Seit dem Abschluss des Erbbaurechts- und Mietvertrages im Jahr 2009 haben die IVA KG und die Landeshauptstadt die bis dahin noch offenen Fragen geklärt und das Projekt weiter entwickelt. Infolge dieser Entwicklung ist der Erbbaurechts- und Mietvertrag in mehreren Punkten anzupassen.
1. Dritter Museumstrakt (unterirdischer Verbindungsgang)
a. Konzept
Der geltende Erbbaurechts- und Mietvertrag sieht vor, dass die beiden Seitenflügel des Schlossbaus, die die Landeshauptstadt für Museumszwecke anmietet, über den dazwischen liegenden Garten verbunden werden.
Da diese Besucherführung einen Museumsrundgang unterbricht, haben die Vertragsparteien bereits im Jahr 2009 erste Überlegungen zu einem unterirdischen Verbindungsgang angestellt. In dem Architektenwettbewerb, den die IVA KG im Jahr 2010 durchgeführt hat, wurden diese Überlegungen zu einem konkreten Prüfauftrag weiter entwickelt. Die Fragestellung lautete, ob ein unterirdischer Verbindungsgang derart gestaltet werden kann, dass er sich als Ausstellungsfläche für hochwertige Exponate eignet und gleichzeitig ein hohes Maß an Aufenthaltsqualität bietet.
Der Wettbewerbsgewinner, das Architektenbüro JK Jastrzembski / Kotulla aus Hamburg, hat für diese Aufgabenstellung eine Lösung entwickelt, die nach Auffassung des Preisgerichtes „vielfältige museale Nutzungsmöglichkeiten“ bietet. In einem ca. 388 m² großen Gang, der seitlich über zwei Fensterflächen zu den Lichthöfen belichtet wird, entsteht eine zusätzliche Ausstellungsfläche, die sich aufgrund ihrer hohen Klimastabilität und Sicherheit für die Ausstellung besonders wertvoller Exponate hervorragend eignet. Dieser „dritte Museumstrakt“ vervollständigt das Konzept einer musealen Nutzung der Seitenflügel und steigert die Attraktivität des Museums.
Mit dem als Anlage 1 beigefügten Änderungsvertrag soll die Grundlage für die Realisierung dieses unterirdischen Verbindungsbaus geschaffen werden.
b. Finanzielle Auswirkungen
Zur Finanzierung der Anmietung des unterirdischen Verbindungsganges stellt der Verband der Metallindustriellen Niedersachsens e.V. (NiedersachsenMetall) der Landeshauptstadt eine Zuwendung in Höhe von 1.250.000 € zur Verfügung. Die Zuwendung soll dazu dienen, die Mietzahlungsverpflichtung der Landeshauptstadt gegenüber der IVA KG für einen Zeitraum von 30 Jahren abzulösen. Für den unterirdischen Verbindungsgang zahlt die Landeshauptstadt demzufolge in diesem Zeitraum keine Grundmiete, sondern nur Nebenkosten.
Insgesamt stellt sich die Kostenkalkulation nunmehr wie folgt dar:
· Für eine Gesamtmietfläche von 1.863 m² ist eine Grundmiete von jährlich 216.600 € zu entrichten. Der Teilbetrag hiervon, der auf die Anmietung des unterirdischen Verbindungsbaus entfällt (75.000 € jährlich), wird durch eine Einmalzahlung in Höhe von 1.250.000 € abgegolten. Die verbleibende, von der Landeshauptstadt zu leistende Gesamtmiete beträgt mithin 141.600 € pro Jahr. Hinzu kommen Nebenkosten für die gesamte Mietfläche in Höhe von ca. 3 €/m², also insgesamt ca. 67.000 € pro Jahr.
· Für den Energieverbrauch, die Gebäudereinigung, die Informations- und Kommunikationstechnik, die Medienwartung, die Öffentlichkeitsarbeit und die Abschreibungen sind Kosten in Höhe von jährlich 146.000 € anzusetzen. Der Personalaufwand zum Betrieb des nunmehr dreiflügeligen Museums beträgt ca. 407.000 € pro Jahr.
Der jährliche Gesamtaufwand in Höhe von ca. 761.000 € kann durch Einnahmen gedeckt werden, wenn das Museum pro Jahr mindestens 98.000 Besucherinnen und Besucher aufweist und neben den Eintrittsgeldern weitere Erträge in Höhe von 125.000 € (u.a. aus dem Museumsshop und aus Vermietungen) erwirtschaftet. Um dieses Ziel zu erreichen, soll das Museum in ein Gesamtkonzept zur Vermarktung von Herrenhausen als Garten-, Wissenschafts-, Kunst- und Museumsstandort eingebunden werden. Mit einem hochwertigen Programmangebot und drei wechselnden Ausstellung von 2013 bis 2015 bietet das Museum die Voraussetzung, auch etliche Besucher der Gärten (über 450.000 jährlich), der Veranstaltungen in Herrenhausen und der Tagungen im Schloss Herrenhausen für einen Museumsbesuch zu gewinnen.
Die Kostenkalkulation ergibt sich im Einzelnen aus Anlage 3.
Zu der Annahme der Zuwendung des Verbandes der Metallindustriellen Niedersachsens e.V. wird dem Rat eine gesonderte Drucksache vorgelegt. Diese Zuwendung wird direkt an die IVA KG ausgezahlt werden, d. h. sie stellt keine Einnahme im städtischen Haushalt dar.
2.
Weitere Vertragsänderungen
Mit dem als
Anlage 1 beigefügten Vertrag sollen ferner folgende Vertragsänderungen umgesetzt werden:
· Die Flächenangaben und die Plananlagen werden an den aktuellen Planungsstand angepasst.
· Der IVA KG wird im Wege einer Grunddienstbarkeit das Recht eingeräumt, einen Seitenstreifen entlang der Außengrenzen des Schlossgrundstücks für die unterirdische Errichtung von Schlitz- und Dichtwänden und die Verlegung eines Regenwasserkanals zu nutzen. Für die Einräumung dieses Rechts erhält die Landeshauptstadt eine einmalige Zahlung in Höhe von 76.200 €.
· Der Erbbaurechts- und Mietvertrag sieht bislang vor, dass der Westflügel zur Präsentation der königlichen Kutschen geeignet sein soll. Diese bauliche Vorgabe kann entfallen, nachdem feststeht, dass die Kutschen für eine Ausstellung im Schlossbau nicht zur Verfügung stehen.
Eine Gegenüberstellung der alten und der vorgesehenen neuen Vertragsregelungen ist als Anlage 2 beigefügt.
3.
Vertragliche Prüfaufträge
Im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Vertragsänderung sind ergänzend zwei weitere Punkte anzumerken:
a.
Freitreppe
Die IVA KG hat unter Einbindung eines Bauhistorikers, des Architekten und der beteiligten Fachingenieure überprüft, ob die im Großen Garten verbliebenen Reste der Freitreppe für den Neubau des Schlosses Herrenhausen genutzt werden können. Im Ergebnis hat sich herausgestellt, dass dies aus zwei Gründen nicht in Betracht kommt:
· Anders als das historische Schloss wird der Neubau eine unterirdische Bebauung und Nutzung erhalten. Der bestehende Unterbau der Treppe kann die statischen Anforderungen an die neue Treppe, die sich direkt über dem Hörsaal im Untergeschoss befindet, nicht erfüllen.
· Das im Großen Garten verbliebene Treppenfragment weist nur noch wenige originale Teile auf. Im rückwärtigen Bereich besteht das Podest aus rohem, nicht-historischem Ziegelmauerwerk. Die aus bauhistorischer Sicht wichtigsten Teile der Freitreppe (die Stufen und Geländer) wurden nach dem Zweiten Weltkrieg demontiert und stehen nicht mehr zur Verfügung. Die vorhandenen Teile des Treppenstumpfes sind zudem in einem schlechten Zustand.
Vor diesem Hintergrund wurde unter Abwägung aller Vor- und Nachteile entschieden, im Zuge des Neubaus des Schlosses auch die Freitreppe neu zu errichten und sie an die heutigen statischen Erfordernisse anzupassen. Die verbliebenen Reste der historischen Treppe sollen an ihrem jetzigen Ort im Großen Garten verbleiben, damit sie von Gartenbesuchern besichtigt werden können.
b.
Verbindungsbau zum Arne-Jacobsen-Foyer
Gegenstand der architektonischen Aufgabestellung war u.a. auch die Frage, wie das Arne-Jacobsen-Foyer an den Schlossbau angebunden werden kann, um eine funktionale Beziehung von Museum, Foyer und Galerie zu erreichen. Mit den Urheberrechtsinhabern wurde abgestimmt, dass die Verbindung in gleicher Weise erfolgen soll, wie sie bereits zwischen Arne-Jacobsen-Foyer und Galeriegebäude verwirklicht ist (vgl.
Anlage 4). Insgesamt bleibt damit der Solitärcharakter des denkmalgeschützten Arne-Jacobsen-Foyer erhalten.
Die Landeshauptstadt Hannover übernimmt die Kosten für den Anbindungsbau. Die Finanzierung erfolgt im Rahmen des Gesamtprojektes.
Gemäß dem Erbbaurechts- und Mietvertrag vom 3. Juli 2009 ist das Gebäude im Passivhausstandard zu errichten.
Der Vertrag enthält hierbei folgenden Vorbehalt:
„Sollte sich herausstellen, dass Passivhausstandard aus Gründen der Rekonstruktion, der Zweckmäßigkeit oder der Wirtschaftlichkeit nicht erreicht werden kann, werden die Vertragsparteien erneut in Verhandlungen treten. Der PH-Standard wird als unwirtschaftlich betrachtet, wenn die Baukosten gegenüber den Kosten, die bei einer Errichtung des Bauwerks entsprechend den Anforderungen der zum Zeitpunkt der Bauantragsstellung geltenden EnEV entstehen würden, nachweislich um mehr als 8% überschritten werden. Als Basis für diesen Kostenvergleich gelten die Vorgaben der EnEV für das vorgeschriebene Referenzgebäude. Bei einer über 8 % liegenden Kostenüberschreitung soll eine technische Lösung Platz greifen, die in diesem Kostenrahmen den Anforderungen des PH am weitesten gerecht wird."
Die Detailplanung hat ergeben, dass der Passivhaus-Standard (definiert mit einem maximalen Heizwärmebedarf von 15 kWh/m²a) bei der Kubatur des Schlosses und den Vorgaben zur Rekonstruktion der historischen Planung nicht erreichbar ist, wenn gleichzeitig die vertraglich vereinbarte Vorgabe eingehalten werden soll, dass die Mehrkosten gegenüber einem Gebäude mit nur gesetzlichen Vorgaben 8 % nicht überschreiten. Im Rahmen der max. 8%-Mehrkosten-Vorgabe soll daher eine „Passivhaus-orientierte“ Bauweise verwirklicht werden, die zu einem Heizwärmebedarf von maximal 25 kWh/m²a führen wird (berechnet nach dem einschlägigen Rechenverfahren des Passivhausinstituts in Darmstadt). Damit werden die Rahmenbedingungen obiger Vereinbarung eingehalten.
Wenn das Gebäude in einem „passivhausorientierten“ Standard verwirklicht wird, ist die erforderliche Heizenergieleistung bei den vorgesehenen Nutzungen geringer als die erforderliche Kühlleistung, bedingt insbesondere durch die Eigenwärme der TagungsteilnehmerInnen in einem vollbesetzten Tagungssaal, gleichbleibende Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsverhältnisse im Museum und die allgemeine Beleuchtung. Aufgrund der sich aus dem Erbbaurechts- und Mietvertrag ergebenden Rahmenbedingungen (Rekonstruktion der historischen Gebäudehülle, Begehbarkeit der Seitenflügeldächer, harmonische Gestaltung des Gartenhofs) sowie der geplanten Nutzung als Tagungszentrum und Museum kann die zunächst angedachte Nutzung des in der Schlossnähe liegenden Fernwärmenetzes einschließlich einer fernwärmebetriebenen Wärmepumpe für die Kälteerzeugung nicht umgesetzt werden. Für diese Anlage wäre eine relativ große Wärmetauscheranlage erforderlich, die auf dem Gebäudedach oder in der Nähe des Gebäudes aus Rekonstruktionsgesichtspunkten nicht akzeptabel ist. Die Anlage selbst würde darüber hinaus im Schlossgebäude zu Geräuschproblemen führen.
Es ist daher geplant, eine für die Kälteleistung dimensionierte Erdsondenanlage zu installieren, mit der die im Gebäude anfallende Wärme ins Erdreich abgeleitet wird. Mit der gleichen Anlage kann dann die überwiegend in den Sommermonaten ins Erdreich abgegebene Wärme (bilanziell) in der Heizperiode wieder aus dem Untergrund entnommen und als Heizenergie verwendet werden. Damit kann 50 % bis 75 % des erforderlichen Heizwärmebedarfes über die Erdsonden gedeckt werden – die restlichen 25 % bis 50 % kommen aus dem Fernwärmenetz. Enercity strebt an, über eine entsprechende Preisgestaltung den Anteil der Fernwärmeabnahme zu optimieren, so dass beide Anlagen in einem ökologischen und wirtschaftlichen Optimum genutzt werden.
Die IVA KG übergibt die beiden Seitenflügel (sog. Gartenflügel) des Schlosses im Zustand des „veredelten Rohbaus“, den unterirdischen Verbindungsgang in einem darüber hinausgehenden – aber noch nicht museumsgestalterisch ausgestatteten – Zustand an die Stadt. Die ab dem Punkt „veredelter Rohbau“ zu leistenden baulichen und gestalterischen Maßnahmen des Innenausbaus zur Einrichtung des Museums sind Investitionsmaßnahmen der Landeshauptstadt Hannover. Diese umfassen u. a. die Sicherheitstechnik nach ICOM Museumsstandard (wie z. B. Sicherung der Fenster nach WK 3), museumsspezifische Beleuchtungstechnik, nutzungsgerechte Bodenbeläge, Deckenbekleidungen, Vitrinen, Medienstationen sowie Bauten im Kassen- und Shop Bereich. Zusätzlich sind weitere Maßnahmen im Rahmen der drei im Zeitraum 2013 bis 2015 projektierten Ausstellungen vorzusehen.
Eine Planung für den gesamten Innenausbau in mehreren Stufen wird an ein Büro für Museumsgestaltung in Auftrag gegeben werden. Hierdurch soll eine optimale Verbindung der baulichen (Hochbau und Technik) und gestalterisch zu beauftragenden Gewerke erreicht werden.
Die Planung wird dann Grundlage der Mittelverwendung sein. Für die Investitionsmaßnahmen sind im Haushalt 2011 500.000 Euro etatisiert und bis 2013 insgesamt 2.162.000 Euro (netto) vorgesehen. Neben den städtischen Mitteln (1 Mio. Euro) stehen Landesmittel (1 Mio. Euro) und eine Förderung in Höhe von 200.000 Euro brutto der Sparkassenfinanzgruppe zur Verfügung. Darüber hinaus bleibt die Landeshauptstadt Hannover weiterhin bemüht, Zuwendungen zur musealen Erstausstattung des Hauses und für wechselnde Ausstellungen einzuwerben.
Insgesamt bedarf die Realisierung des Innenausbaus des Museums zahlreicher, kontinuierlich anfallender Einzelgewerke sowie Dienstleister, die stets einzeln abgerechnet werden müssen. Daher ist eine Delegation der Ausgabemittel an die Verwaltung über die gesamten Maßnahmen im Zeitraum 2011 bis 2013 für den zügigen Fortgang des Projektes sinnvoll. Das Schloss soll Ende 2012 eröffnet werden, das Museum Anfang 2013 in Betrieb genommen werden. Über den Fortgang der Maßnahmen wie auch den Stand der Mittelverwendung wird die Verwaltung kontinuierlich berichten.