Drucksache Nr. 1591/2009:
Straßenumbenennung im Stadtteil Badenstedt
Antrag dem. § 55c Abs. 5 NGO des Stadtbezirksrates Ahlem-Badenstedt-Davenstedt

Informationen:

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtbezirksrat Ahlem-Badenstedt-Davenstedt
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Verwaltungsausschuss
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1591/2009
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Straßenumbenennung im Stadtteil Badenstedt
Antrag dem. § 55c Abs. 5 NGO des Stadtbezirksrates Ahlem-Badenstedt-Davenstedt

Antrag,

folgende Straßenumbenennung zu beschließen:
Die Lettow-Vorbeck-Allee, welche von der Hermann-Ehlers-Allee zur Empelder Straße führt, wird umbenannt in Namibiastraße.

Übersichtskarte siehe Anlage 1

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Umbenennung soll aufgrund der Vergangenheit von Paul von Lettow-Vorbeck erfolgen. Die Verwaltung hat als mögliche neue Namen folgende nicht abschließende Vorschläge unterbreitet:
Miriam-Makeba-Straße
Namibiastraße
Anita-Augspurg-Straße
Die Mehrzahl der Betroffenen, die sich zu einem Vorschlag geäußert haben, stimmen für Namibiastraße. Der Name fügt sich in die angrenzende Benennung, dem sogenannten Afrikaviertel, ein. Alle AnliegerInnen und EigentümerInnen sind von der Umbenennung und der damit verbundenen Adressänderung gleichermaßen betroffen.

Kostentabelle

Darstellung der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen:
Investitionenin €bei HMK
(Deckungsring)/
Wipl-Position
Verwaltungs-
haushalt;
auchInvestitions-
folgekosten
in € p.a.bei HMK
(Deckungsring)/
Wipl-Position
EinnahmenEinnahmen
Finanzierungsanteile von DrittenBetriebseinnahmen
sonstige EinnahmenFinanzeinnahmen von Dritten
Einnahmen insgesamt0,00 € Einnahmen insgesamt0,00 € 
AusgabenAusgaben
ErwerbsaufwandPersonalausgaben2.175,00 €
Hoch-, Tiefbau bzw. SanierungSachausgaben625,00 €
EinrichtungsaufwandZuwendungen
Investitionszuschuss an DritteKalkulatorische Kosten
Ausgaben insgesamt0,00 € Ausgaben insgesamt2.800,00 € 
Finanzierungssaldo0,00 € Überschuss / Zuschuss-2.800,00 € 
Die Kosten für Straßenbenennungen sind als Durchschnittswerte zu betrachten.

Begründung des Antrages

Mit Drucksache Nr. 15-2417/2007 (s. Anlage 2) hat der Stadtbezirksrat Ahlem-Badenstedt-Davenstedt am 18.10.07 einstimmig die Verwaltung der Landeshauptstadt Hannover aufgefordert zu prüfen, ob nach den "Grundsätzen und Verfahren für die Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen" die Voraussetzungen gegeben sind, die Lettow-Vorbeck-Allee umzubenennen.

Sollten entsprechende Gründe für die Umbenennung vorhanden sein, soll ein möglichst einvernehmlicher Namensvorschlag unter Beteiligung der Anwohnerinnen und Anwohner erarbeitet werden.

Nach den vom Rat der Landeshauptstadt Hannover beschlossenen Grundsätzen für die Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen sollen Umbenennungen von Straßen nur erfolgen, wenn eine Benennung einer Persönlichkeit im Nachhinein Bedenken auslöst, weil diese Person Ziele und Wertvorstellungen verkörpert, die im Widerspruch zu den Grundsätzen der Verfassung, der Menschenrechte bzw. einzelner für die Gesamtrechtsordnung wesentlicher Gesetze steht. Zusätzlich zu diesen Bedenken gegen die mit der Person verknüpften Ziele und Wertvorstellungen müssen der durch die Benennungen geehrten Person schwerwiegende persönliche Handlungen (Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Rassismus, Kriegsverbrechen u.a.m.) zuzuschreiben sein.

Die Lettow-Vorbeck-Allee wurde 1937 nach dem Generalmajor Paul von Lettow-Vorbeck, der im Ersten Weltkrieg die deutsche Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika kommandierte, benannt. Aufgrund baulicher Veränderungen wurde 1983 ein Teilstück umbenannt in Herman-Ehlers-Allee.

Zunächst wurde durch ein externes Gutachten untersucht, ob durch das Handeln von General von Lettow-Vorbeck die Voraussetzungen gegeben sind, die eine Umbenennung der Lettow-Vorbeck-Allee im Sinne der genannten Grundsätze ermöglicht. Insbesondere die Frage der persönlichen Schuld wurde geprüft. Auszüge aus diesem Gutachten sind als Anlage 3 beigefügt. Das gesamte Gutachten kann unter folgender Internetadresse aufgerufen werden: www.stadtarchiv-hannover.de/Lettow-Vorbeck.html
Aus diesen Auszügen ist für die Landeshauptstadt Hannover eindeutig erkennbar, dass Lettow-Vorbeck eine Person ist, die im Nachhinein bedenken auslöst, weil diese Person Ziele und Wertvorstellungen verkörpert, die im Widerspruch zu den Grundsätzen der Verfassung, der Menschenrechte bzw. einzelner für die Gesamtrechtsordnung wesentlicher Gesetze steht.

Zusätzlich sieht die Landeshauptstadt Hannover, zumindest im Feldzug in Ostafrika im 1. Weltkrieg, den Nachweis persönlicher schwerwiegender schuldhafter Handlungen als gesichert an.

Die Landeshauptstadt Hannover wird in ihrem Anliegen insbesondere noch dadurch bestärkt, dass Lettow-Vorbeck sich noch 1957 in seinen Memoiren "Mein Leben" (Biberach an der Riss: Koehler, 1957) nicht im Nachhinein von den objektiv vorhandenen Menschenrechtsverletzungen distanziert.

Aufgrund dieses Ergebnisses sieht die Landeshauptstadt Hannover die Voraussetzungen für eine Umbenennung der Lettow-Vorbeck-Allee für gegeben an.

Daher wurden insgesamt 348 AnliegerInnen und EigentümerInnen angeschrieben und über die beabsichtigte Umbenennung informiert. Des Weiteren wurden den Betroffenen folgende drei Namen (Erläuterungen siehe Anlage 4) als mögliche neue Straßennamen vorgeschlagen:
Miriam-Makeba-Straße
Namibiastraße
Anita-Augspurg-Straße

Insgesamt sind 216 Rückmeldungen der Betroffenen per Anruf, Brief oder über Unterschriftenlisten eingegangen. Mehrfachmeldungen wurden dabei nur einmal berücksichtigt. Somit haben sich insgesamt 62 % der oben genannten Personengruppe zu der Umbenennung geäußert.

Die Auswertung der Rückmeldungen zeigt folgendes Bild:

192 Personen, 55 %, sprechen sich eindeutig gegen eine Umbenennung aus
13 Personen, 4 %, sprechen sich eindeutig für eine Umbenennung aus
11 Personen, 3 %, treffen keine eindeutige Aussage
117 Personen, 34 %, haben sich nicht zu der Umbenennung gemeldet
15 Rückläufe, 4 %, inzwischen verzogener Personen oder die Personen waren unter
den bekannten Adressen nicht zu ermitteln

Darüber hinaus haben sich 11 Personen gemeldet, die keine AnliegerInnen oder EigentümerInnen der Lettow-Vorbeck-Allee sind, sich dennoch gegen eine Umbenennung aussprechen.

Zu den Namensvorschlägen ergibt sich folgende Aufstellung:

Miriam-Makeba-Straße 3 Personen
Namibia -straße, -allee oder –weg 32 Personen
Anita-Augspurg-Straße 2 Personen


Von den Betroffenen wurden zusätzlich zu den Vorschlägen der Verwaltung weitere Namen vorgeschlagen.

Sonnenallee 18 Personen
Steppenweg, Sambesiweg oder In der Kalahari 2 Personen
Serengetiparkallee 1 Personen
Hermann-Hitzig-Allee 1 Person

Die Benennung nach dem afrikanischen Staat Namibia wird somit von der Mehrzahl der Betroffenen, die sich zu einem Namensvorschlag geäußert haben, bevorzugt. Als Argumente für den Namen wurde darauf verwiesen, dass der Name kurz und einfach ist. Er fügt sich in die angrenzende Benennung, in das sogenannte Afrikaviertel, ein.

Die von einigen Betroffenen genannte Bezeichnung Sonnenallee kann nicht aufgegriffen werden. In Hannover gibt es bereits zweimal den Straßennamen Sonnenweg sowie die Namen Sonnenhagen, In den Sonnenhöfen und Sonnenscheinhof. Nach den Grundsätzen für die Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen soll eine Straßenbezeichnung im Gemeindegebiet nur einmal vorkommen. Unterscheidungen wie „ -straße", „ -weg“, „ -platz" etc. reichen nicht aus, es sei denn, es besteht ein unmittelbarer örtlicher Zusammenhang.

Des Weiteren hat sich ein nicht direkt Betroffener gemeldet und eine Umbenennung in Nelson-Mandela-Allee vorgeschlagen. Da Nelson Mandela lebt, kann dieser Vorschlag nicht aufgegriffen werden. Die Grundsätze sehen vor, dass Straßenbenennungen nur nach verstorbenen Persönlichkeiten erfolgen sollen.

Als Begründung gegen eine Umbenennung wurden vorrangig die hohen Kosten, die damit auf die Betroffenen zukommen, angeführt. Ebenso wurden häufig die Kosten, die für die Landeshauptstadt Hannover entstehen und vom Steuerzahler getragen werden, genannt. Der Aufwand der Umbenennung in Zeiten einer Wirtschaftskrise wird von vielen Betroffenen als nicht verhältnismäßig empfunden.

Bei einer Änderung der Grundstücksbezeichnung (Straße und Hausnummer) ist eine Übergangszeit von mindestens einem Jahr vorgeschrieben. Während dieser Zeit bleibt die alte Bezeichnung neben der neuen Bezeichnung bestehen. Während der Übergangszeit müssen alle Betroffenen die Änderung ihrer Ausweise, Reisepässe und Zulassungsbe-scheinigungen bei den Bürgerämtern vornehmen lassen. Hierfür werden von der Stadt Hannover keine Gebühren erhoben.

Die Verwaltung teilt die Änderungen auch betroffenen Institutionen wie Grundbuchamt, Finanzamt, Deutsche Post AG und Weiteren mit. Hier werden ebenfalls keine Kosten erhoben.

Die Betroffenen müssen allerdings auf eigene Kosten die Namensänderung in ihrem Geschäfts- bzw. Privatbereich mitteilen und ggf. u.a. Briefköpfe und Dokumente ändern bzw. ändern lassen. Insgesamt lässt sich eine Kostenbelastung der Betroffenen insofern nicht vollkommen vermeiden. Durch die bei Adressänderungen vorgeschriebene Übergangszeit von einem Jahr sowie die Bekanntgabe an oben genannte Institutionen durch die Landeshauptstadt Hannover ist es jedoch eine im Regelfall zumutbare und geringe Belastung, die weitgehend der Situation bei einem Umzug entspricht.

Des Weiteren wurde angeführt, dass die Lettow-Vorbeck-Allee seit über 70 Jahren so heißt und bisher Niemand daran Anstoß genommen hat, auch nicht, als 1983 ein Teilstück umbenannt wurde in Hermann-Ehlers-Allee. Die Gründe für eine Änderung zum jetzigen Zeitpunkt können nicht nachvollzogen werden.

Mit der Ehrung einer Persönlichkeit durch eine Straßenbenennung wird nicht nur die Erinnerung an die Person wach gehalten, sondern die Namensgebung kann zugleich auch als Anerkennung der Idee und Leistung des Namensgebers verstanden werden.

Die Benennung der Lettow-Vorbeck-Allee im Jahr 1937 stand unter dem Einfluss der damaligen Ideologie des Nationalsozialismus. Eine intensive Überprüfung Lettow-Vorbecks als Namensgeber der Straße in Hannover erfolgte erst in jüngerer Zeit.

Die Verwaltung empfiehlt die Umbenennung um deutlich zu machen, dass nach heutigem Kenntnisstand eine Namensgebung nach Paul von Lettow-Vorbeck unvereinbar mit den demokratischen Grundwerten und Menschenrechten ist und die Landeshauptstadt Hannover sich nicht mit den Ideen und Handlungen Lettow-Vorbecks identifiziert.
61.21 
Hannover / 06.08.2009