Sitzung Sozialausschuss am 18.09.2017

Protokoll:

verwandte Dokumente

Einladung (erschienen am 12.09.2017)
Protokoll (erschienen am 18.10.2017)
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Landeshauptstadt Hannover - 50.08 - Datum 19.09.2017

PROTOKOLL

08. Sitzung des Sozialausschusses am Montag, 18. September 2017,
Rathaus, Hodlersaal

Beginn 15.00 Uhr
Ende 17.30 Uhr

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Anwesend:


Ratsfrau Klingenburg-Pülm (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Nicholls (SPD)
Ratsherr Alter (SPD)
Ratsherr Döring (FDP)
Ratsherr Hellmann (CDU)
Ratsfrau Iri (SPD)
Ratsherr Jacobs (AfD)
Ratsfrau Jeschke (CDU)
Ratsherr Küßner (CDU)
Ratsfrau Langensiepen (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Yildirim (LINKE & PIRATEN)

Beratende Mitglieder:
Herr Fahlbusch
Frau Lenssen
Frau Merkel
Herr Schultz
Herr Weh

Grundmandat:
Ratsherr Klippert (Die FRAKTION)

Verwaltung:
Stadträtin Beckedorf, Sozial- und Sportdezernat
Frau Ehlers, Fachbereich Soziales
Frau Vogt-Janssen, Fachbereich Senioren
Herr Körber, Sozial- und Sportdezernat
Herr Laue, Sozial- und Sportdezernat
Frau Lubes, Fachbereich Soziales
Herr Möser, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Herr Rieger, Fachbereich Soziales
Herr Waldburg, Fachbereich Soziales
Herr Woike, Sozial- und Sportdezernat
Frau Hanebeck, Fachbereich Soziales
für das Protokoll

Presse:
Frau Rinas, HAZ
Frau Landzettel, Radio Leinehertz

Gäste:
Herr Timo Stein, Dr. med. Anne M. Wilkening GmbH
Herr Axel Düsenberg, DRK-Krankenhaus Clementinenhaus
Herr Torsten Köster, Fachambulanz für Alkohol- und Medikamentenabhängige
Frau Carola Bau, Step gGmbH
Herr Randolph Pleske, Fachstelle für Sucht und Suchtprävention

Tagesordnung:



1. Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

2. Einwohnerinnen- und Einwohnerfragestunde

3. A N H Ö R U N G gem. § 35 der Geschäftsordnung des Rates zum THEMA: "Sucht im Alter"
Eingeladen sind:
Herr Timo Stein
Dr. med. Anne M. Wilkening GmbH
(noch keine Rückmeldung)

Herr Axel Düsenberg
DRK-Krankenhaus Clementinenhaus
(noch keine Rückmeldung)

Herr Torsten Köster
Fachambulanz für Alkohol- und Medikamentenabhängige

Frau Carola Bau
Step gGmbH

Herr Randolph Pleske
Fachstelle für Sucht und Suchtprävention

Frau Petra Sarstedt-Hülsmann
Ev. Landesarbeitsgemeinschaft für Suchtkrankenhilfe in Nds.
(abgesagt)

4. Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 1611/2017 mit 3 Anlagen)

4.1. Änderungsantrag des Stadtbezirksrates Mitte zur DS-Nr. 1611/2017 - Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 1611/2017 E1 mit 1 Anlage)

4.2. Änderungsantrag der AfD-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017, Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum, Hausrecht für Ordnungskräfte
(Drucks. Nr. 1752/2017)

4.3. Änderungsantrag der AfD-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017, Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum, Ausstattung der Ordnungskräfte
(Drucks. Nr. 1753/2017)

4.4. Änderungsantrag der AfD-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017, Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum, Trinkraum
(Drucks. Nr. 1754/2017)

4.5. Änderungsantrag der AfD-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017, Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum, Erweiterung des zeitlichen Einsatzes der Ordnungskräfte
(Drucks. Nr. 1755/2017)

4.6. Änderungsantrag der Fraktion Die FRAKTION zu Drucks. Nr. 1611/2017: Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 2170/2017)

4.7. Änderungsantrag der Fraktion Die Hannoveraner zu Drucks. Nr. 1611/2017: Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 2204/2017)

4.8. Änderungsantrag der AfD-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017: Sicherheit und Ordnung im Öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 2328/2017)

4.9. Änderungsantrag der CDU-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017: Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 2344/2017 mit 2 Anlagen)

4.10. Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP zu Drucks. Nr. 1611/2017: Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 2346/2017)

4.11. Änderungsantrag der Gruppe Linke & Piraten zu Drucks. Nr. 1611/2017:Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum: Satzung zur Änderung der Satzung über die Sondernutzung an Ortsstraßen und Ortsdurchfahrten in der Landeshauptstadt Hannover (Sondernutzungssatzung)
(Drucks. Nr. 2361/2017)

5. Gewährung einer Zuwendung für die Einrichtung und den Betrieb des
Trinkraums "Kompass" im Gebäude Lister Meile 2, 30161 Hannover
(Drucks. Nr. 2283/2017)

6. Antrag der Gruppe LINKE & PIRATEN zum Thema "Drogenhilfestation Stellwerk rund um die Uhr öffnen"
(Drucks. Nr. 1866/2017)

7. Antrag der AfD-Fraktion zur Erstattung von Asylkosten
(Drucks. Nr. 2028/2017)

8. Antrag der CDU-Fraktion zur Einrichtung einer zentralen Ombudsstelle für Flüchtlinge
(Drucks. Nr. 2098/2017)

9. Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu einer Anhörung zum Thema: "Kontrollierte Abgabe von Cannabis"
(Drucks. Nr. 2120/2017)

10. Antrag der CDU-Fraktion zu einer Anhörung zum Thema: "Sucht - sozialarbeiterische Ansätze"
(Drucks. Nr. 2127/2017)

11. Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP zu Angelplätze für Menschen mit Behinderungen
(Drucks. Nr. 2208/2017)

12. Unterstützung der „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“
(Drucks. Nr. 2052/2017 mit 2 Anlagen)

13. Bericht der Dezernentin


TOP 1.
Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

Ratsfrau Klingenburg-Pülm eröffnete die Sitzung und stellte die ordnungsgemäße Einladung sowie die Beschlussfähigkeit des Ausschusses fest.

Ratsfrau Klingenburg-Pülm machte auf den als Tischvorlage vorliegenden Änderungsantrag der Gruppe Die Linke und PIRATEN (Drucksache Nr. 2361/2017) aufmerksam der als Tagesordnungspunkt 4.11 beraten werden sollte.

Ratsherr Klippert bat darum, den Tagesordnungspunkt 11 in die Fraktionen zu ziehen, da hier noch Beratungsbedarf bestehe.

Ratsherr Nicholls bat darum, den Tagesordnungspunkt 6 in die Fraktionen zu ziehen.

Ratsfrau Langensiepen bat darum, den Tagesordnungspunkt 8 in die Fraktionen zu ziehen.

Ratsherr Hellmann bat darum, den Tagesordnungspunkt 5 in die Fraktionen zu ziehen sowie die Beratung zu den Tagesordnungspunkten 4 bis 4.11 zurückzustellen, bis der Ausschuss für die Angelegenheiten des Oberbürgermeisters als federführender Ausschuss abschließen hierüber beraten habe.

Ratsherr Döring erklärte, obwohl der federführende Ausschuss noch nicht abschließend über Tagesordnungspunkt 4 bis 4.11 beraten habe rege er an, die Punkte als formal behandelt anzusehen und dem weiteren Beratungslauf in den anderen Gremien zu folgen.

Stadträtin Beckedorf wies darauf hin, dass zu Tagesordnungspunkt 5 im Ausschuss für die Angelegenheiten des Oberbürgermeisters ebenfalls überlegt worden sei, das Thema in die Fraktionen zu ziehen. Dort habe sich der Ausschuss schließlich darauf verständigt, die Drucksache formal zu behandeln. Vielleicht sei dies auch für den Sozialausschuss ein gangbarer Weg, um die vorgesehene Terminleiste einhalten zu können.


Der Sozialausschuss war damit einverstanden, die Tagesordnungspunkte 6, 8 und 11 in die Fraktionen zu ziehen sowie die Tagesordnungspunkte 4 bis 4.11 sowie 5 formal zu behandeln.


TOP 2.
Einwohnerinnen- und Einwohnerfragestunde

Es wurden keine Fragen gestellt.

TOP 3.
A N H Ö R U N G gem. § 35 der Geschäftsordnung des Rates zum THEMA: "Sucht im Alter"
Eingeladen sind:
Herr Timo Stein
Dr. med. Anne M. Wilkening GmbH
(noch keine Rückmeldung)

Herr Axel Düsenberg
DRK-Krankenhaus Clementinenhaus
(noch keine Rückmeldung)

Herr Torsten Köster
Fachambulanz für Alkohol- und Medikamentenabhängige

Frau Carola Bau
Step gGmbH

Herr Randolph Pleske
Fachstelle für Sucht und Suchtprävention

Frau Petra Sarstedt-Hülsmann
Ev. Landesarbeitsgemeinschaft für Suchtkrankenhilfe in Nds.
(abgesagt)

Ratsfrau Klingenburg-Pülm begrüßte die anwesenden Gäste zur nun folgenden Anhörung. Das Thema „Sucht im Alter“ liege dem Sozialausschuss besonders am Herzen und daher stehe jedem Vortragenden 10 Minuten Zeit zur Verfügung, seine Institution und sein Anliegen vorzustellen. Einschließlich der sich anschließenden Fragerunde solle die gesamte Anhörung einen Zeitrahmen von einer guten Stunde nicht übersteigen.


Herr Feyerabend stellte sich als für Personalentwicklung, Fort-und Weiterbildung zuständige Mitarbeiter der Dr. med. Anne Wilkening GmbH vor. In dieser Funktion sei er seit dem 01.04 tätig. Davor habe er 18 Jahre die Traumaambulanz für psychische Traumatisierungen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sowie die Heroinambulanz der MHH in der Außenstelle Odeonstraße geleitet.

Das Statistische Bundesamt habe vor 2 Jahren Zahlen veröffentlicht, wonach 1960 ca. 17,4% Suchterkrankungen bei über 60-Jährigen zu verzeichnen waren. Im genannten Jahr habe sich der Anteil bereits auf 30,5% erhöht. Dies fortschreibend sei zu vermuten, dass der Anteil bis 2060 sich auf etwa 39,2% Suchterkrankte der Personengruppe der über 60-Jährigen erhöhen werde.

Diese Tendenz spiegele sich auch in den Erfahrungen in den Pflegeheimen der Einrichtung wider: Der Anteil der Menschen mit Suchterkrankungen steige ständig an. Problematisch daran sei auch, dass dies häufig viel zu spät diagnostiziert werde. Nach Statistiken liege die Erstdiagnose im Zusammenhang mit Suchterkrankungen bei alten Menschen, die den Hausarzt aufsuchten, weil sie häufig stürzten, vergesslich oder senil würden bei gerade einmal 4%. Bei der Zweitdiagnose liege der Anteil inzwischen bei 19%.

Durch die geburtenstarken Jahrgänge aus den 1960-er Jahren hätten sich die Suchterkrankungen rapide hinzu den älteren Gruppen verschoben. Die jetzt ins Alter kommende Generation weise einen deutlich höheren Alkoholkonsum auf, als die vorhergehenden Generationen. Dabei hätten deutlich mehr Männer ein Alkoholproblem, während Frauen deutlich mehr unter Medikamentenabhängigkeit litten. Dies zeigten sowohl Statistiken, als auch die Erfahrungen der Praxis.

Problematisch für die Arbeit im Heim sei, dass die Alkoholsuchterkrankung im Alter viel zu spät erkannt werde und in den Behandlungen unterrepräsentiert sei. Es gebe einen sehr guten Bogen (Audit-10-Bogen), der sich mit Früherkrankung von Suchterkrankungen auch im Alter beschäftige. Dort könnten maximal 12 Punkte erreicht werden, wobei 12 eine sehr starke Alkoholgefährdung und 3 einen noch nicht einmal riskanten Konsum bedeute.

Ein weiteres Problem bei alten Menschen sei, dass der prozentuelle Wasserhaushalt deutlich sinke, d.h., dass Alkohol viel schneller und auf das Gehirn alter Menschen deutlich toxischer wirke. Viele Stürze und Unfälle seien darauf zurückzuführen.

In der Arbeit könne auch festgestellt werden, dass gemischt-altrigen Suchtgruppen schwierig seien, da jede Sucht auch eine in sich berge. Die Probleme mit Vereinsamung, Verlusterlebnissen und Beziehungsgestaltung seien im Alter häufig ganz andere als die von jüngeren Menschen angegebenen Probleme von Angst vor Überforderung, zu viel Arbeit, Burnout usw. Daher seine mehr Gruppen speziell für ältere Menschen dringend erforderlich. Notwendig seien auch Kurzinterventionen und eine deutlich frühere Thematisierung von Suchtaspekten. Dem werde derzeit kaum Rechnung getragen.


Ratsherr Nicholls wandte ein, dass die Geriatrie bei „alten Menschen“ inzwischen von einem deutlich höheren Alter als 60 Jahren ausgehe. Er frage sich daher, ob nicht auch hier eine Anpassung erfolgen müsse. Ein 60-Jähriger in den 1960er Jahren sei sicher signifikant älter gewesen, als ein 60-Jähriger heutzutage.

Herr Feyerabend antwortete, dem stimme er ohne Vorbehalt zu. Die von ihm vorgestellten Zahlen stammten allerdings vom Statistischen Bundesamt. In den Einrichtungen der Dr. med. Anne Wilkening GmbH könne beobachtet werden, dass mit zunehmendem Alter der Bedarf deutlich zunehme.

Zur Nachfrage von Ratsherrn Jacobs, inwieweit der Vereinsamung durch Ablenkung entgegengewirkt werden könne, sagte Herr Feyerabend, dass die Teilhabe an Kultur für die sehr chronifizierte Klientel, die seine Einrichtung betreue, schwierig umzusetzen sei. Zwar sei oft nur ein Eintrittspreis von bspw. 5 € zu entrichten, der vermeintlich niedrig anmute. Bei einem Taschengeld von ca. 3 €/Tag sei dies schwierig zu realisieren.

Zu einer weiteren Frage von Ratsherrn Alter, über welche Therapieerfolge und Rückfallquoten berichtet werden könne, erklärte Herr Feyerabend, in seinen Einrichtungen fänden keine Therapien statt; es handele sich um ein Fachpflegeheim. Therapien fänden dann in der MHH in der Abhängigkeitsambulanz statt. Dort gebe es dann wieder die schon angesprochene Problematik, dass den Problemen der älteren Patienten auf den Stationen nicht entsprechend begegnet werden könne, da sie nur eine Altersgruppe unter vielen anderen seien.

Im Pflegeheim selbst gebe es Suchtgruppen. In diesen werde versucht, das „Craving“, also den Druck Trinken zu müssen anders zu reduzieren, ohne ihm Druck nachzugeben. Bei dem sehr chronifizierten Klientel gebe es die Tendenz rückfällig zu werden.


Herr Düsenberg stellte sich als Internist im DRK-Krankenhaus Clementinenhaus vor, wo er das Medizinische Controlling, die Patientenaufnahme sowie das Innovations- und Prozessmanagement leite. In der zuletzt genannten Eigenschaft habe er das Projekt „Sucht im Alter“ der Step mit initiiert. Über die Erfahrungen mit dem Projekt wolle er heute berichten.

Das Clementinenhaus sei ein eher kleines Haus mit 240 Betten im Zentrum Hannovers mit einer großen Inneren Abteilung und einer guten Chirurgie. Sowohl die Lage als auch die Tradition des Hauses brächten es mit sich, dass sich das Haus, gemeinsam mit dem Friederikenstift und dem Henriettenstift, in der Suchttherapie und der akuten Therapie der Intoxikation innerhalb des Stadtzentrums stark engagiere. Dazu kämen noch akute Entgiftungstherapien nach einem festgelegten Standard. Jährlich würden 500 – 600 Alkoholsuchtpatienten, davon 400 – 450 akut Alkoholintoxikierte, betreut. Der Rest seien elektive Patienten, die zur Entgiftung kämen. Darüber hinaus, dieser Umstand mache eine Statistik schwierig, gebe es noch (älteres) Patienten, die zur Behandlung einer anderen Erkrankung kämen, sich dann aber eine Suchtproblematik in den Vordergrund schiebe. Wenn es dann zu einer Entzugsproblematik komme oder das Suchtproblem im klinischen Ablauf wichtig werde, verschiebe sich der Schwerpunkt hin zu dieser Therapie. Dies erscheine dann jedoch nicht in der Statistik und sei auch kaum herauszufiltern. Die Diagnosis Related Groups (DRG) seien ein Sammelbecken mehrerer Erkrankungen, aber eine Auszählung habe etwa 100 Patienten, die zur Gruppe der älteren und suchtkranken Menschen gehören, ergeben. Für das erste Halbjahr 2016 gab es etwa 70 Patienten in Nachbetreuung.

In der Vergangenheit habe der Sozialdienst den Patienten während des einwöchigen Aufenthaltes zur Entgiftung Informationen für eine weitere ambulante Versorgung weitergegeben. In dieser Zeit sei durch gut eingestellte Medikamente eine Entzugssymptomfreiheit zu erreichen. Da aber Eigeninitiative gefragt war, nahmen nur einige, meist jüngere, Patienten entsprechend Kontakt auf. Beim normalen Ablauf einer Therapie zu inneren Erkrankungen betrage die durchschnittliche Verweildauer 4,8 Tage. Da gerade bei älteren Patienten eine Suchtproblematik noch versteckter und noch weniger offen zugegeben werde, hätte diese sehr eklatant in den Vordergrund treten müssen, um erkannt zu werden. Wenn die Patienten das Krankenhaus verließen, verfügten sie zwar über entsprechende Kontaktinformationen, aber inwieweit sie diese nutzten, sei nicht bekannt. Lediglich bei Wiederkehrern sei zu erfahren, dass es häufig doch nicht geklappt habe.

In der Akutgeriatrie verblieben die Patienten in der Regel gut 2 Wochen. Dort trete eher die Medikamentenabhängigkeit hervor. Dies sei aber in der ersten Runde der Zusammenarbeit mit der Step nicht Thema gewesen; man habe sich auf die Alkoholabhängigkeit beschränkt.

Neu an dem Projekt „Sucht im Alter“ sei, dass alle Patienten über 55 Jahren diesem Projekt zugeführt würden und es sich um ein aufsuchendes Angebot handele. Damit sei es gelungen, die Quote der Erstkontakte von 20% auf über 70% zu erhöhen. Darüber hinaus finde eine Initiative hin zur therapeutischen Nachsorge statt. Inzwischen habe sich der Anteil der Älteren in der Gruppe der Suchtkranken deutlich erhöht. Während früher die 40-50-Jährigen im Fokus standen, habe sich dies deutlich ins nächste Lebensjahrzehnt verschoben. Daher sei damit zu rechnen, dass sich der Anteil derjenigen, die ein Folgeangebot in Anspruch nähmen, sich deutlich erhöhe.

Über das Erstgespräch könnten nun gezielt auch die Angehörigen erreicht werden; dies war früher kaum möglich.

Aus Sicht des Clementinenhauses sei das Projekt „Sucht im Alter“ ein Erfolgsmodell:
Die Erstkontakte hätten sich deutlich erhöht durch die aufsuchende Erstberatung.
Die betroffenen älteren Menschen würden erstmalig vom Suchthilfesystem erreicht.
Es sei der Beginn einer sektorübergreifenden Versorgung und Fallsteuerung.
Die Sensibilisierung der Mitarbeiter der Klinik werde durch das Projekt deutlich hervorgehoben.
Der mit dem Projekt betraute Mitarbeiter der Step sei überaus qualifiziert. Er erreiche auch die Patienten, die anfangs skeptisch waren. Wenn der Kontakt hergestellt sei, blieben die Patienten in der Regel dabei.

Für die Zukunft sei es wünschenswert, eine sektorübergreifende Fallsteuerung zu erreichen. Dafür sei eine Überarbeitung der Strukturen wichtig. Darüber hinaus solle die Medikamentenabhängigkeit stärker in den Fokus genommen werden. In der Geriatrie des Clementinenhauses fokussierten insbesondere der neue Oberarzt und die neue Chefärztin das Thema. In den wöchentlichen Teambesprechungen zu den einzelnen Patienten solle es jedes Mal als Hauptthema angesprochen werden. Dadurch würden sicherlich weitere Patienten rekrutiert werden können.


Zu einer Nachfrage von Ratsherrn Nicholls erläuterte Herr Düsenberg, der größte Teil der Patienten werde von niedergelassenen Ärzten zur Entgiftung überwiesen. Bei einem kleinen Teil der Patienten, der wegen einer anderen Erkrankung aufgenommen wurde, trete erst dann die Suchtproblematik in den Vordergrund. Selbstverständlich werde dies auch im Arztbrief dargestellt.

Mit stationären als auch Rehabilitations- und nachsorgenden Einrichtungen werde zusammengearbeitet, aber die Erfahrung zeige, dass es extrem schwer sei, aus der Entgiftungstherapie heraus eine Langzeitbehandlung einzuleiten, da die Patienten in der einen Woche des Aufenthaltes im Allgemeinen nicht dazu zu bewegen seien. Über den Weg Erst- und Folgegespräche würden die Therapien deutlich eher angenommen.

Ratsfrau Langensiepen fragte, inwieweit Hausärzte für das Thema sensibilisiert werden könnten. Herr Düsenberg erklärte, in seiner Klinik halte er den Kontakt zu den Hausärzten. In 2 Qualitätszirkeln träfen sich 60 Hausärzte monatlich, aber das Thema der Suchterkrankungen sei, wie bspw. Auch Adipositas, ein „No-Go“-Thema. Einige wenige Praxen engagierten sich in der Suchttherapie, aber auch durch eine qualifizierte Ansprache sei nicht viel zu erreichen. Schwer Alkoholkranke seien in den Praxen nicht besonders erwünscht. In Seniorenheimen habe man sich zumeist mit der Abhängigkeit arrangiert. Dort stelle insbesondere die Medikamentenabhängigkeit für die Bewohner ein großes Problem dar. In der Geriatrie des Clementinenhauses seien Patienten anzutreffen, die 12-14 unterschiedliche Medikamente, die sich teilweise widersprächen, erhielten. Wenn alles abgesetzt werde, sei eine deutliche Veränderung der Patienten festzustellen. Das medizinische System in Deutschland verzichte auf eine wirkliche Koordination dieser Medikation. Die Patienten suchten viele unterschiedliche Ärzte auf, hätten dann mehrere unterschiedliche Medikamentenpläne und wüssten nicht, nach welchem sie sich richten sollten.

Auf die Nachfrage von Ratsherrn Jacobs, ob auch mit Selbsthilfegruppen zusammengearbeitet werde, um der sozialen Einsamkeit entgegen zu wirken, antwortete Herr Düsenberg, die Patienten erhielten auch Adressen der Selbsthilfegruppen, die Sozialarbeiter besprächen dies sehr differenziert. Er glaube aber, dass der Schritt von der Akutentgiftung allein zu einer Selbsthilfegruppe zu groß sei. Dazwischen müssten noch Therapieangebote, Gespräche und andere qualifizierte Angebote geschaltet sein. Zwar könnten die Patienten während des Aufenthaltes den Kontakt herstellen, aber andererseits gebe es eine sehr rigorose Hausordnung, insbesondere für alkoholkranke Patienten. Wenn sie das Krankenhaus verlassen könnten, kehre eine ganze Anzahl Patienten nicht zur weiteren Entgiftung zurück.


Herr Köster sagte, er wolle sich im Folgenden auf die Inhalte des Projektes konzentrieren, das seit November 2014 gemeinsam mit der Step und finanziert durch die Landeshauptstadt Hannover durchgeführt werde. Er verweise hierzu auch auf den den Mitgliedern des Sozialausschusses vorab versandten Projektbericht.

Das Projekt „Sucht im Alter“ richte sich an 3 Zielgruppen: die Multiplikatoren, die Angehörigen sowie die Betroffenen selbst. Bei Letzteren sei in Abstimmung mit den Fachbereichen erst im Juli 2016 mit der Beratung begonnen worden.

Um Multiplikatoren zu erreichen, sei das Projekt in diversen Gremien und Einrichtungen vorgestellt worden. Schnittstellenprobleme zwischen der Suchthilfe, Krankenhäusern und Altenheimen sollten minimiert werden. Dazu würden regelmäßig einmalige Vorträge zum Phänomen Sucht im Alter mit den bereits von den Vorrednern präsentierten Zahlen gehalten, um die Multiplikatoren für dieses Problem zu sensibilisieren. Darüber hinaus werde angeboten, Seminare durchzuführen, bei denen über die reine Sachinformation hinaus eine konkrete Fallarbeit mit den Kollegen der Einrichtung gestartet werde. Dabei werde vermittelt, wie auf das Phänomen angemessen reagiert werden könne, auch, um die Hemmschwelle weiter abzubauen.

Nach der Projekterweiterung zum Jahreswechsel 2016/2017 werde, im Abstimmung mit dem Runden Tisch „Sucht und Drogen“ versucht, eine deutlich breitere Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. Im Wesentlichen gehe es dabei um die Informationsvermittlung, den Abbau von Unsicherheiten, den Umgang mit Konflikten sowie die Befähigung, angemessen zu reagieren.

Es bestehe oft die Unsicherheit, die Symptome, die denen anderer Krankheitsbilder, die vor allem im höheren Lebensalter aufträten, richtig zu deuten. Konflikte gebe es sowohl von Pflegekräften und alkoholkranken, oft aggressiven Bewohnern, mit Angehörigen, die sich beschwerten, dass nicht angemessen auf die zu Pflegenden eingegangen werde, als auch innerhalb des Teams, innerhalb dessen es unterschiedliche Auffassungen darüber gebe, wie mit Menschen, die problematisch Suchtmittel konsumierten, umgegangen werden solle.

Die Beratung von Angehörigen könne per E-Mail, telefonisch oder persönlich erfolgen. Die e-Mailberatung sei dabei besonders niedrigschwellig, zu 100% anonymisierbar und werde vor allem von den Kindern suchtbetroffenener älterer Menschen genutzt, um sich einen Überblick über die Möglichkeiten zu verschaffen. Bei den Angehörigen gebe es ein hohes Maß der Verwunderung darüber, dass auch sie Unterstützung in Anspruch nehmen könnten. Offenbar sei in ihren Köpfen noch verankert, dass ausschließlich der Kranke behandelt werde.

Deutlich werde auch eine große Verzweiflung, da die Betroffenen selbst die Tatsache, alkoholabhängig zu sein häufig negierten und sich weigerten, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gebe große Konflikte, sowohl mit den Betroffenen als auch innere Konflikte darum, ob nun eine Trennung bevorstehe, der Betroffene in eine stationäre Einrichtung gegeben werden müsse u.ä. Es sei daher ein großes Anliegen des Projektes, hier Orientierung zu geben, indem die Angehörigen motiviert würden, ihnen Wege aufzuzeigen, wie sie selbst Hilfe erhalten könnten, sei es über Beratung der Suchthilfe, ambulante Pflegedienste oder gesetzliche Betreuer, aber auch durch Selbsthilfegruppen für Angehörige, die in großer Vielfalt bestünden.

Seit Juli 2017 werde die aufsuchende Erstberatung Betroffener im Clementinenhaus angeboten, was innerhalb der Suchtberatung einzigartig sein dürfte. Die Erfahrungen hiermit seien sehr gut, da ein großer Anteil derjenigen, die im Clementinenhaus aufgesucht wurden, dann weiterführende Beratungsgespräche in Anspruch nähmen. Mit der aufsuchenden Beratung könne ein Personenkreis erreicht werden, der von sich aus nicht auf die Suchthilfe zugekommen wäre. Es handele sich um ein freiwilliges Angebot, bei dem die Patienten im Voraus gefragt würden, ob sie teilnehmen möchten. Bei denjenigen, die zustimmten werde abgefragt, ob sie bereits anderweitig beraten würden. Sei dies der Fall, würden sie an ihre angestammte Beratung verwiesen. Innerhalb des einen nun zu überblickenden Jahres seien 15 Vermittlungen in weiterführende Therapieangebote erfolgt. Dies sei eine hohe Anzahl von Personen, die im Vorfeld keinerlei Behandlungsmotivation hatte, aber motiviert werden konnte, eine weiterführende und langfristige Behandlung in Anspruch zu nehmen.

Die gesamte Beratung der Betroffenen sei nicht nur aufsuchend sondern es werde auch nachgefragt, wenn bspw. jemand einen Termin nicht einhalte. Mit den Vorbehalten der Betroffenen gegenüber allem, was einen psychologischen Ansatz habe, werde äußerst sensibel umgegangen. Vornehmlich handele es sich um Personen der Geburtsjahrgänge unmittelbar nach dem Krieg, die Psychologie mit Behandlung von „Verrückten“ assoziiere und sich grundsätzlich sehr schwer damit tue, überhaupt über Probleme und Belastungen zu reden sowie externe Hilfen in Anspruch zu nehmen. Hier unterscheide sich dieser Personenkreis deutlich von späteren Generationen, die ein anderes Selbstverständnis hätten und sich öffneten und professionelle Hilfen nutzten.

Das kooperierende Netzwerk bilde die gesamte Bandbreite von Möglichkeiten wie Selbsthilfe, Akutversorgung, ambulant betreutes Wohnen, Rehabilitationsmaßnahmen ab, um die Patienten damit vertraut zu machen und sie zu motivieren, die Behandlung in Anspruch zu nehmen, denn eine Aussage gebe es immer wieder „ich bin schon so alt, ich brauche keine Behandlung mehr“. Die Statistiken wiesen demgegenüber aus, dass Rehabilitationsbehandlungen von über 55-Jährigen bessere Erfolgschancen hätten, als bei jüngeren Menschen. Obwohl es um „Alter“ gehe, werde die Untergrenze bei 55 Jahren gesehen, da die Deutsche Hauptstelle für Suchgefahren bei allen ihren Veröffentlichungen zu Thema bei 55 Jahren beginne.


Zu Nachfragen von Herrn Fahlbusch, wo das Altersspezifische des Projektes liege und wie sich die Methodik von der anderer Suchtberatungen unterscheide, erläuterte Herr Köster, bei Älteren gebe es eine deutlich höhere Hemmschwelle, die bei über 55-Jährigen proportional ansteige. Reagiert werde darauf mit der Methode der aufsuchenden Arbeit. Dies sei etwas, was die Fachstelle Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit so nicht flächendeckend anbieten könne. Zwar gebe es auch andere aufsuchende Arbeit, wie durch Streetworker, aber ein Aufsuchen im Krankenhaus oder zuhause sei neu. Darüber hinaus gebe es keine Begrenzung der Gesprächseinheiten, wie sonst aus Kapazitätsgründen üblich. Die Betroffenen könnten dadurch intensiver begleitet werden.

Zur Frage von Ratsherrn Nicholls, ob die genannten Zahlen der telefonischen Beratungen und durchgeführten Beratungsgespräche die aufsuchenden Beratungen beinhalte, stellte Herr Köster klar, die genannten Zahlen bezögen sich auf den Zeitraum Januar 2015 bis Juni 2017 und beträfen die Beratung von Angehörigen. Dazu kämen die Beratungen Betroffener, die seit Juli 2016 durchgeführt würden.

Auf die Nachfrage von Ratsfrau Iri, wie die Zielgruppe grundsätzlich erreicht werden könne, wenn nicht „zufällig“ ein Krankenhausaufenthalt erfolge, erklärte Herrn Köster, dies sei ein in der Suchthilfe grundsätzliches Problem, dass die Personen, die einer Unterstützung bedürften, nicht von der Suchthilfe zu erreichen seien. Durch die Zusammenarbeit mit dem Clementinenhaus, die Multiplikatorenarbeit mit Altenpflegeeinrichtungen und ambulanten Diensten ergebe sich die große Chance, die bisher nicht erreichbare Zielgruppe mit dem Hilfesystem in Verbindung zu bringen.

Zum von Ratsfrau Iri erwähnten Aspekt der Menschen mit Migrationshintergrund führte Herr Köster aus, er habe keine Erklärung dafür, warum es kaum entsprechende Anfragen gebe. Es werde vermutet, dass bei dem Personenkreis noch mehr Vorbehalte bestünden, sich mit Problemen von Suchtmittelmissbrauch zu outen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Für Anregungen, wie sich die Suchtberatung dem Personenkreis noch nachhaltiger präsentieren könne, wäre er sehr dankbar.

Zur Bitte von Ratsfrau Langensiepen noch einmal die Hürden zu schildern und welche Überlegungen es hierzu gebe, erläuterte Herr Köster, um die Betroffenen besser zu erreichen, wurden 2016 2 große Aktionen durchgeführt. Bei der ersten sollten Hausärzte, bei der zweiten die großen Vermieter für das Thema sensibilisiert werden. Nach Rückmeldungen des Fachbereiches Senioren gebe es ein großes Problem mit älteren Mietern, die hilfebedürftig seien und bei denen es zu Verwahrlosungen komme. Leider habe es zu beiden Aktionen kaum Reaktionen gegeben. Es werde weiterhin nach Ansatzpunkten gesucht, um die Angebote der Suchthilfe besser darstellen und dadurch die Erreichbarkeit erhöhen zu können. Dazu werde die Zusammenarbeit mit der Suchthilfe weiter intensiviert und auf öffentlichen Großveranstaltungen die Angebote der Fachambulanz Alkohol- und Medikamentenabhängige präsentiert.

Abschließend bat Ratsfrau Iri darum, dass bei einem Anteil von 1/5 von Menschen mit Migrationshintergrund in Hannover Wege zu finden seien, diese Zielgruppe zu erreichen.

Frau Bau sagte, einleitend wolle sie auf die Barrieren aufmerksam machen, die es erschwerten, die vorhandenen Hilfen in Anspruch zu nehmen.

In unserer Gesellschaft werde Sucht nach wie vor tabuisiert. Niemand wolle davon betroffen sein. Dazu kämen Faktoren, die dazu führten, dass Menschen zusätzlich bemüht seien, das Thema zu verstecken. Dazu gehörten Alte, aber auch Menschen, die sich hier noch immer nicht sicher fühlten, was teilweise auch auf Migranten zutreffe. Es gebe also Menschen, die elementare Probleme hätten, ihre Energien aber darauf verwendeten, die Probleme zu verheimlichen, anstatt sie zu überwinden.

Dazu kämen Überlastungen, insbesondere auch bei Institutionen. Der Druck, unter dem bekanntlich in Altenheimen gearbeitet werden müsse, auch wegen des Mangels an Fachkräften, könne dazu führen, dass sich die Einrichtungen nicht auch noch mit Sucht im Alter beschäftigen wollten.

Oft bestehe eine Unkenntnis darüber, was spezifisch für Suchtmittelmissbrauch sei und demzufolge könne der Bedarf, das Suchthilfesystem zu nutzen, nicht identifiziert werden.

Schließlich spiele auch Scham eine große Rolle. Insbesondere Ältere schämten sich mehr als Jüngere, wenn sie feststellten, dass sie in Abhängigkeit und damit eine Situation gerieten, die sie selbst nicht mehr bewältigen und steuern könnten. Vor allem die Nachkriegsgeneration sei sehr darauf aus, sich selbst zu helfen.

Nach einer Studie nähmen 70,9% der Menschen mit Alkoholproblemen im Laufe ihres Lebens keinerlei Hilfen in Anspruch. Es gebe also einen erheblichen Anteil von Menschen, die aufgrund der genannten Barrieren nicht erreicht werden könnten. Obwohl die Dynamiken sicher bei den meisten Menschen gleich sein dürften, potenziere sich der Anteil bei älteren Menschen noch einmal. Die Zugangsbarrieren erschienen dadurch noch höher.

Insgesamt seien die Faktoren nicht neu. Bei der Auftragsvergabe sei sowohl dem Auftraggeber als auch der Step klar gewesen, dass dies Auswirkungen und Herausforderungen habe und daher eine besonders innovative Startphase benötige.

Im Folgenden würden die Zahlen der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit von ½ Stelle, also 19,25 Wochenstunden gegenübergestellt. Der Zeitaufwand sei dabei der elektronischen Dokumentation entnommen worden.

Bei der Multiplikatoren- und Öffentlichkeitsarbeit konnten 882 Personen mit Projektvorstellungen, Seminaren und Vorträgen in 37 trägerübergreifenden Institutionen und Gremien erreicht werden. Dazu kamen 9 Großveranstaltungen sowie die regelmäßige Teilnahme an 6 Arbeitskreisen. Der Zeitaufwand für 30 Monate betrug 648 Stunden, also durchschnittlich 6 Stunden in der Woche.

Mit der Angehörigenberatung konnten 242 Angehörige erreicht werden. Der Beratungsaufwand orientiere sich an den Bedürfnissen der Angehörigen, die auch abbrechen könnten, wenn sie dies wollten. Insgesamt wurden in den 30 Monaten 484 Stunden, durchschnittlich 2 Stunden je Angehörigem, aufgewandt.

Die Zielgruppenerweiterung auf den Kreis der Betroffenen sei im Juli 2016 erfolgt. Hier konnten 90 Personen, maßgeblich über aufsuchende Beratung im Clementinenhaus beraten werden. Der Zeitaufwand betrug 270 Stunden in 12 Monaten. Enthalten seien auch die Vermittlungen in suchtbehandelnde Angebote. Ein erheblicher Anteil der Personen, die in Akutkrankenhäusern auffällig würden, benötigten eine Suchtbehandlung ambulant, ganztägig ambulant oder vollstationär. Dennoch sei der Zeitpunkt, zu dem sie mit der Behandlung anfangen könnten, deutlich zu spät. Dies hätten auch ihre Erfahrungen als Leiterin der Klinik am Kronsberg gezeigt. Das bedeute, dass viel Faktoren zusammenkommen müssten, bevor die Scham und Angst überwunden und sich in die entsprechende Behandlung begeben werde.

Das Gesamtzeitbudget betrug für die ½ Stelle in den 30 Monaten 2.021,25 Stunde, die o.g. Aufwendungen 1.402 Stunden. Fast 2/3 der Arbeitszeit wurde für Zielgruppenleistungen aufgewandt, aber auch der sog. Overheadaufwand (Supervision, Teambesprechungen und Fallbesprechungen), die Projektstart- und Initialphase benötigten entsprechende Zeit. Das Projekt konnte ohne eine intensive Analyse dessen, wer angesprochen werden sollte und andere akquirierende Tätigkeiten nicht beginnen. Auch dabei mussten viele Barrieren überwunden werden, es gab viele Absagen von Institutionen aus den unterschiedlichsten Gründen. Beispielhaft solle hier das Image genannt werden. Besonders bei Altenheimen bestehe institutionsübergreifend wenig Interesse daran, dass bekannt werden könnte, man beschäftige sich mit dem Thema Sucht. Dies werde als nicht werbewirksam angesehen.

Bei der Reinitialzeit zeichneten sich ein verschiedener Zeitaufwand für die einzelnen Bereiche ab. Mittlerweile gebe es ein sehr ausgeglichenes Verhältnis der 3 Angebotssäulen.

Bei der Beratung Angehöriger gab es zu Beginn einen geringeren Aufwand, da die Angehörigen noch nicht erreicht wurden. Bald sei dies stringend angestiegen und habe inzwischen einen Zeitaufwand von 138 Stunden angenommen.

Seit der Projekterweiterung auf den Kreis der Betroffenen selbst stieg der Aufwand zunächst sprunghaft an auf 130 Betroffene im 2. Halbjahr 2016, um dann im 1. Halbjahr 2017 fast 150 Stunden zu erreichen.

Bei den Multiplikatoren war der Aufwand in der Initialphase, als analysiert werden musste, welche Einrichtungen und Institutionen kontaktiert werden müssten und weniger Veranstaltungen stattfanden, gering, um dann im 2. Halbjahr 2015 den Höhepunkt der Multiplikatorenschulungen und Öffentlichkeitarbeit mit 200 Stunden zu erreichen. Zum einen habe es der Kollege geschafft, viele Barrieren zu beseitigen, aber im 2. Halbjahr, als alle Aufträge abgearbeitet waren, konnte die Akquise nicht mit dem gleichen Ressourcenaufwand betrieben werden. Es handele sich also nicht um eine projekttypische Entwicklung, die einen langsameren Anstieg, der dann konstanter weiterlaufe, erwarten lassen würde. Im 1. Halbjahr 2016 mussten Aufträge nachakquiriert werden und diese befänden sich seit dem 2. Halbjahr 2016 bis jetzt auf einem stabilen, hohen Niveau.

Es sei sehr erfreulich, wie gut die Veranstaltungen gebucht wurden, die sehr engagiert abgearbeitet wurden. Auch die Angehörigenberatungen hätten im Leistungsvolumen zugenommen. Vor dem Hintergrund, dass die Erreichbarkeit von Suchtkranken insgesamt verbunden mit dem erschwerten Zugang zu älteren Menschen eine besondere Herausforderung darstelle, könne dem Projekt ein sehr erfolgreicher Verlauf bei sehr hohem Engagement bescheinigt werden. Dabei spreche die Anzahl der durchgeführten Multiplikatorenschulungen einschließlich der Anzahl der erreichten Personen für sich. Dies könne nur mit der aufsuchenden Arbeit erreicht werden und auch in Pflegeheimen Fallbesprechungen anbiete. Es könne nicht erwartet werden, dass jemand aus dem System der Altenhilfe herausgehe, um eine Beratung in einer Beratungsstelle in Anspruch zu nehmen.

Das Projekt sei kein Selbstläufer, immer wieder müssten Institutionen angesprochen werden, wenn eine trägerübergreifende Arbeit gewollt werde. Es bestand nicht die Möglichkeit, das Angebot in den eigenen Häusern zu offerieren, wo aufgrund der internen Kenntnisse die Prozesse hätten vereinfacht werden könnten.

Wünschenswert sei, wenn ein weiteres Krankenhaus für eine Bedarfssprechstunde akquiriert werden könnte, wie beispielsweise die geriatrische Station des Clementinenhauses. Dies würde den Vorteil bieten, dass die bisher unterrepräsentierte Zahl von Patienten mit Medikamentenmissbrauch erreicht werden könnte. Dazu komme die Idee des Ausbaus der Serviceleistungen hin zu Fallbesprechungen für Pflegeheime. Die Ansprache von Wohnungsbauunternehmen und Ärzten sei bereits von den Vorrednern benannt worden. Insgesamt stelle dies einen langwierigen Prozess dar. Die Stärkung des präventiven Ansatzes sei ebenfalls schon angesprochen worden. In diesen herein spiele die Altersgrenze von 55 Jahren. Diese Personengruppe sei zwar weder alt noch hochaltrig, aber in 10 bis 15 Jahren könne sie vom Problem Sucht im Alter betroffen sein. Im Clementinenhaus werde diese Personengruppe bereits jetzt mit angesprochen, aber bei sich abzeichnendem Bedarf an die Regelberatung der Fachstelle für Alkohol- und Medikamentenabhängige verwiesen.

Insgesamt gebe es für das Projekt einen hohen Bedarf, aber es sei nicht überall hinreichend bekannt. Es sei offen für neue Ansätze sowie den kreativen Umgang mit den Projektherausforderungen.


Ratsherr Nicholls sagte, die aufsuchende Arbeit sei ein vielversprechender Ansatz. Insgesamt sehe er im Konzept aber Unschärfen, was die eigentliche Zielgruppe betreffe. Hier sei eine konkretere Gestaltung wünschenswert. Bei der Frage der Medikamentenabhängigkeit könne eine Beratung nur in Teilen nützen, wie die bereits angesprochene Multimedikation durch unterschiedliche Ärzte. Dies könne nur durch eine bessere Information und Abstimmung der Ärzte untereinander erfolgen.

Auf Bitte von Ratsherrn Jacobs hin, erläuterte Frau Bau, die Benennung von Zahlen zu „stärker“ oder „weniger stark“ Abhängigen sei schwer zu beantworten, da es hier eine relativ hohe Dunkelziffer gebe. Es müsse zwischen dem Gebrauch, dem Missbrauch mit einer gewissen Toleranzentwicklung und der Abhängigkeit unterschieden werden. Bei allen zur Verfügung stehenden Hilfen sei dies zu berücksichtigen. Dazu komme, dass zwar fachlich eine bestimmte Behandlung indiziert sein könne, der Betroffene hierzu aber nicht bereit sei. Hier werde es dann ein Kompromiss gefunden werden müssen. Die bereits angesprochenen Selbsthilfegruppen seien ein sehr wichtiger Ansprechpartner, da sie eine Vorbildfunktion erfüllten, die im professionellen Hilfesystem nicht abgebildet werden könne. Eine gute Vernetzung sei elementar, dazu Geduld und auch die Fähigkeit damit umgehen zu können, dass sich auch Misserfolge einstellen könnten. Dies sei zwar alles nicht spezifisch bei älteren Menschen, aber bei ihnen potenzierten sich, wie bereits mehrfach gehört, die Schwierigkeiten. Derzeit könnten vor allem diejenigen erreicht werden, die bereits ein größeres Suchtproblem hätten. Um bereits bei beginnendem Suchtmittelmissbrauch handeln zu können, werde empfohlen, die Prävention auszubauen.

Herr Fahlbusch führte aus, es sei wichtig, auch die Ursachen einer Sucht zu kennen. Sicher gebe es Unterschiede zwischen denjenigen, die erst im Alter süchtig geworden seien und denjenigen, die bereits seit Jahrzehnten davon betroffen seien.

Frau Bau erklärte, hier spiele die Motivationsarbeit eine große Rolle. Bei Rehabilitationsbehandlungen werde beispielsweise intensiv biografisch gearbeitet, Ursachen aufgedeckt und versucht Traumata zu überwinden. Diese Dinge könne eine Beratung nicht leisten; sie versuche aber, Menschen zu motivieren, die erforderlichen Hilfen in Anspruch zu nehmen.

Herr Schulz wies auf die Problematik des Medikamentenmissbrauchs hin, insbesondere wenn es sich um Privatpatienten handele. Sie tauchten in keiner Statistik auf, erhielten möglicherweise sehr viele Medikamente verschrieben und merkten vielleicht gar nicht, dass sie Hilfe benötigten. Er frage sich, wie diese Personengruppe erreicht werden könne.

Frau Bau erläuterte, die Betroffenen merkten in der Regel erst dann, dass sie ein Suchtproblem hätten, wenn es zu Problemen komme. Die bereits von Herrn Feyerabend geschilderte Methode des Kurzscreenings halte sie für sehr sinnvoll und würde sich freuen, wenn sie auch in der hausärztlichen Praxis Anwendung finden könnte. Mit ihr könnten die Verhaltensweisen, die förderlich und auch die, die nicht förderlich für die Gesundheit seien, herausgestellt werden, um sich auf diese Weise dem Thema Sucht anzunähern. Diejenigen, die nicht erreicht werden wollen, seien nicht zu erreichen. Es müsse zumindest ein minimales Problembewusstsein vorhanden sein. Je mehr Sensibilisierung bei Ärzten, Krankenhäusern, Suchthilfe und Angehörigen vorhanden sei, desto größer werde die Chance, an die Betroffenen selbst herantreten zu können.


Herr Pleske sagte, bei Vielem könne er sich auf die Ausführungen seiner Vorredner beziehen. Die von ihm vertretenen Fachstelle für Sucht und Suchtprävention sei nicht am Projekt Sucht im Alter beteiligt. Sie gehöre zum Wohlfahrtsverband des Diakonischen Werkes Hannover. Innerhalb dieses Verbandes gebe es mit der Altenhilfe, Pro Migration, Pflegeeinrichtungen und Diakoniestationen viele Ressourcen, die sich mit dem Thema beschäftigten. Bei allen angebotenen Leistungen handele es sich um Regelleistungen. Dazu gehörten Prävention, Beratung, Vermittlung in Rehabilitationsmaßnahmen, Nachsorge und Angehörigenarbeit sowie das gesamte Behandlungsspektrum der ambulanten medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen.

Die Weltgesundheitsorganisation habe definiert, dass Menschen ab 61 Jahren „älter“ und ab 76 Jahren als „alt“ gelten. Bedingt durch den demografischen Wandel würden immer Menschen älter und auch vermutlich über einen längeren Zeitraum zu den Älteren bzw. Alten gehören. Es werde geschätzt, dass 2060 die Hälfte der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein werde. Die Zahl der Suchtkranken werde daher auch mit diesem Anstieg einhergehen.

Sucht im Alter entziehe sich zumeist der Öffentlichkeit und sei damit weitestgehend unsichtbar. Als Gründe hierfür seien die geringere Mobilität und der geringere Aufenthalt in der Öffentlichkeit zu nennen. Die einzigen Menschen, die eine Sucht dann wahrnähmen, seien die direkten Bezugspersonen. Bei Arztbesuchen werde möglicherweise eine Sucht erkannte, aber in diesem Bereich bestehe tendenziell wenig Sensibilität für das Thema. Eher werde es geleugnet oder bagatellisiert nach dem Motto „Warum soll man dem Opa sein Schnäpschen wegnehmen?“.

Unbestritten sei, dass riskanter Suchtmittelmissbrauch und Suchterkrankungen sowie deren Folgewirkungen die Lebensqualität älterer Menschen nachhaltig negativ beeinflussten. Gleichwohl sei ebenfalls unbestritten, dass Ältere von Beratung und Behandlung genauso profitierten wie Jüngere. Allein durch intensive Zuwendung könne bereits eine psychische Verbesserung herbeigeführt werden.

Ältere Menschen wiesen viel mehr Schäden an Organen, Tumore und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auf. Alkohol und Medikation sei ein „Giftcocktail“, der ganz gravierende Folgen haben könne. Die Folgen alkoholbedingter Erkrankungen seien für Ärzte oder Fachkräfte relativ leicht zu erkennen; sei es durch ihre Bewegungen, ihr Aussehen oder die Art, wie sie sich selbst beschreiben.

Medikamente, überwiegend handelt es sich um Schmerzmittel und Psychopharmaka, würden im Alter verstärkt eingenommen. Bei der Gruppe der Benzodiazepine oder der scheinbar harmlosen Z-Substanzen könne es bereits nach 8-wöchiger Einnahme zu einer Abhängigkeit kommen. Die Zielgruppe der medikamentenabhängigen alten Menschen sei nur sehr schwer zu erreichen. Die verschreibenden Ärzte seien vorrangig in der Pflicht zu prüfen, ob bereits eine Abhängigkeit eingetreten sein könne. Schlaf- und Beruhigungsmitteln nähmen Frauen doppelt so oft ein wie Männer, bei den Schmerzmitteln und Antidepressiva seien die Zahlen in etwa ausgeglichen.

Seit 30 Jahren werde Angehörigenarbeit mit teilweise schon älteren Menschen, aber nicht speziell für ältere Menschen geleistet. Ebenfalls seit 30 Jahren gebe es 20 Selbsthilfegruppen verteilt im Stadtgebiet, die dem Blauen Kreuz angehörten. Dort mache sich das Problem der Überalterung bemerkbar, da über 40% der Teilnehmer über 65 Jahre alt seien, ebenso die Gruppenleiter. Die Menschen in den Suchtgruppen fänden in den Zusammentreffen einen Sinn, auch, weil sie anderen helfen könnten. Es entstehe über die Zeit eine Verbundenheit, die eine Art familiären Charakter annehme. Dadurch allerdings fühlten sich Jüngere oft ausgeschlossen.

10% aller Klienten der Fachstelle für Sucht und Suchtprävention seien über 60 Jahre alt. Dennoch würden sie nicht als spezielle Zielgruppe behandelt. Sporadisch würden Vorträge zur Sucht in der Pflege gehalten und aufgezeigt, wie mit ihr umgegangen werden könne. Wenn älter Menschen die erforderlichen Hilfen erhielten, führe dies oft schnell zu besseren Gedächtnisleistungen, Steigerung der körperlichen Fitness sowie der allgemeinen Lebensqualität.

Seit 6 Jahren würden Schulungen bei Suchtauffälligkeiten alter Menschen für Mitarbeiter der ambulanten diakonischen Dienste in Hannover angeboten. Darüber hinaus gebe es den Bereich der offenen Altenhilfe, in dem zahlreiche und vielfältige Angebote für alte Menschen geschaffen würden.

In 2008 gab es das Projekt „Sucht im Alter“ der Evangelischen Landesarbeitsgemeinschaft für Suchtkrankenhilfe des Diakonischen Werkes. Die dort herausgegebenen Handlungsempfehlungen der regionalen Vernetzung, Kooperation Suchthilfe und Altenhilfe hätten einen allgemein gültigen Charakter. Im eigenen Haus sei dies natürlich leichter umzusetzen. Stadtweites Ziel müsse es sein, die Mitarbeiter zu qualifizieren, niedrigschwellige Angebote und Dienste gemeinwesenorientiert anzubieten sowie zielgruppenspezifische Konzepte für ältere Menschen zu erstellen.

Bereits benannt wurde, dass der Kontakt zum Medizinsystem unbedingt intensiviert werden müsse um dort eine entsprechende Sensibilisierung zu erreichen und ggf. Kontakt zu Suchthilfeeinrichtungen aufzunehmen.


Ratsfrau Jeschke machte darauf aufmerksam, dass es ihrer Ansicht nach bereits nach einmaliger Einnahme von Benzodiazepinen durch die Veränderung des Schlaf-/ Wachrhythmus zu Abhängigkeiten kommen könne. Eine Abhängigkeit trete auf jeden Fall deutlich schneller als erst nach 8 Wochen ein. Da die vorgestellten Folien sicher auch bei Multiplikatorenschulungen eingesetzt würden, wolle sie dies korrigiert wissen.
Auf die Fragen von Ratsherrn Klippert, ob sich die Tabuisierung des Themas bei den nachfolgenden Generationen ändern werde und welches die Wünsche der Vortragenden an die Politik seien, antwortete Herr Feyerabend, in seiner Einrichtung, die mit sehr schwer chronifizierten Menschen zu tun habe, werde immer wieder deutlich, dass es zu wenig suchtspezifische Gruppen gebe. Gruppen mit Menschen jeden Alters würden den unterschiedlichen Problemlagen nicht gerecht. Die Möglichkeiten an der Gesellschaft und auch an Kultur teilzuhaben müssten weiter ausgebaut werden.

Frau Bau ergänzte, zu Depression sei in den in den vergangenen Jahren viel Öffentlichkeitsarbeit gemacht worden. Auch wenn es Betroffenen sicher noch immer schwerfalle, über diese Erkrankung zu sprechen, sei sie nicht mehr so stark tabuisiert wie noch vor einigen Jahren. Das Image und die damit verbundene Öffentlichkeitsarbeit spielten bei der Wahrnehmung eine große Rolle.


Abschließend dankte Ratsfrau Klingenburg-Pülm im Namen des Sozialausschusses den Vortragenden für ihre Beiträge mit einer Fülle an Informationen. Dies werde den Einstieg in die weitere Arbeit zu dem Thema erleichtern.

Anhörung wurde durchgeführt


TOP 4.
Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 1611/2017 mit 3 Anlagen)

Ohne Aussprache.

Formal behandelt


TOP 4.1.
Änderungsantrag des Stadtbezirksrates Mitte zur DS-Nr. 1611/2017 - Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 1611/2017 E1 mit 1 Anlage)

Ohne Aussprache.

Formal behandelt


TOP 4.2.
Änderungsantrag der AfD-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017, Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum, Hausrecht für Ordnungskräfte
(Drucks. Nr. 1752/2017)

Ohne Aussprache.

Formal behandelt


TOP 4.3.
Änderungsantrag der AfD-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017, Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum, Ausstattung der Ordnungskräfte
(Drucks. Nr. 1753/2017)

Ohne Aussprache.

Formal behandelt


TOP 4.4.
Änderungsantrag der AfD-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017, Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum, Trinkraum
(Drucks. Nr. 1754/2017)

Ohne Aussprache.


Formal behandelt


TOP 4.5.
Änderungsantrag der AfD-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017, Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum, Erweiterung des zeitlichen Einsatzes der Ordnungskräfte
(Drucks. Nr. 1755/2017)

Ohne Aussprache.

Formal behandelt


TOP 4.6.
Änderungsantrag der Fraktion Die FRAKTION zu Drucks. Nr. 1611/2017: Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 2170/2017)

Ohne Aussprache.

Formal behandelt


TOP 4.7.
Änderungsantrag der Fraktion Die Hannoveraner zu Drucks. Nr. 1611/2017: Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 2204/2017)

Ohne Aussprache.

Formal behandelt


TOP 4.8.
Änderungsantrag der AfD-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017: Sicherheit und Ordnung im Öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 2328/2017)

Ohne Aussprache.

Formal behandelt


TOP 4.9.
Änderungsantrag der CDU-Fraktion zu Drucks. Nr. 1611/2017: Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 2344/2017 mit 2 Anlagen)

Ohne Aussprache.

Formal behandelt


TOP 4.10.
Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP zu Drucks. Nr. 1611/2017: Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum
(Drucks. Nr. 2346/2017)

Ohne Aussprache.

Formal behandelt


TOP 4.11.
Änderungsantrag der Gruppe Linke & Piraten zu Drucks. Nr. 1611/2017:Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum: Satzung zur Änderung der Satzung über die Sondernutzung an Ortsstraßen und Ortsdurchfahrten in der Landeshauptstadt Hannover (Sondernutzungssatzung)
(Drucks. Nr. 2361/2017)

Ohne Aussprache.

Formal behandelt


TOP 5.
Gewährung einer Zuwendung für die Einrichtung und den Betrieb des
Trinkraums "Kompass" im Gebäude Lister Meile 2, 30161 Hannover

(Drucks. Nr. 2283/2017)

Ratsfrau Langensiepen sagte, ihre Fraktion begrüße das Projekt. Ihm solle eine Chance eingeräumt werden, um die Entwicklung an der Örtlichkeit abzuwarten. Sie bitte um Information darüber, wie es zum Namen „Kompass“ gekommen sei.

Stadträtin Beckedorf erläuterte, die Bezeichnung „Trinkraum“ sei stets ein Arbeitstitel gewesen. Mit „Kompass“ sei ein neutraler, positiv besetzter Name gefunden worden. Ein Kompass könne Richtung und Orientierung geben.

Herr Fahlbusch machte auf den letzten Satz der Begründung aufmerksam, nach dem die Zentrale Beratungsstelle gemeinsam mit der Landeshauptstadt ein Konzept zur Evaluation des Projektes erarbeite. Er bitte um Information darüber, wer evaluiere.

Frau Ehlers erklärte, das Diakonische Werk gGmbH habe in seinem Konzept in Absprache mit dem Fachbereich Soziales vorgeschlagen, dass während der gesamten Laufzeit überprüft werden solle, wo das Projekt nachgebessert werden müsse. Es gehe darum, dass sich die Fachverwaltung und der Betreiber bereits während des Betriebes darüber austauschten und in der genannten Form evaluierten.

Herr Fahlbusch entgegnete, Evaluation sei das Abprüfen von Referenzwerten. Diese seien noch nicht einmal bekannt. Mit einer Projektbegleitung sei er einverstanden, aber da innerhalb kürzester Zeit viel Geld ausgegeben werden, schließe sich natürlich die Frage an, was nach dem einem Jahr passiere. Mit dem Trinkraum werde Neuland betreten und hier müsse mit der gebotenen Gründlichkeit verfahren werden.

Zum Hinweis von Herrn Schulz, Trinkräume in anderen Städten schlössen bereits wieder und was aus dem Titel „Dialograum“ geworden sei, antwortete Frau Ehlers, „Dialograum“ sei der Arbeitstitel beim Diakonischen Werk gewesen. Innerhalb der Stadtverwaltung habe der Vermutung bestanden, dass „Dialog“ zu hoch aufgehängt sein könne. Die nun gefundene Bezeichnung sei deutlich niedrigschwelliger angesiedelt, gleichzeitig aber positiv besetzt.

Die Verwaltung habe Informationen zu Trinkräumen in anderen Städten eingeholt und es treffe zu, dass der Trinkraum in Kassel zu Jahresende schließen werde. Nach Presseberichten griff der Ansatz, lediglich einen Raum vorzuhalten zu kurz. Offenbar werde jetzt versucht, auch nach außen zu gehen und aufsuchende Sozialarbeit zu integrieren.

Das Konzept des Diakonischen Werkes sei zweigliedrig. Zum einen gebe es mit dem Trinkraum die Möglichkeit, sich in geschützten Räumen aufzuhalten und auch innezuhalten. Alkohol müsse dort nicht konsumiert werden. Es bestehe vielmehr die Möglichkeit, in Ruhe einen Kaffee, Tee oder auch eine Brühe zu genießen. Darüber gebe es das Angebot, mit den Sozialarbeitern vor Ort in Kontakt zu treten und auf Wunsch Beratung in Anspruch zu nehmen. Die zweite Säule sei die aufsuchende Sozialarbeit um den Raschplatz herum, um einerseits das Konzept bekannt zu machen und andererseits die HRG sowie die anderen Beteiligten zu unterstützen.
Abschließend sagte Herr Schulz, er glaube nicht, dass alle sich am Raschplatz aufhaltenden Gruppen erreicht werden könnten. Er hoffe sehr auf einen Erfolg der aufsuchenden Sozialarbeit, sei aber dennoch skeptisch.

Formal behandelt


TOP 6.
Antrag der Gruppe LINKE & PIRATEN zum Thema "Drogenhilfestation Stellwerk rund um die Uhr öffnen"
(Drucks. Nr. 1866/2017)

Ohne Aussprache.

Auf Wunsch der SPD in die Fraktionen gezogen


TOP 7.
Antrag der AfD-Fraktion zur Erstattung von Asylkosten
(Drucks. Nr. 2028/2017)

Für seine Fraktion verlas Ratsherr Jacobs den Antrag einschließlich der Begründung.

Ratsherr Klippert machte auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes aufmerksam, nach der ein EU-Land Asylbewerber aus humanitären Gründen freiwillig aufnehmen könne, selbst wenn das Land für die Asylanträge eigentlich nicht zuständig sei.

Ratsherr Jacobs entgegnete, dies treffe zwar zu, aber es gebe kein beschlossenes Gesetz, in dem diese Freiwilligkeit geregelt worden sei.

1 Stimme dafür, 9 Stimmen dagegen, 0 Enthaltungen


TOP 8.
Antrag der CDU-Fraktion zur Einrichtung einer zentralen Ombudsstelle für Flüchtlinge
(Drucks. Nr. 2098/2017)

Ohne Aussprache.

Auf Wunsch der Bündnis 90/Die Grünen in die Fraktionen gezogen

TOP 9.
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu einer Anhörung zum Thema: "Kontrollierte Abgabe von Cannabis"
(Drucks. Nr. 2120/2017)

Ratsfrau Langensiepen sagte, im Sozialausschuss des Niedersächsischen Landtages habe es bereits eine große Anhörung zu dem Thema gegeben und nun würde es sie interessieren, wie die Möglichkeiten eines Modellprojektes in Hannover von Fachleuten beurteilt werde.

Ratsherr Hellmann bat darum, auch einen Vertreter der Ärztekammer anzuhören.

Ratsherr Nicholls regte an, Frau Folberth-Seibel von der Polizeidirektion Hannover anzuhören und seitens der Verwaltung mitzuteilen, bis wann noch weitere Gäste vorgeschlagen werden könnten.

Ratsherr Klippert wies auf einen Antrag seiner Fraktion Cannabis-Abgabe hin, der bereits beraten worden sei. Er freue sich, dass es eine Anhörung zu diesem Thema geben werde.

Ratsherr Döring erklärte, aufgrund der gemachten Erfahrungen mit einer Anhörung (Tagesordnungspunkt 3 der heutigen Sitzung) rege er dringend an, das Verfahren dahingehend zu ändern, dass alle Anzuhörenden hintereinander ihre Vorträge über jeweils maximal 10 Minuten hielten. Anschließend könne jede Fraktion oder jedes Mitglied 2 Fragen stellen. Er halte es für mehr als misslich, wenn ein 5-minütiger Vortrag angekündigt und stattdessen eine 14-minütige Powerpoint-Präsentation folge.

Ratsfrau Klingenburg-Pülm sagte, auch sie sehe, dass die heutige Anhörung etwas ausgeufert sei, zumal sie die Anhörung auf eine Stunde habe begrenzen wollen. Den gemachten Vorschlag halte sie für gut und es müsse auch darüber nachgedacht werden, möglicherweise die Anzahl der Geladenen zu beschränken. Irgendwann seien die mentalen Kapazitäten erschöpft und dies werde letztlich dem Sinn von Anhörungen nicht gerecht.

9 Stimmen dafür, 1 Stimme dagegen, 0 Enthaltungen


TOP 10.
Antrag der CDU-Fraktion zu einer Anhörung zum Thema: "Sucht - sozialarbeiterische Ansätze"
(Drucks. Nr. 2127/2017)

Ratsherr Hellmann sagte, seine Fraktion wünsche sich, dass die sozialarbeiterischen Ansätze der vorgeschlagenen Teilnehmer, die bis auf die zuletzt genannten alle teilweise erhebliche Zuwendungen durch die Landeshauptstadt Hannover erhielten, vorgestellt würden.

Ratsherr Döring erklärte, seine Fraktion werde dem zustimmen, aber bei allein 9 bereits vorgeschlagenen Gästen und der Aussicht, dass noch weitere Teilnehmer vorgeschlagen würden, rate er zu einer anderen Organisation als bei der heutigen Sitzung.

Einstimmig


TOP 11.
Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP zu Angelplätze für Menschen mit Behinderungen
(Drucks. Nr. 2208/2017)

Ohne Aussprache.

Auf Wunsch der Die FRAKTION in die Fraktionen gezogen


TOP 12.
Unterstützung der „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“
(Drucks. Nr. 2052/2017 mit 2 Anlagen)

Zur Frage von Ratsherrn Nicholls, was die Verwaltung bewogen habe, dieses Thema aufzunehmen, zumal die Charta bereits länger bekannt sei, antwortete Frau Vogt-Janssen, die Anregung sei vom Runden Tisch Palliativ und Hospiz der Region Hannover gekommen. Die Charta gehe intensiver darauf ein, was palliative und hospizliche Versorgung meine. Auf diesem Wege sei der Antrag sowohl an die Landeshauptstadt Hannover als auch die Region Hannover herangetragen worden, die Charta, die vom Deutschen Städtetag gemeinsam mit vielen anderen Organisationen initiiert worden sei, zu unterzeichnen.

Einstimmig


TOP 13.
Bericht der Dezernentin

13.1
Stadträtin Beckedorf machte auf die die Eröffnung der ersten rollstuhlgerechten und barrierefreien Musterwohnung für die Landeshauptstadt Hannover im Roderbruch, Buchnerstraße 15 am 15.11.2017 um 13.00 Uhr aufmerksam. In Kooperation mit der Firma Gundlach und weiteren Partnern würden dort praxistaugliche und finanzierbare Lösungen auch zum Umbau des eigenen Wohnraumes für den Fall, dass Handicaps bestehen, präsentiert. Es gebe darüber hinaus die Möglichkeit, sich über Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen zu informieren. Sie selbst werde, ebenso wie Vertreter der Firma Gundlach, zur Eröffnung vor Ort sein und die Mitglieder des Sozialausschusses seien eingeladen, sich selbst ein Bild von der Wohnung zu machen.

13.2
Stadträtin Beckedorf sagte, Frau Vogt-Janssen halte Flyer für eine Vorlesereihe der Leibniz-Universität Hannover in Kooperation mit der Landeshauptstadt Hannover und weiteren Partnern bereit. Im weitesten Sinne gehe es um das Thema „Alter braucht Mut“. Die Vorlesungen behandelten die unterschiedlichsten Fragen zu dem Bereich und seien interessant und spannend aufbereitet. Die Vorlesereihe richte sich an die Wissenschaft, Studenten, die interessierte Öffentlichkeit, Fachkräfte der sozialen Arbeit und des Gesundheitswesens.


Ratsfrau Klingenburg-Pülm schloss die Sitzung.


Beckedorf Hanebeck
Stadträtin für das Protokoll