Sitzung Sozialausschuss am 15.08.2016

Protokoll:

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Einladung (erschienen am 09.08.2016)
Protokoll (erschienen am 21.09.2016)
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Landeshauptstadt Hannover - 50.08 - Datum 16.08.2016

PROTOKOLL

40. Sitzung des Sozialausschusses am Montag, 15. August 2016,
Rathaus, Hodlersaal

Beginn 15.00 Uhr
Ende 16.41 Uhr

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Anwesend:

Ratsfrau Klingenburg-Pülm (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsfrau Dr. Koch (SPD)
Ratsfrau Barth (CDU)
Beigeordneter Förste (DIE LINKE.)
Ratsherr Geschwinder (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Küßner (CDU)
(vertritt Ratsherrn Lorenz)
Ratsfrau Langensiepen (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Müller (SPD)
Ratsherr Nicholls (SPD)
Ratsfrau Scholvin (SPD)

Beratende Mitglieder:

Frau M.A. Arbabian-Vogel
Herr Fahlbusch
Herr Laske
Frau Stadtmüller

Grundmandat:
Ratsherr Engelke (FDP)
(vertritt Ratsfrau Bruns) (FDP)

Verwaltung:
Stadträtin Beckedorf, Sozial- und Sportdezernentin
Frau Ruhrort, Fachbereich Soziales
Herr Strotmann, Fachbereich Senioren
Frau Dormann, Bereich Stadterneuerung und Wohnen
Frau Kalmus, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Herr Laue, Sozial- und Sportdezernat
Frau Lubes, Fachbereich Soziales
Frau Teschner, Fachbereich Soziales
Frau Vogt-Janssen, Fachbereich Senioren
Frau Wortmann, Fachbereich Senioren
Frau Hanebeck, Fachbereich Soziales
(für das Protokoll)

Presse:
Frau Rinas, HAZ
Herr Krasselt, NP

Tagesordnung:



1. Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

2. Genehmigung des Protokolls über die 39. Sitzung am 30.05.2016 - Öffentlicher Teil -

3. Einwohnerinnen- und Einwohnerfragestunde

4. Verwaltungsvorschrift für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden

4.1. Verwaltungsvorschrift für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden
(Drucks. Nr. 1003/2016 mit 1 Anlage)

4.2. Änderungsantrag der CDU-Fraktion zu Drucks.Nr. 1003/2016: Verwaltungsvorschrift für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbehehrenden
(Drucks. Nr. 1464/2016)

5. Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Beratungsangeboten für Menschen mit Behinderungen und deren älter werdenden Angehörigen / Generationsgerechte Quartiersentwicklung
(Drucks. Nr. 1417/2016)

6. Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) für Flüchtlinge
(Drucks. Nr. 1465/2016)
7. Gebietsfreistellungen/ Belegrechtsverzichte zur Stabilisierung von Gebieten mit besonders belasteten Mieterstrukturen
(Drucks. Nr. 2244/2015 mit 2 Anlagen)

8. Sanierungsziele für das Gebiet Soziale Stadt Mühlenberg
(Drucks. Nr. 0972/2016)

9. Neugestaltung der Außenanlagen im Margot-Engelke-Zentrum zu einem Sinnes- und Demenzgarten
(Drucks. Nr. 1332/2016 mit 2 Anlagen)

10. Bericht der Dezernentin



TOP 1.
Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

Ratsfrau Klingenburg-Pülm eröffnete die Sitzung und stellte die ordnungsgemäße Einladung sowie die Beschlussfähigkeit des Ausschusses fest.

Als weitere Protokollführerin begrüßte Ratsfrau Klingenburg-Pülm Frau Lubes.


Zur Tagesordnung bat Ratsfrau Langensiepen darum, im Anschluss an Tagesordnungspunkt 10 Auskünfte von der Verwaltung zu einem Thema außerhalb der Tagesordnung zu erhalten.

Ratsfrau Barth bat um getrennte Abstimmung innerhalb der Tagesordnungspunkte 4.2 und 5. Der Tagesordnungspunkt 6 ziehe sie in die Fraktionen, da der federführende Ausschuss noch nicht über den Antrag beraten habe. Den Tagesordnungspunkt 7 bitte sie formal zu behandeln, da auch hier der federführende Ausschuss seine Beschlussempfehlung noch nicht habe abgegeben können.


Der Sozialausschuss war mit dem vorgeschlagenen Verfahren einverstanden.


TOP 2.
Genehmigung des Protokolls über die 39. Sitzung am 30.05.2016 - Öffentlicher Teil -

Ohne Aussprache.

Einstimmig


TOP 3.
Einwohnerinnen- und Einwohnerfragestunde

Es wurden keine Fragen gestellt.


TOP 4.
Verwaltungsvorschrift für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden

Ratsfrau Barth brachte den Änderungsantrag ihrer Fraktion ein.

Ratsfrau Langensiepen sagte, die von der Verwaltung vorgelegte Drucksache sei sehr informativ und stelle detailgetreu dar, was bereits unternommen werde. Für Frauen gebe es 2 Unterkünfte, die ausschließlich ihnen vorbehalten seien; für den Personenkreis der LSBTQ, der ebenfalls eines besonderen Schutzes bedürfe, sei 1 Unterkunft geplant.

Da die großen Unterkünfte wie Messegelände und Pavillon derzeit „leer gezogen“ würden, stehe künftig mehr Platz für jeden Einzelnen zur Verfügung. Von starren Standards solle abgesehen werden, da individuell vor Ort aufgrund des jeweiligen Bedarfes geplant werden solle und müsse.

Ihre Fraktion werde daher dem Änderungsantrag nicht zustimmen.

Ihrer Vorrednerin schloss sich Ratsfrau Dr. Koch an, deren Fraktion dem Änderungsantrag ebenfalls nicht zustimmen werde.

Ausdrücklich solle die bisher geleistete Arbeit der Verwaltung hervorgehoben werden, die im vergangenen Jahr enorme Anstrengungen unternommen habe, innerhalb kürzester Zeit eine große Anzahl von Flüchtlingen unterzubringen. Diese waren aufgrund unzureichender Landeskapazitäten direkt in die Kommune weitergeleitet worden. Vieles sei seinerzeit der Notwendigkeit geschuldet gewesen, schnelle Lösungen zu finden. Inzwischen habe sich die Ausgangssituation verändert, auch weil das Land über ausreichende Kapazitäten in den eigenen Einrichtungen verfüge.

Die Zusammenarbeit mit den Stadtbezirken habe sich eingespielt, auch weil mehr Planungszeit zur Verfügung stehe und die Kapazitäten der Notunterkünfte reduziert werden konnten. Den Stadtbezirksräten stehe es frei, eigene Veranstaltungen durchzuführen, was auch vom jeweiligen öffentlichen Interesse abhänge. Eine Beschlussfassung im Sozialausschuss sei dafür nicht erforderlich.

Nach dem vom Rat beschlossenen 3-Säulen-Konzept sollen in Flüchtlingsunterkünften 10 m² pro Person vorgehalten werden, was deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 7 m² liege. Bei „Not“-Unterkünften sei, auch aufgrund der Kürze des dortigen Aufenthaltes, ein Unterschreiten tolerabel.

Bezogen auf Menschen mit besonderen Schutzbedürfnissen habe bereits Ratsfrau Langensiepen erläutert, welche Konzepte dazu dienten, entsprechende Sicherheit und Fürsorge zu gewährleisten. Eine starre Vorgabe, wie im Änderungsantrag formuliert, trüge der Diversität der Zusammensetzung der Flüchtlingsgruppen nicht Rechnung.

Die Qualität der Betreuer werde über die Ausschreibungen und zu schließende Betreiberverträge gesteuert. Bereits jetzt werde berücksichtigt, dass nicht nur Sozialarbeiter sondern auch Personen mit gleichgestellter Qualifikation beschäftigt werden könnten. Darüber hinaus werde versucht, Personen mit Kompetenz in verschiedenen Sprachen zu beschäftigen.

Ratsherr Engelke erklärte, grundsätzlich spiegele die Drucksache der Verwaltung den derzeitigen Sachstand wider. Bei Beschluss des 3-Säulen-Konzeptes sei von anderen Standards ausgegangen worden, doch habe man seinerzeit noch nicht abschätzen können, wie sich die Flüchtlingsströme entwickelten. Seine Fraktion werde sich im Rat der Stimme enthalten, da von den beschlossenen Standards abgewichen werde.

Anders als Ratsfrau Dr. Koch sei er der Ansicht, dass die Forderungen durchaus ihre Berechtigung hätten. Der Begriff Notunterkunft implementiere eine kurzfristige, eben aus der Not heraus entstandene Unterbringung. Das Oststadtkrankenhaus mit + 800 sowie das ehemalige Maritim-Hotel mit +530 Plätzen seien mit langfristigen Mietverträgen versehen. Von kurzzeitig könne hier also nicht gesprochen werden.

Dennoch sei hervorzuheben, dass in Hannover Vieles sehr gut abgelaufen sei. Eine Unterbringung in Zelten habe vermieden werden können und inzwischen klappe auch die Organisation sehr gut. Mittelfristig könnten auch die beschlossenen Standards erreicht werden.

Beigeordneter Förste schloss sich dem an. Seine Fraktion habe auch in den anderen Ausschüssen zugestimmt. Im Augenblick laufe es gut für Hannover, eine Art Atempause sei erreicht, auch wenn die Anzahl der Flüchtlinge möglicherweise wieder ansteigen werde. 6 m² seien eine problematische Größe, aber es handele sich nur um eine Notlösung. Die Schulsporthallen seien zum Schulbeginn nicht mehr belegt und auch das Oststadtkrankenhaus sowie das ehemalige Maritim-Hotel werden sicher bald wieder leer sein.


TOP 4.1.
Verwaltungsvorschrift für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden
(Drucks. Nr. 1003/2016 mit 1 Anlage)

Diskussionsbeiträge siehe Tagesordnungspunkt 4.

8 Stimmen dafür, 2 Stimmen dagegen, 0 Enthaltungen


TOP 4.2.
Änderungsantrag der CDU-Fraktion zu Drucks.Nr. 1003/2016: Verwaltungsvorschrift für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbehehrenden
(Drucks. Nr. 1464/2016)

Diskussionsbeiträge siehe Tagesordnungspunkt 4.

Einzelabstimmung über die aufgeführten Punkte:
1: 2 Stimmen dafür, 8 Stimmen dagegen, 0 Enthaltungen
2-3: 3 Stimmen dafür, 7 Stimmen dagegen, 0 Enthaltungen
4-6: 2 Stimmen dafür, 8 Stimmen dagegen, 0 Enthaltungen


TOP 5.
Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Beratungsangeboten für Menschen mit Behinderungen und deren älter werdenden Angehörigen / Generationsgerechte Quartiersentwicklung
(Drucks. Nr. 1417/2016)

Ratsfrau Dr. Koch begründete den Antrag. Inzwischen sei auch ein Bericht des Landes zu selbstständigem Wohnen im Alter, auch für Menschen mit Behinderung, erschienen. Darin sei deutlich geworden, dass relativ wenige Daten darüber vorhanden seien, weil viele Menschen mit Behinderungen entweder keine öffentlichen Leistungen in Anspruch nähmen oder die verschiedensten Kostenträger beteiligt seien. Mit der Reform der Eingliederungshilfe würden zukünftig mehr Daten zur Verfügung stehen, die auch verknüpft werden könnten. Der Antrag solle auch die Inklusion befördern. Möglicherweise habe er sich für die nächste Generation überholt, da diese von vornherein selbstständiger aufwachse.

Die antragstellenden Fraktionen gingen davon aus, dass ein Großteil der Betroffenen die Beratungsstellen nicht in Anspruch nähmen. Umso notwendiger sei für die Betroffenen und ihre Angehörigen als auch am Gesundheitssystem Beteiligter die Aufklärung darüber, wie es weitergehen könne.

Aus den Einwohnerbefragungen sei bekannt, dass die Menschen grundsätzlich gerne in ihren gewohnten Quartieren verbleiben wollten. Hierauf ziele der 2. Punkt des Antrages ab. Zwar seien schon gute Wohnprojekte vorhanden, aber es solle der Versuch unternommen werden darüber ins Gespräch zu kommen, für die Zielgruppe in den Quartieren geeignete Wohnformen zu finden. Als Beispiel solle der Verein Forum am Kronsberg dienen, der verstreut gelegene behindertengerechte Wohnungen mit einem zentralen Dienstleister für Pflege rund um die Uhr versorge.

Auch wenn wenig Datenmaterial zur Verfügung stehe, müsse von einem künftig steigenden Bedarf ausgegangen werden. Dies liege zum einen am demografischen Wandel und auch daran, dass in Deutschland, verglichen mit anderen Ländern Europas insgesamt weniger Menschen mit Behinderungen lebten. Dies liege an der Zeit des Nationalsozialismus, als durch Euthanasie viele Menschen mit Behinderungen umgebracht wurden. Die Zahlen glichen sich nun langsam durch die nach 1945 Geborenen an.

Ratsfrau Langensiepen ergänzte, dass neben dem Fehlen einer Generation aufgrund der Euthanasie auch der medizinische Fortschritt eine Rolle spiele. Währen z.B. in den 80-er Jahren des 20. Jahrhunderts davon ausgegangen wurde, dass Menschen mit Trisomie 21 nicht älter als 30 Jahre würden, erreichten diese inzwischen durchaus das Alter von 60 Jahren. Wichtig sei es, dass die Menschen die, verständlich formulierten, Informationen erhielten, mit deren Hilfe sie selbst entscheiden könnten, wie sie sich ihr weiteres Leben vorstellten. Die Entwicklungen beim Bundesteilhabegesetz zeigten leider in die entgegengesetzte Richtung. Gerade Menschen mit schweren Einschränkungen sollten wieder zurück in die Heime gedrängt werden.

Ratsfrau Barth erklärte, ihre Fraktion stimme bei Punkt 1 völlig mit den antragstellenden Fraktionen überein. Punkt 2 habe sie nicht nachvollziehen können, da doch die Antragsteller sonst forderten, nicht nur eine spezielle Gruppe von Menschen mit einzubeziehen. Die aktuelle Quartiersentwicklung sehe bereits vor, dass Menschen mit Behinderung, gleich welcher Art, mit entsprechender Unterstützung adäquat leben könnten. Ein ähnlicher Antrag der CDU-Fraktion sei mit der Begründung abgelehnt worden, er sei überflüssig, da die Quartiersentwicklung bereits den beantragten Weg gehe. Der letzte Satz des Punktes 2 sei nicht nachzuvollziehen, da sich GBH und union boden bereits beteiligten.

Ratsherr Engelke sagte, die Ausführungen von Ratsfrau Langensiepen hätten ihn sehr in seiner positiven Einstellung dem Antrag gegenüber unterstützt. Allerdings wolle er darauf hinweisen, dass es bereits eine Dienstanweisung in der Verwaltung gebe, wonach Informationen, die nach außen gerichtet seien, in leichter Sprache abzufassen sind. Er habe, wie Ratsfrau Barth, ebenfalls Schwierigkeiten mit der Formulierung des letzten Satzes von Punkt 2. Nach seinem Verständnis könne sei sich nur um einen Aufruf handeln, um der Intention Nachdruck zu verleihen. Er schlage vor, den Satz abzuändern in „Alle Wohnungsbauunternehmen sollen sich auch zukünftig bei dem Ausbau beteiligen.“ Dem würde er in der Ratsversammlung zustimmen können.

Für den Seniorenbeirat sagte Frau Stadtmüller, der Antrag werde ausdrücklich unterstützt. Im vergangenen Jahr sei sehr deutlich geworden, dass bei Menschen mit geistiger Behinderung beim Übergang in den Ruhestand auch das bisherige Wohnrecht mit entfallen sei. Diese Menschen müssten dringend in ihrer gewohnten Umgebung weiter betreut werden, weil die bisherigen Alltagsstrukturen sonst völlig entfielen. Weiter machte Frau Stadtmüller darauf aufmerksam, dass gerade bei Menschen mit Trisomie 21 der Grad der demenziellen Erkrankungen deutlich höher sei als bei anderen Menschen im Seniorenalter. Die alten Eltern dieser Menschen seien dazu schlicht nicht mehr in der Lage.

Frau Arbabian-Vogel ergänzte zum Beitrag von Ratsfrau Langensiepen, dass der medizinische Fortschritt auch dazu führe, dass es in der Pflege künftig Kundengruppen gebe, die noch vor einer Generation schlicht nicht möglich waren, einfach ausgedrückt, weil sie ihre Erkrankungen nicht überlebten, wie z.B. Patienten, die unter Muskeldystrophien oder neurologischen Dystrophien litten. Es könne nicht genug darauf hingewiesen werden, dass die Broschüre eine leicht verständliche Sprache erfordere, damit sie allgemein verständlich sei. In der Pflege werde auch die Gruppe der Migranten einen immer größeren Anteil ausmachen. Es wäre daher mehr als sinnvoll, die Broschüre auch in den am meisten nachgefragten Sprachen türkisch und russisch, ebenfalls leicht verständlich, vorzuhalten.

Ratsfrau Barth erklärte, bei einer Änderung in der von Ratsherrn Engelke vorgeschlagenen Form, würde sich ihre Fraktion dem Antrag anschließen können. Durch die gemachten Erläuterungen zum Antrag sei deutlich geworden, dass dieser die gleiche Intention verfolge, wie der seinerzeit von ihrer Fraktion gestellte Antrag.

Ratsfrau Dr. Koch erläuterte, die städtischen Wohnungsunternehmen seien im Antrag aufgeführt, weil hier ein gewisser Einfluss geltend gemacht werden könne. Dies sei bei den anderen nicht der Fall, so dass der Antrag nicht abgeändert werde.

Einzelabstimmung über die aufgeführten Punkte:
1: einstimmig
2: einstimmig


TOP 6.
Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) für Flüchtlinge
(Drucks. Nr. 1465/2016)

Ohne Aussprache.

Auf Wunsch der CDU in die Fraktionen gezogen


TOP 7.
Gebietsfreistellungen/ Belegrechtsverzichte zur Stabilisierung von Gebieten mit besonders belasteten Mieterstrukturen
(Drucks. Nr. 2244/2015 mit 2 Anlagen)

Zu diversen Fragen aus dem Sozialausschuss nahm Frau Dormann Stellung.

Die Drucksache stamme aus 2015. Seinerzeit sei sie etwas knapper gefasst gewesen, mittlerweile habe die Verwaltung sie um ausführlichere Erläuterungen ergänzt. Seit 1999 gebe es in Hannover die Instrumente der Gebietsfreistellungen und Belegrechtsverzichte in mehreren Gebieten. Dabei handele es sich überwiegend um Gebiete mit hohen Belegrechten. Diese seien nicht gleichmäßig im Stadtgebiet verteilt sondern ballten sich z.B. in Vahrenheide. Die Verwaltung habe sich daher entschlossen, die besonders belasteten Gebiete aufzuwerten, um eine bessere Durchmischung der Bewohnerstruktur zu erreichen. Die Gebietsfreistellungen und Belegrechtsverzichte seien immer für 5 Jahre befristet und laufend, zuletzt bis 2014, verlängert worden. Es handele sich also nicht um ein neues Instrument, sondern um ein bereits länger genutztes. Die nächste Verlängerung über 2014 hinaus sollte sich anschließen, aber durch einen Wechsel in der Sachgebietsleitung kam es zu einer Verzögerung. Es sei geprüft worden, wo und wie das Instrument eine Wirkung gezeigt habe. In den Gebieten, in denen eine positive Wirkung zu verzeichnen war, d.h. die Mieterstruktur sich stabilisiert habe, solle dies fortgeführt werden, um die Stabilisierung nachhaltig zu unterstützen. Bis 2014 habe es deutlich mehr Belegrechtsverzichte gegeben, als dies jetzt für die Fortführung geplant sei. Die Zahl 2.000 erwecke den Eindruck, dass es ein großer Verlust sei, tatsächlich trete eine Wirkung jedoch erst dann ein, wenn die Wohnung tatsächlich frei werde. Kein Mieter müsse ausziehen, nur weil die Stadt auf die Ausübung ihres Belegrechtes verzichte.

Gebietsfreistellungen bedeuteten, dass Mieter, die in die entsprechenden Wohnungen einzögen, keinen Wohnberechtigungsschein (B-Schein) benötigten. Sie könnten über ein höheres Einkommen verfügen; die Einkommens- und Wohnflächengrenzen bräuchten nicht eingehalten zu werden. Überwiegend habe es sich vorher um Bezieher von Transferleistungen gehandelt, da die Einkommensgrenzen eingehalten werden mussten.

Beim Belegrechtsverzicht könnten sich die Vermieter den Mieter selbst wählen. Das Vorschlagsrecht der Verwaltung werden dann nicht mehr ausgeübt.

Wenn Gebietsfreistellungen und Belegrechtsverzichte zusammen kämen, könne der Vermieter einen Mieter, der keinen B-Schein benötige, aufnehmen.

Nur in 3 Gebieten würden Gebietsfreistellungen und Belegrechtsverzichte kombiniert: Roderbruch, Vahrenheide und Linden-Süd. In einigen anderen, z.B. Davenstedt, Hainholz und Bemerode solle nur auf die Belegrechte verzichtet werden, neue Mieter bräuchten aber weiterhin einen B-Schein. Die Vermieter könnten, weil sie ihre Mieter besser kennten, besser einschätzen, ob ein neuer Mieter zu den anderen Bewohnern passe.

Derzeit sei eine Phase mit erhöhtem Wohnraumbedarf. Die Gebietsfreistellungen und Belegrechtsverzichte seien wieder befristet (bis März 2019), danach fielen sie automatisch an die Stadt zurück und müssten nicht neu gekauft werden. Neue Belegrechte müssten erworben werden, da Belegrechte nicht unbegrenzt gelten. Dieser Erwerb geschehe natürlich nicht dort, wo Gebiete bereits besonders belastet seien und freigestellt werden sollen. Es werde versucht, die Belegrechte gleichmäßig über das Stadtgebiet zu verteilen.

Die Verwaltung versuche mit unterschiedlichen Maßnahmen, wie dem Wohnraumförderprogramm, dem Ankauf von Belegrechten auf bestehende Wohnungen und der Verlängerung von Aufwendungszuschüssen neue Belegrechte zu schaffen. Ob dies die Gesamtzahl der Belegrechtswohnungen halten werde, sei schwer einzuschätzen. In den vergangenen Jahren sei wenig gefördert worden und die Altförderungen liefen nach und nach aus. Die tatsächlich zur Verfügung stehenden Wohnungen könnten nicht immer den Bedarf decken. Derzeit werde ein Anteil von etwa der Hälfte für 1-Personen-Haushalte benötigt. Wenn aber 3-Zimmer-Wohnungen frei wären, könne damit der Bedarf nicht gedeckt werden. Die Wohnungen aus älteren Förderungen verfügten z.T. über Grundrisse, die nach heutigen Kriterien wenig geeignet seien. Oft seien sie relativ groß und damit teuer und überschritten in vielen Fällen auch die Mietobergrenzen.

Ratsfrau Dr. Koch sagte, das eigentliche Problem sei der absolute Mangel an Wohnungen für bestimmte Gruppen, zum einen die 1-Zimmer-Wohnungen aber auch die großen Wohnungen für Familien mit mehreren Kindern. Die SPD-Fraktion sei der Meinung, dass die Drucksache vertretbar sei, da die Zahl der Wohnungen, die aus der Vermittlung herausfalle, gering sei. Neubau könne für die Zukunft die einzige Lösung sein.

Frau Dormann wies darauf hin, dass es in Hannover bei 19.300 Wohnungen ein Belegrecht gebe, das seien ca. 6,6 % des Wohnungsbestandes. Mit den Wohnungsbauunternehmen sei die Verwaltung im Gespräch wegen weiterer Belegrechte. Bei den großen Vermietern gebe es eine Bereitschaft hierfür.

Frau Stadtmüller sagte, der Seniorenbeirat befürchte, dass die Maßnahmen zulasten der Ärmsten gingen. Deren Zahl nehme immer mehr zu, was sich auch daran ablesen lasse, dass die Anfragen beim Seniorenbeirat nach einer Vermittlung preisgünstigen Wohnraumes stark angestiegen sei. Auch eine Umfrage unter den Delegierten habe diesen Eindruck bestätigt. Sie befürchte, dass der Verzicht auf die Nutzung des Belegrechtes eine ganze Gruppe von Menschen vom Zugang zum Wohnungsmarkt ausschließe. Bei der Wasserstadt Limmer gehe schon vor Baubeginn die Quote der Belegrechte vorgesehenen Wohnungen immer weiter herunter und sehe nicht einmal 25 – 30 %, wie in anderen Städten, vor. Der Seniorenbeirat appelliere daher dringend an die Ratsversammlung, nicht die Einflussmöglichkeiten aus der Hand zu geben, damit es in Hannover nicht zu einer Situation wie in Dresden komme.

Frau Dormann erläuterte, dem pragmatischen Vorschlag von Ratsfrau Barth, bei der Versorgung von Menschen mit Wohnraum nicht an starren Wohnungsgrößen festzuhalten, könne die Verwaltung nicht folgen, da es sich um gesetzliche Vorgaben handele. Zwar gebe es einen Spielraum von 10 %, darüber hinaus sei ein Abweichen nicht zulässig.

Herr Laske bat um Auskunft, wie hoch die Aufwendungen für den Ankauf neuer Belegrechte seien und wie viele Belegrechtswohnungen, prozentual oder als absolute Zahl, notwendig seien, erwiderte Frau Dormann, die Anzahl und Größe der benötigten Wohnungen richte sich immer nach der Haushaltsgröße. Zum finanziellen Aufwand könne sie selbst nichts sagen, da dies von einem anderen Sachgebiet bearbeitet werde. Gerne könne eine Antwort hierzu zum Protokoll nachgereicht werden.

(Antwort der Verwaltung:
Mit der seit Jahren wachsenden Bevölkerung bei in den vergangenen Jahren quasi ausbleibendem Wohnungsneubau wächst auch die Enge auf dem Wohnungsmarkt der Landeshauptstadt Hannover, die sich insbesondere bei kleinen und großen Wohnungen im preiswerten Segment zeigt. In der Hannoverschen Wohnungsbauoffensive 2016 wurde vereinbart, dass bis 2020 jährlich durchschnittlich 1.000 Wohnungen neugebaut werden. Davon sollen mindestens 25 Prozent gefördert werden und damit eher preiswerter Wohnraum sein.

Als eine weitere Reaktion aus dem Wohnkonzept 2025 wurde 2013 das kommunale Wohnraumförderprogramm aufgelegt, das bis 2020 weitergeführt wird. 2015 wurde es um jährlich 1,25 Mio. € auf ein investives Volumen von jährlich 4 Mio. € vom Haushaltsjahr 2016 an aufgestockt, um dem wachsenden Bedarf nach preiswertem Wohnraum entsprechen zu können. Jährlich können aus dem Programm bis zu 200 Wohnungen über Baukostenzuschüsse gefördert werden. Ein Teil davon steht dann als Belegrechte zur Verfügung.

Derzeit übt die Stadt bei ca. 19.300 Wohnungen Belegrechte aus. Ziel ist es, diese Größenordnung mindestens zu erhalten. Mit der Hannoverschen Wohnungsbauoffensive 2016 wurde daher außerdem vereinbart, 2.000 Belegrechte bis 2020 zu schaffen - sowohl durch Neubau als auch im Bestand. Die LHH versucht, die Laufzeiten von Aufwendungszuschüssen für geeignete Belegrechtswohnungen zu verlängern, mit den Unternehmen am hannoverschen Wohnungsmarkt bestehende Kooperationsverträge zu verlängern und neue Belegrechtsvereinbarungen abzuschließen.

Im investiven Haushalt sind für Baukostenzuschüsse insgesamt 25,25 Mio. EUR bis zum Jahr 2020 eingeplant. Hinzu kommen derzeit jährlich etwa 4,5 Mio. EUR im konsumtiven Teil für Aufwendungszuschüsse.)



Ratsherr Nicholls meinte, das Thema der Altersarmut auch in Zusammenhang mit verfügbar bezahlbarem Wohnraum werde selbstverständlich eine der wesentlichen Herausforderungen der Zukunft sein. Dennoch bestehe kein Zusammenhang zum Thema Gebietsfreistellungen und Belegrechtsverzicht. Die Verwaltung gebe dem gesamten Komplex nichts aus der Hand. Vielmehr werde aus sachlichen Erwägungen heraus angestrebt, eine sozial ausgewogene Mischung der Nachbarschaften zu ermöglichen. Dies sei insbesondere auch von älteren Menschen immer wieder als ausschlaggebend für die Wahl eines Wohnumfeldes genannt worden. Seine Fraktion lege großen Wert darauf, dass sozialer Wohnraum über das gesamte Stadtgebiet verteilt sei.

Ratsherr Förste sagte, auch wenn die Antworten schlüssig und logisch vorgetragen seien, konnten sie ihn dennoch nicht richtig überzeugen, so dass er gegen den Antrag stimmen werde. Die Stadt habe mit der Ausübung der Belegrechte einen direkten Einfluss darauf, wer in die Wohnungen ziehe. Belegrechte für kleinere Wohnungen müssten zugekauft, die für die anderen Wohnungen aber nicht aufgegeben werden.

Herr Fahlbusch wies darauf hin, dass mit der Ballung von Menschen in belasteten Lebenssituationen eine Fülle von Problemen entstehe, die es bei einer gleichmäßigeren Verteilung über das Stadtgebiet so nicht gäbe. Ein besonderes Augenmerk gelte Alleinerziehenden mit ihren Kindern. Die Wohnfähigkeit vieler Menschen habe als Folge wirtschaftlicher Probleme, die soziale Kompetenzen einschränke, abgenommen.

Abschließend appellierte Ratsherr Förste daran, das Wohngeld zu erhöhen, damit dies den Beziehern die Möglichkeit eröffne, auch in Wohngebiete mit etwas höheren Mieten zu ziehen. Auch auf diese Weise könne eine Entflechtung erreicht werden.


Formal behandelt


TOP 8.
Sanierungsziele für das Gebiet Soziale Stadt Mühlenberg
(Drucks. Nr. 0972/2016)

Zur Nachfrage von Ratsfrau Barth, was mit „…Vermeidung von Gewerbe und Dienstleistungen, die der Förderung, Bildung Qualifizierung von Kindern und Jugendlichen entgegenstehen“ (Seite 2 der Drucksache, 2. Spiegelstrich) gemeint sei, erläuterte Frau Teschner, gerade in älteren Einkaufspassagen aus den 1970-er Jahren gäbe es einen „Run“ auf Objekte, um dort Spielhallen, Tippläden und andere gewerbliche Glücksspiele zu etablieren.

Einstimmig


TOP 9.
Neugestaltung der Außenanlagen im Margot-Engelke-Zentrum zu einem Sinnes- und Demenzgarten
(Drucks. Nr. 1332/2016 mit 2 Anlagen)

Frau Wortmann erläuterte, weder das Margot-Engelke-Zentrum noch der neu zu gestaltende Garten seien geschlossene Bereiche. Zwar seien der Großteil der Bewohner des Pflegebereiches sowie einige Nutzer des Betreuten Wohnens demenziell verändert, jedoch nutzten auch von Ehrenamtlichen betreute ambulante Betreuungsgruppen die Einrichtung. Demenz sei, besonders am Beginn der Veränderung, schwer abzugrenzen von bloßer Vergesslichkeit, die Übergänge sind fließend. Der Garten könne und solle von Allen genutzt werden. Für diejenigen, die aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht in der Lage seien, den Garten allein zu nutzen, gebe es auf jeden Fall eine Begleitung. Bei ausschließlich an Demenz Erkrankten hänge die Notwendigkeit der Begleitung von der Schwere der Demenz ab. Die ambulanten Gruppen böten eine 1:1 Begleitung an, so dass immer jemand zur Verfügung stehe, um Bewohner in den Garten zu begleiten. Bei Bewohnern, die durch ihre „Hinlauftendenz“ sehr gefährdet seien, mehrfach die Geibelstraße überquert hätten und zurück gebracht werden mussten, werde über eine geschlossene Unterbringung, die allerdings nicht im Margot-Engelke-Zentrum möglich sei, nachgedacht werden müssen. Die Bewohner des Margot-Engelke-Zentrums seien noch in der Lage, sich allein oder in Begleitung auf dem Gelände zu bewegen.

Für den Garten selbst seien Handläufe aus unterschiedlichen Materialien in diversen Formen für die taktile Wahrnehmung geplant. Es werde u.a. ein Klangspiel, eine Wassersäule und Beerensträucher geben. Die Cafeteria des Hauses werde bereits jetzt in großem Maße von Besuchern des Hauses genutzt. In Zukunft stehe für alle auch der Gartenbereich u.a. mit der großen Terrasse und direktem Zugang zur Geibelstraße zur Verfügung.

Ratsherr Engelke hob hervor, ihm sei keine Einrichtung bekannt, die auch von den Anwohnern derart intensiv genutzt und offenbar gern in Anspruch genommen werde. Mit der Neugestaltung des Gartens werde eine enorme Aufwertung verbunden sein. Positiv hervorheben wolle er auch, dass die Arbeiten vom Ausbildungsbetrieb Garten- und Landschaftsbau des Fachbereiche Umwelt und Stadtgrün durchgeführt werden sollen. Für die Auszubildenden sei dies eine ganz besondere, nicht alltägliche Aufgabe.

Zur Frage von Herrn Laske zur Finanzierung und Ausstattung der Margot-Engelke-Stiftung erläuterte Herr Strotmann, diese umfasse 2 Komponenten. Einerseits handele es sich um Stammmittel, die für Investitionen verwendet werden dürften und damit die Stiftungsmittel aufzehrten. Aus diesen Mitteln sei z.B. das Kompetenzzentrum Demenz des Heinemanhofes gebaut sowie das Margot-Engelke-Zentrum umgebaut worden. Darüber hinaus gab es einen Betrag in Höhe von 500.000 €, der für Erträgnisse genutzt werde. Er gehe davon aus, dass die genannten 100.000 € nicht aus den Erträgnissen stammten.

Einstimmig


TOP 10.
Bericht der Dezernentin

Stadträtin Beckedorf sagte, aus ihrer Sicht gebe es keine Punkte, zu denen Berichte vorliegen habe.



Ratsfrau Langensiepen machte auf einen Artikel in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung aufmerksam, nach dem ein Flüchtling den Klageweg beschreite, weil die Kosten für eine Psychotherapie nicht übernommen würden. Sie bitte um Auskunft, wie das grundsätzliche Verfahren sei, ob konkrete Zahlen dazu genannt werden könnten, wie viele Personen es betreffe und ob ggf. eine Kooperation mit dem Netzwerk für Flüchtlinge oder ähnlichen Vereinen getroffen werden könne.

Frau Ruhrort antwortete, sicher gebe es viele Flüchtlinge, die psychisch erkrankt seien oder unter Traumaerkrankungen litten. Dies trete nicht unbedingt in den ersten Wochen des Ankommens zutage, sondern scheine erst nach einiger Zeit offenkundig zu werden. Möglicherweise bemerkten es die jeweiligen Betreuer auch erst jetzt verstärkt.

Das Problem sei vorhanden, ohne dass genau benannt werden könne, wie groß es tatsächlich sei. In der Tat könne es Probleme bei der Kostenübernahme geben. Im Asylbewerberleistungsgesetz werde der eingeschränkte Krankenhilfeanspruch geregelt; er gelte nur für Schmerzzustände und Unabweisbares. Bei der Beurteilung der Unabweisbarkeit habe es Probleme gegeben, da sich eine Psychotherapie in der Regel über einen langen Zeitraum von einem bis zu mehreren Jahren erstrecke. In Zusammenarbeit mit der Region Hannover seien Regularien für das Verfahren erarbeitet worden. In einem Rundschreiben der Region Hannover wurde festgelegt, dass eine Psychotherapie von einem entsprechenden Facharzt zu beantragen ist. Danach ist, nach bisherigem Stand, das Gesundheitsamt, nach neuesten Erkenntnissen der Sozialpsychiatrische Dienst der Region Hannover einzuschalten. Kein traumatisierter Flüchtling, der behandlungsbedürftig sei, bleibe unversorgt. Nach dem Rundschreiben seien das Erstgespräch sowie 5 sog. probatorische Sitzungen relativ unproblematisch zu bewilligen. Hiervon unberührt seien die Probleme, die auftreten könnten, überhaupt einen Behandler zu finden.

Bei einem akuten Zustand könnten die Menschen bei Bedarf stationär behandelt werden, auch dies stelle kein Problem dar. In der Tat gebe es Probleme, wenn eine Psychotherapie von 25 – 50 Stunden begehrt werde. Diese werde im Hinblick auf den aufenthaltsrechtlichen Status in der Regel abgelehnt. Aus medizinischer Sicht müssten Menschen, die sich einer derart langen Therapie unterzögen, in einem relativ stabilen Rahmen leben. In den medizinischen Begründungen werde davon ausgegangen, dass Menschen, die sich noch im Asylverfahren befänden, noch zu viel Unruhe in ihrem Leben hätten. Eine Beschäftigung mit den Traumaerfahrungen könne Dinge lösen, für die aus medizinischer Sicht noch nicht der richtige Zeitpunkt gekommen sei. Die Anträge würden ausschließlich aus medizinischen Gründen abgelehnt, denen das ärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes (bisher) bzw. Sozialpsychiatrischen Dienstes (künftig) zugrunde liege.

In dem in der Zeitung geschilderten Einzelfall befinde sich der Kläger noch in einem völlig ungesicherten Aufenthaltsstatus; die Anhörung zum Asylverfahren habe noch nicht stattgefunden. Entsprechend sei die Ablehnung begründet worden. Aufgrund des eingelegten Widerspruches sei der Sachverhalt noch einmal mit Hilfe eines ärztlichen Gutachtens überprüft worden, das zum gleichen Ergebnis gelangt sei. Nach der ärztlichen Bestätigung des Hausarztes liege kein akuter Behandlungsbedarf vor, so dass die Verwaltung gehalten war, die beantragte Psychotherapie zu dem gewünschten Zeitpunkt abzulehnen. Zum laufenden Klageverfahren werde keine weitere Äußerung erfolgen.

Die Verwaltung stehe zur Verfahrensweise insgesamt in ständigem Gespräch mit der Region Hannover und den Behandlungsstätten, da es rund um das Thema noch viele offene Fragen gebe.

Ratsfrau Klingenburg-Pülm schloss die Sitzung.


(Beckedorf) (Hanebeck)
Stadträtin für das Protokoll