Antrag Nr. 15-0474/2012:
Änderungsantrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. zur Drucks.-Nr. 15-0094/2012
Aktionen gegen Rechtsradikalismus

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".

Änderungsantrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. zur Drucks.-Nr. 15-0094/2012
Aktionen gegen Rechtsradikalismus

Antrag

Der Bezirksrat Linden-Limmer möge beschließen:
Die am Thema interessierten und zur Mitarbeit bereiten Fraktionen des Bezirksrats Linden-Limmer bilden
eine Arbeitsgruppe aus ihren Reihen. Um die kommende Arbeit möglichst breit aufzustellen, sollte die
Arbeitsgruppe offen für weitere interessierte Bürgerinnen und Bürger sein. Über die Anzahl und
Auswahlkriterien für weitere Mitglieder entscheidet die Arbeitsgruppe. Die Arbeitsgruppe vereinbart selbständig ihre Arbeitsweise und berichtet dem Bezirksrat regelmäßig über
ihre Tätigkeiten. Die Arbeitsgruppe firmiert unter dem Label ‚AG Rechtsradikalismus’ des Bezirksrats Linden-Limmer und
bearbeitet folgende Projekte mit den jeweiligen Unterpunkten:

1. Die AG Rechtsradikalismus organisiert eine Veranstaltung zum Thema ‚Neonazis heute!’.
Auf dieser soll über die menschenverachtende Ideologie der Neonazis, ihre aktuellen Arbeitsweisen,
Methoden und Erscheinungsbilder, sowie ihre Wirkungsweise in der Landeshauptsstadt Hannover, in
der Region und in Linden-Limmer informiert werden.
Zu der Veranstaltung werden, neben interessierten Bürgerinnen und Bürgern, die AGLV, die AG
Limmer Vereine, das Wirtschaftsforum, die Schul- und Elternvertreter der Lindener Schulen, die
Betriebs- und Personalräte der in Linden ansässigen Betriebe einschließlich ihrer Jugendvertretungen,
sowie weitere Initiativen und Vereine eingeladen.
Die Veranstaltung soll im Stadtbezirk stattfinden (z.B. im Freizeitheim Linden, FAUST…) und neben
der Behandlung aktueller Themen einen Bezug zur Historie des Nationalsozialismus und Faschismus
in Linden-Limmer herstellen.
Es obliegt der AG Rechtsradikalismus, den Termin und Veranstaltungsort festzulegen, das Programm
im Detail auszuarbeiten, geeignete Referenten/Referentinnen einzubeziehen und eine sinnvolle Form
der Einladung zu finden.
2. Die AG Rechtsradikalismus wendet sich im Namen des Bezirksrats mittels einer Zeitung an die
Bewohnerinnen und Bewohner in Linden-Limmer. Die Zeitung soll verschiedene Artikel zu den Themen
Neonazismus, Antisemitismus, Rassismus und Faschismus beinhalten, der Schwerpunkt soll dabei auf
aktuellen Entwicklungen und Ereignissen liegen.
Mit dieser Zeitung soll eine möglichst große Zahl von Einwohnerinnen und Einwohnern erreicht und
aufgeklärt werden. Um die Zeitung flächendeckend stadtbezirksweit zu verbreiten, sollte sie als Beilage
in den existierenden Stadtteilzeitungen (z.B. Lindenspiegel, Linden-Limmer, Stadtteilanzeiger West)
verteilt werden.
Der letztendliche Umfang der Zeitung wird von der AG Rechtsradikalismus bestimmt und sollte sich in
einem machbaren Rahmen bewegen.
3. Im Anschluss an die oben beschriebenen Maßnahmen fasst die AG Rechtsradikalismus ihre
Erkenntnisse zusammen und entwickelt Ideen, wie die Themen im Stadtbezirk weiter bearbeitet
werden können.
Diese Ergebnisse und Ideen werden im Bezirksrat vorgestellt und dieser entscheidet, wie und an
welcher Stelle an den Themen weiter gearbeitet werden soll und ob und in welcher Form die AG
Rechtsradikalismus weiter existieren soll. Die dafür nötigen Anträge sind von den beteiligten Fraktionen
einzureichen.
Darüber hinaus werden die beteiligten Fraktionen die Ergebnisse an ihre Fraktionen in Stadt und
Region weiter geben und diese auffordern, die gewonnenen Erkenntnisse und erarbeiteten Ergebnisse
in ihre politische Arbeit in Stadt und Region aufzunehmen. Gleiches gilt für die Verwaltung.
Die hier genannten Maßnahmen sollen im Jahr 2012 durchgeführt werden.
Der Bezirksrat Linden-Limmer stellt entsprechende Gelder für dieses Projekt zur Verfügung.
Voraussichtlich werden Kosten für Raummiete, Arbeitsmittel, Druckkosten, Referentenhonorare etc.
anfallen. Die AG detailliert die Planung der Maßnahmen, kalkuliert diese und beantragt ein entsprechendes
Budget aus den Eigenen Mitteln des Bezirksrates.

Begründung

Neonazis, Rechtsradikale und Faschisten sind kein Problem von gestern! Dass Gewalt und Repression
durch Neonazis hoch aktuelle Probleme sind, zeigen die Ereignisse und Enthüllungen rund um die Gruppe
‚Nationalsozialistischer Untergrund’ mehr als deutlich. Die Gruppe NSU ist keineswegs eine
‚Terroristentruppe’, die aus dem Nichts kam, sie ist vielmehr das Produkt eines strukturellen Neonazi-
Problems in Deutschland. Es ist alarmierend zu sehen, wie offen und offensichtlich Nazigruppen in einigen
Teilen der Bundesrepublik die Vorherrschaft über das öffentliche Leben übernommen haben.
Auch in Hannover treten Neonazis immer offener und unverhohlener auf. Vor zwei Jahren wurde ein
Naziaufmarsch am 1. Mai durch Linden angekündigt. Dieser fand, vor allem auf Grund des breiten zivilen
Gegenengagements, nicht statt, was die Nazis keineswegs aus der Stadt vertrieben hat. Vor allem die
offen nationalistisch agierende Gruppe ‚Besseres Hannover’ fällt in den letzten Monaten besonders negativ
auf. Die Gruppe verteilt in regelmäßigen Abständen ‚Zeitungen’ (Bock) an Schülerinnen und Schüler in
Hannover, sie machte durch eine Aktion beim Maschseefest auf sich aufmerksam, sie veröffentlichte ein
unsägliches Internetvideo (Abschiebär), mit dem sie der Niedersächsischen Sozialministerin direkt und
Imbissbudenbesitzern indirekt drohte, sie störte eine Veranstaltung der DGB Region Niedersachsen-Mitte
zum Themenkomplex ‚Bad Nenndorf’ und trat unlängst bei der Anti-ACTA Demo in Erscheinung.
Des Weiteren mobilisiert die rechtsradikale Szene jährlich zu einer ihrer größten zentralen
Demonstrationen, dem so genannten ‚Trauermarsch’, in das nahe Hannover gelegene Bad Nenndorf.
Auch die hannoversche Kommunalpolitik bleibt von rechten Einflüssen nicht unberührt, der Einzug der
rechtspopulistischen Parteien ‚DIE HANNOVERANER’ und ‚Wir für Hannover’ in den Rat der Stadt zeigt
auf, dass von rechten Ressentiments geprägte politische Vorstellungen auf Anklang bei bedenklich vielen
Wählerinnen und Wählern zu stoßen scheinen, was den Bedarf an Information und inhaltlicher
Auseinandersetzung unterstreicht. Im Stadtbezirk Linden-Limmer klebten Unbekannte Aufkleber der ‚Jungen Nationaldemokraten’
(Jugendorganisation der NPD) an Laternen und andere öffentlich zugängliche Stellen. Dies zeigt, dass
auch Linden-Limmer keine ‚Nazi freie Zone’ ist. Der Bezirksrat Linden-Limmer sollte bei diesem Themenkomplex eine Vorreiterrolle in der Kommunalpolitik
Hannovers einnehmen und sich zum Wohle der Allgemeinheit entschlossen gegen rechtsradikales
Gedankengut und gefährliche Neonazis engagieren.