Sitzung Ratsversammlung am 10.09.2015

Protokoll:

verwandte Dokumente

Einladung (erschienen am 04.09.2015)
Protokoll (erschienen am 22.12.2015)
Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
______________________________________________________________________

Landeshauptstadt Hannover - 18.60 - Datum 11.11.2015

PROTOKOLL

46. Sitzung der Ratsversammlung am Donnerstag, 10. September 2015,
Rathaus, Ratssaal

Beginn 15.00 Uhr
Ende 16.27 Uhr

______________________________________________________________________

Anwesend:

(verhindert waren)

Bürgermeister Hermann (SPD)
Bürgermeisterin Kramarek (Bündnis 90/Die Grünen)
Bürgermeister Scholz (CDU)
Ratsfrau Barnert (SPD)
Ratsfrau Barth (CDU)
Ratsherr Bindert (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Blaschzyk (CDU)
Ratsherr Böning (DIE HANNOVERANER)
(Ratsfrau Bruns) (FDP)
Ratsfrau Dr. Clausen-Muradian (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsfrau de Buhr (SPD)
Ratsherr Dette (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Drenske (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Emmelmann (CDU)
Ratsherr Engelke (FDP)
Ratsherr Farnbacher (Bündnis 90/Die Grünen)
(Ratsherr Fischer) (CDU)
Ratsfrau Fischer (SPD)
Beigeordneter Förste (DIE LINKE.)
Ratsfrau Gahbler (SPD)
Ratsherr Geschwinder (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ratsherr Gill (SPD)
Ratsherr Hanske (SPD)
Ratsherr Hellmann (CDU)
Ratsherr Hillbrecht
Ratsherr Hofmann (SPD)
Ratsfrau Jeschke (CDU)
Beigeordnete Kastning (SPD)
Ratsherr Kelich (SPD)
(Ratsfrau Keller) (SPD)
Ratsherr Dr. Kiaman (CDU)
Ratsherr Klapproth (CDU)
Ratsfrau Klebe-Politze (SPD)
Beigeordneter Klie (SPD)
Ratsfrau Klingenburg-Pülm (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Kluck (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsfrau Dr. Koch (SPD)
Ratsherr Küßner (CDU)
Ratsfrau Langensiepen (Bündnis 90/Die Grünen)
(Ratsherr Leineweber)
(Ratsherr Lorenz) (CDU)
Beigeordnete Markowis (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsfrau Dr. Matz (CDU)
Ratsherr Dr. Menge (SPD)
Ratsherr Mineur (SPD)
Ratsherr Müller (SPD)
Ratsherr Nagel (SPD)
(Ratsherr Nicholls) (SPD)
Ratsfrau Nolte-Vogt (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsfrau Nowak (DIE LINKE.)
Ratsherr Oppelt (CDU)
Ratsfrau Pluskota (SPD)
Ratsfrau Pohler-Franke (SPD)
Ratsherr Pohl (CDU)
Ratsfrau Pollok-Jabbi (DIE LINKE.)
Ratsfrau Ranke-Heck (SPD)
Ratsherr Römer (SPD)
Ratsherr Schlieckau (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsfrau Scholvin (SPD)
Oberbürgermeister Schostok
Beigeordneter Seidel (CDU)
Beigeordnete Seitz (CDU)
(Ratsfrau Steinhoff) (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Wruck (DIE HANNOVERANER)
Beigeordnete Zaman (SPD)

Verwaltung:
Erste Stadträtin Tegtmeyer-Dette
Stadtrat Walter
Stadtkämmerer Dr. Hansmann
Stadtbaurat Bodemann
Stadtrat Härke

Tagesordnung:

1. Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

2. Einbringung des Haushaltsplanes 2016 und des Haushaltssicherungskonzeptes 2015 bis 2018 HSK IX+

2.1. Haushaltssatzung 2016
(Drucks. Nr. 1718/2015 mit 3 Anlagen)

2.2. Beratung der Haushaltssatzung 2016 in den Fachausschüssen
(Informationsdrucks. Nr. 1719/2015 mit 1 Anlage)

2.3. Haushaltssicherungskonzept 2015 bis 2018 (HSK IX+)
(Drucks. Nr. 1810/2015)

3. Umbesetzung im Jugendhilfeausschuss
(Drucks. Nr. 1967/2015)

4. A N T R A G

4.1. der CDU-Fraktion zur Broschüre "Berufliche Perspektiven für Frauen"
(Drucks. Nr. 1705/2015)


TOP 1.
Eröffnung der Sitzung, Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Beschlussfähigkeit sowie Feststellung der Tagesordnung

Ratsvorsitzender Hermann (SPD) eröffnete die Ratsversammlung stellte die ordnungsgemäße und fristgerechte Versendung der Einladungen sowie die Beschlussfähigkeit des Rates fest, verwies darauf, dass das H1 Fernsehen beabsichtige von der heutigen Sitzung Bild- und Tonaufnahmen anfertigen zu wollen, wenn der Rat dagegen keine Bedenken erhebe. Weiter verwies er auf die zur heutigen Sitzung nachgereichten Beratungsunterlagen.

Ratsvorsitzender Hermann (SPD) führte aus, dass es bei der Einbringung des Haushalts in öffentlicher Ratssitzung seit vielen Jahren gemäß § 16 Abs. 5 Geschäftsordnung des Rates üblich sei, die Haushaltsreden des Oberbürgermeisters und des Stadtkämmerers zu hören. Die Beratungen zum Haushalt und zum Haushaltssicherungskonzept IX würden in den kommenden Wochen in den Ratsgremien bis zur Haushaltsplanverabschiedung durch den Rat am 17. Dezember 2015 geführt. Die Mitglieder der Geschäftsordnungskommission hätten in der Sitzung am 16. Juli 2015 beschlossen, dass in der heutigen Sitzung keine Fragestunde stattfände und keine Anträge zu einer aktuellen Stunde behandelt würden.
Der Rat beschloss, die Punkte 1 bis 4 der Tagesordnung im öffentlichen Teil der Sitzung zu behandeln und erhob gegen die Tagesordnung im Übrigen keine Bedenken.

TOP 2.
Einbringung des Haushaltsplanes 2016

Ratsvorsitzender Hermann (SPD) wies darauf hin, dass der Verwaltungsentwurf zum Haushaltsplan 2016 – Anlage 1 der Drucks. Nr. 1718/2015 mit 3 Anlagen – allen Ratsmitgliedern als CD auf die Tische gelegt und in Papierform den Ratsfraktionen übersandt worden sei. Außerdem werde der Verwaltungsentwurf zeitnah in digitaler Form im Intranet und im Internet enthalten sein und werde von den Ratsmitgliedern über die Laptops eingesehen werden können. Die Anlage 1 enthalte den Verwaltungsentwurf zum Haushaltsplan 2016, Teil I, Allgemeines, Vorbericht, Zuwendungsverzeichnis, Grafiken zum Haushalt und die Wirtschaftspläne der Städtischen Betriebe und Gesellschaften und im Teil II, den Haushalt mit Ergebnishaushalt und Finanzhaushalt jeweils mit den einzelnen Teilhaushalten.

Als Anlage 3 zur Drucks. Nr. 1718/2015 läge in Form des Teils III das Investitionsprogramm 2015 bis 2020 vor. Darin aufgeführt sei die Zusammenstellung der Investitionen / Investitionsförderungsmaßnahmen nach Teilhaushalten, die Finanzierungstätigkeit 2015 bis 2019, die Zusammenfassung der Maßnahmen nach Produktgruppen und Bereichen sowie die Einzeldarstellung der Maßnahmen nach Teilhaushalten.
Die Anlage 2 zu Drucks. Nr. 1718/2015 – der Stellenplan 2016 – werde nachgereicht.
Darüber hinaus sei allen Ratsmitgliedern die Informationsdrucksache Nr. 1719/2015 mit
1 Anlage, die Hinweise zur Beratung der Entwürfe zur Haushaltssatzung 2016 in den Fachausschüssen beinhalte, auf die Tische gelegt worden.

In ihrer Funktion als gewählte Bezirksratsmitglieder bzw. beratende Mitglieder in den Stadtbezirksräten gehe allen Ratsmitgliedern zeitnah noch die Informationsdrucksache
Nr. 15-1720/2015 mit 1 Anlage – Haushaltsmittel für die Stadtbezirksräte – zu.
Zum Haushaltssicherungskonzept 2015 – 2018 (HSK IX+) sei die Beschlussdrucks. Nr. 1810/2015 mit 1 Anlage auf die Tische gelegt worden.

Wie in den Vorjahren solle eine Aussprache zu den einzelnen Haushaltsansätzen und Haushaltsplanunterlagen sowie zum Investitionsprogramm und dem Haushaltssicherungs- konzept nicht stattfinden, weil dazu bei der Haushaltsplanverabschiedung im Rat am
17. Dezember 2015 die Gelegenheit gegeben sei, nachdem dort die Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden sowie der fraktionslosen Ratsmitglieder gehalten worden seien.


Stefan Schostok
Oberbürgermeister

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,
sehr geehrte Mitglieder des Rates,

ich will es gleich vorweg nehmen – die Aussage des städtischen Haushalts 2016 ist: Hannover investiert in die Zukunft!

Investitionen sind selbstverständlich kein Selbstzweck, und daher werde ich gemeinsam mit dem Kämmerer aufzeigen, welche gesellschaftlichen und finanziellen Herausforderungen bestehen und wie wir diesen in unserer Stadt begegnen werden.

Welche Investitionen und Programme notwendig sind und warum wir damit nicht länger warten können. Wie wir konsolidieren, um zu investieren. Und wie wir dazu zwar auf Fremdmittel zurückgreifen, dies aber im Bewusstsein zukünftiger Generationen nachhaltig tun werden, um die Leistungsfähigkeit Hannovers zu sichern und die Zukunft unserer Stadt zu gestalten.

Wir bekennen uns mit der Einbringung dieses Haushalts auch dazu, eine Einwanderungs- stadt zu sein, und wir tun dies aus Überzeugung und voller Selbstvertrauen, auch wenn wir wissen, dass wir noch einen anstrengenden Weg vor uns haben.

Lassen Sie mich aber vor den Herausforderungen etwas zu den Grundlagen unserer Stadt sagen, auf die wir aufbauen.

Hannover ist eine gute Stadt, vor allem eine funktionierende Stadt. Wir sind in Hannover ja gerne bescheiden und das selbst dann, wenn es sich um die tragenden Säulen kommunaler Leistungen handelt:
Ein Spitzenplatz bei der Bildung in punkto Bildungsabschlüsse, ein Rekordwert bei der Anzahl von Studierenden- ca. 6.000 Studienanfänger in 2015, überdurchschnittlich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem akademischen Abschluss, eine Spitzenposition in der Forschung, so viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigte wie noch nie zuvor, eine hohe Kaufkraft, eine Spitzenposition im Einzelhandel. Zudem sind wir glücklich über Global Player mit steigenden Gewinnen in der Industrie, wie dies derzeit beispielsweise bei der VWN, Conti und vielen anderen der Fall ist. Dazu haben wir äußerst attraktive Lebensbedingungen, z.B. relativ geringe Mietpreise im Vergleich mit anderen Großstädten und eine hohe Qualität in den Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten. Das ist es, was auch immer mehr Menschen und so viele Touristen in die Stadt zieht.

Hannover, sehr geehrte Damen und Herren, ist eine sehr gut funktionierende Stadt. Bei aller Bescheidenheit dürfen Wirtschaft, Wissenschaft, aber auch Sie als Politiker und wir als Stadtverwaltung durch gute Kooperation jeweils für uns in Anspruch nehmen, daran nicht unwesentlich beteiligt zu sein. Gerade deshalb sind wir in der Lage, Herausforderungen besser zu bewältigen als andere Städte in Europa.

Und die derzeitige weltpolitische Lage stellt uns vor eine dieser Herausforderungen.
Enttäuschen muss ich diejenigen, die jetzt gerne das Wort "Problem" hören würden. Diejenigen, die "offene Worte" fordern und damit aber Ausgrenzung und Ablehnung meinen.
Das offene Wort, das ich zu sagen habe, ist, dass Hannover die Strukturen schaffen wird, um dauerhaft eine weltoffene, funktionierende internationale Stadt zu sein. Diese Herausforderung können und werden wir gemeinsam meistern. Eben nicht alleine und schon gar nicht ohne Anstrengungen und zugegebenermaßen auch nicht ganz ohne finanzielle Handlungen, Anstrengungen, Unterstützung und kluge Investitionen. Man müsse zu sehr klugen Investitionsentscheidungen kommen. Darum gehe es wenn man heute über den Haushaltsplanentwurf oder die mittelfristigen Finanzplanungen spreche. Man rede vor dem Hintergrund des vor kurzem eingerichteten Investitionsmemorandums, bewusst über den Zeitraum einer Dekade,, weil man glaube , dass die Herausforderungen über einen längeren Zeitraum, auch Legeslatur- und Wahlperioden übergreifend, in großer Verantwortung, heute angegangen werden müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
Hannover ist eine wachsende Stadt, das bestätigen Bevölkerungsprognosen und die jährlichen Statistiken nun seit Jahren. Sie werden staunen, wenn Sie jetzt die folgenden Zahlen hören.

Allein vom Januar 2014 bis Ende August 2015 ist die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner Hannovers um 9000 auf 533.541 gestiegen. Ein Plus von gut 9000 Neu-Hannoveranerinnen und Hannoveraner in gut eineinhalb Jahren. 9000 Einwohnerinnen und Einwohner mehr, die die Zukunft unserer Stadt darstellen und sichern.

Einen wesentlichen Wachstumsfaktor stellt die Zuwanderung dar.
36,3 Prozent unserer nicht-deutschen Hannoveranerinnen und Hannoveraner haben die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates. Wir sind also nicht nur geografisch gesehen eine europäische Stadt!

Hannover ist darüber hinaus aber auch eine internationale Stadt. Menschen wandern aus den unterschiedlichsten Gründen ein, um hier ein dauerhaftes Zuhause und eine neue Heimat zu finden. Aus familiären Gründen, aus beruflichen Gründen, zu Ausbildungszwecken oder – und das ist der Personenkreis, der völlig zu Recht die größtmögliche Unterstützung bekommen sollte – weil sie vor Unterdrückung, Verfolgung, Folter und Krieg fliehen und Zuflucht bei uns suchen.

Alle Neu-Hannoveranerinnen und -Hannoveraner haben ungeachtet ihrer Herkunft und Biografien gemeinsam, dass sie ein Grundgerüst an Infrastruktur wie Wohnraum, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen, Kinderbetreuung und öffentliche Nahverkehrsanbindung benötigen, um Hannover zu ihrem Zuhause zu machen und Teil dieser Stadt werden zu können.

Das ist der Grund, warum wir weiter in den Erhalt, den Ausbau sowie den Neubau unserer kommunalen Infrastruktur investieren müssen.

Dazu gehört in erster Linie Wohnraum, denn daran mangelt es zurzeit besonders. Vor dem Hintergrund der Wachstumsprognosen, sinkender Wohnungsleerstände und der Schaffung oder den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum haben wir 2013 vorausschauend auf Grundlage des GEWOS-Gutachtens das Wohnkonzept 2025 aufgestellt. Es ging von einem Bedarf von jährlich gut 600 neu zu schaffenden Wohnungen aus. Zur Erinnerung: Das war gerade mal vor zwei Jahren!

Aufgrund der aktuellen weltpolitischen Entwicklung erwartet Niedersachsen in diesem Jahr nun aber rund 75.000 Flüchtlinge; und damit viermal so viele wie im vergangenen Jahr. Für das kommende Jahr geht man weiter von zunehmenden Flüchtlingszahlen aus. Auf dieses Maß war bundesweit niemand vorbereitet. Wir sind verpflichtet, Flüchtlinge unterzubringen und das angemessen. Das ist nicht nur Pflicht, sondern vor allem auch unser Anspruch. „Angemessen“, das bedeutet in Hannover, dass es vereinbarte Standards gibt. Von der „vorübergehenden Unterbringung“ in Gemeinschaftsunterkünften bis zur „Integration in den Wohnungsmarkt.“ Von der Ausstattung der Unterbringung bis hin zur sozialen Betreuung.

Das Dreisäulen-Modell aus Wohnheimen, Wohngruppen und Wohnungen als Gesamtkonzept ist aufgrund der Situation auf dem Wohnungsmarkt sowie der rapide ansteigenden Flüchtlingszahlen, wie Sie wissen, aktuell nicht mehr in allen Punkten umzusetzen. Es geht von einer normalisierten Situation ohne solche Sprungraten aus. Wir halten aber durchgängig den angemessenen Betreuungsschlüssel, selbstverständlich.

Alleine Gemeinschaftsunterkünfte zu planen und zu bauen, die die Größe von 50 Bewohnerinnen und Bewohnern nicht überschreiten, würde den Bedarf nicht schnell genug decken. Die Kapazitäten der Unterbringungsmöglichkeiten und des Wohnungsmarktes sind aktuell weitestgehend ausgereizt. Selbst bereits ausgeschriebene und bestellte Module können teilweise nicht pünktlich geliefert werden, weil der Markt die Nachfrage nicht rechtzeitig decken kann.

Viele Flüchtlinge müssen derzeit deshalb in sogenannten Notunterkünften unterkommen! Aber das darf kein Dauerzustand für die Kommunen und nicht für Hannover sein, das müssen wir schnell wieder ändern!

Neben dem unveränderten Festhalten an dem Wohnkonzept 2025, liegt daher ein weiterer Investitionsschwerpunkt im Ausbau der Wohnungskapazitäten und gleichzeitig in der Flüchtlingsunterbringung.

Das sind Investitionen, die direkt auf den Wohnungsmarkt wirken und uns in die Lage versetzen werden, nicht mehr in diesem Umfang ad hoc-Notunterkünfte bereitstellen zu müssen.

In 2015 wurden bereits 50 Mio. Euro für den Kauf von mobilen Unterkünften durch einen Nachtragshaushalt bereitgestellt. Um längerfristig planen zu können und um den Ad hoc-Lösungen entgegenzuwirken, haben wir im Rat ein Programm für die Schaffung von Flüchtlingsunterkünften beschlossen. Dafür sind 2016 gut 75 Mio. Euro vorgesehen.

Wir müssen aber vor allem dringend in den Wohnungsbau investieren und zwar so schnell und nachhaltig wie möglich. Die städtische Immobiliengesellschaft GBH geht mit gutem Beispiel voran und wird in den nächsten fünf Jahren 1500 neue Wohnungen schaffen. Aber diese Anstrengungen allein reichen für den dynamisch steigenden Bedarf nicht aus.
Wir können die steigende Herausforderung nur gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft lösen! Als logische Fortentwicklung der erfolgreichen Zusammenarbeit beim Wohnkonzept 2025 lade ich deshalb gemeinsam mit dem Stadtbaurat die Wohnungswirtschaft zu einem „Bündnis für Wohnen“ ein. Wenn wir uns auf gemeinsame Ziele für den Wohnungsbau in Hannover verständigen, dann wird es uns gelingen, die Herausforderungen gemeinsam zu lösen. So haben wir es bereits in der Vergangenheit getan und so werden wir es morgen tun!

Bis dahin arbeiten wir täglich auf Hochtouren daran, Alternativen für die Unterbringung zu schaffen. Wir wollen keine weiteren Turnhallen in Beschlag nehmen und wollen die bisher genutzten wieder freigeben. Dass der Schul- und Vereinssports wieder ohne Einschränkungen stattfinden kann, steht für uns oben an. Gerade deshalb sind Optionen wie das Übergangskrankenhaus Siloah, ein leerstehender Baumarkt oder auch die vorübergehende Nutzung einer Messehalle so wichtig.

Sehr geehrte Damen und Herren,
gerade in dieser Situation müssen wir aber nicht nur in die Unterbringung, sondern parallel auch in die soziale Integration und Betreuung der Flüchtlinge investieren. Die Personen, die dauerhaft bleiben, deren Asylantrag mit einer hohen Wahrscheinlichkeit positiv beschieden wird, die müssen wir wirkungsvoll gesellschaftlich integrieren. Diese Personen bleiben vor Ort. Sie kommen in unsere sozialen Regelsysteme, die der Bildung und des Arbeitsmarktes. Wir müssen für sie diese Perspektiven schaffen.

Und das machen wir, in dem wir für die Betreuung und Integration hohe Qualität und angemessene Standards bieten beziehungsweise bestehende Standards erhöhen und qualitativ gute Konzepte dafür entwickeln. Wir knüpfen hierbei vor allem an unsere guten Erfahrungen mit sieben Jahre Lokaler Integrationsplan Hannover (LIP) an. Betreiber in Hannover müssen für die sozialarbeiterische Betreuung in Gemeinschaftsunterkünften einen Schlüssel von 1,5 zu 50 gewährleisten.

Aufgrund der notwendigen Einrichtung von Gemeinschaftsunterkünften über 100 Bewohnerinnen und Bewohner haben wir zu Beginn des Jahres ergänzend das städtische Integrationsmanagement ins Leben gerufen. 20 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter leisten zusätzlich zu den Betreibern Flüchtlingssozialarbeit vor Ort. Schwerpunktmäßig befassen sie sich mit den Bereichen Arbeit und Beschäftigung sowie dem Auszugsmanagement. Zunächst kam das Angebot im ehemaligen Oststadtkrankenhaus zum Tragen. Ausgeweitet wurde es auf das Schulzentrum Ahlem. Mit weiteren 18 Flüchtlingsunterkünften werden derzeit Gespräche geführt, um das Angebot des städtischen Integrationsmanagements auch dort zu etablieren.

Das alles zeigt uns: der Bedarf für die Betreuung und aktive Integration ist da. Er steigt und er muss gedeckt werden, wenn wir erfolgreich sein wollen!

Und es zeigt ebenso, und das bestärkt mich in unserer Arbeit, dass wir 1,6 Mio. Euro an der richtigen Stelle investiert haben, in qualifiziertes städtisches Personal für die Flüchtlingsbetreuung. Es macht mich stolz, dass wir als Landeshauptstadt Hannover ein solches bundesweit einmaliges Konzept geschaffen haben, das die Integration der Flüchtlinge in die Stadtgesellschaft und den Arbeitsmarkt beschleunigen wird. Aber natürlich kostet zusätzliches Personal auch Geld. 167 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden wir nächstes Jahr zusätzlich für die Flüchtlingsunterbringung und -betreuung bereitstellen.

Eines ist sicher: daran müssen wir festhalten! Und zwar trotz einer noch bestehenden Deckungslücke zwischen städtischen Aufwendungen und der Erstattung des Bundes und des Landes.

Aufgrund der Unterbringung und Versorgung haben wir derzeit tatsächlich höhere Aufwendungen als wir erstattet bekommen. Die Differenz, die nicht durch Landes- und Bundesmittel gedeckt wird, müssen wir als Kommune bisher selber tragen. Zusätzlich müssen wir die Kosten, die erstattet werden, zunächst noch vorfinanzieren, weil die Erstattungen bisher zwei Jahre zeitversetzt erst an die Kommunen weitergeleitet werden.

Aber eines ist uns, glaube ich, allen bewusst: Wir können nicht mitten in einem Haushaltsjahr sagen, 'wir haben keine Mittel mehr, um neue Unterbringungskapazitäten zu schaffen', 'wir können uns jetzt nicht mehr um die ankommenden Flüchtlinge kümmern'. Wir können nicht sagen, 'lass uns erst im nächsten Haushaltsjahr wieder in den Wohnungsbau investieren‘.

Der Bedarf besteht jetzt. Jetzt muss investiert werden. Und wir müssen dies auf Grundlage unserer Standards tun. Auch wenn wir nach dem Gesetz nicht dazu verpflichtet sind, sind die sozialen Integrationsleistungen auch aus präventiven Gründen sinnvoll.

Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, aber sie gelingt nur vor Ort. Sie wird in den Kommunen gelebt. Es geht dabei um das Zusammenleben auch in der Zukunft in unserer Stadt! Dafür legen wir heute die Grundlagen.

Deshalb setze ich mich wie viele andere Oberbürgermeister und Oberbürgermeisterinnen auch über den Städtetag in Niedersachsen und in Berlin und in intensiven Gesprächen mit dem Land für eine erhöhte und kontinuierliche Kostenerstattung ein. Da lassen wir nicht locker, da werden wir für jeden Cent argumentieren und kämpfen, der den Kommunen, aber vor allem allen Menschen in den Städten zu Gute kommt.

Das Land hat inzwischen eine Soforthilfe in Höhe von 40 Millionen Euro – und diese Woche sogar vorgezogen von 180 Millionen Euro - zugesagt. Auch die Zusage, dass der Bund seine Finanzmittel für dieses Jahr von 500 Mio. Euro auf 1 Mrd. Euro aufstockt und zukünftig jährlich 3 Mrd. Euro für Länder und Kommunen bereitstellen will, ist positiv und zu begrüßen.

Wir stehen am Fuße eines neuen Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern am 24. September. Das sind finanzielle Zusagen, die uns helfen würden. Die müssen dringend realisiert werden. Deshalb will ich es hier ganz deutlich sagen:
Die Kommunen benötigen zukünftig eine kontinuierliche Kostenerstattung und eine erhöhte Festsetzung einer Pauschale pro Flüchtling. Bis hin zu einer vollständigen Erstattung.
Das Geld ist nötig, um eine nachhaltig wirkungsvolle Integration zu erreichen. Dafür muss von Beginn an bei der Sprachförderung angesetzt werden. Die Sprache ist der Schlüssel zur Integration.

Dringend notwendig ist die Ausweitung der Integrationskurse durch den Bund. Darauf können wir nicht weiter warten, die Personen kommen jetzt zu uns. Deswegen müssen wir die Integrationskurse unserer städtischen Bildungsträger ausbauen, um den Bedarf zu decken.
Und wir müssen allen Menschen – übrigens nicht nur den Flüchtlingen - die Chance geben, Deutschkenntnisse zu erlangen bzw. ihre Kenntnisse zu erweitern. Nur so eröffnen sich auch die Zugänge in das weiterführende Bildungssystem, sei es ein erfolgreicher Schulabschluss, ein Studium, eine Ausbildung oder dann auch der Zugang zum Arbeitsmarkt.

Laut UN-Flüchtlingshilfswerk ist weltweit jeder zweite Flüchtling ein Kind. Kinder haben einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz und sind schulpflichtig. Da dürfen wir zwischen den Kindern in Hannover keinen Unterschied machen.
Der Ausbau von Betreuungsplätzen ist übrigens nicht nur aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen notwendig. Besonders die steigende Geburtenrate sowie die EU-Zuwanderung tragen zu einem höheren Bedarf an Plätzen für die Betreuung in Krippen und Kita und Plätzen an Schulen in Hannover bei.

Deshalb haben wir bereits ein weiteres Krippenausbauprogramm „Hannover bleibt am Ball“ aufgelegt. Dennoch ist es derzeit leider noch nicht möglich, allen Flüchtlingskindern einen Betreuungsplatz zum gewünschten Zeitpunkt und wohnortnah zur Verfügung zu stellen. Daher soll eine niedrigschwellige Kinderbetreuung bei den jeweiligen Flüchtlingsunter- künften angesiedelt werden, wenn vor Ort entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, so wie dies etwa im Flüchtlingswohnheim in der Hildesheimer Straße der Fall ist. Diesen intelligenten Ansatz müssen wir dringend ausweiten.

Die Schulpflicht beginnt für Kinder mit dem Ankommen und dem weiteren Aufenthalt in Hannover - sofern sie im schulpflichtigen Alter sind. Und wir stellen fest, dass eine Erweiterung bestehender Schulgebäude den großen Bedarf allein nicht mehr decken kann. Der gesetzliche Anspruch auf einen Schulplatz muss gewährleistet werden, wir brauchen also neue Schulgebäude!

Gerade im Rahmen des Programms zum Ausbau von Ganztagsgrundschulen engagiert sich die Stadt Hannover in großem Umfang. Sowohl finanziell, inhaltlich als auch strukturell tragen wir für Familien, Eltern, Kinder, aber damit auch für die Wirtschaft, zur qualitativen Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen im Stadtgebiet Hannover bei. Damit wird die Ganztagsbetreuung von Kindern zum Normalfall und wir steigern die Chancengerechtigkeit aller Familien.

Wir investieren daher rund 50 Mio. Euro für Schulen und Kitas und damit in die Betreuung und Bildung der nachwachsenden Generationen! Wir müssen jetzt auch dringend den Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnen, denn nur der schafft eine nachhaltige Integration.
Wenn wir es erreichen, dass diese Menschen sich in Hannover ein neues Leben aufbauen können, wenn wir es erreichen, dass sie die volle Teilhabe an unserem städtischen Leben in Anspruch nehmen können, treten wir damit zugleich erfolgreich negativen Auswirkungen des demographischen Wandels entgegen.

Zuwanderung ist ein wesentlicher Grund dafür, warum Hannover im Vergleich mit anderen Städten langsamer altert. Wir haben die Chance, dass die Alterspyramide sich wieder verändert, die Mischung zwischen älteren und jüngeren Einwohnerinnen und Einwohnern bald wieder stimmt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Der städtische Haushalt 2016 ist geprägt von Investitionen für den Wohnungsbau, die Unterbringung, die Sprachförderung und Investitionen für Krippen, Kitas und Schulen. Das ist gut angelegtes Geld! Wenn wir nicht jetzt investieren würden, würde der Bedarf noch höher und die Herausforderungen nur mit den Jahren verschoben, sogar Chancen verpasst.
Das heißt aber anders herum für uns: wir müssen heute viele Investitionen vorfinanzieren. Kreditfinanzierte Investitionen lassen zwar auf der Passivseite die Schulden wachsen, steigern gleichzeitig aber auch das Vermögen auf der Aktivseite durch Erhöhung des Eigenkapitals.

Und die kreditfinanzierte Vorfinanzierung der wachsenden Stadt ist mit einer nachhaltigen Finanzpolitik insbesondere bei den derzeitigen Zinsen gut zu vereinbaren! Dies gelingt genau dann, aber auch nur dann, wenn die Schulden ordentlich getilgt werden, also auch wieder aus der Passivseite der Bilanz verschwinden. In einer mit den Abschreibungsfristen übereinstimmenden Tilgung besteht eine wichtige Anforderung an unser vorgeschlagenes Haushaltssicherungskonzept (HSK IX+), das insgesamt rund 92 Mio. Euro umfassen wird. 34,8 Mio. EUR davon hatten wir ja mit dem Haushalt 2015 bereits beschlossen (HSK IX).

Die Verwaltung wird im Rahmen von HSK IX+ auf eine besondere Weise eingebunden. Das „ +“ steht nicht für eine einfache Erweiterung des Konsolidierungsvolumens. Das + steht für die Philosophie und den Ansatz wie an das Thema „Aufgabenkritik“, das wir im vergangen Jahr angekündigt haben, herangegangen wird. Wir haben innerhalb der Verwaltung erste geeignete städtische Handlungsfelder identifiziert. Wir werden gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der Personalvertretung, der Finanzverwaltung und Personalstelle in einen Prozess gehen, der als Ergebnis eine effiziente Arbeitsstruktur zur Erfüllung und Umsetzung von veränderten Aufgaben in diesen Handlungsfeldern hat.

Meine Damen und Herren,
ich betone ausdrücklich, dass es nicht um weitere Aufgabenverdichtung geht! Wir suchen einen Ansatz wie mit innovativen Ideen und klugen Lösungen eine größere Zufriedenheit für alle Beschäftigten und Empfänger der städtischen Dienstleistungen erfolgen kann.
Einige Personen muss ich immer wieder davon überzeugen, dass Aufgabenkritik nicht gleichlautend Streichung, Kürzung oder Abbau bedeutet, sondern eine Veränderung der Aufgabenwahrnehmung darstellt. Das ist meine Definition von Aufgabenkritik und mein Ziel für HSK IX+ für den Zeitraum bis 2018.

Mir ist bewusst, dass besonders eine der vorgeschlagenen Maßnahmen einen Diskussionsbedarf auslösen wird: Die Qualitätsoffensive zur ganztägigen Grundschulkinderbetreuung.

Mir ist wichtig, dass wir gemeinsam mit den Expertinnen und Experten aus den Fachverwaltungen ein Konzept erarbeiten, das stufenweise eine bestmögliche Grundschulkinderbetreuung ermöglicht. Dabei wird nicht die Rechtsform entscheidend sein, sondern der Inhalt!

Die Bildung und Betreuung von Ganztagsschulkindern in Hannover soll qualitätsvoll, verlässlich, stadtteilorientiert und bedarfsgerecht sein! Dass die vorhandenen Strukturen sinnvoll darin integriert werden, das ist die Maßnahme im Rahmen der Aufgabenkritik.

Drei weitere Maßnahmen schlagen wir vor:
Bei der Neuausrichtung der städtischen Beschäftigungsförderung kompensieren wir die durch eine veränderte Arbeitsmarktpolitik entstandenen Kapazitäten durch Übernahme weiterer städtischer Dienstleistungen. Z.B. Aufgaben der wichtigen Verkehrssicherungspflicht. Mehreinnahmen von 3 Mio. Euro im Bereich der Erziehungsberatung entlasten den städtischen Haushalt dauerhaft. Die Volkshochschule wird nach der Einführung der Kostenleistungsrechnung die Wirtschaftlichkeit der Kurse durch bessere Auslastung optimieren, und wir engagieren uns für die Erweiterung von Landesfördermitteln.

Neben der Aufgabenkritik und einer veränderten Aufgabenwahrnehmung mit einem Konsolidierungsvolumen am Ende von ca. 14,5 Mio. Euro wird die Verwaltung
durch altersbedingte Fluktuation die Personalaufwendungen um 8,5 Mio. Euro senken und durch die erstmalige Einführung eines Doppelhaushaltes weitere 10 Mio. Euro einsparen.
Die Finanzierung der wachsenden Stadt kann aber nicht nur durch Kompensation bei der Verwaltung geschehen. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Wir schlagen daher eine maßvolle Gewerbesteuererhöhung durch Erhöhung des Hebesatzes um 20 auf insgesamt 480 Hebesatzpunkte vor. Die durchschnittliche Besteuerung des Gewerbesteuerertrags steigt durch die Anhebung um 0,7 Prozentpunkte.
Ich bin überzeugt davon, dass es sich dabei um einen verträglichen Betrag und eine angemessene Maßnahme handelt. Wir werden mit den zu erwartenden Mehreinnahmen in Höhe von 24 Mio. Euro gezielt in die Infrastruktur investieren, die den Gewerbetreibenden zu Gute kommt, und übrigens handelt es sich um die erste Gewerbesteuererhöhung seit 23 Jahren.

Meine Damen und Herren,
wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Wir haben mit dem Investitionsmemorandum eine mittel- und langfristige Perspektive für den Ausbau und den Erhalt der städtischen Infrastruktur vorgeschlagen. Mit dem Haushalt 2016 reagieren wir auch kurzfristig auf die steigende Dynamik der wachsenden Stadt. Und wir hinterlegen den Haushalt zugleich mit einem auf vier Jahre angelegten Haushaltskonsolidierungskonzept, um die Investitionen perspektivisch abzusichern.

Es liegen jetzt Jahre vor uns, in denen wir mehr investieren, sanieren, finanzieren und zeitgleich konsolidieren. Das wird bestimmt nicht einfach. Aber es ist der richtige Weg in die Zukunft, es ist der Weg zu einer attraktiven internationalen Stadt, die sozial und gesellschaftlich zusammenhält und deshalb dauerhaft zukunftsfest ist!

Herzlichen Dank!


Dr. Marc Hansmann
Stadtkämmerer der Landeshauptstadt Hannover

Herr Ratsvorsitzender,
meine Damen und Herren des Rates,

selbst im städtischen Haushalt 2016 wird die weltpolitische Lage deutlich spürbar. Die Bilder, die wir alle im Fernsehen über Kriege und Armut im Nahen Osten, in Afrika oder dem Balkan sehen, haben auch Auswirkungen auf die städtischen Finanzen. So sind für das nächste Jahr 144 Mio. € an Aufwendungen für den Lebensunterhalt und die Unterbringung von Flüchtlingen veranschlagt. Davon werden nur 29 Prozent erstattet, sodass ca. 102 Mio. € von der Stadt getragen werden müssen. Man rechne mit einer Pauschale von 9.700 € und einer schnelleren Erstattung. Dies habe die Verwaltung, aufgrund der guten Kontakte zum Ministerpräsidenten, bereits antizipiert. Was man noch nicht eingepreist habe, sind die Ankündigungen der großen Koalition. Man wisse auch noch nicht wie viel von den 6 Mrd. €, 3 Mrd. € will der Bund für sich behalten, bei der Stadt ankomme. Eine Faustformel besage 1 %! Aber das sollte man abwarten. Gut ist dass der Bund und das Land die Notlagen der Kommunen erkannt haben. Das Land Baden Württemberg hat verkündet, dass es voll sei. Das Land Niedersachsen hat schwer zu kämpfen, der Bundesinnenminister hat verkündet, dass nicht vorher zu sagen ist, wie viele Flüchtlinge im nächsten Jahr zu uns kommen und die Kommunen sollen dass dann alleine stemmen.

Dieser Betrag basiert schon auf unserer Forderung gegenüber dem Land, die Aufwendungen auf der Grundlage der Flüchtlingszahlen des Vorjahres zu erstatten. Würde die Erstattung nach wie vor erst mit zweijähriger Verspätung erfolgen, sänke der Kostendeckungsgrad auf 16 Prozent. Personalkosten werden überhaupt nicht erstattet, obwohl allein im nächsten Jahr 167 Mitarbeiter/innen für die Flüchtlingsbetreuung und -unterbringung eingestellt werden. Noch deutlicher verschieben sich die Relationen bei den Investitionen. Für Ankauf von Moduleinheiten und Gebäuden werden dort 75 Mio. € eingeplant. Das sind 25 Mio. € mehr als im diesjährigen Nachtragshaushalt und rund 75 Prozent des normalen Investitionsetats.

Der Vergleich mit 2013 verdeutlicht die Steigerungsraten. Damals wurden netto gut 10 Mio. € für Flüchtlinge ausgegeben. Der Investitionsansatz lag bei null. Der städtische Zuschussbedarf hat sich also innerhalb von nur drei Jahren verzehnfacht. Im kommenden Jahr wird die Stadt für keine Aufgabe mehr Geld ausgeben: einschließlich der Investitionen auch nicht für das Produkt „Kindertagesbetreuung“. Angesichts dieser Steigerungsraten gelten für uns drei strategische Kernpunkte:
Der städtische Haushalt ermöglicht die Schaffung von menschenwürdigen Unterbringungen und einer guten Betreuung der Flüchtlinge.
Bund und Land sind aufgefordert, die Kosten vollständig und zeitnah zu erstatten.
Die Stadt kann angesichts der Größenordnung die flüchtlingsbedingten Aufwendungen nicht durch Einsparungen an anderer Stelle finanzieren. 2016 werden wir für keine städtische Aufgabe mehr Geld ausgeben, als für die Flüchtlingsunterbringung und –betreuung. Auch nicht für die Kinder- und Tagesbetreuung. Daraus ist zu folgern, dass der städtische Haushalt menschenwürdige Unterbringung und Betreuung ermöglichen werde.

Selbstverständlich stecken wir den Kopf aber nicht in den Sand und lassen die Kassenkredite auch nicht einfach so laufen. Die Defizite in der Finanzplanung steigen von 147 Mio. € in 2016 auf 184 Mio. € in 2019. Deswegen legen wir Ihnen heute neben dem Haushaltsplanentwurf ein Haushaltssicherungskonzept mit einem Volumen von 92 Mio. € vor. Davon haben Sie knapp 35 Mio. € bereits im letzten Jahr beschlossen. Bereinigt man die genannten Defizite um die flüchtlingsbedingten Aufwendungen, würden wir mit diesem HSK-Volumen den Haushalt nicht nur ausgleichen, sondern sogar Überschüsse erzielen.

Überschüsse könnten wir gut gebrauchen, um die Investitionen in die wachsende Stadt zu finanzieren. Unser Investitionsmemorandum zeigt, dass wir in den nächsten 10 Jahren eigentlich 2 Mrd. € investieren müssten, und zwar ohne Flüchtlingsunterbringung. Davon können wir rund die Hälfte ohne zusätzliche Verschuldung finanzieren. Weitere 500 Mio. € und sämtliche Investitionen für die Flüchtlingsunterbringung müssen fremdfinanziert werden. Für 2016 ist eine Netto-Neuverschuldung von 109 Mio. € geplant. Ein großer Teil wird für die Unterbringung benötigt, während 33 Mio. € ein Einstieg in die Umsetzung des Investitionsmemorandums sind. Wir finanzieren damit vor allem viele zusätzliche Schulmaßnahmen. Damit wird deutlich, worum es bei der gesamten Investitionsausweitung vor allem geht: Um die Ausweitung und Modernisierung insbesondere der städtischen Bildungsinfrastruktur.

Der Bundesgesetzgeber hat die Schwäche der kommunalen Investitionen erkannt und ein Programm zur Förderung finanzschwacher Kommunen aufgelegt. Die Stadt Hannover erhält daraus 11,3 Mio. €, verteilt auf die Jahre 2017 und 2018. Wir nehmen dieses Geld gerne und bedanken uns auch beim Bund. Angesichts des Investitionsbedarfs allein bei der Flüchtlingsunterbringung ist dieses Geld aber kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Meine Damen und Herren,
wir konsolidieren den Haushalt, um mehr investieren zu können! Es ist kein Zufall, dass unter dieser Überschrift das Handlungsfeld „Finanzen“ im Stadtentwicklungsdialog „Mein Hannover 2030“ stand. Die von uns eingeladenen Expertinnen und Experten waren alle der Meinung, dass eine Vorfinanzierung über Kredite in Ordnung sei, wenn die Kredite wirklich wieder getilgt werden und nicht für alle Ewigkeit auf der Passivseite der Bilanz stehen bleiben.

Um den Kapitaldienst für die zusätzlichen Investitionen der wachsenden Stadt finanzieren zu können, schlagen wir Ihnen eine Erhöhung der Gewerbesteuer um 20 Hebesatzpunkte vor. Das Gewerbesteueraufkommen könnte dadurch um strukturell 4,4 Prozent oder in absoluten Zahlen nach derzeitiger Schätzung um 24 Mio. € steigen. Zukünftig müssten Unternehmen nicht mehr 16 Prozent ihres Gewinns (korrekterweise Gewerbesteuerertrags) als Gewerbesteuer zahlen, sondern 16,7 Prozent. Ein Unternehmen mit einem Gewinn von 1 Mio. € zahlt dann nicht mehr 160.000 € an Gewerbesteuer, sondern 167.000 €. Dieser Anstieg ist unseres Erachtens gut vertretbar, da die Unternehmen ebenfalls von den zusätzlichen Investitionen in die Infrastruktur profitieren. Das ist auch die normative Begründung der Gewerbesteuer: Sie stellt die Verbindung zwischen Unternehmen und Stadt dar und soll die Unternehmen an der Finanzierung der städtischen Infrastruktur beteiligen.

Die letzte Erhöhung der Gewerbesteuer war 1992, also vor 23 Jahren. Wenn ich mich so umschaue, sind es allenfalls eine Handvoll Ratsmitglieder, die das damals beschlossen haben und heute noch oder schon wieder hier sind.

Die Erhöhung des Hebesatzes wäre nicht notwendig, wenn der Gesetzgeber endlich die Gewerbesteuer grundlegend reformieren würde. So ist kaum einzusehen, dass gut laufende Rechtsanwaltskanzleien und Arztpraxen keine Gewerbesteuer zahlen. Allein die Steuerpflicht der Freiberufler/innen würde das Gewerbesteueraufkommen um rund 20 % - also mehr als 100 Mio. € - steigern. Da die Gewerbesteuer weitgehend mit der Einkommensteuer verrechnet werden kann, würde die persönliche Steuerbelastung nur maßvoll steigen. Die Einbeziehung der Freiberufler/innen hätte noch einen weiteren positiven Effekt. Da ihre Geschäfte in der Regel nicht so stark konjunkturabhängig sind, würde dies zu einer Stabilisierung des Gewerbesteueraufkommens führen und in Rezessionen Schwankungen abmildern.

Ich möchte Ihnen noch zwei weitere der insgesamt nur sieben Konsolidierungsmaßnahmen erläutern. Wie eng die Konsolidierung mit der Möglichkeit zum Investieren zusammenhängt, wird bei der Qualitätsoffensive Schulkinderbetreuung besonders deutlich. Ein Ziel des Investitionsmemorandums besteht darin, die erheblichen Investitionen zur flächendeckenden Ausweitung der Ganztagsgrundschulen zu ermöglichen. Was bei der Kita schon die Regel ist, soll zukünftig auch bei der Grundschule der Normalfall sein: Die Ganztagsbetreuung der Kinder. Damit fördern wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Chancengerechtigkeit und nicht zuletzt auch die Integration.

Wenn wir die Investitionen für den Ausbau der Ganztagsschulen ermöglichen und eine hohe Qualität anbieten, bin ich davon überzeugt, dass langfristig nur noch ein System der Schulkinderbetreuung benötigt wird und die bisherigen Doppelstrukturen von Hort und Ganztagsgrundschule zusammengeführt werden können. Lassen Sie mich eines klar stellen: Kein Kind, das einen Hort besucht, wird auf eine Ganztagsschule gehen müssen. Es wird keine starre Stichtagsregel geben. Wir werden ein standortbezogenes Stufenkonzept mit hohen Qualitätsansprüchen erarbeiten, das Sie überzeugen wird! Ich gehe übrigens nicht davon aus, dass wir zukünftig weniger Geld für die Schulkinderbetreuung ausgeben. Konsolidierung heißt in diesem Fall das Umschichten von Ressourcen und die Vermeidung von Investitionen in zwei parallele Systeme. Damit wollen wir in Hannover ein überzeugendes Ganztagsschulangebot für alle Grundschulkinder ermöglichen!

Im Schlussteil der letztjährigen Drucksache zu HSK IX hatten wir Ihnen bereits einen Ausblick auf HSK IX+ gegeben. Seinerzeit war eine pauschale Stellenkürzung in Höhe von jährlich 1,25 Prozent genannt worden, was ein Konsolidierungsvolumen von 18,75 Mio. € erbracht hätte. Das haben wir deutlich reduziert. Die Personalaufwendungen sollen nun dauerhaft um 8,5 Mio. € gesenkt werden. Dabei nutzen wir die altersbedingte Fluktuation der Jahre 2016 bis 2018, was bei vielen Unternehmen eine gängige und effektive Vorgehensweise ist. Wir beabsichtigen den Stellenplan gewissermaßen einzufrieren. Vor die Klammer werden neben den flüchtlingsbedingten Stellen auch die refinanzierten Stellen gezogen. Als Beispiel für eine Refinanzierung stehen 10 neue Mitarbeiter/innen für den Rettungsdienst, deren Kosten vollständig von den Krankenkassen erstattet werden.
Die weltpolitische Lage macht sich nicht nur in Gestalt der Menschen, die bei uns ankommen, bemerkbar. China beeinflusst über seine wirtschaftliche Entwicklung auch das Gewerbesteueraufkommen. Da momentan die Auswirkungen der weltwirtschaftlichen Verwerfungen überhaupt nicht prognostizierbar sind, entspricht der Gewerbesteueransatz dem voraussichtlichen Ergebnis des laufenden Jahres, also 550 Mio. €. Es drohen aber immer größere Rückzahlungen, die wir überhaupt nicht beeinflussen können. Zudem zeichnet sich ab, dass die Niedrigzinsphase die Banken und Versicherungen zunehmend in schwieriges Fahrwasser bringt. Beide Branchen stehen gerade auch in Hannover für einen großen Teil der Gewerbesteuerzahlungen.

Auch die Niedrigzinsphase hat viel mit der weltpolitischen Lage zu tun. Niedrige Zinsen und die Flutung der Märkte mit Liquidität sind Antworten auf die „Zwillingskrise“ von Banken und Euro. Mittlerweile kriegt die Stadt von den Banken sogar Geld dazu, wenn sie kurzfristige Kredite aufnimmt. Trotzdem haben wir dies nicht als HSK-Maßnahme anerkannt. Negativzinsen sind im Grunde verrückt und ein Zeichen dafür, dass wir mit der Finanz- und Bankenkrise von 2008 immer noch nicht durch sind. Allerdings sollten wir jetzt genau das tun, was private Haushalte auch machen: in Immobilien investieren. Nicht zuletzt deshalb haben wir das Investitionsmemorandum erarbeitet. Wir wollen nicht nur mehr investieren, sondern auch unser Vermögen besser pflegen. Deswegen wird die bauliche Unterhaltung (einschließlich der Straßen) um 8,5 Mio. € steigen.

Auf vier Risiken möchte ich Sie noch kurz aufmerksam machen:
Unsere Berechnungen der flüchtlingsbedingten Kosten beruhen auf der Grundlage von 7.000 unterzubringenden Flüchtlingen. Das sind ungefähr doppelt so viel, wie aktuell untergebracht sind. Es ist aber nicht sicher, ob das ausreicht.
Für 2017 ist eine Senkung der Regionsumlage eingepreist. Das würde den städtischen Haushalt um strukturell 25 Mio. € entlasten. Die Region hat in den letzten Jahren von unserer positiven Gewerbesteuerentwicklung profitiert. Allein im nächsten Jahr steigt die Regionsumlage nach derzeitiger Einschätzung um 28 Mio. €. Zudem ist vor allem die Region vom Bund entlastet worden und hat dies nur zum Teil an die regionsangehörigen Gemeinden weitergegeben. Wir erwarten daher von der Region eine faire Lastenteilung.
Die Schlüsselzuweisungen des kommunalen Finanzausgleichs werden aufgrund unserer gestiegenen Steuerkraft um 50 Mio. € sinken. Die endgültigen Zahlen werden wir Ihnen erst im Veränderungsdienst mitteilen können. Auch hier steckt ein Risiko.
Die Gewinne der Stadtwerke sprudeln nicht mehr so wie in der Vergangenheit. Während E.ON und RWE große Schwierigkeiten haben und andere Stadtwerke sogar von ihren Eigentümern gestützt werden müssen, schlägt sich Enercity ziemlich gut. Die Planungen bis 2025 zeigen, dass die Energiewende wirtschaftlich verkraftbar ist. Das ist vielleicht das Erfreulichste überhaupt und eine kaum zu überschätzende Leistung des Managements. Doch das Projekt der Dekarbonisierung – die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien – steckt voller Risiken, und zwar nicht nur für den städtischen Haushalt, sondern auch bezüglich der Versorgungssicherheit.

Meine Damen und Herren,
wir geben Ihnen einen Haushaltsentwurf zur Beratung, der zeigt, dass wir die wachsende Stadt finanzieren können. Wir tun alles, um die Flüchtlinge gut unterzubringen und zu integrieren. Wir konsolidieren den Haushalt und investieren in die Zukunft!


Abschließend wies Ratsvorsitzender Hermann (SPD) die Ratsmitglieder auf das weitere Verfahren der Haushaltsplanberatungen zum Haushaltsplan 2016 hin, wonach der Verwaltungsausschuss in seiner Sitzung am 13. November 2014 die Eckdaten für die Haushaltsplanberatungen 2016 festgelegt habe. Danach solle die Beratung des Haushaltsplanes 2016 und des Investitionsprogramms 2015 bis 2020 sowie des HSK IX+ in den Fraktionen vom 11. September bis zum 13. November 2015 stattfinden.

Die Beratungen in den Stadtbezirksräten seien in der Zeit vom 11. September bis zum 11. November 2015 vorgesehen. Für die Beratungen in den Fachausschüssen stehe die Zeit vom 16. November bis zum 26. November 2015 zur Verfügung. Die Schlussberatung im Haushaltsausschuss sei für den 2. Dezember 2015 vorgesehen.

Die Beratung im Verwaltungsausschuss sei auf den 10. Dezember 2015 festgelegt.
Der Rat werde den Haushaltsplan 2016 und das Investitionsprogramm 2015 bis 2020 sowie das Haushaltssicherungskonzept IX+ am 17. Dezember 2015 verabschieden.


TOP 2.1.
Haushaltssatzung 2016
(Drucks. Nr. 1718/2015 mit 3 Anlagen)

Eingebracht


TOP 2.2.
Beratung der Haushaltssatzung 2016 in den Fachausschüssen
(Informationsdrucksache Nr. 1719/2015 mit 1 Anlage)

Eingebracht


TOP 2.3.
Haushaltssicherungskonzept 2015 bis 2018 (HSK IX+)
(Drucks. Nr. 1810/2015)

Eingebracht


TOP 3.
Umbesetzung im Jugendhilfeausschuss
(Drucks. Nr. 1967/2015)
Einstimmig beschloss der Rat die Umbesetzung im Jugendhilfeausschuss nach dem Wortlaut des Antrages aus Drucks. Nr. 1967/2015.
Die übrige Besetzung des Gremiums bleibt unberührt.


TOP 4.
A N T R Ä G E

TOP 4.1.
Antrag der CDU-Fraktion zur Broschüre "Berufliche Perspektiven für Frauen"
(Drucks. Nr. 1705/2015)
Eingebracht und überwiesen:
Gleichstellungsausschuss,
Verwaltungsausschuss

Ratsvorsitzender Hermann (SPD) schloss darauf hin die Sitzung.



Für das Protokoll:






H e r m a n n S c h o s t o k S c h ö n d u b e



RatsvorsitzenderOberbürgermeisterStadtangestellter