Sitzung Ratsversammlung am 10.09.2009

Protokoll:

verwandte Dokumente

Einladung (erschienen am 04.09.2009)
Protokoll (erschienen am 02.11.2009)
Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
______________________________________________________________________

Landeshauptstadt Hannover - 18.60 - Datum 28.09.2009

NIEDERSCHRIFT

36. Sitzung der Ratsversammlung am Donnerstag, 10. September 2009,
Rathaus, Ratssaal

Beginn 15.00 Uhr
Ende 16.35 Uhr
______________________________________________________________________
Anwesend:
(verhindert waren)

Oberbürgermeister Weil
Bürgermeister Strauch (SPD) - Ratsvorsitzender
Bürgermeisterin Lange (Bündnis 90/Die Grünen)
Bürgermeisterin Dr. Moennig (CDU)
Ratsfrau Barth (CDU)
Ratsherr Bergen (SPD)
Ratsherr Bindert (Bündnis 90/Die Grünen)
Beigeordnete Bittner-Wolff (SPD)
Ratsherr Blickwede (SPD)
Ratsherr Bock (SPD)
(Ratsherr Bodirsky) (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Böning (WfH)
Ratsherr Borchers (SPD)
Ratsherr Busse (CDU)
(Ratsfrau de Buhr) (SPD)
(Ratsherr Degenhardt) (SPD)
Ratsherr Dette (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Ebeling (CDU)
Ratsherr Emmelmann (CDU)
Beigeordneter Engelke (FDP)
(Ratsherr Fischer) (CDU)
Ratsfrau Fischer (SPD)
Ratsherr Förste (DIE LINKE.)
Ratsfrau Frank (CDU)
Ratsfrau Handke (CDU)
Ratsherr Hanske (SPD)
Ratsherr Hellmann (CDU)
Ratsherr Hermann (SPD)
Ratsherr Hexelschneider (FDP)
Ratsfrau Hindersmann (SPD)
Ratsherr Höntsch (DIE LINKE.)
Ratsfrau Ike (CDU)
Ratsfrau Jakob (CDU)
Beigeordnete Kastning (SPD)
Ratsherr Kiaman (CDU)
Ratsherr Kirci (SPD)
Beigeordneter Klie (SPD)
Ratsfrau Dr. Koch (SPD)
Ratsfrau Kramarek (Bündnis 90/Die Grünen)
Beigeordneter Küßner (CDU)
(Ratsfrau Kuznik) (SPD)
Beigeordneter Lensing (CDU)
Ratsherr List (Hannoversche Linke)
Ratsherr Löser (SPD)
Ratsherr Lorenz (CDU)
Ratsherr Meyburg (FDP)
Ratsherr Mineur (SPD)
Ratsherr Müller (SPD)
Ratsfrau Nerenberg (SPD)
Ratsfrau Neubauer (CDU)
Ratsherr Nikoleit (Hannoversche Linke)
Ratsfrau Pluskota (SPD)
Ratsherr Politze (SPD)
(Ratsherr Putzke) (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsherr Rodenberg (SPD)
Beigeordneter Schlieckau (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsfrau Schlienkamp (SPD)
(Ratsherr Scholz) (CDU)
Ratsherr Seidel (CDU)
Ratsfrau Seitz (CDU)
Ratsherr Sommerkamp (CDU)
Ratsfrau Tack (SPD)
Ratsherr Dr. Tilsen (FDP)
Ratsfrau Wagemann (Bündnis 90/Die Grünen)
Ratsfrau Westphely (Bündnis 90/Die Grünen)

Verwaltung:
Stadtbaurat Bodemann
Stadträtin Drevermann
Stadtkämmerer Dr. Hansmann
Erster Stadtrat Mönninghoff
Stadtrat Walter

Tagesordnung:

1. Einbringung des Haushaltsplanes 2010 und der Mittelfristigen Finanzplanung 2009 – 2013 sowie des Haushaltssicherungskonzeptes 2010 bis 2012 (HSK VII)

1.1. Haushaltssatzung 2010
(Drucks. Nr. 1528/2009 mit 2 Anlagen)

1.2. Mittelfristige Finanzplanung 2009 - 2013
(Drucks. Nr. 1533/2009 mit 1 Anlage)

1.3. Beratung der Entwürfe Haushaltsplan 2010 und Investitionsprogramm 2009 - 2013 in den Fachausschüssen
(Informationsdrucks. Nr. 1529/2009 mit 1 Anlage)

1.4. Auszug aus den Beratungsunterlagen für die Stadtbezirksräte
(Informationsdrucks. Nr. 1531/2009 mit 1 Anlage)

1.5. Haushaltssicherungskonzept 2010 bis 2012 (HSK VII)
(Drucks. Nr. 1858/2009 mit 1 Anlage)

Ratsvorsitzender Strauch (SPD) eröffnete die Ratsversammlung stellte die ordnungsgemäße und fristgerechte Versendung der Einladungen sowie die Beschlussfähigkeit des Rates fest, verwies darauf, dass das h1 Fernsehen beabsichtige von der heutigen Sitzung Bild- und Tonaufnahmen anfertigen zu wollen, wenn der Rat dagegen keine Bedenken erhebe.
Weiter verwies er auf die zur heutigen Sitzung nachgereichten Beratungsunterlagen.
Der Rat erhob gegen die Tagesordnung keine Bedenken.

TOP 1.
Einbringung des Haushaltsplanes 2010 und der Mittelfristigen Finanzplanung 2009 – 2013 sowie des Haushaltssicherungskonzeptes 2010 bis 2012 (HSK VII)

TOP 1.1.
Haushaltssatzung 2010
(Drucks. Nr. 1528/2009 mit 2 Anlagen)

TOP 1.2.
Mittelfristige Finanzplanung 2009 - 2013
(Drucks. Nr. 1533/2009 mit 1 Anlage)

TOP 1.3.
Beratung der Entwürfe Haushaltsplan 2010 und Investitionsprogramm 2009 - 2013 in den Fachausschüssen
(Informationsdrucksache Nr. 1529/2009 mit 1 Anlage)

TOP 1.4.
Auszug aus den Beratungsunterlagen für die Stadtbezirksräte
(Informationsdrucksache Nr. 1531/2009 mit 1 Anlage)

TOP 1.5.
Haushaltssicherungskonzept 2010 bis 2012 (HSK VII)
(Drucks. Nr. 1858/2009 mit 1 Anlage)
Oberbürgermeister Weil führte aus,

Herr Ratsvorsitzender, meine sehr verehrten Damen und Herren,

erinnern Sie sich noch an meine letzte Haushaltsrede? Wir haben sie genau vor 364 Tagen gehört, am 11. September 2008. Ich hatte berichtet, dass die Stadtverwaltung Ihnen nach mehreren Jahren mit Überschüssen einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen würde und wir auf dieser Grundlage auch die Investitionen erhöhen würden. Der größte Aufreger war seinerzeit die erwartete Erhöhung der Regionsumlage – eine Diskussion, die sich aus heutiger Sicht eher niedlich ausnimmt.

Denn vier Tage später, am 15. September 2008, meldeten die Lehman-Brothers in New York Insolvenz an. Ich muss zugeben, ich hatte von diesem Kreditinstitut mit dem eigentlich vertrauenerweckenden deutschen Namen noch nie etwas gehört, aber das änderte sich in den nächsten Tagen gründlich. Eine Hiobsbotschaft jagte die andere und heute wissen wir: Das internationale Bankensystem stand unmittelbar vor der Kernschmelze. Die Auswirkungen auf die Realwirtschaft trafen mit einiger Verzögerung ein und Teil der Realwirtschaft ist auch unser Haushalt. Die ersten Auswirkungen waren dort dann schon in einem Veränderungsdienst und dem Beschluss zum Haushalt 2009 zu sehen. Der hatte nämlich in der Prognose schon ein deutliches Defizit aufgewiesen. Damit hatte es aber noch kein Ende. Zwei Nachtragshaushaltspläne wurden im Rat im ersten Halbjahr beschlossen. Das ist ein absolutes Novum. Das hat es bei uns überhaupt noch nicht gegeben. Mit dem einen sind zusätzliche Investitionen durch das Konjunkturprogramm möglich geworden, dem wir übrigens nicht zuletzt zu verdanken haben, dass die Auswirkungen der Krise heute noch nicht allzu spürbar sind. Mit dem anderen haben wir eine Kapitalmaßnahme für die Deutsche Messe AG beschlossen. Dabei ging es um nicht weniger, als die langfristige Sicherung des Messestandortes Hannover.
Alles in allem haben wir ohne Übertreibung in den vergangenen zwölf Monaten einen finanzpolitischen Erdrutsch erlebt. Und noch wissen wir nicht, ob wir schon wieder sicheren Grund unter den Füßen haben. Das Umfeld, in dem wir heute den Haushalt für das Jahr 2010 einbringen, ist ein völlig anderes als vor einem Jahr.
Wenn ich es recht sehe, dann ist dieses Umfeld durch drei unterschiedliche Krisen gekennzeichnet.
Da ist zunächst einmal die Wirtschaftskrise. Das Jahr 2009 beschert uns den schärfsten Abschwung der deutschen Wirtschaft seit Gründung der Bundesrepublik. Und alle Fakten sprechen dafür: Diese Wirtschaftskrise dauert an. In der Bankenwelt lauern sicher noch erhebliche Risiken. Und in der Automobilwirtschaft wird nach dem Ende der Abwrackprämie eine schwierige Zeit zu überstehen sein. Momentan bemühen sich manche Wahlkämpfe-
rinnen und auch Wahlkämpfer, die gute Laune nicht zu trüben. Die Wahrheit sieht anders aus, bis die Wirtschaftslage wieder derjenigen vor der Krise, vor Lehman, entspricht, werden vermutlich einige Jahre vergehen.
Deswegen haben wir auch eine Finanzkrise. Die Nachricht des Jahres aus meiner Sicht war am 9. Juli in den Zeitungen zu lesen. Da hatte gerade der Finanzplanungsrat getagt. Das ist ein Gremium, das es normalerweise nicht gerade auf die Titelseiten der Zeitungen schafft. Das ist ein Gremium, in dem der Bund und die Länder versuchen, die Zukunft der öffentlichen Finanzen vorherzusagen. Diese Zukunft ist rabenschwarz. In 60 Jahren Bundesrepublik sind 1,5 Billionen Euro Schulden des Staates aufgelaufen, das sind 1 500 Milliarden. In den nächsten vier Jahren kommen noch einmal eine halbe Billion Euro hinzu. Der Hauptgrund sind Steuerausfälle, die durch Kreditaufnahme kompensiert werden sollen. Aber wenn man einige steuerpolitische Aussagen im Wahlkampf hört, dann glaubt man, die Steuersenkungsversprecher leben in einer anderen Welt.
Das führt mich zur dritten Krise: Der Vertrauenskrise. Der Verband der kommunalen Unternehmen, die Vereinigung der deutschen Stadtwerke, hat im Sommer eine Haushaltskundenbefragung durchgeführt. Es ging um das Vertrauen in Institutionen im Allgemeinen und die Stadtwerke im Besonderen. Die Stadtwerke können mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein, denn 81 % der Befragten bringen ihnen Vertrauen entgegen, damit liegen sie sogar noch vor den Sparkassen, denen 65 % ihr Vertrauen schenken. Die privaten Banken kommen nur noch auf 36 %, Großunternehmen und Konzerne auf 26 %. Die rote Laterne haben die Politiker, denen gerade einmal 14 % vertrauen – ein schlimmer Wert, wie ich finde. Und ich fürchte, jetzt die konkret absehbaren Probleme der öffentlichen Finanzierung überhaupt nicht zu diskutieren und sogar Steuersenkungen zu versprechen, wird dieses unzureichende Vertrauen noch deutlich weiter beschädigen. Denn nach den Wahlen wird davon keine Rede mehr sein, höchstens vom Gegenteil.
Soweit das Umfeld, aber wie sollen wir kommunalpolitisch mit dieser Krise, besser gesagt: diesen Krisen, umgehen? Mein Vorschlag lautet – durch Klartext! Durch eine ungeschminkte Analyse und eine ehrliche Auskunft darüber, was geht und was nicht geht. Durch konkrete Vorschläge, wie wir den Auswirkungen der Krise entgegentreten können, aber auch, welche Auswirkungen der Krise wir nicht mit Erfolg bekämpfen werden können und durch eine klare Strategie, wie unsere Stadt gestärkt aus dieser Phase herauskommen kann. Ich bin der festen Überzeugung, dass am Ende eine solche Haltung allen Beteiligten besser ansteht, als Schönreden oder Abtauchen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Lage wie folgt dar: Wir haben in diesem und im nächsten Jahr jeweils Einnahmeverluste in Höhe von etwa 150 Millionen Euro gegenüber dem Jahr 2008 zu erwarten. Auf eine rasche Besserung können wir nicht hoffen und es wird einige Jahre dauern, bis wir wieder das frühere Einnahmeniveau erreicht haben. Wenn wir es denn wieder erreichen!
Vergleicht man diese Ratsperiode mit einem Fußballspiel, dann ist es ungefähr der umgekehrte Verlauf wie beim gestrigen Länderspiel. Denn Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben eine sehr gute erste Halbzeit erlebt. Wir haben vier Jahre lang hintereinander jahresbezogene Überschüsse erzielt und Altdefizite kräftig abbauen können. Aller Voraussicht nach wird die zweite Halbzeit deutlich schwieriger werden und die Haushaltskonsolidierung wird ein absolut dominantes Thema auch Ihrer Tätigkeit sein.
Deswegen vermute ich, dass der Entwurf für „HSK VII“, also das siebente Haushaltskonso-
lidierungsprogramm, bei Ihnen auf mehr Interesse stoßen wird, als der für den Haushalt 2010. Es handelt sich um das 7. Konsolidierungsprogramm seit 1993 und einmal mehr beschreiben wir, in welchem Umfang und mit welchen Maßnahmen wir in den nächsten 3 Jahren den städtischen Haushalt entlasten können. Es sind ja schon viele berechtigte lobende Worte über Hermann Kuckuck gesagt worden, aber lassen Sie mich hinzu fügen, diese Syphisus-Arbeit der Haushaltskonsolidierung betreibt Hermann Kuckuck schon seit Anfang der 90er Jahre und das war nicht immer etwas, was vergnügungssteuerpflichtig gewesen war. Das möchte ich hier persönlich anmerken. Das Volumen beträgt unserem Vorschlag nach ca. 55 Millionen Euro. Um es klipp und klar zu sagen, damit wird ein Haushaltsausgleich nicht möglich sein. Wir sehen uns ebenso wenig wie der Bund und das Land in der Lage, die verheerenden Steuerausfälle kurzfristig zu kompensieren. Wer sich dieses Ziel setzt, müsste die Infrastruktur in unserer Stadt flächendeckend aufgeben. Das gilt für Sport und Kultur, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Umweltschutz und sozialen Ausgleich. Wenn irgend jemand in der nächsten Zeit eine solche Forderung erheben sollte, bitte fragen Sie ihn nach seinen Vorschlägen, wie er ein solches Ziel erreichen möchte.
Unser Vorschlag ist ambitioniert. Nach 1 ½ Jahrzehnten der Haushaltskonsolidierung gibt es keine einfachen Sparmaßnahmen mehr. Mit unseren Vorschlägen fordern wir viele Beteiligte, vor allem in der Stadtverwaltung selbst. Ich weiß das und ich habe eine Reihe von kritischen Diskussionen zu diesem Thema noch gut im Ohr. Ich bin aber auch überzeugt, wir fordern die Stadtverwaltung mit diesem Programm, wir überfordern sie nicht. Das werden wir in jedem Einzelfall tatsächlich auch, nach meiner Überzeugung, gut begründen können.
Dass die Stadtverwaltung sich selbst in die Pflicht nimmt, ist auch eine wichtige Voraussetzung für unsere weiteren Vorschläge, zum Beispiel die Einnahmen zu erhöhen. Autofahrer, Hundebesitzer, Schwimmbadbesucher – sie alle werden mit unseren Vorschlägen nicht zufrieden sein. Es ist aber schlichtweg nicht möglich, die Folgen einer einzigartigen Wirtschaftskrise so zu bearbeiten, und das muss mit aller Deutlichkeit gesagt werden, dass die Bürger sie nicht spüren. Das gilt auf der kommunalen Ebene und ich fürchte, nach den Bundestagswahlen wird diese Erkenntnis auch auf Landes- und Bundesebene dämmern.
Unser Programm zur Haushaltskonsolidierung ist unter dem Strich, wie ich finde, ein ausgewogenes Konzept, das die unterschiedlichen Möglichkeiten unterschiedlicher Beteiligter berücksichtigt. Es ist definitiv kein Rasenmäher-Programm. Und insbesondere dementiert dieses Programm nicht die Schwerpunkte der letzten Jahre. Ganz im Gegenteil: Es bestätigt diese Schwerpunktsetzung. Das heißt: Die Einnahmeausfälle haben nicht unsere Auffassung von Stadtpolitik verändert. Nichts ist weniger wichtig, nur weil weniger Geld da ist.
Lassen Sie mich deswegen vier Bereiche hervorheben, die Sie nicht in HSK VII finden werden. Das ist nun einmal die Natur eines Sparprogramms, das was einem besonders wichtig ist, findet man darin nicht. Wir schlagen zunächst einmal nicht vor, öffentliche Einrichtungen zu schließen. In den vergangenen vier Jahren haben wir gezeigt, dass wir unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen in der Lage sind, die bestehende Infrastruktur zu finanzieren. Ich möchte jetzt unter dem Eindruck einer bislang einmaligen und hoffentlich nicht wiederkehrenden Wirtschaftskrise keine Einrichtungen zur Disposition stellen, die sicherlich nicht wiederkehren, wenn wir sie einmal abgeschafft haben. Ich muss allerdings ausdrücklich hinzufügen, dass dahinter die Hoffnung steht, nach Ende des jetzigen Wirtschaftszyklusses wieder eine hinreichende Leistungsfähigkeit der Stadt feststellen zu können. Sollte dies nicht möglich sein, werden wir uns bei einem Haushaltssicherungsprogramm VIII sicherlich in dieser Hinsicht schwierige Fragen stellen müssen.
Zweitens haben wir beim Sparen um die Belange von Kindern und Jugendlichen im Wesentlichen einen Bogen gemacht. Das ist eine wichtige Orientierung bei der Erstellung des Programms gewesen, denn Hannover wendet fast 20 % seiner Ressourcen für die Bildung und Betreuung von jungen Menschen auf. Wir reden hier von fast 300 Millionen Euro. Es handelt sich also nicht nur um ein Thema für Grundsatzreden aller Art, sondern um einen Kernbestand unserer Aktivitäten. Bildung ist die zentrale Gerechtigkeitsfrage. Bei dieser Gelegenheit möchte ich festhalten: Ich bin sicher, die Menschen in unserer Stadt verstehen unsere finanzielle Lage und verstehen auch, dass wir Einsparungen und Einnahmeerhöhungen vornehmen müssen. Sie wollen aber, dass es dabei gerecht zugeht.
Deshalb nochmals, bei der Sicherung von Bildungschancen geht es um Gerechtigkeit. Bildung ist die Schlüsselvoraussetzung für einen weiteren erfolgreichen Lebensweg, für gesellschaftliche Integration und nicht zuletzt auch für eine erfolgreiche Stadt. Deswegen finden Sie zu diesem Thema fast nichts in unserem Programm zur Haushaltskonsolidierung.
Im Gegenteil, das Ausbauprogramm „5 x 300“ für den Krippenbereich geht auch unter den schwierigen finanziellen Bedingungen weiter. Wir wollen im Jahr 2013, wenn der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr in Kraft tritt, für rund 40 % dieser Kinder einen Betreuungsplatz zur Verfügung stellen. Das ist nicht nur in der Durchführung ein anspruchsvolles Ziel, sondern auch ein finanzieller Kraftakt. 2 Millionen Euro jährlich kosten die 300 weiteren Plätze, die wir in unserem Haushaltsplan für das nächste Jahr kalkuliert haben, dazu kommen Investitionskosten. Ich bin überzeugt, anders als viele andere Städte werden wir mit diesen Anstrengungen den anstehenden Rechtsanspruch auch tatsächlich umsetzen können. Hannover ist eine außerordentlich familienfreundliche Stadt und das beweisen wir gerade in diesem Jahr nachdrücklich.
Zum Dritten haben wir der Versuchung widerstanden, auf den drastischen Einnahme-
rückgang mit einer Anhebung der großen Steuern, der Gewerbesteuer und der Grundsteuer zu reagieren. Seit nunmehr 16 Jahren sind die Hebesätze stabil und sie sollen es nach unserer Auffassung auch in den nächsten Jahren bleiben. Dahinter steht folgender Gedanke: Wir erleben im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise derzeit in vielen Bereichen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt. Die Zahl der Arbeitslosen ist noch nicht drastisch gestiegen, das verdanken wir vor allem der aktiven Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung. Alleine in Hannover haben wir derzeit eine fünfstellige Zahl von Menschen, die sich in Kurzarbeit befinden und ohne das staatliche Engagement wohl arbeitslos wären. Ich habe einen Arbeitskreis mit führenden Vertretern der Sozialpartner und der öffentlichen Institutionen im Raum Hannover ins Leben gerufen, der lokale Maßnahmen zur Bekämpfung oder wenigstens zur Abfederung von Arbeitslosigkeit koordinieren soll. Die Experten dort sind sich einig, dass die Phase bis Sommer nächsten Jahres schwierig wird und wir mit weiteren schlechten Nachrichten aus den hannoverschen Unternehmen rechnen müssen.
Ebenso sicher ist aber auch, dass auf den Abschwung ein Aufschwung folgt. Und in diesem Aufschwung, den wir noch nicht haben, der aber kommen wird, wie uns suggeriert wird, werden sich viele Unternehmen entscheiden, wo sie investieren und wo sie Arbeitsplätze schaffen. Ich möchte nicht, dass der Standort Hannover gerade in diesem Zeitraum Nachteile hat. Hannover ist ein sehr wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort und er soll es bleiben. Deswegen finden Sie in unserem Programm zwar den einen oder anderen Vorschlag zur Erhöhung einer Bagatellsteuer, aber keinen Vorschlag zur Erhöhung von standortrelevanten Steuern. Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, bin ich der festen Überzeugung, dass wir mit diesem Kurs, dann auch die beste Voraussetzung dafür schaffen, im Aufschwung wieder, nicht nur schlechte sondern dann auch wieder gute Nachrichten vom hannoverschen Arbeitsmarkt zu erfahren und das sehe ich tatsächlich auch als Pflicht und Schuldigkeit der Stadt Hannover an.
Schließlich und viertens planen wir weiter mit nachhaltigen Investitionen der Stadt Hannover. Zurzeit gibt es geradezu ein eigenes lokales Konjunkturprogramm. Vor allen Dingen in den Schulen finden zahlreiche Sanierungsmaßnahmen statt und wir haben zurzeit eine ganze Reihe von Feierlichkeiten, wo wir erste Spatenstiche begehen oder Richtfeste feiern. In den vergangenen beiden Jahren sind insgesamt rund 41 Millionen Euro für Schulsanierungen vorgesehen worden, die derzeit zügig abgearbeitet werden. In allen Stadtbezirken gibt es dafür sehr gute Beispiele. Es handelt sich um den absoluten Schwerpunkt unserer Investitionen. In diesem und im nächsten Jahr wollen wir noch einmal Haushaltsmittel in Höhe von rund 80 Millionen Euro in die Sanierung der städtischen Gebäude und dort vor allem in die Schulen investieren. Dazu kommen noch einmal 23 Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm II. Und schließlich werden zurzeit im Rahmen von so genannten Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) 2 große Projekte mit insgesamt 45 Millionen Euro Investitionsumfang abgewickelt.
Wir wollen diesen Schwerpunkt unserer Investitionen auch und gerade unter schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen fortsetzen. Es gibt nur Gewinner: Wir verbessern die Arbeits- und Lernbedingungen an den Schulen für die Lehrer und für die Schüler. Wir fördern das lokale Handwerk, denn die Aufträge gehen ganz überwiegend an Unternehmen aus der Region. Rund 1 000 Arbeitsplätze sichern wir zurzeit auf diese Weise. Und schließlich nutzen wir nachhaltig den Stadtfinanzen. Das mag zunächst den einen oder anderen verwundern, denn diese Investitionen müssen und wollen wir überwiegend durch Kredite finanzieren. Die Wirtschaftlichkeit liegt aber auf der Hand, denn es handelt sich durchweg um zwingend notwendige Investitionen, bei denen man sich allenfalls darüber unterhalten kann, ob sie jetzt oder in einigen Jahren vorgenommen werden. Da ist es wie im richtigen Leben, jede Investition, die wir verschieben, kommt uns dann später teuer zu stehen. Das gilt im privaten und auch im öffentlichen Bereich.
Obwohl es uns außerordentlich schwer gefallen ist, schlagen wir Ihnen für den Vermögenshaushalt eine Nettokreditaufnahme Null vor, kurz gesagt: Keine zusätzlichen Schulden. Anders steht es mit dem Wirtschaftsplan für unser Gebäudemanagement und die Sanierungen für die Schulen und Kindergärten. Aus allen genannten Gründen wollen wir das Sanierungsprogramm fortsetzen und wir wollen dafür auch neue Kredite in Höhe von 28 Millionen Euro in Kauf nehmen.
Sie wissen alle, dass es zur Umsetzung dieses Vorschlages zweierlei bedarf, einer Zustimmung des Rates, darüber werden wir zu reden haben, aber ich bin da guter Hoffnung, und einer Zustimmung der Kommunalaufsicht. Im Hinblick auf unsere Investitionen sind wir nicht Herr im eigenen Haus, sondern abhängig von Entscheidungen durch das Innen-
ministerium. Ob deswegen die sinnvolle Schulsanierung fortgesetzt werden kann oder nicht, hängt nicht nur vom politischen Willen der demokratisch gewählten städtischen Repräsentantinnen und Repräsentanten ab. Es hängt am Ende ab von dem politischen Willen der Landesregierung.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle einen Vergleich. Über den groben Daumen gepeilt kann man sagen, dass das Volumen des städtischen Haushaltes etwa 10 % von dem des Landeshaushaltes entspricht. Unser Haushalt umfasst im Verwaltungs- und Vermögenshaushalt etwa 2,1 Milliarden Euro, der Landeshaushalt umfasst etwa 25 Milliarden Euro. Davon sieht das Land etwa 10 % für Investitionen vor, wir hingegen nur etwas mehr als 5 %. Und das - obwohl Kommunen einen größeren Investitionsbedarf haben als die Bundesländer. Das Land hat sich in den vergangenen Jahren gerühmt, seine Kreditaufnahme von Jahr zu Jahr verringert zu haben, wir hingegen haben die Stadt in den letzten vier Jahren real um 200 Millionen Euro entschuldet. Sowohl das Land wie die Stadt müssen leider mit neuen Schulden kalkulieren. Das Land sieht in diesem Jahr jeweils 2,3 Milliarden Euro neue Schulden vor, das sind etwa 8 % des Haushaltsvolumens und damit fast exakt so viel, wie neue Investitionskredite und neue Kassenkredite nach unserer Planung bei der Stadt zu erwarten sind.
Warum ziehe ich diesen Vergleich? Weil ich nur eine bescheidene Bitte an das Innenministerium als Kommunalaufsicht des Landes habe. Diese Bitte, man könnte auch von einer berechtigten Forderung sprechen, lautet: Das Land muss seine Kommunen genauso behandeln, wie es sich selbst behandelt. Wenn das Land sich selbst Möglichkeiten für notwendige Investitionen eröffnet, dann muss dieselbe Landesregierung die selben Möglichkeiten auch ihren Kommunen eröffnen. Das ist, wie ich finde, nicht zu viel verlangt und wenn dies in einer schwierigen Situation der Maßstab für das Niedersächsische Innenministerium ist, können wir unsere Schulen und Kindertagesstätten weiter sanieren. Insofern geht die eindringliche Bitte und die klare Forderung an die Landesregierung, unserer Stadt genauso wie allen anderen niedersächsischen Kommunen dringend notwendige Investitionen auch zu ermöglichen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle eine Zwischenbilanz ziehen. Der richtige Umgang mit der Krise besteht nach meiner Überzeugung darin, Glaubwürdigkeit zu beweisen, Verantwortung zu übernehmen, und die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Wir müssen aus der Krise stärker herauskommen, als wir hinein gegangen sind. Das heißt, dass wir in vielen Bereichen sparen müssen, dass wir zugleich die strategisch relevanten Schwerpunkte fortsetzen und dass wir weiter investieren müssen. Mit diesen wenigen Sätzen ist der Kern unseres Vorschlages zum Haushaltsplan und zur Haushaltskonsolidierung umrissen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Stadtentwicklung ist weit mehr, als die Zahlenkolonnen im Haushaltsplan und im Konsolidierungsprogramm zum Ausdruck bringen. In vielen Bereichen arbeiten wir mit Partnern zusammen, die wichtige Beiträge für unsere Stadt leisten. In vielen Bereichen verändern wir Strukturen, um Hannover fit zu machen für die Zukunft.
Das gilt z. B. im Bereich der Bildung. Der Einstieg in unser Bildungssystem erfolgt über Krippen- und Krabbelgruppen und meine Hinweise zum systematischen Ausbau dieser Betreuungsform muss ich nicht wiederholen. Nach dem Kindergarten folgt die Schulzeit und hier zeichnen sich spannende Veränderungen ab. Die Einrichtung von Ganztagsschulen wird immer wichtiger. Die Verbindung von Unterricht mit außerschulischen Angeboten zu einem ganzheitlichen Bildungsangebot ist der Schlüssel für mehr und bessere Bildung. Ganztagsschulen sind gut für den individuellen Bildungsweg, sie sind gut für die soziale Integration der Kinder und sie helfen den Eltern, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.
Das gilt ganz besonders für die Grundschulen und deswegen werden wir den Beteiligten ein Angebot unterbreiten, wie wir aus fünf bestehenden Ganztagsgrundschulen deutlich mehr machen können. Das ist in Zeiten knapper Kassen schwer, setzt wieder einmal die Mitwirkung des Landes voraus, aber es ist machbar. Ich jedenfalls bin gespannt auf die Diskussion, die wir sicher bald führen werden.
Nach der Grundschule geht es weiter und die Eltern in Hannover haben klare Vorstellungen davon, wie es für ihre Kinder weitergehen soll. Etwas mehr als die Hälfte melden ihre Kinder für die Gymnasien an, aber etwa 40 % der Eltern wünschen sich eine Gesamtschule für ihr Kind. Deswegen hat vor wenigen Monaten die IGS Stöcken den Betrieb aufgenommen. Im August des nächsten Jahres wird die IGS Badenstedt folgen. In unserer Planung ist ein dritter IGS-Schulstandort vorgesehen, der ebenfalls hoffentlich schon zu Beginn des nächsten Schuljahres unsere Schullandschaft bereichern wird. Ich bin sicher, in diese Richtung wird die Entwicklung weitergehen, dass Anmeldeverhalten der Eltern spricht eine mehr als deutliche Sprache und unser Ziel besteht darin, dass alle Eltern ihre Kinder auf der Schule anmelden können, die sie selbst für ihre Kinder für richtig halten. Darüber sollte eigentlich Einvernehmen herrschen.
Nach der Schule folgt die Lehre oder das Studium. Die Berufsorientierung und die Vorbereitung auf das Arbeitsleben sind immer noch nicht zufrieden stellend, daran haben auch zahlreiche Bemühungen vieler Beteiligter in den vergangenen Jahren nichts ändern können. Das kann vor allem auch dann besonders problematisch werden, wenn im Jahre 2011 zwei Abiturjahrgänge auf den Ausbildungsmarkt kommen. Deswegen bemühen wir uns gemeinsam mit vielen anderen Beteiligten aus der Wirtschaft und dem öffentlichen Bereich darum, die Zusammenarbeit deutlich zu verbessern und Vorsorge zu treffen.
Meine Damen und Herren, alle Experten sind sich darüber einig, dass der Treibstoff für die Ökonomie der Zukunft die Wissenschaft ist. Die Qualität der wissenschaftlichen Einrichtungen, die Attraktivität des Standortes für Studierende, für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kann in seiner Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ich freue mich, dass gerade die Wissenschaft in Hannover uns wirklich so viel Anlass zur Freude gibt. Wir haben ein großes wissenschaftliches Potential an den unterschiedlichen Hochschulen unserer Stadt und deren Zusammenarbeit wird stetig besser. Das Potential für eine erfolgreiche Bewerbung im Rahmen der Exzellenz-Initiative der Bundesregierung ist sicherlich da und ich bin gespannt, ob ein solcher Antritt gelingt. Das Schloss in Herrenhausen wird nicht nur eine Touristenattraktion, sondern vor allem auch ein Wissenschaftszentrum. Mit dieser Plattform können wir das große wissenschaftliche Potential in unserer Stadt künftig viel besser auch nach außen zeigen und ich bin überzeugt davon, Hannover wird von dieser hervorragenden Initiative der VW-Stiftung außerordentlich profitieren. Deswegen freut es mich auch, dass die Entscheidung für das Schloss hier im Rat weitgehend einhellig gefasst worden ist. Über die strategische Bedeutung dieses Vorhabens besteht Einvernehmen.
Wie bereits gesagt: Die Wissenschaft wird auch eine zunehmende Bedeutung für den Wirtschaftsstandort gewinnen. Ein guter Teil der Tätigkeit von Hannoverimpuls besteht darin, diese Verknüpfung herzustellen und in junge Unternehmen mit Perspektive umzusetzen. Mehr als 12 000 Arbeitsplätze sind in den vergangenen Jahren mit Hilfe von Hannoverimpuls entstanden und man kann dieses ambitionierte Vorhaben als einen vollen Erfolg bezeichnen. Deswegen bin ich auch sicher, dass Hannoverimpuls keine Episode bleiben wird, sondern wir in absehbarer Zeit die Entfristung beschließen werden.
Unter den verschiedenen Wirtschaftsbranchen mit guten Zukunftsaussichten in Hannover gebührt der Gesundheitswirtschaft, so meine ich, ein besonderes Augenmerk. Die Medizinische Hochschule hat in den vergangenen zehn Jahren wirklich eine atemberaubende Entwicklung genommen. Heute Morgen war ein großer Teil der Dezernentenrunde zu einem Gespräch mit dem Präsidium der medizinischen Hochschule im Roderbruch und ich kann sagen, es ist wirklich eindrucksvoll, wie sich diese Einrichtung entwickelt. Wir befinden uns in einem engen Kontakt mit der MHH hinsichtlich ihrer weiteren Entwicklung, von der die ganze Stadt profitiert.
Dasselbe gilt für die Leibniz-Universität mit den Ingenieurwissenschaften und für die Tierärztliche Hochschule, die ebenfalls in diesem Segment über besondere Qualitäten verfügen und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird eben nicht nur abstrakt sichtbar werden, davon bin ich überzeugt, sondern das wird sich auch sehr real in Arbeitsplätzen in Hannover ausdrücken. Wir haben gehört, dass in der MHH mittlerweile mehr als 8 000 Menschen beschäftigt sind. Wenn man das vor wenigen Jahren gesagt hätte, wäre man wahrscheinlich belächelt worden.
Wir haben in der nächsten Woche eine wichtige Entscheidung für die Entwicklung des Wissenschaftsstandortes Hannover zu treffen. Ich spreche von der Ansiedelung des Forschungszentrums von Boehringer Ingelheim.
Ich will ausdrücklich festhalten: Der Rat geht hier sehr verantwortungsvoll mit dieser Entscheidung um. Nach allen uns vorliegenden Informationen besteht kein Zweifel an der Sicherheit und Umweltverträglichkeit des geplanten Forschungszentrums. Und bei allem Respekt vor den ethischen Bedenken von Tierschützern ist auch darauf hinzuweisen, dass die dort geplante Entwicklung von Impfstoffen dazu beitragen wird, die Gesundheit und das Leben von Tieren zu erhalten, die heute zum Schutz vor Infektionen getötet werden. Ich habe selten, ich kann sagen noch nie, eine so gründliche Abwägung von Pro und Contra im Rahmen einer Bauleitplanung erlebt. Deswegen können wir, die Befürworter des Projekts, für unsere Meinung denselben Respekt in Anspruch nehmen, den die Kritiker für ihre Auffassung geltend machen.
Meine Damen und Herren, natürlich entstehen Arbeitsplätze nicht nur in wissenschaftsnahen Einrichtungen und Unternehmen. Deswegen begrüße ich sehr die Überlegungen der Hannover Holding, dass Kerngeschäft der Wirtschaftsförderung in der Region weiter zu stärken. Gerade in der Wirtschaftsförderung sind wir in den vergangenen Jahren in der Region eng zusammen gerückt. Das wird künftig auch räumlich der Fall sein, wenn unsere Wirtschaftsförderung und die der Region in das TCH an der Vahrenwalder Straße einziehen und wir damit ein starkes Zentrum der gemeinsamen regionalen Wirtschaftsförderung in Hannover haben werden.
Damit sind wir beim Thema der regionalen Kooperationsfähigkeit und das gilt innerhalb der Region Hannover, ich darf sagen, es gibt wirklich ein konstruktives und gutes Verhältnis zwischen der Landeshauptstadt Hannover und der Region Hannover. Aber auch darüber hinaus. So war es nur folgerichtig, dass wir eine treibende Kraft beim Neustart der Metropolregion waren. Gemeinsam mit den Regionen Braunschweig – Wolfsburg und Südniedersachsen sind wir stark genug, im Wettbewerb der Metropolregionen eine gute Rolle zu spielen. Es geht darum, die Potentiale in diesem Raum zu nutzen, gerade auch für die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeit und ich bin sicher, nach und nach wird die Zukunftsträchtigkeit dieses Ansatzes zum Ausdruck kommen.
Meine Damen und Herren, es ist keine Frage, wir müssen uns anstrengen. Denn wir haben in diesem Jahr eine Anzahl schlechter Nachrichten zu verkraften gehabt. Der fortdauernde Stillstand am Ihme-Zentrum gehört ebenso dazu, wie die Sorgen um die Zukunft der Gilde-Brauerei und erst recht die alarmierenden Auseinandersetzungen bei der Conti. Es sind nicht wenige Baustellen, die sich für das nächste Jahr vorhersehen lassen und auf den meisten kann die Stadt bedauerlicherweise nicht unmittelbar Einfluss nehmen.
Bei allem notwendigen Problembewusstsein muss uns aber bewusst sein, dass Hannover diese Themen aus einer Position der inneren Stärke heraus angeht. Zu den erfreulichen Nachrichten der vergangenen Monate zählen ganz sicher die Ergebnisse einer großen Umfrage zur Zufriedenheit der Menschen in unserer Stadt. Von einer hervorragenden Basis aus ist noch einmal eine Steigerung der Werte zu verzeichnen gewesen. Fast 90 % der Befragten sind sehr zufrieden oder zufrieden mit ihrem Leben in Hannover. Das ist gerade auch im Städtevergleich ein hervorragender Wert.
Im nächsten Jahr feiern wir das 10jährige Jubiläum der Weltausstellung Expo 2000. Diese einmalige Veranstaltung hat Hannover verändert. Die Stadt hat Fahrt aufgenommen und den Schwung genutzt für eine nachhaltige Entwicklung. So soll es auch weitergehen.
Ich freue mich über die anhaltende Modernisierungswelle unserer Innenstadt. Sichtbarstes Vorhaben ist der Umbau des Kröpcke-Zentrums. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse des Diskussionsprozesses zur City 2020 und überzeugt davon, dass wir Schritt für Schritt die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt weiter verbessern können. Der neue Opernplatz ist dafür ein besonders gutes Beispiel und ich freue mich, dass dieser Platz so gut von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen angenommen wird, die jetzt auch dort gut miteinander auskommen. Das alles ist Ausdruck der Lebensqualität in unserer Stadt, die wir natürlich auch vor allem dem reichhaltigen kulturellen Angebot zu verdanken haben. Keine Frage, gerade in heutigen Zeiten ist der neue Museumsbetrieb im Schloss Herrenhausen und der Ausbau des Sprengel Museums jeweils anspruchsvolle Vorhaben, die diesem Ziel dienen. Neue Besucherrekorde in Herrenhausen und der überragende Erfolg der Ausstellung „Marc, Macke und Delauny“ mit mehr als 250 000 Besucherinnen und Besuchern hat die Kulturbegeisterung vieler Hannoveranerinnen und Hannoveraner und vieler auswärtiger Gäste eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Deshalb glaube ich, dass wir gut beraten sind, auf diesem Weg weiterzumachen und das, meine Damen und Herren, nützt am Ende der ganzen Stadt.
Es ist sicher keine Frage, wir arbeiten in einem schwierigen Umfeld und an Herausforderungen wird es Ihnen und der Stadtverwaltung im nächsten Jahr nicht mangeln. Die Weltwirtschaftskrise macht nun einmal keinen Bogen um unsere Stadt. Ich glaube, es ist richtig, diese Herausforderungen sehr problembewusst, aber auch selbstbewusst anzugehen. Hannover ist stark und befindet sich auf dem richtigen Weg.
Ich habe übrigens den Eindruck, dass ich damit nicht nur meine eigene Befindlichkeit wiedergebe. Wenn ich es recht sehe, dann gibt es in wesentlichen Fragen der Stadtentwicklung zwischen Stadtverwaltung und Rat einen sehr hohen Konsens. Das gilt für die Ratsmehrheit, mit der eine vertrauensvolle Zusammenarbeit besteht, ebenso wie für die Minderheit, von der ich grundsätzlich das Gleiche sagen kann. Ein solcher Konsens ist gut und wir sollten ihn uns bewahren und ich bedanke mich bei allen Mitgliedern des Rates für das Klima, in dem wir unsere Arbeit tun.
Bedanken möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtver-
waltung. Der Haushaltsplan und das Programm zur Haushaltskonsolidierung sind das Ergebnis vielfältiger Anstrengungen und harter Arbeit, an der viele in den unterschiedlichen Bereichen der Stadtverwaltung ihren Anteil hatten. Und das, kann ich Ihnen sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, waren häufig Arbeitsprozesse, die keinen Spaß gemacht haben und wo Leute auch gegen ihre innere Überzeugung gearbeitet haben. Dass wir Ihnen am Ende durchdachte und seriöse Vorschläge präsentieren können, ist eine Gemeinschaftsleistung der gesamten Verwaltung.
In diesem Sinne wünsche ich Ihren Beratungen einen guten Verlauf. Es sind lausige Zeiten, aber am Ende gilt eben der Grundsatz unseres Ehrenbürgers Gerhard Schröder: „Wenn es einfach wäre, könnten es auch die Anderen!“

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und gute Beratungen.


Stadtkämmerer Dr. Hansmann führte aus,

Herr Ratsvorsitzender, meine sehr verehrten Damen und Herren,

der Haushaltsplan 2010 ist der schlechteste, den jemals ein Stadtkämmerer hier einbringen musste. Das ist nicht schön. Wir hatten einen so schnellen und dramatischen Vorzeichen-
wechsel. Noch im Jahr 2008 haben wir Ihnen den höchsten jahresbezogenen Überschuss den wir überhaupt jemals hatten, in Höhe von 71 Mio. Euro, vorgestellt. Und jetzt eben den schlechtesten Haushalt. Mit einem erschreckend hohen jahresbezogenen Defizit von
176 Mio. Euro. Wir gehen das erste Mal seit langem ohne Vorbelastung, ohne Verlust-
vorträge, in den Haushalt hinein. Aber alles das nützt nichts. Wir haben jetzt dieses riesige Defizit und wenn Sie in die mittelfristigen Finanzplanungen reinschauen, dann wird es sogar noch schlimmer. Hier summieren sich die Defizite. Wir müssen da die ungeraden und geraden Jahre zusammenrechnen und kommen dann auf 850 Mio. Euro und da ist noch nicht einmal das Rechnungsergebnis aus diesem Jahr dabei. Das wird noch schlimmer als veranschlagt. Wenn es schlecht läuft, wir prognostizieren dies zumindest, dann werden wir im Jahre 2013 ein Defizit von 1 Milliarde Euro im Verwaltungshaushalt haben. Standard ist ein ausgeglichener Verwaltungshaushalt. Dramatisch ist, dass wir vier gute Jahre hatten, vier Haushaltsüberschüsse, die uns um 200 Mio. Euro entschuldet haben. Das ist gut, hat aber noch nicht einmal gereicht, um die Altdefizite aus den ersten Jahren der 90er vollständig zu tilgen. Wir haben gut die Hälfte geschafft; haben es aber auch nicht geschafft, Rücklagen für schlechte Jahre zu bilden. Ein schlechtes Jahr 2009 hat gereicht, um vier gute Jahre kaputt zu machen. Wir kommen jetzt schon wieder auf den Defizitpfad, den wir bis 2004/2005 hatten. Wir drohen in einem Strudel neuer Defizite zu versinken, wenn wir nicht gegensteuern. Wie werde ich Ihnen gleich noch darlegen. Sie kennen den Grund. Der Oberbürgermeister ist in der ersten Hälfte seiner Rede ausführlich darauf eingegangen. Wir haben eine Wirtschafts- und Finanzkrise. Sie können jeden Tag darüber in den Medien lesen. In Hannover ist das im Moment noch nicht so stark zu spüren. Vielleicht im nächsten Jahr. Wir planen deshalb mit einem Gewerbesteueransatz von nur noch 380 Mio. Euro. Das sind 120 Mio. Euro weniger als im Jahr 2008. Das kann man kaum auffangen. Das entspricht im übrigen einer Prognose des Arbeitskreises für Steuerschätzung. Wie viel Geld wir am Ende dann wirklich in der Kasse haben, kann aber noch keiner sagen. In meiner ersten Haushaltsrede habe ich lange darüber geredet, wie schwierig es ist die Gewerbesteuer zu schätzen und damals lebten wir noch in normalen Zeiten. Aber seit dem September des vergangenen Jahres ist überhaupt nichts mehr normal, zumindest nicht in der Finanzwelt, sodass es auch noch sehr viel schlimmer kommen kann. Wir orientieren uns an Bundesdaten. Der Arbeitskreis Steuerschätzung ist beim Bundesfinanzministerium angesiedelt. Nicht nur die Gewerbesteuer geht zurück, langsam aber sicher auch die Einkommenssteuer. Die ist nicht ganz so konjunkturempfindlich wie die Gewerbesteuer, aber Sie wissen auch, dass nur 2/3 der Unternehmen Personengesellschaften sind, die Einkommenssteuer bezahlen und auch da geht es langsam zurück. Mit der steigenden Arbeitslosigkeit kommt zusätzlich weniger Einkommenssteuer zusammen. Hier rechnen wir mit einem Rückgang, im Vergleich zu 2008, um 16% auf 139 Mio. Euro. Das ist viel Geld. Das gute Jahresergebnis von 2008 war nicht nur das Produkt der Gewerbesteuer, sondern auch einer sprudelnden Einkommenssteuer, von der auch Bund und Land profitiert haben. Und dann wird auch die Mehrwertsteuer sinken, es bleibt abzuwarten auf welchen Wert. Wir gehen im Haushaltsplanentwurf um einen Betrag von 4 Mio. Euro aus. Wir haben ein gravierendes Einnahmeproblem im Haushalt 2010 und das Ausgabenproblem bleibt bestehen. Allein das Budget für die Kindertagesstätten stieg seit 2006 um insgesamt 28 Mio. Euro an. Das ist ein politischer und auch von der Verwaltung ausgegebener Schwerpunkt. Aber das kostet dann auch eine Menge Geld, insgesamt 113 Mio. Euro nur für Kindertagesstätten. Wie hat Winston Churchill einmal gesagt: “Eine Gemeinde kann ihr Geld nicht besser anlegen, als es in Babys zu investieren.“
Und wieder einmal, und das ist das ärgerliche, ist der Grundsatz verletzt: „Wer bestellt muss auch zahlen.“ Wieso oft bleiben die Kommunen auf einen nicht geringen Teil der Folgekosten sitzen.

Lassen Sie mich im Folgenden die vier großen Kostenblöcke des Haushalts vorstellen. Diese machen jeweils über 20 % aus, sodass Sie dann schon einmal einen Überblick von ca. 85 % des Haushalts haben.
Zum Einen steigen die Personalkosten. Dank massiver Gegensteuerungen steigen die Personalkosten weniger als 1%. Wir verzichten weitestgehend auf externe Einstellungen und wir streichen Stellen. Sonst wäre es überhaupt nicht möglich, die Personalkosten so stabil zu halten. Auch bei den Sachkosten versuchen wir so restriktiv wie möglich zu sein. Die steigen um 2 % und bleiben weiterhin streng gedeckelt.
Ein Block, der ein wenig mehr steigt, ist die Jugend- und Sozialhilfe, nämlich um 9 Mio. Euro, aber der wird weitestgehend von der Region ersetzt. Ein Kostenblock sinkt kräftig. Wir werden wahrscheinlich 38 Mio. Euro Regionsumlage an die Region überweisen. Das ist genau die Höhe, die uns die Umlagenerhöhung letztes Jahr eingebrockt hat. Jetzt könnte man natürlich ein wenig Schadenfreude hier im Raum verspüren. Machen wir natürlich alle nicht. Zumal dies teuer erkauft ist. Wir verzichten auf 120 Mio. Euro Gewerbesteuer, nicht freiwillig, aber wir haben einen Rückgang von 120 Mio. Euro und da geben wir in Form der Regionsumlage einen teil an die Region weiter. Die Region steht übrigens noch schlechter dar als wir. Wir haben die Kassenkredite deutlich zurück geführt. Im letzten Jahr lagen die Kassenkredite kurzzeitig im Null- oder sogar im Anlagebereich. Während bei der Region Kassenkredite in Höhe von ca. halben Milliarde aufgelaufen sind und das schon vor der Wirtschaftskrise. Wenn man bedenkt, dass nun die Umlagezahlungen einbrechen und gleichzeitig die Ausgaben kräftig steigen, dann tun sich da gewaltige Finanzierungslücken auf. Das kann auch nicht gut für die Kernstadt sein. Aber zurück zu unseren Finanzierungslücken und den Preis dafür. Wir müssen natürlich Zinsen zahlen. Daran gibt es keinen Zweifel. Wir nehmen demnächst den größten Einzelkredit auf, den wir jemals hatten. Für die Kapitalzuführung an die Deutsche Messe AG. Trotzdem erhöht sich der Ansatz der Zinsaufwendungen im Vergleich zum Haushalt 2009 nur geringfügig. Sie haben das vielleicht im aktuellen Finanzbericht gesehen und wir haben das gestern auch schon im Finanzaus-
schuss besprochen. Wir zahlen gerade mal 0,36 % Zinsen für die Kassenkredite und auch die langfristigen Kredite liegen bei moderaten 4 %. Der Zinsaufwand steigt also nur gering. Wobei hier in den nächsten Jahren natürlich auch ein erhebliches Risiko liegt. In dem Moment, wo die Zinsen steigen, schlägt das gerade bei den Kassenkrediten durch und wir haben keine Möglichkeit dann entgegen zu steuern. Für langfristige Projekte können wir uns Kredite holen mit einem Zins von etwa 4 %. Nachfolgend erläutere ich Ihnen wofür wir dies nutzen wollen. Und da habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht. Kämmerer fangen immer mit der schlechten Nachricht an. Wir streichen die Investitionen des Vermögens-
haushalts ganz beträchtlich zusammen. Wir haben ja in den vergangenen Jahren eine andere Strategie verfolgt. Eine Nettoneuverschuldung von Null, die wir fast 20 Jahre aufrecht erhalten haben, haben wir aufgegeben. In den Jahren 2007 und 2008 haben wir einmal 19 Mio. Euro und einmal 11 Mio. Euro angesetzt, um zusätzliche Projekte zu finanzieren. Das geht jetzt nicht mehr. Wir kehren zur Strategie der Nettoneuverschuldung von Null im Vermögenshaushalt zurück. Die Schulden werden dort nicht mehr ansteigen, das heißt, wir verschulden uns nur noch in der Höhe der Tilgung. Damit finanzieren wir fast die Hälfte des Vermögenshaushaltes, aber auch das muss die Kommunalaufsicht genehmigen. Wir sind auf die Kredite angewiesen, sonst können wir überhaupt nicht mehr finanzieren. In Nordrhein-Westfalen gibt es Kommunen, die bekommen nicht mal Kredite in Höhe der Tilgung genehmigt.
Wir schwenken jetzt wieder auf ein niedrigeres Investitionsniveau ein. Auf das von 2007 mit 71 Mio. Euro. Am meisten ist davon die Bauverwaltung betroffen. Dadurch dass wir die Schulen und Kindertagesstätten in den Wirtschaftsplan des Fachbereichs Gebäudemanagement übertragen haben, mussten wir im Baubereich am meisten zusammenstreichen. Wir schaffen es gerade mal mit Müh und Not die Innenstadtprojekte, die wir in dieser Wahlperiode angeschoben haben und die Kulturprojekte die Sie beschlossen haben, zu finanzieren. Aber neue Projekte sind weder in diesem noch im nächsten Haushalt kaum möglich. Ich hätte mich lieber mit Ihnen über Fahrradhäuser gestritten, als die Investitionen so zusammen zu streichen. Wir alle hier wissen, dass das unwirtschaftlich ist. Gerade in der Straßensanierung droht ein Sanierungsstau wie bei den Schulen. Spätestens in der übernächsten Ratsperiode werden die verantwortlichen Ratsmitglieder sich fragen, warum solche Sparpolitik in der Straßenbewirtschaftung verfolgt wurde. Wir machen das, notgedrungen, weil wir eben im Verwaltungshaushalt ein so gewaltiges Defizit haben. Dieses Defizit bedeutet, dass wir uns Investitionen nicht mehr leisten können. Und es ist noch viel schlimmer. Im Grunde können wir den Kapitaldienst gar nicht mehr erwirtschaften. Unternehmen die den Kapitaldienst nicht mehr erwirtschaften können sind im Grunde genommen insolvent. Wir können froh sein, zumindest wenn dieser Zustand dauerhaft der Fall ist, dass es keine kommunale Insolvenz gibt.
Aber es gibt auch eine gute Nachricht. Wir wollen nämlich das Kindertagesstätten- und Schulsanierungsprogramm weiter fortführen und dafür im Wirtschaftsplan Gebäudemanagement 49 Mio. Euro investieren. Mehr ist operativ nicht zu verbauen. Ich möchte Ihnen drei Gründe für diese Vorgehensstrategie nennen. Zum Einen sichern und stabilisieren wir die lokale Wirtschaft. Das ist unser Konjunkturprogramm auf kommunaler Ebene und es ist überwiegend kreditfinanziert. Was genau richtig ist, da es die Multiplikatorwirkung erhöht. Das ist aber nicht nur volkswirtschaftlich, sondern auch betriebswirtschaftlich richtig, weil es teurer wird, wenn wir nicht sanieren. Und zum Dritten, wenn man sich die Bundestagswahlprogramme aller Parteien ansieht, ist Bildung das Top-Thema. Wenn das ernst gemeint ist, wovon ich ausgehe, dann muss man eben auch in die kommunale Hardware investieren, nicht nur über Lehrerinnen und Lehrer, deren Ausbildung, die Qualität der Lehrpläne reden, sondern auch in die Schulgebäude. Ich hoffe, dass es einen hohen Konsens bei der Zustimmung zum Schulsanierungsprogramm im Rat geben wird. Aber allein das reicht nicht, sondern wir benötigen auch die Zustimmung der Kommunalaufsicht. Wir wollen hier die große Summe von 28 Mio. Euro aufnehmen und zwar als Nettoneuverschuldungen und das muss uns die Kommunalaufsicht genehmigen. Zusätzlich haben wir dann noch Private-Publik-Partnership-Projekte und Inhouse-Geschäfte mit unseren städtischen Töchtern. Bedenken Sie das Bauprojekt IGS-Mühlenberg, allein das ist eine Investitionssumme von fast 50 Mio. Euro. Das unterliegt aus der Kommunalaufsicht, da Miet- und Leasinggeschäfte nichts anderes sind als Kreditaufnahmen. Ich hoffe sehr, dass die Kommunalaufsicht der volks- und betriebswirtschaftlichen Argumentation folgt. Überzeugend ist aus meiner Sicht, dass wir der Kommunalaufsicht einen Sparhaushalt vorlegen. Die Ausgaben im Verwaltungshaushalt sinken um 3 % und zwar bereinigt um die Altdefizite, die im kameralen Haushalt ausgewiesen werden. Im Vermögenshaushalt sinken Ausgaben, bereinigt um die Umschuldung im Jahr 2010 von 400 Mio. Euro, im investiven Bereich um 22 %. Wir haben an allen Ecken und Enden die Ausgaben gesenkt. Das betrifft auch eine ganze Reihe politisch indizierter Projekte. Ich bin sicher, dass Sie während der Haushaltsplanberatungen herausfinden, welche das sind. Aber ich kann Ihnen versichern, dass der Schwerpunkt im verwaltungsinternen Sparen liegt. Wir haben auch, mit ganz wenigen Ausnahmen, die Einwohnerinnen und Einwohner geschont. Ob das allerdings immer so weiter gehen kann, weiß ich leider nicht, meine Damen und Herren. Wir haben jetzt 17 Jahre Haushaltskonsolidierung hinter uns. Der Haushaltsspeck ist sehr weit abgebaut. Gegen eine gute Diät ist nichts einzuwenden, aber es darf dann auch keine Magersucht werden. Natürlich kann man bei den Bürgerämtern oder der Ausländerbehörde noch Personal einsparen. Aber das bedeutet dann, dass der Service sinkt und die Wartezeiten steigen. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir z. B. bei der Ausländerbehörde nur durchschnittliche Wartezeiten von 10 Minuten haben. Noch dramatischer ist, dass die Qualität der Arbeit deutlich sinken würde. Was das gerade im Ausländerbereich bedeuten würde, können Sie sich ausmalen. Hier noch Personal wegzunehmen ist kaum möglich. In diesem Raum sehe ich dafür keinen Konsens. Keine Mehrheit sehe ich auch hier im Rat oder der Stadtgesellschaft insgesamt, zum Abbau der städtischen Infrastruktur - deshalb schlagen wir das auch nicht in der Haushaltskonsolidierung vor – oder die Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuer. Wir müssen aber auch aufpassen, dass wir keine kalifornischen Verhältnisse bekommen. In Kalifornien werden Steuererhöhungen und Ausgabesenkungen kategorisch abgelehnt. In Kalifornien muss dem Haushalt mit einer 2/3 Mehrheit zugestimmt werden. Auch wenn der Oberbürgermeister in seiner Rede den großen Konsens im Rat gelobt hat, bin ich doch ganz froh, dass wir keine 2/3 Mehrheit brauchen für unseren Haushalt. Die Gefahr wäre, dass dann, genau wie in Kalifornien, gar kein Haushalt mehr zu Stande kommt. Die Bürgerinnen und Bürger können in Kalifornien ständig über alles abstimmen und sie haben dadurch die Grundsteuer weitestgehend zu Fall gebracht. In diesem Staat, wo es sehr reichen Grundbesitz gibt, wird so gut wie keine Grundsteuer bezahlt und das ist mit Abstand die wichtigste Kommunalsteuer. Wenn man sich dann überlegt, wer die öffentlichen Dienste denn benötigt, dann sind das bestimmt nicht die reicheren Leute. Die können sich solche Dienste, wie z. B. Lehrerinnen, Lehrer, Sicherheitsdienste usw., auch sicher privat einkaufen. Eine solche Politik trifft automatisch immer die sozial Schwächeren. Aber wir sind zum Glück nicht Kalifornien und der große Unterschied ist, dass wir eine Verwaltung haben, die vorausschauend plant und in 1 ½ Jahren Arbeit eine Haushaltskonsolidierung vorlegen wird, damit die Verwaltung weiter handlungsfähig bleibt. Dieser Prozess der Arbeit der Haushaltsicherung ist ja sehr aufmerksam verfolgt worden. Dafür möchte ich mich ausdrücklich nicht bei der Presse bedanken. Auch einige Ratsmitglieder haben schon einzelne Maßnahmen kommentiert. Auch dafür möchte ich mich an dieser Stelle nicht bedanken. Aber ich möchte Sie bitten, sich das Gesamtkonzept einmal anzusehen und nicht nur die Einzelmaßnahmen des Haushaltskonsolidierungskonzeptes VII zu beurteilen. Wir meinen als Verwaltung, dass wir die Belastungen sehr ausgewogen verteilt haben und dass wir die Stadt in der Gesamtwirkung keineswegs kaputt sparen. Es ist unser Wille und ich glaube auch Ihr Wille, Hannover ohne größere Kollateralschäden durch die Krise zu bringen.

Wir bringen heute nicht nur den Haushalt ein, sondern auch das Haushaltskonsolidie-
rungskonzept VII.
Das Haushaltskonsolidierungsprogramm VII gliedert sich in sieben große Blöcke, die zusammen ein Konsolidierungsvolumen von 54,5 Mio. Euro einbringen. Der erste Block ist die Beibehaltung der restriktiven Haushaltsbewirtschaftung, die wir sogar noch ein wenig verschärfen. Das wird nicht einfach werden, weil wir ja gerade im Haushaltsjahr 2010 die


Höhe der Haushaltsansätze deutlich abgesenkt haben. Jede Absenkung bedeutet, dass es schwieriger wird in der Haushaltsbewirtschaftung noch etwas zu erwirtschaften. Trotzdem nehmen wir uns hier 20 Mio. Euro vor. Im Ergebnis ist es eigentlich eine permanente Haushaltssperre. Für das operative Verwaltungshandeln ist das alles andere als einfach weil wir natürlich Ansätze kürzen. Das ist auch kein elegantes Steuerungselement, aber es ist sehr effektiv und deshalb machen wir das auch.
Es gibt noch einen zweiten Haushaltskonsolidierungsblock, die zentralen Personalmaß-
nahmen. Wir schlagen vor, die Arbeitszeit von 38,5 auf 39 Wochenarbeitsstunden zu erhöhen. Damit erzielen wir 3 Mio. Euro und kommen somit auf den Wert, der bundesweit üblich ist. Wir schlagen vor, mit schwerem Herzen, die über Bedarf ausgebildeten nicht für ein Jahr zu übernehmen. Die erste Entscheidung ist, weiter über Bedarf auszubilden, die zweite, die über Bedarf Ausgebildeten nicht für ein Jahr zu übernehmen. Das ergibt noch einmal 1 Mio. Euro. Dann streichen wir ganz gezielt und koordinieren den internen Bereich neu und das ergibt ebenfalls 1 Mio. Euro.
Im dritten Block müssen die städtischen Töchter 7.5 Mio. Euro mehr abführen. Wenn ich von den städtischen Töchtern rede, dann meine ich vor allem die Stadtwerke. Das bezahlt nicht der Bürger über höhere Energiepreise. Es bleibt der Grundsatz, dass die Energiepreise den Bezugskosten folgen. Dieser HSK-Beitrag wird durch den Thürga-Kauf ermöglicht. Die größte Rekommalisierung seit Jahrzehnten ist nicht nur ordnungspolitisch zu begrüßen, sondern auch aus Sicht des städtischen Haushalts überaus erfreulich.

Dann haben wir einen vierten Haushaltskonsolidierungsblock, der die meiste verwaltungs-
interne Arbeit verursacht hat. Wir haben unter der Rubrik Strukturmaßnahmen sehr vieles geprüft und auch Einiges verworfen. Immerhin haben wir ein Konsolidierungsvolumen von 10,5 Mio. Euro erarbeitet. Nachfolgend erläutere ich einige dieser Wirtschaftlichkeitsunter-
suchungen. Wir schlagen Ihnen nicht vor, die Alten- und Pflegeheime zu privatisieren. Es hat sich nämlich sehr deutlich gezeigt, dass ein Verkauf, zumindest kurzfristig, sehr unwirt-
schaftlich wäre und nicht mehr Geld in die Kasse bringen würde. Wir müssten die Stiftungs-
mittel zurückzahlen und wir bräuchten Ausgleichszahlungen für die Zusatzversorgung, sodass wir im Zeitraum des Haushaltskonsolidierungsprogramms keine Entlastung hätten. Andere Arbeitgeber sind da weitaus weniger zimperlich vorgegangen.

Dann schlagen wir die Überführung der Stadtentwässerung in eine Anstalt des öffentlichen Rechts vor. Dadurch können wir das Vermögen neu bewerten und einen Einmalbetrag von 32 Mio. Euro erzielen. Der strukturelle Haushaltsentlastungseffekt durch die Abzinsung beträgt 1,45 Mio. Euro. Ich verstehe nicht , warum diese Maßnahme so starke Ablehnung findet. Wir werden nach dem Übergang nicht betriebsbedingt kündigen, wir werden auch keine GmbH schaffen, in die wir das Personal zwingen, sondern der personalwirtschaftliche Status Quo soll erhalten bleiben. Auch die politische Steuerung, was auch immer das ist bei einem Gebührenhaushalt der Stadtentwässerung, wird unseres Erachtens weiter möglich sein. Die Gebühren, wir haben ein sehr ausführliches Gutachten erstellen lassen, bleiben stabil, müssen aufgrund dieser Maßnahme nicht erhöht werden. Für mich zeigt die Debatte in Hannover um eine Anstalt des öffentlichen Rechts vor allem eines, die Maßstäbe in der Stadt Hannover sind im wahrsten Sinne des Wortes verrückt. Nicht im Sinne von psychisch fehlgeleitet, sondern im Sinne von Abseits vom Normalmaß. Um uns herum werden massiv Arbeitsplätze abgebaut. Diese Maßnahme zielt überhaupt nicht darauf. Wir schlagen Ihnen vor, einen Eigenbetrieb in eine Anstalt des öffentlichen Rechts zu überführen. Damit ist keine Privatisierung, keine Arbeitsplatzverluste verbunden. Wir wollen dann Grundstücke und einen Großteil unserer noch verbliebenen Wohnhäuser an die Union Boden und die GBH verkaufen. Damit erreichen wir noch einmal einen Betrag zwischen 9 und 10 Mio. Euro, sodass wir mit der Stadtentwässerung zusammen einen Betrag von weit über 40 Mio. Euro erzielen und so den Vermögenshaushalt finanzieren. Wenn wir das nicht machen, werden die Investitionen in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch weiter sinken. Wir haben jetzt schon um 22 % gekürzt und wahrscheinlich würde die Absenkung dann noch weitaus höher ausfallen.

Wir sparen bei der Verwaltung der Verwaltung über 700 000 Euro. Wir sparen beim Gebäudemanagement 900 000 Euro durch eine grundlegende Geschäftsprozessopti-
mierung. Ein ganz interessantes Projekt kommt vom Bibliotheksbereich, welches zeigt, dass sich Wirtschaftlichkeit und Kundenfreundlichkeit überhaupt nicht ausschließen müssen. Wir wollen 4 Mio. Euro für Kassenautomaten zur Selbstverbuchung investieren. Wir sparen dadurch mittelfristig 400 000 Euro netto. Das geht natürlich nur über Personalabbau.

Dann reduzieren wir die Aufwendungszuschüsse um 2,4 Mio. Euro, aber auch hier planen wir keinen Kahlschlag, die Belegrechte bleiben weitestgehend erhalten. Die Fachverwaltung hat sehr überzeugend vorgerechnet, dass ansonsten die Abgaben für die Obdachlosenunter-
künfte sehr stark steigen würden, sodass wir keinen Entlastungseffekt für den Haushalt erreichen würden. Der städtische Anteil an den Aufwendungszuschüssen wird dann 2012 nur noch ca. 4 Mio. Euro betragen. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 1993 noch 18 Mio. Euro. Dann haben wir die interkommunale Zusammenarbeit mit der Region geprüft, zunächst im IT-Bereich, einschließlich E-Government. Hier wollen wir 1,5 Mio. Euro sparen. Daneben haben wir einen kleineren Bereich geprüft, die Rekommunalisierung. Hier wollen wir in den Bereichen Statik und Vergaben rekommunalisieren. Das heißt, wir sparen Sachkosten und stellen dafür Personal ein. Die Sachkosten sinken mehr, als die Personalkosten steigen, sodass wir 300 000 Euro sparen. Ich möchte hier aber auch noch darauf hinweisen, dass die Rekommunalisierung nicht die Wunderwaffe der Haushaltskonsolidierung ist. Genau so wie die Privatisierung nicht die Wunderwaffe ist und war. Deshalb hat die Stadt Hannover auch gut daran getan, nie auf Privatisierung zu setzen, es sei denn bei Einzelmaßnahmen und hier auch nicht besonders intensiv.
Der einzige Haushaltskonsolidierungs-Vorschlag, der in die Richtung Privatisierung geht, ist die Straßenbeleuchtung. Dies ist auch rechtlich geboten und soll 1 Mio. Euro einsparen.
Ich habe Ihnen bisher Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen in Höhe von 43 Mio. Euro beschrieben. Dazu kommen dann noch einmal 11,5 Mio. Euro aus drei weiteren Haushaltskonsolidierungsblöcken. Zum Einen wollen wir eine ganze Menge von kleineren Einnahmegruppen erhöhen, z. B. die Hundesteuer um 1 Euro, also um 10 %. Wir wollen eine Reihe von Fachprogrammen streichen oder reduzieren. Das bringt 2 Mio. Euro. Dann haben wir im Haushalt 2010 die Ausgaben quer durch alle Fachbereiche gesenkt. Das ergibt dann immerhin noch einmal knapp 5 Mio. Euro.
Die Besonderheiten des heute eingebrachten Haushalts sind, dass dies der Haushalts-
entwurf mit dem höchsten originären Defizit ist, und es der letzte kamerale Haushalt ist, den wir Ihnen vorlegen. Im nächsten Jahr werden wir uns über Produkte unterhalten. Wir werden über Teilhaushalte reden. Wir werden über Abschreibungen sprechen, über all die schönen Sachen, die uns das Neue Kommunale Rechnungswesen so bringt.
Mein Dank geht an den Fachbereich Finanzen. Das Neue Kommunale Rechnungswesen vorzubereiten und umzusetzen, ist schon eine Herkules-Arbeit.
Dann haben wir in 2009 zwei Nachtragshaushalte vorbereiten und verabschieden müssen und auch das war alles andere als einfach. Die Konjunkturprogramme verwaltungsintern zu koordinieren war auch keine leichte Aufgabe. Die Kapitalzuführung an die Messe war eines der schwierigsten Themen die wir seit langem hatten. Auch den Sparhaushalt 2010 und das Haushaltskonsolidierungskonzept VII vorzubereiten, war nicht einfach und intern sehr konfliktbeladen.

Dafür möchte ich mich bei der gesamten Verwaltung bedanken.





Ich habe dann am Schluss nur noch eine Bitte. Machen Sie es doch einfach so wie bei den beiden Nachtragshaushalten. Beschließen Sie den Haushalt 2010 einstimmig und ohne Änderungen.

Vielen Dank!


Ratsvorsitzender Strauch (SPD) erläuterte abschließen das weitere Verfahren der Haushaltsplanberatungen für den Haushalt 2010.


Ratsvorsitzender Strauch (SPD) schloss daraufhin die Ratsversammlung.


Für die Niederschrift:

S t r a u c h W e i l S c h ö n d u b e


Ratsvorsitzender Oberbürgermeister Stadtangestellter