzept „Sicherheit und Ordnung“ denkt hier nicht voran. Selbst der „normale“ Mensch störe ja schon.

Einwohnerin (8) widerspricht der Ansicht, dass man Störungen durch veränderte Stadtplanung oder weitere Diskussionen regulieren könne. Sie verweist auf bis zu 23 Abend- und Nachtveranstaltung im Monat allein durch das Kulturzentrum Faust. Sie führt aus, dass die Polizei nicht genügend Personal hat, um auf das lärmschädigende Verhalten zu reagieren und Hilfe zu leisten. Flaschen werden auf die Straßen geschmissen, auf denen tagsüber Kinder und Tiere spielen. Sie resümiert, dass niemand in dieser Situation Verantwortung übernimmt, um die AnwohnerInnen zu schützen.

Bezirksbürgermeister Grube betont, dass das Kulturzentrum Faust einen eigenen Ordnungsdienst beschäftigt, der über die Grenzen des Geländes hinaus die BesucherInnen zur Ruhe anhält. Er verweist darauf, dass Faust sein vielfältiges Kulturprogramm aus einer städtischen Zuwendung aber auch aus den Einnahmen der Abendveranstaltungen finanziert. Weniger Abendveranstaltungen seien nur möglich, wenn die Unterstützung durch die Verwaltung oder andere Zuwendungsgeber entsprechend erweitert würde.

Sachverständiger (2) ist Mitarbeiter des Kulturzentrums Faust und berichtet über die Bemühungen des eigenen Ordnungsdienstes, für den Stadtteil Ruhe zu schaffen.
Er nimmt an, dass mehr Personal auf den Straßen helfen würde, ein anderes Verhalten der VeranstaltungsbesucherInnen mit weniger Lärm zu erreichen. Er weist zudem darauf hin, dass auch eine Verlagerung der Ströme mit Hilfe entsprechender Wegebeleuchtung zur Nordstadt oder entlang der Leine zu einer möglichen neuen Stadtbahnhaltestelle am Ihmezentrum den Stadtteil entlasten könnte.


Bezirksratsfrau Fiedler stellt fest, dass sich die Verhaltensweisen des Ausgehpublikums sehr verändert hat. Linden-Nord war ein Kneipenstadtteil und keine Partymeile.

Bezirksratsfrau Steingrube führt aus, dass Wohnbezirke einen großen Veranstaltungsort wie Faust kaum verkraften können. Ein Sicherheitsdienst in der Nacht sei unerlässlich.

Bezirksratsherr Dr. Gardemin merkt an, dass andere Großveranstaltungen wie das Maschseefest besser und mit mehr finanziellem Einsatz betreut werden.

Einwohner (6) ergänzt, dass die Supermärkte auf der Limmerstraße die feiernden Menschen an allen Werktagen bis in die Nacht mit günstigen alkoholischen Getränken versorgen – früher waren die Supermärkte nur bis zum Nachmittag geöffnet.

Einwohnerin (9) führt aus, dass die Menschen in der Stadt von rassistischer und sexistischer Gewalt bedroht werden und dass deren Sicherheitsempfinden sicher nicht durch Straßenmusik oder alltäglichen Lärm beeinträchtigt wird. Zu diesem Themenkomplex sagt das vorliegende Konzept aber gar nichts und geht somit, so die Einwohnerin, an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen vorbei. Stattdessen werde eine Bedrohung künstlich aufgebaut, die einem diffusen Ordnungsdienst erlaube, Menschen zu kontrollieren und somit zu kriminalisieren.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe bedankt sich für die verschiedenen Hinweise und Anregungen der Einwohnerinnen und Einwohner. Es werde eine Prüfung und Auseinandersetzung mit diesen Hinweisen und Berücksichtigung in der Umsetzung des Konzeptes geben.

Ratsherr Klippert stimmt zu, dass Gewalt gegen Menschen und Zerstörung von privatem Eigentum konkrete Sicherheitsprobleme wären, auf die man mit einem Ordnungsdienst reagieren könnte. Diese Probleme seien in Linden und Limmer jedoch nicht dringlich. Lärmbelästigung durch Feiernde und Skater seien hingegen kein Sicherheits- sondern ein soziales Problem, das durch SozialarbeiterInnen betreut werden sollte. Von den 38 neuen Stellen seien aber nur zwei mit SozialarbeiterInnen besetzt worden – das greift zu kurz. Platzverweise und ähnliche Verdrängungsmaßnahmen lösen keine Probleme. Der Stadtbezirk Linden-Limmer ist in einem Wandel begriffen, der sich nicht aufhalten lässt. Menschen nehmen sich heute mehr Freiheiten heraus.

(Änderung bei Genehmigung des Protokolls am 31.01.2018: Ratsherr Klippert teilt mit, dass er in der Sitzung am 13.12.2017 betont habe, dass mit dem Sicherheitskonzept störende Personen aus dem öffentlichen Raum verdrängt werden sollen. Stadtkämmerer Dr. von der Ohe habe dem widersprochen.)

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe antwortet, dass das Sicherheits- und Ordnungskonzept nur auf einen Teil von Herausforderungen in der Stadt abzielt. Die soeben beschriebenen Probleme werden nicht ignoriert, sondern im Rahmen anderer Konzepte und von anderen Institutionen anerkannt und bearbeitet.

Die bisherige Diskussion habe durchaus gezeigt, dass die Einwohnerinnen und Einwohner mit den Themen „Lärmbelastung an der Dornröschenbrücke“ oder „Skater auf dem Küchengartenplatz“ ihre realen Probleme benennen. Diese Probleme beeinträchtigen das Leben der Menschen und schränken dessen Qualität ein.


Er ergänzt, dass die Verwaltung neben dem Konzept „Sicherheit und Ordnung“ immer Sozialarbeit durch die Fachbereiche Soziales und Jugend und Familie betrieben hat. Die rund 470 bestehenden SozialarbeiterInnenstellen werden jetzt nicht abgelöst. Er erinnert Ratsherrn Klippert an die umfassende Darstellung dieser Stellen und Tätigkeiten in der letzten Ratssitzung am 30.11.2017 (Drucksache Nr. 2504/2017 F1 auf Anfrage der Ratsfraktion DIE FRAKTION).

Beigeordnete Kastning ergänzt, dass die ständige Verletzung von Spielregeln des Zusammenlebens für die Menschen kein künstliches Problem ist.

Sachverständiger (3) berichtet, dass die SozialarbeiterInnen des Karl-Lemmermann- Hauses seit fünf Jahren auf der Limmerstraße aktiv sind und sich um Menschen ohne festen Wohnsitz, in verqueren Lebenslagen und andere Menschen im Abseits kümmern. Aufgrund der Betreuung dieser Menschen kann festgestellt werden, dass aggressives Betteln und andere Strukturen der Innenstadt in Linden nicht vorkommen.

Bezirksbürgermeister Grube erläutert, dass die Arbeit des Karl-Lemmermann-Hauses ein Beispiel für Sozialarbeit abseits des Ordnungskonzeptes ist.

Bezirksratsherr Mallast fragt, wie viele OrdnungsmitarbeiterInnen für den Stadtbezirk Linden-Limmer vorgesehen sind.

Stadtkämmerer Dr. von der Ohe weist darauf hin, dass etwa die Hälfte der MitarbeiterInnen für die Innenstadt eingeplant sind. Die übrigen Personen werden nicht statisch verteilt, sondern den Bedürfnislagen entsprechend eingesetzt – wobei sich die Zumessungen relativ zu aktuellen Ereignissen verändern können.

Bezirksbürgermeister Grube ergänzt abschließend Probleme des Bezirks, die noch nicht angesprochen wurden:

Er stellt fest, dass insbesondere die Ausweitung der Nachtgeschäfte bei einigen Kiosken hin zu Bierausschank und teils bestuhlter Außenbewirtschaftung die AnwohnerInnen aber auch die übrigen Gastronomien belastet.

Der Bezirksrat habe in der Vergangenheit einige Kioskbesitzer in den Querstraßen zwischen Limmerstraße und Faust angesprochen, um Störungen zu reduzieren. Diese neuen Veränderungen müssten jedoch von der Verwaltung angegangen werden, die diesen Wildwuchs seit Jahren hinnimmt.

Außerdem, schildert er, werden im Winter die Bestuhlungen der Gastronomien nicht abgebaut, weil dies günstiger sei als eine Einlagerung. Die Nutzung der Außenflächen führt nun zur dauerhaften Verminderung des Parkraums und zu blockierten Straßendurchfahrten, weil Pkws zusätzlich davor parken. Die Polizei geht dagegen nur im Einzelfall vor.

Bezirksbürgermeister Grube beendet die Sitzung um 21.25 Uhr.




Grube Mingers/Öktem
Bezirksbürgermeister Bezirksratsbetreuung