Informationsdrucksache Nr. 2799/2007:
Auswertungsbericht zum Reformprojekt "Kontraktmanagement in der Erziehungshilfe" in der Landeshauptstadt Hannover

Inhalt der Drucksache:

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2799/2007
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Auswertungsbericht zum Reformprojekt "Kontraktmanagement in der Erziehungshilfe" in der Landeshauptstadt Hannover

Die Verwaltung überreicht auf der Grundlage der DS 2190/2006 den Auswertungsbericht zum Reformprojekt „Kontraktmanagement in der Erziehungshilfe“ in der Landeshauptstadt Hannover.
Die Drucksache informiert über die fachlichen Hintergründe des Reformprojekts des Fachbereichs Jugend und Familie – Kommunaler Sozialdienst (KSD) –, stellt die Entwicklung dar und zeigt Perspektiven für die Fortführung auf.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung (HzE) richten sich grundsätzlich an Mädchen und Jungen. Es werden in der Hilfeplanung dem Geschlecht angemessene Formen der Unterstützung, des Lernens und der Förderung angeboten. Das Vorhaben trägt im besonderen Maße dazu bei, die unterschiedlichen pädagogischen Erfordernisse sowohl für Mädchen als auch für Jungen im Bereich der Erziehungshilfe zu berücksichtigen.


1. Grundlagen des Reformprojektes – Ressourcen-, Lösungs- und Sozialraum-
orientierung
Vorbemerkung
Vor dem Hintergrund tief greifender gesellschaftlicher Umwälzungen in den letzten 15 - 20 Jahren – Pluralisierung der Lebenslagen, Individualisierung der Lebensformen und Lebensführung, Normen- und Wertewandel etc. – sind die Lebens- und Sozialisationsbedingungen von Kindern, Jugendlichen und deren Familien permanenten Veränderungen unterzogen (s.a. 12. Kinder- und Jugendbericht 2005).

Die Kinder- und Jugendhilfe steht unter diesen Rahmenbedingungen vor dem Erfordernis, entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag diesen Herausforderungen adäquat zu begegnen und mit entsprechenden Zielsetzungen und Handlungsmustern sowohl fachlich-inhaltlich als auch strukturell-organisatorisch und finanziell entsprechende Antworten zu finden.
Diese an das gesamte Hilfesystem gerichtete Herausforderung bezieht sich insbesondere auf die wachsende Gruppe derjenigen jungen Menschen, denen es aufgrund ihrer Lebenssituation und Sozialisation in benachteiligten Bildungs- und Sozialmilieus nicht bzw. nicht ausreichend gelingt, ihre persönlichen Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten, ihre Lebensentwürfe und Lebensgestaltung so zu entwickeln und zu vollziehen, dass sie angemessen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.


Hilfen zur Erziehung
Im o.g. Verständnis hat im Rahmen der §§ 27 ff. SGB VIII Hilfe zur Erziehung als ein Aufgabenfeld der Kinder- und Jugendhilfe das umfassende Ziel, Kindern, Jugendlichen und deren Familien die geeigneten und notwendigen Unterstützungsleistungen zu gewähren, die dazu beitragen, junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern, sie vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen sowie Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen.

Die Landeshauptstadt Hannover hat seit 1999 erhebliche Anstrengungen im Umbau der ambulanten Erziehungshilfen unternommen. Sie hat als öffentlicher Jugendhilfeträger zusammen mit den freigemeinnützigen Trägern der Hilfen zur Erziehung ein gemeinsames sozialräumliches Arbeiten und eine lebensweltbezogene Ausgestaltung erzieherischer Hilfen vertraglich vereinbart und die Leistungsgewährung und Durchführung ambulanter Erziehungshilfen und ambulanter Hilfen für junge Volljährige ebenso kontraktiert wie den Ausbau fallunspezifischer und sozialräumlicher Aktivitäten.




Fachliche Standards
In den Hilfen zur Erziehung haben sich in den letzten 10 - 15 Jahren unter dem methodenübergreifenden Arbeitsprinzip Sozialraumorientierung fachliche Standards herausgebildet, die mittlerweile allgemein anerkannt sind und Anwendung finden.
Sozialräumliche Strategien und Handlungskonzepte zeichnen sich dadurch aus, dass sie
· lösungsorientiert
· ressourcenorientiert
· partizipativ
· synergetisch und nicht additiv
· integrativ
sind.

Ressourcenorientierung:
In jeder erzieherischen Einzelhilfe wird mit den Stärken und Kompetenzen des Kindes, der Jugendlichen, der Eltern, den Personen des nahen sozialen Umfeldes gearbeitet. Es zeigt sich, dass im Regelfall eine Fülle nutzbarer Ressourcen vorhanden sind. Diese werden im Fallverlauf systematisch erfasst, bewertet und sind Bestandteil der individuellen Hilfeleistung. Ressourcenorientierung bedeutet auch, sich zu verabschieden von einem defizitorientierten Blickwinkel, der nur die Auffälligkeiten, Probleme und Schwächen des Menschen aufzeigt.
Hilfreich für die Akquirierung der Ressourcen ist eine umfangreiche Ressourcendatei, die für jeden Stadtbezirk erstellt wurde und jeder Fachkraft zur Verfügung steht.

Partizipation:
Insbesondere Kinder und Jugendliche, Eltern, aber auch z. B. Lehrer, Therapeuten, gute Freunde, Familienangehörige werden an der Hilfegestaltung beteiligt. Nur wenn der „Wille“ der AdressatInnen klar von ihnen selbst formuliert wird, ist die Chance gegeben, die Hilfe erfolgreich und insbesondere nachhaltig durchzuführen.
Die jeweiligen „Fachleute aus der Lebenswelt“ haben hierbei in diesem Sinne im Rahmen der Hilfe unterstützende, beratende Funktion.

Synergieeffekte:
Diese werden erzielt, wenn in der Hilfeleistung die Kooperation und das abgestimmte Handeln aller Beteiligten als tragendes Element vereinbart werden. Es nützt wenig, wenn beispielsweise die Schule eine grundlegend andere Zielsetzung verfolgt als die Jugendhilfe.

Integration:
Kinder und Jugendliche verbleiben in ihren familiären und sozialen Bezügen, sofern keine maßgeblichen Gründe dagegensprechen. Schule, Kindergarten, Familie sind Teil der „Heimat“ der Kinder, hier sind sie zu Hause. Um eine ambulante Hilfe zu bekommen, muss kein Kind seinen Stadtteil verlassen – die Betreuungsstandorte sind in erreichbarer Nähe.
Soweit irgendwie vertretbar, bleiben den Kindern auch bei Schwierigkeiten diese Bezüge erhalten. Hierzu gehört beispielsweise ein über den Einzelfall hinausgehender regelmäßiger zielgerichteter Informations- und Kommunikationsfluss zwischen Jugendhilfe und Schule.

Aus diesen skizzierten Konzeptbausteinen leiten sich wesentliche Prinzipien sozialräumlich und lebensweltlich orientierter Arbeit ab (s.a.: Hinte, Wolfgang; Fälle, Felder und Budgets; Opladen 2002):
· Konsequentes Ansetzen am Willen und an den Interessen der jungen Menschen, um erzieherische Ziele in den Hilfen zu erreichen.
· Aktivierende Arbeit und Förderung von Selbsthilfe.
· Konzentration auf die Ressourcen der im Quartier/Stadtteil lebenden Menschen.
· Zielgruppen- und bereichsübergreifender Ansatz.
· Kooperation und Abstimmung der professionellen Ressourcen.
· Effektive und effiziente Organisation der Jugendhilfe auf allen Ebenen.
· Systematische Erfassung der Bedarfe mit geeigneten Instrumentarien.
· Kooperation und Vernetzung der verschiedenen Aufgabenfelder.

Bei der Betrachtung von Sozialraumorientierung als Arbeitsprinzip geht es infolgedessen wesentlich um die fachliche Weiterentwicklung der Sozialarbeit hin zu mehr Einbindung der sozialen Infrastruktur in das Leistungsgefüge erzieherischer Hilfen und größtmögliche Berücksichtigung der Lebenswelt und der Adressatinnen und Adressaten der Jugendhilfe.

Im Arbeitsfeld Hilfen zur Erziehung ist deutlich, dass die konsequente Umsetzung dieser Arbeitsprinzipien Veränderung bei allen Beteiligten auf folgenden Ebenen erfordert:

· In den Zielsetzungen und Zielüberprüfungen der Leistungsgewährung – Hilfeplanung gem. § 36 SGB VIII.


· In der Organisation und Struktur der Jugendämter wie auch der freien Träger der Hilfen zur Erziehung.
· In der fachlichen Weiterqualifizierung der Fachkräfte der Jugendhilfe.
· Bei der Entwicklung der Qualitäts- und Wirkungsorientierung.
· Beim Abschluss von Verträgen und Vereinbarungen zwischen öffentlichem Träger und freien Trägern sowie
· in der Kooperation, die Grundlage einer verlässlichen Planung ist.


2. Einführung, Entstehung und Verlauf des Projektes
Nachfolgend wird beschrieben, wie das Projekt „Kontraktmanagement in der Erziehungshilfe“ in Hannover umgesetzt wurde. Es ist hervorzuheben, dass es sich um einen Prozess handelt, der unter Hannover-spezifischen Gegebenheiten gestaltet wurde. Insofern sind interkommunale Vergleiche mit Umbauprozessen in anderen Städten (z. B. Stuttgart) interessant, anregend, mitunter wegweisend, aber nie 1:1 übertragbar.
Zu erwähnen ist im Rahmen der Bewertung des Gesamtprozesses, dass es wie überall Wege des Ausprobierens, Versuche, ausführliche fachliche Diskurse, auch unterschiedliche Auffassungen und auch Irrwege gab.
Richtungsweisend war und ist, dass die Komplexität des Umbauprozesses immer von einer Atmosphäre der vertrauensvollen Zusammenarbeit aller Beteiligten geprägt war, diese somit Garant für den Prozessverlauf und den jetzigen Status ist.

Der von der Bundesregierung herausgegebene 8. Kinder- und Jugendbericht 1990 setzte in Kombination mit der Einführung des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) im Jahr 1991 Strukturmaximen für die Entwicklung einer modernen Jugendhilfe in der Form, dass die sozialräumliche Ausrichtung von Hilfen, auch von Hilfen zur Erziehung, neue Standardsetzungen erforderlich machte.

In den Folgejahren wurden die familienergänzenden ambulanten Hilfen zügig ausgebaut und boten somit die Gewähr, im Vorfeld der kostenintensiveren Tagesgruppenbetreuung bzw. der stationären Maßnahmen schützend und stützend auf Familiensysteme zu wirken, einzelne Minderjährige innerhalb des Familienverbandes zu betreuen und für ältere Jugendliche oder junge Erwachsene Verselbstständigungshilfen zum Übergang in ein eigenverantwortliches Leben organisieren zu können.

Im Jahr 1998 entwickelten im Stadtbezirk 9 (Ricklingen) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KSD sowie der freien Träger der Hilfen zur Erziehung Leitsätze zur sozialräumlichen Ausrichtung und Organisation von sozialpädagogischen Hilfen zur Erziehung. Diese Entwicklung war u.a. Grundlage für die Durchführung eines Workshops im Jahr 1999, in dem durch Prof. Dr. Hinte von der Universität Duisburg-Essen und Dr. Heinz von der KGSt dem Jugendhilfeausschusses der KGSt-Bericht 12/98 zum „Kontraktmanagement“ vorgestellt wurde.
Im Jahr 2000 beschloss der Jugendhilfeausschuss den Probelauf im Stadtbezirk 9 unter Mitwirkung von 4 Trägern.

Im gleichen Jahr begannen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen und der freien Träger die Personalqualifikationen zur Grundlagen- und Methodenschulung durch das kooperierende ‚Institut für stadtteilbezogene soziale Arbeit und Beratung’ der Universität Duisburg-Essen (ISSAB).
Im Jahr 2001 erfolgte die Zustimmung des Jugendhilfeausschusses zum Kontrakt, woraufhin 2002 der erste stadtbezirkliche Vertrag zur modellhaften Erprobung sozialräumlicher Hilfen im Rahmen der Hilfen zur Erziehung wirksam wurde.
Ebenfalls im Jahr 2002 beschloss der Jugendhilfeausschuss die Modellfortsetzung mit der Prüfung, den Prozess auf weitere Stadtbezirke auszuweiten. Das Vertragsende für die Erprobung im Stadtbezirk 9 war auf den Dezember 2004 datiert.
Ende 2004 wurde mit der Drucksache 2199/2004 die stadtweite Umsetzung des zuvor als „Kontraktmanagement“ geführten Probelaufs in Stadtbezirk 9 unter dem Arbeitstitel „Umbau der Hilfen zur Erziehung in Hannover“ für die Laufzeit von 2 Jahren im Rahmen von vier regionalen Verträgen unter Einbindung von folgenden acht Trägern beschlossen:

- Diakonisches Werk – Stadtverband für innere Mission in Hannover e.V.
- Verein für Bildungsmaßnahmen im Arbeits- und Freizeitbereich e.V.
- Verbund sozialtherapeutischer Einrichtungen e.V.
- Arbeitsgemeinschaft für Wohngruppen und sozialpädagogische Hilfen e.V.
- Stephansstift
- Birkenhof


- Verein für Erlebnispädagogik und Jugendsozialarbeit e.V.
- Heimverbund der Landeshauptstadt Hannover

Der Beschluss aus dem Jahr 2004 wurde im November 2006 noch einmal bis zum Dezember 2007 erweitert mit dem Auftrag,
· mit acht weiteren Trägern Einzelverträge mit der identischen Laufzeit zu schließen und spezialisierte Erziehungshilfeleistungen in das vertragliche Leistungsspektrum einzubeziehen.
· einen Projektbericht zur Erstellung einer Bilanz und Gesamtauswertung vorzulegen. Zielsetzung soll sein, bei erfolgreicher Bewertung des Umbauprozesses den bisherigen Vertragsrahmen in ein Regelsystem zu überführen.

Während der Projektlaufzeit im Stadtbezirk 9 wurden durch das Institut AGIS der Universität Hannover Evaluationen zur Adressatenbeteiligung und zur Sozialraumorientierung durchgeführt.
Die Ergebnisse wurden der Kommission Kinder- und Jugendhilfeplanung dargestellt und bestätigten die Zielsetzung der Fortführung dieser Form der sozialräumlich orientierten Sozialarbeit.

Zu den Konzeptbegriffen „Sozialraum“ und „Lebensweltorientierung“ folgende Erläuterungen:

„Sozialraum“ ist zunächst eine theoretische Konstruktion, die für verschiedene Gruppen jeweils unterschiedliche Bedeutungen hat:
· in der Sozialverwaltung, z. B. der Stadtbezirk als Steuerungsgröße
· bei den AdressatInnen (den „Kunden“) die alltägliche Lebenswelt des Stadtteils
· bei den Fachkräften der Sozialarbeit der Zuständigkeitsbereich als Handlungsfeld

Die „Lebenswelt“ (der AdressatInnen) zerfällt in verschiedene Orte, z. B. Wohnung, Schule, Schulweg, Kinderheim, Freizeitstätte, Angsträume, Skaterbahn, Kaufhaus, Kinderzimmer, Sportplatz, Verein, Arbeitsplatz, Internetcafe, informeller oder anlassbezogener Treff am Stadtteilplatz, im Tunnel, Szenetreffs. Auch virtuelle Räume (Internet-Chats, Computerspiele) gehören zu den Lebenswelten. Eine materiell-räumliche Orientierung, die von einer räumlich zusammenhängenden Lebenswelt ausgeht, wird der subjektiven Wahrnehmung von Lebenswelt bei Kindern und Jugendlichen nicht gerecht und entspricht nicht mehr der heutigen Realität.

Lebensweltorientierung ist nicht mit Sozialraumorientierung gleichzusetzen. Sie steht für
· die subjektive Wirklichkeit der AdressatInnen mit ihren „Defiziten“ und (insbesondere) mit ihren Ressourcen.
· eine (konzeptionelle) Orientierung in der sozialen Arbeit, wobei der Wille und die Perspektive der AdressatInnen stärker berücksichtigt werden sollen.
· eine sozialpolitische Herausforderung, die Entindividualisierung von Problemlagen im Blick zu haben und zu realisieren.

Sozialräumlich orientierte Sozialarbeit zielt in diesem Verständnis als Arbeitsprinzip darauf,
· die Subjektperspektive der AdressatInnen – den einzelnen Fall – immer im Kontext und in Wechselwirkung zum sozialen Umfeld zu sehen und entsprechend methodisch zu bearbeiten.
· Ressourcen aufzuspüren – welche Personen, Nachbarn, Institutionen gibt es, welche Ressourcen gibt es (stadtbezirkliche Ressourcendatei), wer kann angefragt werden und Unterstützung leisten.
· die strukturellen Gegebenheiten des räumlich-sozialen Umfeldes einzubeziehen.
· die politisch administrativen Entscheidungsstrukturen zu nutzen sowie
· die infrastrukturellen Voraussetzungen der Sozialen Arbeit im Gemeinwesen
miteinander in Aushandlungsprozesse zu bringen und somit Partizipation und Integration im Sinne des § 1 SGB VIII, Abs. 3 zu ermöglichen.


3. Organisation des Reformprojekts
Die Organisation des Projektes richtet sich an den oben beschriebenen Prinzipien moderner Jugendhilfe aus.
Die Organisation des Projektes folgt folgenden Prinzipien:

· Fachlich-inhaltliche Grundlagen:
Sozialraumbezug, Adressatenorientierung, Ressourcennutzung und Vernetzung werden so miteinander vereinbart, dass das Handeln der Fachkräfte auf allen Ebenen diesen Zielsetzungen verpflichtet ist.

· Strukturell-organisatorische Grundlagen:
Die Kooperation zwischen dem öffentlichen Jugendhilfeträger und den freien Trägern der Erziehungshilfe wird so gestaltet, dass die benötigten erzieherischen Hilfen frühzeitig, bedarfsgerecht, wohnortnah, effektiv und effizient realisiert werden.

· Effektive und effiziente Finanzierungsgrundlagen:
Stadtbezirklich organisierte und spezialisierte Träger mit vertraglich festgelegtem Leistungsspektrum erhalten zur Erfüllung dieser Leistungen ein festes Budget und sind verpflichtet, alle vertraglich vereinbarten Leistungen adressatenorientiert, sozialraumbezogen und/oder zielgruppenspezifisch zu erbringen.

Folgende Standards sind in der Projektorganisation umgesetzt:

· Die Gremien sind kooperativ besetzt.


· Alle Entscheidungs- und Funktionsebenen der Vertragspartner sind eingebunden.
· Entscheidungen werden in gegenseitigem Einvernehmen getroffen.
· Bei auftretenden Konflikten werden Konfliktlösungsgremien einberufen.
· Die Trägerkooperation arbeitet gemäß einer Kooperationsvereinbarung zusammen.
· Die Träger mit Einzelvertrag sind in die Projektstrukturen eingebunden.
· Die strategische Steuerung und Planung im gesamtstädtischen Kontext der Erziehungshilfen erfolgt in der AG nach SGB VIII § 78 „Erziehungshilfen“.

Im Projektverlauf ist deutlich geworden, dass die Gremienstruktur sehr komplex geworden war. Zum 01.09.2007 ist im Rahmen einer Gremienreform eine strukturelle Veränderung im Hinblick auf den Regelstatus ab 2008 erfolgt:

1. Auf der gesamtstädtischen Ebene ist ein Geschäftsführungsgremium (öffentlicher Träger mit Leitungskräften der freien Träger HzE) verantwortlich für vertragliche Fragestellungen sowie für den stadtweiten Personaleinsatz.
2. Auf den regionalen Ebenen wird in Arbeitskreisen die Planung von regionalen Projekten abgesprochen und überwacht.
3. In den Stadtbezirken arbeiten die Hilfe zur Erziehungsteams (HzE-Teams) auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung fallbezogen und sozialräumlich zusammen.






4. Personalqualifizierung
Für die Umsetzung und Gewährleistung der fachlichen Qualität und Standards vereinbarten die Vertragspartner die Durchführung eines einheitlichen Personalqualifizierungsprogramms auf der Grundlage der Projektziele.
In den Jahren 2005 und 2006 wurden mehr als 300 MitarbeiterInnen für die veränderte Arbeitsweise im Reformprojekt ’Umbau Hilfen zur Erziehung’ qualifiziert. Die Schulungen erfolgten separat für jedes HzE-Team gemeinsam mit den Fachkräften des KSD und der freien Träger.
Das Qualifizierungsprogramm wurde in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Studieninstitut für kommunale Verwaltung e.V. Hannover entwickelt. Es beruht in weiten Teilen auf der Qualifizierungsmaßnahme für den Stadtbezirk 9 im Jahr 2000, enthält jedoch für den hannoverschen Prozess erforderliche Veränderungen. Zurzeit prüfen zwei niedersächsische Kommunen, ob sie die Personalqualifizierung übernehmen.

Die Qualifizierung der 15 HzE-Teams erfolgte in 15 Schulungen mit jeweils 3 Bausteinen von je 2,5 Tagen zu den Themen:
· Ziel- und Ressourcenorientierung im Aushandlungsprozess mit AdressatInnen
· Sozialraum- und Ressourcenorientierung in den Hilfen zur Erziehung
· Kollegiale Beratung

Die Schulungen wurden von sog. 'Tandems' durchgeführt, die aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen und der freien Träger sowie externen Trainerinnen und Trainer bestanden. Die internen Trainerinnen und Trainer haben zur Verbesserung des Praxistransfers nach den Schulungen eine Begleitung der Teams zur Klärung von Fragen, die in der Praxis entstanden waren und zur Kollegialen Beratung durchgeführt, um so die Lerninhalte zu vertiefen.
Im Jahr 2007 wurden die MitarbeiterInnen des öffentlichen und derjenigen freien Träger geschult, die als „neue“ Träger in den Kooperationsvertrag aufgenommen wurden.
Die Schulungen werden im 4. Quartal 2007 abgeschlossen sein.

Im Verlauf des Prozesses und der damit verbundenen Veränderung der Gewährung erzieherischer Hilfen wurde deutlich, dass auch der Einbezug von Fach- und Spezialdiensten notwendig ist. Pflegekinderdienst, Clearingstelle, Heimverbund (Notaufnahmegruppe, Tagesgruppen, bed by night) und Jugendgerichtshilfe wurden in den Jahren 2006 und 2007 qualifiziert, um so die Kommunikation mit den HzE-Teams zu verbessern und eine Optimierung der Schnittstellen zu erreichen.

Nachhaltige Ergebnisse der Personalqualifizierung sind:
· Im Vergleich zum Zeitraum vor den Schulungen wurde erreicht, den Blick auf Ressourcen von Personen, sozialen Netzen und des Stadtteils zu stärken und die Orientierung an Defiziten zu vermindern. Dies eröffnet neue Wege im Vorfeld zur Vermeidung erzieherischer Hilfen und bei deren Durchführung.
· Durch die Adressatenorientierung erhält der Begriff der 'Beteiligung' einen noch höheren Stellenwert. Der Wille der Adressatinnen und Adressaten, die Entwicklung von Zielen und die Einbeziehung bisheriger Lebensstrategien sorgen für eine neue Sichtweise auf die ehemaligen 'Klientinnen und Klienten', die Kompetenz zur Problembewältigung besitzen.
· Die verstärkte Einbeziehung sozialräumlicher Ressourcen in Einzelfälle, die Initiierung von sozialräumlichen Vorhaben sowie die Bündelung von Einzelfällen haben neue niederschwellige Hilfen ermöglicht.



5. Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung
Qualitätsentwicklung hat zum Ziel, die Fachlichkeit der sozialpädagogischen Arbeit sicherzustellen, weiterzuentwickeln und einheitliche Qualitätsstandards zu etablieren.
Qualitätsentwicklung ist ein gemeinsamer Prozess von Einrichtungsträgern der Hilfen zur Erziehung und KSD geworden. Neu daran ist die verbindliche Vereinbarung von Zielen zwischen den mitwirkenden Partnern im Umbauprozess der Hilfen zur Erziehung und vor allem die Überprüfung deren Einhaltung bzw. Umsetzung.

Die Qualitätsentwicklung orientiert sich an den vereinbarten Projektzielen und fachlichen Standards der AdressatInnen-, Ressourcen- und Sozialraumorientierung in der Kinder- und Jugendhilfe. Sie beinhaltet eine geregelte, verbindliche Vorgehensweise in der Hilfebearbeitung, u.a. Ergebnisse einzelner Arbeitsschritte darzustellen, Partizipation zu überprüfen und Selbstevaluationen vorzunehmen.
Das Qualitätskonzept ist verbindlicher Bestandteil der geltenden Verträge zwischen öffentlichem Träger und freien Trägern der Hilfen zur Erziehung im HzE-Team.

Es wurden Qualitätsbeauftragte der einzelnen HzE-Teams benannt. Diese erhielten spezielle Schulungen hinsichtlich der Umsetzung, insbesondere im Hinblick auf die angewandten Messmethoden und der Ergebnisauswertung.
Es werden für die Qualitätssicherung regelmäßig die Ergebnisse der Adressatenbefragung, der MitarbeiterInnenbefragung und sowie der statistischen Auswertung der Fallzahlentwicklung aus der Datenbank des KSD genutzt.
Die erhobenen Daten werden allen Beteiligten zur Verfügung gestellt.
Es werden sowohl auf der regionalen als auch auf Stadtbezirksebene 1/2-jährliche Auswertungen durchgeführt.

Fachliche Zielsetzungen sind u. a. wie folgt definiert:
- Adressatenorientierung
Der Wille der AdressatInnen steht im Mittelpunkt der Hilfe. Die AdressatInnen
bewerten das Erreichen der vereinbarten Ziele aus ihrer Sicht.
- Sozialraumorientierung
Das ziel- und lebensweltorientierte Arbeiten in Bezug auf die AdressatInnen ist sichergestellt.
- Ressourcenorientierung
Das aktive und dauerhafte Nutzen von fallunterstützenden Ressourcen im Sozialraum ist sichergestellt. Hierzu werden in der Hilfeplanung u.a. die Ressourcenkarte sowie die bezirkliche Ressourcendatei eingesetzt.

Erste Ergebnisse:
Im Oktober 2006 wurde die erste Auswertung des Qualitätskonzeptes vorgenommen:
Positive Ergebnisse wurden erzielt in den Bereichen AdressatInnenzufriedenheit mit dem Angebot erzieherischer Hilfen, in der Wahrnehmung des Wunsch- und Wahlrechtes sowie hinsichtlich der Verringerung stationärer Hilfen.
Verbesserungspotenziale sind in den Werten der Bereiche: Zielorientiertes Arbeiten, Sozialraumbezug erzieherischer Hilfen, Einsatz von Ressourcen sowie in der Durchführung fallunspezifischer Vorhaben zu erkennen.

Exemplarische Darstellung einer Zielvorgabe
Ziel:
Um Kindern und Jugendlichen den Lebensweltbezug weitgehend zu erhalten, werden 75% der erstmals erforderlichen stationären Hilfen zur Erziehung im Stadtgebiet bzw. in der Region Hannover erbracht.


Neufälle
12/03 – 12/04
01/05 – 12/05
01/06 – 12/06
01/07 – 06/07
Stadt + Region
98 61%
83 65%
89 70%
52 77,6%
außerhalb R.
62 39%
45 35%
38 30%
15 22,4%
gesamt
160
128
127
67

Ab 12/2003 bis 06/2007 ist eine Belegungssteigerung in Stadt und Region von 61% auf 77,6% zu verzeichnen. Die Zielvorgabe von 75% wurde in der ersten Jahreshälfte 2007 erreicht.


6. Budget- und Fallzahlentwicklung
Neben der Weiterentwicklung der fachlichen Standards und den sozialpolitischen Entwicklungen waren im bereits erwähnten KGST-Bericht 12/1998 drei weitere Faktoren benannt, die eine Neuorientierung der Erziehungshilfe erforderlich machten:
· Der Anstieg der Kosten im HzE-Bereich stellte (und stellt) die Kommunen immer wieder vor neue Herausforderungen. Insofern drängte sich die Frage auf, wie reagiert Jugendhilfe auch fachlich hierauf.
· Einhergehend war Ende der 90-er Jahre mit dem Anstieg der Hilfefälle auch ein Kostenanstieg zu verzeichnen.
· Die Prämisse „ambulant vor stationär“ hat – finanziell betrachtet – weder zu einer Entlastung der städtischen Haushalte noch zu einer Reduzierung vollstationärer Hilfen geführt.

Die oben beschriebenen Fakten waren nicht nur Hannover-bezogen zu beobachten, sondern entsprachen dem bundesweiten Trend. Da mit den herkömmlichen Instrumentarien der Steuerung dieser Entwicklung nicht begegnet werden konnte, lag es nahe, auch den Aspekt der finanziellen Planungssicherheit in das Reformvorhaben einzubeziehen.
Hieraus ergeben sich zwei Vorteile:
· Der öffentliche Träger hat Sicherheit, dass durch entsprechende vertragliche Regelungen die erforderlichen Leistungen erbracht werden und im Vertragszeitraum nicht finanziell „nachgebessert“ werden muss.
· Die freien Träger haben die Sicherheit, im Vertragszeitraum finanziell und personell entsprechend kalkulieren zu können.

Das neu eingeführte Verfahren bedeutet eine hohe Planungssicherheit für alle Beteiligten und hat in den Jahren seit Projektbeginn dazu beigetragen, dass die Kosten im Budget Hilfen zur Erziehung auskömmlich bewirtschaftet werden konnten.

Die Zielsetzung, die finanziellen Mittel auskömmlich zu bewirtschaften, ist erreicht worden. Im Zeitraum 2004 – 2006 war zudem eine Absenkung der Ausgaben möglich. Es ist aufgrund der aktuellen Entwicklung im Jahr 2007 davon auszugehen, dass das Budget 351204 – Erziehungshilfe auskömmlich bewirtschaftet werden wird.


Finanzierung der Leistungen im Rahmen der vertraglichen Grundlagen
Die Höhe der Kostenerstattung für das eingesetzte Personal ist vertraglich festgelegt.
Die beteiligten freien Träger haben den Einsatz des Personals nachgewiesen und
in der entsprechenden Höhe Kostenerstattung erhalten.
Die Zuordnung des Personals zu den einzelnen Dienststellen des KSD richtete sich zu Beginn der stadtweiten Einführung (2005) nach der tatsächlichen Verteilung der ambulanten Hilfefälle im Jahr 2003. Seit dem Jahr 2006 wird das Personal zu 70% nach der Fallbelastung und zu 30% nach den sozialstrukturellen Belastungsdaten des Zuständigkeitsbereiches der Dienststellen des KSD zugeordnet. Die Belastungsdaten der Sozialräume sind im Rahmen der Bezirkskorrektur des KSD (Personalverteilung auf die Dienststellen) ermittelt worden.

Jahr

Kostenerstattung
Planstellen (Jahresdurchschnitt)
2002
Stadtbezirk 9
713.625 €
13
2003
Stadtbezirk 9
1.024.681 €
15
2004
Stadtbezirk 9
1.238.410 €
15
2005
Alle Stadtbezirke
8.668.606 €
127,43
2006
Alle Stadtbezirke
8.729.191 €
127,43
2007
Alle Stadtbezirke alte Träger
8.777.949 €
127,43
2007
Alle Stadtbezirke neue Träger
560.670 €
9
2007
Summe
9.338.619 €
136,43

Die Fallzahlentwicklung ist nach einem Rückgang wieder leicht ansteigend. Die Intensität der Bearbeitung der Einzelfälle ist in der Übersicht nicht abgebildet. Die veränderte Arbeitsweise und Veränderungen im Sozialraum haben sich auf die Verteilung der Fälle auf die Stadtbezirke ausgewirkt.


Stadtbezirk 9

2002 2003 2004
März 44 März 52 März 62
Juni 41 Juni 54 Juni 65
September 43 September 53 September 67
Dezember 49 Dezember 53 Dezember 63

Stadtgebiet Hannover

2005 2006 2007
März 516 März 533 März 572
Juni 519 Juni 559 Juni 578
September 534 September 556
Dezember 533 Dezember 524


7. Entwicklung des Projekts im Jahr 2007

7.1 Erweiterung des Projekts
Im Verlauf des Jahres 2006 wurden Gespräche mit allen HzE-Trägern in Hannover aufgenommen, die ambulante Hilfen anbieten und bis dato nicht in das Vertragswerk zum „Umbau der HzE“ eingebunden waren.

Zielstellung hierbei war,
· trägerseitig eine Bewertung zu erhalten, ob Interesse an der Teilnahme (und somit einer Budgetierung) besteht
· spezielle Angebote im Vertragswerk zu platzieren, um sie sozialräumlich, regional oder zentral besser zugänglich zu gestalten.

Hierbei handelt es sich um spezielle Leistungen für drogenkonsumierende Kinder/ Jugendliche, tagesstrukturierende Maßnahmen, besondere Elternarbeit und -trainings für Familien mit Kindern in Bereitschaftspflege, besonders intensive ambulante Hilfen für Alleinerziehende mit Kind, besondere Gruppenangebote für jugendliche Aussiedler und spezielle Mädchenarbeit in den ambulanten HzE.

Im Rahmen dieser Planungen wurden weitere acht Träger (s. Pkt. 2) mit ihren Leistungen und einem festen Budget per Einzelvertrag ab 01.01.2007 in den Umbauprozess einbezogen.

Zum Stichtag 31.08.2007 liegen für die neuen Träger folgende Fallzahlen vor:


Laufende Fälle am 31.8.07
abgeschlossene
Fälle
AWO Region Hannover e.V.
4
1
Kinder- und Jugendheim Limmer
4

Kinder- und Jugendhilfe St. Joseph
9
4
Pestalozzistiftung
2
7
STEP/Gesellsch. für Sozialtherapie- u. Pädagogik
3

Mädchenhaus Hannover
6

Prisma e.V.
4

Im September und Oktober 2007 wird mit den 2007 dazugekommenen Trägern in Einzelgesprächen geklärt, ob das Angebot den erforderlichen Bedarfen entspricht und ob eine weitere Vertragsverlängerung erforderlich ist und gewünscht wird.

7.2 Aktenauswertung im Kommunalen Sozialdienst
Im Vorgriff auf die umfassende Überprüfung von Wirkung und Nachhaltigkeit erzieherischer Hilfen wurde durch das Institut ISSAB der Universität Duisburg-Essen eine externe Aktenauswertung von 20 Akten des KSD aller in 2006 beendeten ambulanten Erziehungshilfen vorgenommen.
Die Akten wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt.

Bezogen auf die Wirkung erzieherischer Hilfen im Sinne von Zweckerfüllung, der Nachhaltigkeit und der Zielerreichung wird Folgendes festgestellt:
· Die Aktenführung sowie die Verlaufsdarstellungen bewegen sich auf hohem Niveau.
· Die Qualitätsstandards werden von allen Fachkräften beachtet.
· In allen betrachteten Fällen wurde der gesetzliche Auftrag in einer Art und Weise aufgegriffen und verfolgt, die dazu beigetragen hat, dass der Zweck der Hilfe, mindestens den Lebensbezug zur Familie zu erhalten und hierbei zumindest einer Situationsverschlechterung entgegenzuwirken, erreicht wurde.
· Eine Wirksamkeit der Hilfe im Sinne nachhaltiger Vermeidung einer erneuten formalen
Hilfe – hier bezogen auf den Zeitraum von der Beendigung der Hilfen im Jahr 2006 bis
Juni 2007 (also mindestens 6 Monate) – lässt sich für 95% der untersuchten Fälle
feststellen.
· Bezieht man die aus den Verlaufsdokumentationen erkennbaren Positivtendenzen in
Richtung Zielerreichung mit ein und betrachtet auch die „teilweise erreichten“ Ziele als
Beleg der Wirkung, dann ist hier von einer Wirksamkeit von 66% auszugehen.
Die betrachteten ambulanten erzieherischen Hilfen haben – (individuelle wie soziale) Ressourcen aufgreifend – junge Menschen und Familien in ihrem Umgang mit Belastungen und krisenhaften Situationen unterstützt. Sie haben ihren Beitrag daran, dass Adressat/innen eigene (Lösungs-) Vorstellungen formulieren, sich mit ihren Vorstellungen ernst genommen und unterstützt erleben und eigene Vorstellungen in ihrem gewohnten Umfeld verwirklichen.


8. Bewertung des Projektes
Der Auftrag war, gemäß den fachlichen Standards und den Projektzielen Adressatenorientierung, Ziel- und Lösungsorientierung, Ressourcenorientierung sowie Sozialraumorientierung, die Erbringung und Durchführung der Hilfen zur Erziehung so umzubauen, dass es stärker als früher zu sogenannten „Maßanzügen,“ d. h. einer auf den speziellen Bedarf der Hilfesuchenden maßgeschneiderten und nicht ausschließlich an der Gesetzessystematik orientierten Hilfe kommt. Zu beachten dabei war und ist auch die auskömmliche Bewirtschaftung des Haushalts Hilfen zur Erziehung.

Kooperation öffentlicher und freier Träger
Die Kooperation zwischen öffentlichem Träger und freien Trägern basiert auf der Planungsverantwortung des öffentlichen Trägers, wie sie in § 80 SGB VIII normiert ist. Diese bietet ausreichende Möglichkeiten der Kooperation zwischen den Vertragspartnern. Ergebnis des Reformprozesses ist, dass dies besser und erfolgreicher erfolgt als zu Beginn im Jahr 2000.
Entscheidend für den bislang erreichten Umsetzungsgrad sind insbesondere folgende Weichenstellungen:
1. die stadtweite Umsetzung für alle ambulanten Hilfen nach §§ 29, 30, 31 SGB VIII
2. die auskömmliche Bewirtschaftung des Haushaltsansatzes


3. die gemeinsame, mehrtägige Personalqualifizierung aller Mitarbeiter/innen des öffentlichen und der beteiligten freien Träger
4. die abgestimmte Kooperation und Planung auf allen Projektebenen
5. für alle Vertragspartner verbindliche und verlässliche Strukturen sowie
6. die Einführung eines gemeinsam entwickelten und umgesetzten Qualitätsmanagement

Nach nahezu drei Jahren eines stadtweiten Umsteuerungsprozesses sind die veränderten Verfahren im Alltag integriert.
Die HzE-Teams haben sich als Kernelement einer veränderten Jugendhilfepraxis etabliert. Das in den Personalqualifizierungen eingeführte gemeinsame Beratungsverfahren wird für alle Neufälle (incl. möglicher teilstationärer und stationärer Maßnahmen) angewendet.
Grundsätzlich ist zu beobachten, dass die Zielorientierung bzw. Zielformulierungen in der Fallarbeit und in der fallunspezifischen Arbeit konkreter und stärker am Willen der AdressatInnen formuliert und im Sozialraum initiiert werden.

Kooperation der freien Träger
Die Kooperation der freien Träger untereinander erfolgt seit 2005 auf Grundlage eines gemeinsamen Vertrages und eines gemeinsamen Budgets – auch wenn dieses trägerbezogen vereinbart wird. Damit ist es nicht mehr notwendig, dass die Träger für die ambulanten Hilfen konkurrenzhaft agieren. Der ‚Wettbewerb’ bei Konzepten bzw. Inhalten bleibt weiterhin erhalten. Es ist den freien Trägern gelungen, sowohl in fachlicher als auch struktureller Hinsicht die notwendigen Verständigungen zu erzielen.

Aus der Sicht der externen wissenschaftlichen Begleitung (Prof. Dr. W. Hinte) wird das Projekt wie folgt bewertet:
„Der Fachbereich Jugend und Familie der Landeshauptstadt Hannover hat mit diesem Projekt bereits frühzeitig die Konsequenzen aus einer sozialpädagogischen und juristischen Fachdiskussion gezogen, die – damals angestoßen durch die KGSt – dazu geführt hat, dass heute deutschlandweit das Fachkonzept „Sozialraumorientierung“ breit akzeptiert ist und sich in Kontraktmanagement-Prozessen zwischen öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe in systematischer Weise Inhalte abbilden, die auf eine stärkere Nutzung von sozialräumlichen und individuellen Ressourcen, auf einen stärkeren Einbezug der Interessen des Klientels und eine passgenauere und zügiger erbrachte Hilfeleistung zielen.
Im bundesweiten Vergleich fällt auf, dass die Stadt Hannover sich relativ frühzeitig auf den o.g. Weg gemacht hat, und zwar in einer konzeptionell durchdachten, von zahlreichen Akteuren der Jugendhilfe gemeinsam getragenen und in einer kleinschrittigen Art und Weise, was u.a. dazu geführt hat, dass zahlreiche der handelnden Personen und Träger vor Ort mit auf den Weg genommen wurden und mit ihren Anregungen und zum Teil berechtigten Einwänden einbezogen wurden.
Insofern ist der hannoversche Prozess sowohl fachlich getragen als auch steuerungstechnisch solide durchgeführt und hebt sich damit angenehm ab von konzeptionellen Schnellschüssen, verzettelten Einzelaktionen und banalen Sparkonzepten.
Angesichts des bisherigen Verlaufs, der dokumentierten Erfahrungen sowie der fachlichen und wirtschaftlichen Erfolge des hier in Rede stehenden Projekts ist die Übernahme der dort entwickelten Strukturen und Verfahren in den Regelbetrieb ein äußerst folgerichtiger Schritt.“


9. Perspektiven
Das Projekt „Umbau Hilfen zur Erziehung“ ist befristet bis zum 31.12.2007.
Die mit den freien Trägern der Hilfen zur Erziehung abgeschlossenen Verträge bieten bei positiver Bewertung die Möglichkeit, den begonnenen Umbauprozess nunmehr im Regelbetrieb über den 31.12.2007 hinaus fortzusetzen.
Seitens der freien Träger ist deutlich gemacht worden, dass hieran Interesse besteht.
Der Verlauf des Projekts kann – wie unter Punkt 8. dargelegt – als bislang gelungen beschrieben werden.
Bei einer Fortführung im Regelbetrieb müssen folgende Aspekte beachtet bzw. bearbeitet werden:
· Der begonnene Umbauprozess wird stärker als bislang in die Struktur der AG „Erziehungshilfen“ gem. § 78 SGB VIII integriert. Die erforderliche Fachplanung mit allen Trägern findet in diesem Rahmen statt.
· Vertragliche Regelungen zwischen öffentlichem Träger und freien Trägern werden außerhalb der o.g. AG gem. § 78 SGB VIII getroffen.
· Der im Jahr 2007 eingeleitete Einbezug neuer Träger wird fortgeführt. Im Jahr 2008 wird geprüft, ob der Bedarf weiterhin besteht.
· Ein Haupthindernis für eine weitergehende Veränderung der Jugendhilfepraxis ist die fehlende vertragliche Einbindung der teil- und vollstationären Hilfen zur Erziehung. Hier ist zu klären, wie unter Berücksichtigung rechtlicher Gegebenheiten Verträge mit Leistungsanbietern geschlossen werden können, um so kurzfristig wechselnden pädagogischen Bedarfen bei Kindern, Jugendliche und den Familien gerecht werden zu können.
· Die Planung und Umsetzung für sozialräumliche Vorhaben und Fallbetreuung im Rahmen der Regelpraxis muss intensiver genutzt werden. Damit verbunden sein muss auch die Vernetzung mit angrenzenden Bereichen wie der offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Kindertagesstätten. Erste gemeinsame Planungen sind bereits im Rahmen einer Unter-AG § 78 SGB VIII erfolgt.
· Ein spezieller Fokus wird aufgrund aktueller Entwicklungen auf die breite Kooperation Jugendhilfe – Schule (Erziehung und Bildung) gerichtet. Erste Ansätze sind in diesem Projekt bereits erfolgt.
· Ausgehend von der bundesweit aktuell geführten Debatte über Wirkungsorientierung in der Jugendhilfe ist der begonnene Prozess der Qualitätsentwicklung und Wirkungsorientierung fortzusetzen und mit externer wissenschaftlicher Unterstützung zu begleiten.

Die Verwaltung wird zur Überleitung des Reformprozesses „Umbau Hilfen zur Erziehung“ in den Regelbetrieb ab 2008 eine gesonderte Beschlussdrucksache vorlegen.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

51.2 
Hannover / 12.11.2007