Informationsdrucksache Nr. 2704/2020:
Zur Entwicklung der Tanzförderung

Inhalt der Drucksache:

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2704/2020
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Zur Entwicklung der Tanzförderung

Der Kulturausschuss der Landeshauptstadt Hannover hat in seiner Sitzung vom 16.11.2018 mit dem Änderungsantrag zum Haushalt H 0437/2019 die Verwaltung beauftragt, die Tanzförderung neu zu organisieren. Folgende Änderungen wurden von der Kulturverwaltung daraufhin vorbereitet und vom Kulturausschuss beschlossen:

1. Entwicklung und Abschluss eines Drei-Jahres-Vertrags zur institutionellen Förderung für Landerer & Company e. V. (DS Nr. 0847/2019 "Förderung Landerer&Company 2019 bis 2021")

2. Entwicklung und Abschluss eines Drei-Jahres-Vertrags zur Projektförderung des Festivals TANZtheater INTERNATIONAL, Laufzeit 2019-2021. Dieser schließt einen Auftrag zur Nachwuchsförderung mit ein, etwa mit der Choreograf*innenresidenz THINK BIG (DS Nr. 1854/2019 "Zuwendungsvertrag Festival TANZtheater INTERNATIONAL 2019-2021")

3. Vereinbarung einer Fixmiete an das Kulturzentrum Faust für die Nutzung des Tanzraum FAUST (DS Nr. 3145/2019 "Tanzförderung im Haushaltsjahr 2020")

4. Einrichtung einer Tanzförderung mit Installation einer eigens für die Sparte Tanz agierenden Jury (Vergabe 2019: DS Nr. 1527/2019 "Tanzfonds 2019"; Vergabe 2020: DS Nr. 3145/2019 "Tanzförderung im Haushaltsjahr 2020")



Zu den Punkten 1-3 werden von der Verwaltung im ersten Halbjahr 2021 Beschluss-Drucksachen für die Weiterführung ab 2022 erarbeitet. Darin wird auch über die in den letzten beiden Jahren gemachten Erfahrungen und Entwicklungen im Zusammenhang mit den genannten Maßnahmen berichtet werden. Parallel wird die Kulturverwaltung beginnen, ein Konzept zur Weiterentwicklung der Tanzszene in der Landeshauptstadt Hannover zu erarbeiten (KEP Handlungsfeld 1, Ziel 3, Maßnahme 6).

Die vorliegende Informationsdrucksache informiert – wie in DS Nr. 3145/2019 (Anlage 3) angekündigt – über die im Jahr 2019 neu eingerichtete Tanzförderung und die Juryarbeit („Tanzfonds 2019, 2020 und folgende Jahre“, vgl. oben Punkt 4). Darüber hinaus sollen nachfolgend aufgeführte Erfahrungsberichte und Expertisen zur Situationsanalyse der Tanzlandschaft kurz zusammengefasst werden:

- Einschätzungen zur Tanzentwicklung aus dem Netzwerk Freier Tanzschaffender in Niedersachsen

- Erfahrungen des Landesverbandes der Freien Theater Niedersachen (LaFT) als Interessenvertretung der Freien Theater- und Tanzschaffenden in Niedersachsen

- Statement der Tanzjury und Positionspapier des Netzwerk TANZ Hannover

- Entwicklungspotential einer (fach-) bereichsübergreifenden Tanzförderung


Tanzfonds 2019, 2020 und folgende Jahre

Die Ausschreibung (vgl. Anlage 1: Ausschreibung 2021, analog auch in 2019 und 2020) wurde so gestaltet, dass eine hohe Anschlussfähigkeit an die langjährige Förderung des Freien Theater Hannovers besteht, die bis 2019 keine Unterscheidung zwischen Theater- und Tanzschaffenden vorsah. Fließende Grenzen zwischen Theater- und Tanzproduktionen sollen berücksichtigt werden und gleichzeitig soll der Tanz als eigenständige Kunstform spezifischer gefördert werden können. Die versetzten Antragsfristen (Theater 1.09., Tanz 1.11.) und die personelle Überschneidung in der Jurybesetzung sorgen ebenfalls dafür, dass Anträge nicht zwischen die Kategorien fallen, sondern vom jeweils passenden Auswahlgremium (Theaterbeirat oder Tanzjury) behandelt werden. Auch die Interessengemeinschaft Freies Theater Hannover versteht sich nach wie vor als Interessenvertretung der Theater- und Tanzschaffenden.

Wie bereits für die Vergaben 2019 und 2020 in den DS Nr. 1527/2019 und Nr. 3145/2019 berichtet, wurde eine im Vergleich zum Theaterbeirat verkleinerte Jury zusammengesetzt. Da eine Evaluation der Förderinstrumente und entsprechende Überarbeitung von Richtlinien und Förderverfahren durch den Kulturentwicklungsplan (KEP) in den kommenden Jahren ohnehin beschlossen ist (KEP Handlungsfeld 1, Ziel 2), empfiehlt es sich, die derzeit bestehende Jury und das derzeitig geltende Vergabeverfahren bis zu einer Änderung der Richtlinien beizubehalten. Das Vergabeverfahren orientiert sich an der Geschäftsordnung des Theaterbeirates und den Richtlinien zur Förderung des Freien Theaters in Hannover (RFTH). Da mit dem Änderungsantrag zum Haushalt H 0437/2019 zusätzliche Mittel für den Tanz eingestellt wurden, kann die Projektförderung Tanz ohne Fördermittelminderung bei der Theaterförderung vergeben werden.

Die – traditionell auch für die Tanzförderung geltenden – Richtlinien (RFTH) sehen als Förderinstrument auch die mehrjährige Grundförderung vor. Diese ist im aktuellen Fördersystem im Bereich Tanz nach der Trennung der Tanz- und Theaterförderung noch nicht separat darstellbar. Sollte diese aus den 2019 eingestellten Tanz-Mitteln mit vergeben werden, würde dies zu einer Reduzierung der möglichen Projektförderungen führen. Wird eine neue Tanz-Grundförderung aus den Grundförderungsmitteln des Theaterbeirates vergeben, würde dies wiederum eine Reduzierung der Projektförderungen im Theaterbereich nach sich ziehen. Die Grundförderung wurde bei der Einrichtung der Tanzförderung noch nicht berücksichtigt, da es zum Zeitpunkt 2019 noch keine Antragsberechtigten gab (Ausnahme: Landerer & Company, deren Förderung aber mit demselben Beschluss ab 2019 in eine mehrjährige institutionelle Förderung überführt wurde). Ab 2022 werden voraussichtlich neben der Landerer & Company weitere Tanzschaffende die notwendigen Kriterien für eine Grundförderung erfüllen und antragsberechtigt sein.

Die Tanzjury selbst ist überzeugt, dass die Einrichtung der Tanzförderung ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des Tanzes in Hannover und über Hannover hinaus sei. Es fehle aber an frei verfügbaren Proberäumen, Trainingsräumen und Aufführungsorten speziell für Tanz, die einer wachsenden Nachfrage entsprechen könnten (vgl. DS Nr. 3145/2019, Anlage 1).

Einschätzungen zur Tanzentwicklung aus dem Netzwerk Freier Tanzschaffender in Niedersachsen

Der Landesverband der Freien Theater in Niedersachsen (LaFT), als Interessenvertretung der Theater- und Tanzschaffenden, ist ein wichtiger Partner für die Kommunikation mit der Freien Szene der Darstellenden Künste. Im November 2019 wurde gemeinsam mit dem Kulturbüro eine Umfrage zu dringenden Handlungsbedarfen durchgeführt.

Der größte Verbesserungsbedarf wird bei den Szenevertreter*innen bei Räumen und Finanzen gesehen. Räume werden vorrangig für Aufführungen, Proben und Trainings benötigt. Ein Aufwuchs der Fördermittel wird am dringlichsten für mehrjährige Projektförderungen (Grundförderung) und Wiederaufnahmen gewünscht. Beratungsbedarf gibt es vor allem zu den Rahmenbedingungen der künstlerischen Produktion (Anträge, Fristen, Verfahren, Zugang zu Räumen) und zu Netzwerkfragen.

Erfahrungen des Landesverbandes der Freien Theater Niedersachsen (LaFT) als Interessenvertretung der Freien Theater- und Tanzschaffenden in Niedersachsen

Der LaFT als Interessenvertretung begrüßt in einer Stellungnahme an das Kulturbüro den Ausbau der Tanzförderung in der Landeshauptstadt Hannover und stellt fest, dass die Beratungsanfragen von professionellen Tanzschaffenden zunehmen. Auch gibt es seit 2019 bereits mehrere neue Verbandsmitglieder aus dem Tanzbereich. Die Geschäftsführung bescheinigt der Landeshauptstadt Hannover ein hohes Potential für den Tanz, schätzt aber auch ein, dass die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen über Wachstum oder Schrumpfung der Tanzszene entscheiden werden. Wesentliche Parameter seien Bühnen für Vorstellungen und Antragsoptionen für Mittel im Bereich Tanz.

Statement Tanzjury und Positionspapier des Netzwerk TANZ Hannover

Die Initiative Netzwerk TANZ Hannover (TANZtheater INTERNATIONAL/Tanz und Theater e. V., Staatsballett Hannover, Landerer & Company e. V., Internationaler Wettbewerb für Choreographie/Ballettgesellschaft Hannover e. V., Commedia Futura e. V./Theater in der Eisfabrik) beschreibt in einem im Rahmen des Beteiligungsprozesses zur Bewerbung Hannovers als Kulturhauptstadt verfassten Positionspapier (vgl. Anlage 2), dass „in Hannover im Verhältnis zur Einwohnerzahl strukturell ein vergleichsweise überschaubares Angebot an Orten für den Tanz besteht.“

Bei der Einrichtung von (temporären) Produktions- und Aufführungsorten im Rahmen der Kulturhauptstadt 2025 solle daher ein „besonderer Fokus […] auf der Entstehung von neuen (Tanz-) Produktionen liegen, da hierfür aufgrund der besonderen erforderlichen Bedingungen in Hannover bislang kaum Möglichkeiten bestehen.“

Dieser Ort solle neben dem Tanz auch für weitere Kunst- und Kultursparten zur Verfügung stehen und nationale und internationale Strahlkraft entfalten. Er solle zugleich Präsentationsplattform und Produktionshaus, Ort der Begegnung und des Austausches, der Fortbildung und der Forschung sein (vgl. Anlage 2).

Das Statement der Tanzjury, welches, im Rahmen des Beteiligungsprozesses zum KEP erarbeitet wurde, beschreibt als Hauptproblem bzw. Entwicklungshemmnis für die Tanzszene in Hannover die begrenzten Räumlichkeiten: „Ohne Räume keine Entwicklung. Potentiale werden nicht genutzt, Modelle nicht umgesetzt. Tanzvermittlung findet weniger statt als möglich wäre usw. Eine Szene wird nicht wachsen, wenn kein Raum dafür da ist. Die Abwanderung von vielversprechenden Tanzschaffenden setzt sich fort.“

Bei der Ausweitung von Räumen für Tanz gehe es nicht nur um den Ausbau einer Kunstform, sondern auch um eine bessere Nutzung des Mediums Tanz für bekannte Ziele der Landeshauptstadt Hannover: Internationalisierung, Integration, Gesundheitsförderung.

„Workshop-Programme für besondere Personengruppen, z.B. für chronisch Kranke, körperlich und/oder geistig eingeschränkte Personen durch alle Altersstufen, generationsübergreifend und transkulturell. (Hier entstehen bundesweit gesellschaftlich hoch relevante Modellprojekte. Hannover sollte dabei sein!)“

Mit einem Produktionsort könnte Hannover außerdem, so die Tanzjury, an bestehende bundesweite (und europäische) Netzwerke andocken (vgl. Anlage 3).

Entwicklungspotentiale einer (fach-) bereichsübergreifenden Tanzförderung

Die Trennung der Arbeitsfelder Kulturförderung und kulturelle Bildung in zwei unterschiedliche Bereiche des Fachbereichs Kultur ist ein historisch gewachsenes Spezifikum der Kulturverwaltung der Landeshauptstadt Hannover. Sowohl in Bereich 41.5 Stadtteilkultur als auch im Bereich 41.1 Kulturbüro gibt es ein gestiegenes Interesse an der Tanzkunst, auch für Kinder- und Jugendliche, an Festivals, an der Qualitätsentwicklung in Tanz und Tanzpädagogik. Gemeinsames Interesse besteht auch an der Strukturentwicklung für den Tanz, um Angebote im Bereich von Tanzkunst und Tanzpädagogik besser zu verzahnen – einerseits, um die Angebote der kulturellen Bildung im Tanz mit den künstlerischen Angeboten zu vernetzen und damit den Bildungswert zu verbreitern, andererseits um die Tanzförderung für Tanzschaffende durch Arbeitsmöglichkeiten im Bereich der kulturellen Bildung zu verbessern. Durch ein stärkeres Ineinandergreifen von Förderungen und Programmen werden die Potentiale des Tanzes besser genutzt, Angebote erweitert und Ressourcen für den Tanz gebündelt (vgl. dazu im KEP: Handlungsfeld 1, Modellprojekt 1 – Transformation der Kulturverwaltung, besonders Maßnahmen 1, 3 und 4; Handlungsfeld 1, Ziel 2, Maßnahme 4 – bestehende Förderlücken werden geschlossen).

Das Potential des Tanzes kann allerdings ohne zusätzliche Räume (bzw. Zugriffsrechte auf bestehende Räume) nicht oder nur teilweise genutzt werden. Dies gilt sowohl im Bereich der künstlerischen Produktion als auch im Bereich der Tanzvermittlung, für Workshops und Trainings bis hin zur Weiterentwicklung der etablierten Größen wie dem internationalen Wettbewerb für Choreographie und der mittlerweile auch mit Bundesmitteln geförderten Compagnie Landerer & Company.

Fazit

Die Landeshauptstadt Hannover hat die Entwicklung des Tanzes in den letzten Jahren erfolgreich vorangetrieben. Für eine nachhaltige Weiterentwicklung und eine Aufrechterhaltung des Interesses der Tanzschaffenden an Hannover als Arbeits- und Lebensort sind im Rahmen der Kulturentwicklung in der Landeshauptstadt die räumlichen, finanziellen und personellen Rahmenbedingungen weiter zu stärken und auszubauen. Dann kann Tanz in Hannover und für Hannover eine gleichberechtigte Präsenz innerhalb der Künste gewinnen, kann zu Bildung und Integration innerhalb der Stadtgesellschaft ebenso beitragen, wie durch die Beteiligung an nationalen und internationalen Netzwerken die Strahlkraft Hannovers als Kultur(haupt)stadt bewegt und bewegend unterstützen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Gender-Aspekte werden nicht berührt.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

41.1 
Hannover / 16.11.2020