Änderungsantrag zum Haushalt Nr. H-0485/2021:
Teilhaushalt: 32 Öffentliche Ordnung
Produkt: 12205 Ordnungsrechtsaufgaben

Inhalt der Drucksache:

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Teilhaushalt: 32 Öffentliche Ordnung
Produkt: 12205 Ordnungsrechtsaufgaben

Antrag,

Auftrag an die Verwaltung (Haushaltsbegleitantrag) bzw. Empfehlung an die Verwaltung

Die Verwaltung der Landeshauptstadt Hannover rüstet alle verkehrsberuhigten Bereiche (ugs. Spielstraßen; nach StVO jede mit Verkehrszeichen 325.1 beschilderte Straße) mit stationären Anlagen zur Geschwindigkeitsüberwachung (ugs. Blitzer) aus.

Begründung


In verkehrsberuhigten Bereichen dürfen Kinder überall spielen und Fußgänger dürfen die komplette Straße benutzen – welch’ Idyll inmitten einer Großstadt! Verkehrsteilnehmer*innen müssen mit ihrem Fahrzeug sehr umsichtig unterwegs sein, Schrittgeschwindigkeit fahren und gegebenenfalls warten.

So die Theorie! In der Praxis sind Spielstraßen beliebte Abkürzungen, Rennstrecken, Rangier- und Parkflächen für den Kraftverkehr. Immerhin sind sie verkehrsgünstig gelegen, breit und oft auch hübscher als beliebige andere Straßen in Wohngebieten. Sie laden alle Kraftfahrzeugfahrer*innen ein, hier mal ordentlich Gas zu geben, unabhängig von den Bedingungen, die sie beim Erwerb ihres Führerscheins akzeptierten – der Fahrerlaubnis (!) nach strengen Regeln (!), die eigentlich keinerlei Spielraum für Interpretationen nach Tageslaune und Fahrstil lassen.

Die Bemühungen des Rats und der Bezirksräte, Spielstraßen sicherer und ihrem ursprünglichen Zweck entsprechend zu gestalten, führten bisher lediglich zu Empörung, aber keiner Handlung. Zu heilig ist das Privileg der Autofahrer*in, beim Bäcker vorfahren oder die Schrittgeschwindigkeit auch mal bei 30 km/h auskosten zu dürfen – der ohnehin auf den gefährlichen Straßenverkehr getrimmte Fußverkehr wird schon weichen.

Die Empörung und Handlungsfaulheit aber gilt es zu überwinden und den innerstädtischen Wohngebietsnervenkitzel zu monetarisieren. Mit Sicherheit wird die Landeshauptstadt trotz großzügiger 3-km/h-Toleranzen (bis 100 km/h, danach 3 %) stattliche Einnahmen verzeichnen. Und wenn nicht, erfüllt der Blitzer alleine durch sein Dasein bei allen bleifüßigen Fahrer*innen den Zweck, sich selbst aufgrund ihrer verinnerlichten Werte und Normen zu kontrollieren und sanktionieren (kurz: Abbremsen). Das eigene Geld ist eben doch etwas wichtiger als fremde spielende Kinder.

Eine etwaige Distanzierung der Verwaltung von derlei Maßnahmen lässt sich durch die “Richtlinien für die Überwachung des fließenden Straßenverkehrs durch Straßenverkehrsbehörden” nicht rechtfertigen. Dort heißt es:

Ziffer 2. Ziel: „Vorrangiges Ziel der Verkehrsüberwachung ist die Verkehrsunfallprävention. Durch die Verkehrsüberwachung sollen Unfälle verhütet und Unfallfolgen gemindert sowie schädliche Umwelteinflüsse begrenzt werden. Daneben sollen die Verkehrsteilnehmer zu verkehrsgerechtem und rücksichtsvollem Verhalten veranlaßt werden. …“

Ziffer 3. Durchführung: „…Das sind insbesondere solche Stellen, an denen wiederholt wichtige Verkehrsregeln mißachtet werden und die nicht durch verkehrstechnische Vorkehrungen zu entschärfen sind. …“

Dies gewährt weitaus größeren Handlungsspielraum als bisher von Verwaltungsseite geäußert, selbst in dem Fall, dass eine Geschwindigkeitsmessung ungenau und anfechtbar ist. Die Präsenz von Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen fördert rücksichtsvolles Verhalten; die Ablehnung verkehrstechnischer Vorkehrungen rechtfertigt den Antrag.

Julian Klippert

Fraktionsvorsitzender