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die als Anlage 1 beigefügte Satzung über die Unterbringung Obdachloser und Geflüchteter in der Landeshauptstadt Hannover zu beschließen.
Obwohl bei der Unterbringung von Obdachlosen zwischen den verschiedenen Geschlechtern unterschieden wird und es neben reinen Frauen- und Männerunterkünften auch spezielle Unterkünfte für Lesben, Schwule und Transsexuelle gibt, ist die beigefügte Satzung als gesetzliche Regelung geschlechterneutral gehalten. Dies gilt auch für Menschen mit Behinderung.
Die Landeshauptstadt Hannover ist rechtlich verpflichtet Obdachlose und Flüchtlinge unterzubringen. Rechtliche Grundlage für die Unterbringung von Obdachlosen ist das „Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz“ (NPOG) und für die Unterbringung von Flüchtlingen das „Niedersächsische Gesetz zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes“ in Verbindung mit dem Asylgesetz (AsylG) und dem „Asylbewerberleistungsgesetz“ (AsylbLG). Zur konkreten Ausgestaltung hat die Landeshauptstadt Hannover folgende Satzungen erlassen:
· Satzung über die Unterbringung Obdachloser in der Landeshauptstadt Hannover (Abl. RBHan. 1982, S. 1066)
· Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Obdachlosenunterkünfte in der Landeshauptstadt Hannover (Abl. RBHan. 1994,
S. 186)
· Satzung über die Unterbringung ausländischer Flüchtlinge in der Landeshauptstadt Hannover (Abl. RBHan. 1994, S. 721)
· Entgeltordnung für die Unterbringung von ausländischen Flüchtlingen durch die Landeshauptstadt Hannover (Abl. RBHan2001/Nr.12 v. 06.06.2001)
· Satzung über die Zwischenunterbringung von Aussiedlern in der Landeshauptstadt Hannover (Abl. RBHan. 1993, S. 37)
· Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Zwischenunterbringung von Aussiedlern in der Landeshauptstadt Hannover (Abl. RBHan. 1992, S. 531).
Diese teilweise Jahrzehnte alten Satzungen werden der aktuellen Unterbringungssituation und der aktuellen Rechtslage nicht mehr gerecht. So stellt beispielsweise die Entgelt- ordnung für die Unterbringung von ausländischen Flüchtlingen noch auf das Bundessozialhilfegesetz ab, welches bereits im Jahr 2004 außer Kraft gesetzt wurde.
Durch die beigefügte Satzung werden die obengenannten Satzungen aufgehoben und durch eine einheitliche Regelung ersetzt.
Im Wesentlichen hat die neue Unterbringungssatzung zwei große Änderungen gegenüber den alten Regelungen. Zum einen wird durch die rechtliche Gleichstellung eine Gleichbehandlung von Obdachlosen und Flüchtlingen im Rahmen der Unterbringung erreicht, zum anderen sind deutlich höhere Gebührenerträge zu erwarten.
1. Gleichbehandlung von Obdachlosen und Geflüchteten
Der Verwaltungsausschuss hat bereits mit Beschluss des Antrages DS 0863/2019 die wesentlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass die Unterbringungsstandards insbesondere mit Blick auf die Größe, die Ausstattung und den Umfang der sozialen Betreuung für Obdachlose denen der Flüchtlinge angeglichen werden.
Diese Angleichung war auch notwendig, da in der Praxis die Personengruppe der Obdachlosen und die der Geflüchteten nicht mehr klar voneinander zu unterscheiden ist.
Obdachlos sind Menschen, die weder eine Wohnung noch eine andere Möglichkeit des Wohnens haben. Sie werden im Rahmen der Gefahrenabwehr (§ 11 NPOG) untergebracht. Bei einem Teil der Obdachlosen handelt es sich um Ausländer aus EU-Staaten und Personen mit Migrationshintergrund.
Geflüchtete im Sinne dieser Satzung sind Menschen, die im Rahmen eines Asylverfahrens nach Deutschland gekommen oder illegal eingereist sind. Dazu gehören auch Personen, die zur Ausreise verpflichtet sind (z.B. weil der Asylantrag abschlägig beschieden ist).
Bei Geflüchteten deren Asylantrag anerkannt wird, entfallen die rechtlichen Grundlagen für die Unterbringung als Flüchtling. Mangels einer eigenen Wohnung wird dieser Personenkreis dann ebenfalls bis zum Bezug einer eigenen Wohnung als obdachlos untergebracht. Da sich bei dieser Personengruppe zunächst nur der Aufenthaltsstaus ändert, sie aber gleichzeitig den selben Bedarf an Unterbringung und sozialer Betreuung haben wie zuvor, bleiben diese obdachlosen Geflüchteten in der Regel in den Flüchtlingsunterkünften. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass sich ein unterschiedlicher Aufenthaltsstatus und damit auch eine unterschiedliche Rechtsgrundlage der Unterbringung durch eine Familie zieht. D.h. einige Familienmitglieder sind als Flüchtlinge und andere als Obdachlose untergebracht. Obwohl der Gesetzgeber für die Flüchtlingsunterbringung und die Unterbringung von Obdachlosen verschiedene Rechtsgrundlagen, festgemacht am Aufenthaltstitel, vorsieht, ist damit eine strikte Trennung beider Personengruppen bei der Unterbringung mit Rücksicht auf den Schutz der Familie gar nicht möglich.
Die Unterbringung von Aussiedler*innen hat in der Praxis heute kaum noch Bedeutung. Seit einer gesetzlichen Änderung gibt es keine spezialgesetzliche Norm für die Unterbringung von Aussiedler*innen mehr. Die derzeit rund 20 Personen pro Jahr werden vorübergehend als Obdachlose untergebracht.
Vor diesem Hintergrund ist eine rechtliche Gleichstellung der Personenkreise im Rahmen der Unterbringung notwendig.
Für die Unterkünfte bedeutet dies, dass es zukünftig keine Unterschiede bei der Größe, Ausstattung und dem Umfang der sozialen Betreuung geben soll. Die Unterkünfte unterscheiden sich zukünftig nur noch an der Zielrichtung und dem Inhalt der sozialen Betreuung. Damit sollen Geflüchtete und Obdachlose zukünftig nicht auf Grundlage ihres Aufenthaltsstatus, sondern entsprechend ihres Hilfebedarfs untergebracht werden. Das bedeutet nicht, dass zukünftig Obdachlose und Geflüchtete zusammen in einer Unterkunft untergebracht werden sollen. Vielmehr wird es auch zukünftig Unterkünfte geben, in denen die soziale Arbeit auf die Überwindung der Wohnungslosigkeit und der damit einher- gehenden Probleme gerichtet ist und in denen Obdachlose untergebracht werden, die genau diese Hilfe benötigen. Gleichzeitig wird es Unterkünfte geben, in denen die soziale Arbeit auf die Integration ausgerichtet ist und in denen Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren und anerkannte (obdachlose) Flüchtlinge gemeinsam untergebracht werden. In diesem Zusammenhang sind zukünftig dann aber auch Unterkünfte denkbar, in denen die soziale Arbeit auf spezifische Personengruppen, wie beispielsweise Zuwanderer aus Südosteuropa, ausgerichtet ist.
2. Gebühren von Obdachlosen und Geflüchteten
Bei der bisherigen Rechtslage stellt sich die Gebührenerhebung wie folgt dar:
a) Obdachlose (einschließlich der als obdachlos untergebrachten anerkannten Flüchtlinge) zahlen eine Gebühr. Diese beträgt:
- bei der Unterbringung in Wohnungen zwischen 4,95 € und 5,70 € pro qm monatlich
- bei der Unterbringung in „Mobilheimen“ 106,50 € monatlich pro Person
- bei der Unterbringung in einem „festen“ Gebäude 159 € monatlich pro Person
Die Haushaltszusammensetzung findet bei dieser Gebühr keine Berücksichtigung, so dass beispielsweise für Kinder dieselbe Gebühr wie für Erwachsene zu zahlen ist.
Obdachlose, die über kein eigenes Einkommen verfügen, haben einen entsprechenden Anspruch beim jeweiligen Sozialleistungsträger. Wenn das eigene Einkommen nicht ausreicht, haben sie einen entsprechenden Anspruch auf ergänzende Leistungen.
b) Flüchtlinge, die unter den § 1 des AsylbLG fallen, zahlen soweit ausreichendes Erwerbseinkommen vorhanden ist, eine Kostenbeteiligung von 186,62 € monatlich für den Haushaltsvorstand und 107,37 € monatlich für jeden weiteren Haushaltsangehörigen über 5 Jahre. Für Haushaltsangehörige bis 5 Jahren wird eine Kostenbeteiligung von 97,15 € erhoben. Wenn kein ausreichendes Einkommen vorhanden ist, wird auch keine bzw. nur eine anteilige Kostenbeteiligung erhoben.
Bei dieser Kostenbeteiligung wird die Art der Unterkunft nicht berücksichtigt.
c) Flüchtlinge, die unter den § 2 des AsylbLG fallen, zahlen soweit ausreichendes Erwerbseinkommen vorhanden ist, ein privatrechtliches Entgelt von 153,50 € monatlich für den Haushaltsvorstand und 76,50 € monatlich für jeden weiteren Haushaltsangehörigen. Wenn kein ausreichendes Einkommen vorhanden ist, wird auch kein bzw. nur ein anteiliges Entgelt gefordert.
Bei dieser Kostenbeteiligung wird die Art der Unterkunft nicht berücksichtigt.
Für alle diese Personengruppen bzw. Gebühren erfolgte die letzte Anpassung der Gebührenhöhe in den Jahren 2001 bis 2005.
Bei der zur Beschlussfassung vorgeschlagenen Satzung gibt es für alle untergebrachten Personenkreise - unabhängig vom Rechtsstatus bzw. Unterbringungsgrund - nur ein Gebührenmodell. Das Gebührenmodell ist nach Haushaltsgröße gestaffelt, so dass mit zunehmender Familiengröße eine geringere Gebühr pro Person zu zahlen ist. Darüber hinaus wird der unterschiedliche Unterbringungsstandard (Notunterkunft, Wohnheim, Wohnprojekt, Wohnung) bei der Gebühr berücksichtigt.
Die Gebühren sind in voller Höhe von den Sozialleistungsträgern zu übernehmen, soweit kein ausreichendes Einkommen vorhanden ist und dem Grunde nach ein Anspruch besteht.
Für die Benutzung der Notschlafstellen, in denen Obdachlose ohne Zuweisung übernachten können, wird keine Gebühr erhoben.
Das Verhältnis der Gebühr zu den tatsächlichen Kosten ergibt sich aus der Anlage 2 „Gebührenkalkulation für die Unterbringung von Obdachlosen und Geflüchteten in der Landeshauptstadt Hannover“. Der Kostendeckungsgrad beträgt in Wohnungen voraussichtlich ca. 75 %, in Wohnprojekten ca. 56% und in Wohnheimen ca. 41 %. Derzeit sind keine Notunterkünfte mehr in Betrieb. Anhand der Kosten der vergangenen Jahre ist für den Fall, dass wieder eine Notunterkunft in Betrieb genommen werden muss, mit einem Kostendeckungsgrad zwischen 30 % und 50% zu rechnen.