Informationsdrucksache Nr. 2597/2012:
HEiS-Projekt (Hilfen zur Erziehung im Stadtteil)

Inhalt der Drucksache:

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2597/2012
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HEiS-Projekt (Hilfen zur Erziehung im Stadtteil)

Die Verwaltung informiert mit diesem Bericht über die Ergebnisse und die Auswertung des HEiS-Projekts (DS 0885/2010).
Das Projekt HEiS hatte zum Inhalt, im Zeitraum 01.08.2010 – 31.07.2012 im Rahmen des Reformprojektes 'Umbau Hilfen zur Erziehung' den Einbezug der teil- und vollstationären Hilfen zu erproben. Mit Zustimmung der Fach-AG §78 wurde für eine Verlängerung des Projektzeitraums bis zum 31.12.2012 votiert. Durch strukturelle Anfangsschwierigkeiten und eine daraus resultierende längere Anlaufphase im Projekt wurde deutlich, dass bestimmte Fragestellungen und Erfahrungswerte im HEiS-Projekt über den vereinbarten Projektzeitraum hinaus weiter untersucht und ausgewertet werden mussten, um die Ergebnisse des Projekts nachhaltig bewerten zu können.
Im HEiS-Projekt wurde es erforderlich, die bisherigen Strukturen in den jeweiligen Stadtbezirken entsprechend zu verändern, zu modifizieren und an die Bedarfe in Zusammenarbeit mit den vor Ort tätigen Schwerpunktträgern der Hilfen zur Erziehung anzupassen.
Die Umsetzung des Projekts und die praktische Betreuung der laufenden HEiS-Fälle in den Projekt-Stadtbezirken 2-Vahrenwald-List- und 4-Groß-Buchholz- wurde von den Schwerpunktträgern Heimverbund, Stephansstift und Arbeitsgemeinschaft für Wohngruppen in gleichberechtigter Kooperation mit dem öffentlichen Träger abgestimmt und umgesetzt.
Ziel war es, vollstationäre Hilfen für Kinder und Jugendliche möglichst ortsnah, d. h. in der Nähe ihres Zuhauses und ihrer Eltern zu erbringen, um so Eltern stärker als bislang in den Erziehungsprozess mit einzubeziehen und eine schnellere Rückführung zu ermöglichen. Im Jahr 2010 wurde eine gemeinsame Geschäftsordnung für das HEiS-Projekt in den Stadtbezirken 2 und 4 entwickelt, die im Juni 2010 in Kraft trat. Die Leistungen und Angebote für Kinder, Jugendliche und deren Familien im HEiS-Projekt sollten transparent, durchlässig und passgenau sein und die Übergänge zwischen den Hilfearten erleichtern. Für jeden erzieherischen Hilfebedarf sollte eine individuelle und passgenaue Lösung im Sozialraum erarbeitet werden. Die Grundlage dafür bildeten die vereinbarten fachlichen Grundhaltungen im Projekt HEiS: Genderorientierung, Ressourcenorientierung, Adressaten- und Adressatinnenorientierung und Sozialraumorientierung.

Ergebnisse des HEiS-Projekts
Im Rahmen bestehender Gremienstrukturen wurden die potentiellen HEiS-Fälle beraten und geplant. Die mit der HEiS-Systematik verbundenen Planungsprozesse wurden systematisch und fortlaufend durch eine standardisierte und praxisnahe Fallberatungsdokumentation beschrieben.
Nach einer ersten Anlaufphase wurden insgesamt zehn HEiS-Fälle in beiden Projektbezirken betreut. Es wurden mehr potentielle HEiS-Fälle in den Projektbezirken im Vorfeld einer Hilfe beraten als letztendlich betreut wurden. Unterschiedlichste Gründe, wie z.B. besondere Gefährdungen im Stadtteil für die betroffenen Kinder und Jugendlichen, nicht kooperationsfähige Eltern und spezielle Bedarfe für die es keine passgenauen Hilfen im Stadtteil gibt, führten dazu, dass nicht alle beratenen Fälle in den Projektbezirken nach der HEiS-Systematik betreut werden konnten.

Alle HEiS-Fälle wurden in den bestehenden Planungsstrukturen im KSD (HzE-Team, Kollegiale Beratung) beraten. Jeweils ein/e Vertreter/in der in dem HEiS-Projekt tätigen teil- und vollstationären Gruppen in den Stadtbezirken 2 und 4 wurden an den regulären kollegialen Beratungen in den HzE-Teams beteiligt
In der Regel wurden die stationären Kapazitäten der Schwerpunktträger für die Unterbringung und Betreuung der betroffenen Kinder und Jugendlichen genutzt. In den anderen Fällen wurden punktuell Kapazitäten anderer teil- und vollstationärer Träger in den Projektbezirken genutzt.
Mit Hilfe einer qualitativen Untersuchung (Interviews) wurden die Wirkungen des HEiS-Projekts für die Adressaten/innen und Fachkräfte untersucht.
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten positive Wirkung für Fachkräfte und Adressatinnen und Adressaten in Bezug auf die
· Motivation der Fachkräfte durch die gemeinsame Verantwortung für den Stadtteil
· Beteiligung von teil- und vollstationären Gruppen am HzE-Team (fachliche Perspektiverweiterung)
· enge Kooperation und Zusammenarbeit im Sozialraum („es muss kooperiert werden“) in Umsetzungsgremien
· gleichberechtigte Partizipation von Adressaten/innen in ihrer unmittelbaren Lebenswelt
· eine höhere Erreichbarkeit von untergebrachten Kindern und Jugendlichen für die Eltern durch die wohnortnahe und enge Betreuung der Familien auf kurze Distanz
· die effektivere Verzahnung von Mehrfachhilfen in einer Familie

Aufgrund finanzieller und rechtlicher Rahmenbedingungen, die es nicht ermöglichen, freie Plätze bei den Anbietern teil- und vollstationärer Hilfen zeitnah und flexibel zu nutzen, konnten die Projektpartner nur eingeschränkt die für das Projekt erforderlichen Kapazitäten in ihren Einrichtungen vorhalten. Das zentrale Ziel des Projekts, die durchlässige und bedarfsgerechte Bereitstellung von ambulanten und teil- und vollstationären Hilfen im Sozialraum der Adressaten und Adressatinnen, konnte hierdurch sehr begrenzt erreicht werden. Dies erklärt u.a. auch die vergleichsweise kleine Zahl an Fällen.
Zentrale Ziele des Projekts konnten aufgrund fehlender rechtlicher Rahmenbedingungen nicht erreicht werden. Die aus der Auswertung des HEiS-Projekts gewonnenen inhaltlichen Erkenntnisse werden im Rahmen der Fach-AG nach § 78 SGB VIII weiter bearbeitet.
Folgende Themen und Ideen auf Basis der Erfahrungen im Projekt, werden im Rahmen der Fach-AG §78 praxisorientiert für den Regelbetrieb der erzieherischen Hilfen in der Landeshauptstadt Hannover konzeptionell weiterentwickelt:

Arbeit im Sozialraum
Die gewonnenen Erkenntnisse aus Wirkungsinterviews mit Adressaten und Adressatinnen in laufenden HEiS-Fällen zeigen auf, dass der Sozialraum als Ordnungs- und Planungsbegriff perspektivisch und differenziert entlang der Sicht der Adressaten und Adressatinnen konzeptionell zu erweitern ist. Maßgeblich ist dabei der soziale Radius der Familie als primäre Planungsgröße. Der Sozialraum ist flexibel adressatinnen/adressaten- und lebensweltorientiert zu definieren:
· Institutionelle Einbindung der Familie im Stadtteil – z.B. Schule und Behörden, Peer-Groups etc.
· Eine systematische Ausrichtung der Zusammenarbeit zwischen den Fachkräften in den Hilfen zur Erziehung und zwischen den Primärsystemen im Stadtteil (z. B. Schule, Kita) und dem Gesundheitswesen.

Zusammenarbeit und Kooperation zwischen den Fachkräften
Das HEiS-Projekt hat aufgezeigt, dass die gemeinsame und strukturell eingebundene Kommunikation und Planung zwischen den Fachkräften und unterschiedlichen Hilfeformen, ein Standard in der Zusammenarbeit werden muss. Dafür können z. B. Strukturen und Systematiken, wie z. B. Umsetzungsgremien und im Bedarfsfall die Beteiligung teil- und vollstationärer Gruppen an kollegialen Beratungen, erhalten und/oder aufgebaut werden.
Durchlässige Hilfen erfordern ein entsprechendes Umdenken in den hilfeformgeprägten Selbstverständnissen der Fachkräfte und können durch Veränderungen auf der Strukturebene (gemeinsame Beratungen, Hilfeplanungen etc.) überwunden werden.

Elternarbeit
Im Projekt wurde das Thema Elternarbeit (z. B. wenn in einer Familie eine Mehrfachhilfe ambulant und stationär installiert wurde) intensiver beleuchtet und Standards für die Elternarbeit bei sozialräumlichen Hilfen erarbeitet.
Ziel von erzieherischen Hilfen muss zukünftig sein, ein gemeinsames fachliches Profil und Selbstverständnis zum Thema Elternarbeit zu entwickeln, unabhängig von der jeweiligen Hilfeform. Dies muss sich im Selbstverständnis und Haltungen, Handlungsaufträgen und Konzepten der Leistungsanbieter abbilden.
Handlungsleitend für die zukünftige Ausrichtung der Elternarbeit in erzieherischen Hilfen sind folgende Aspekte:
· Hauptziel von stationären Hilfen ist es, die Rückkehr von Kindern in den elterlichen Haushalt zu ermöglichen.
· Eltern und Kinder sollen eine Beziehung haben.
· Eltern sind immer eine Ressource - auch wenn sie nicht ihre Rolle wahrnehmen können.
· Elternarbeit muss in der Hilfeplanung in jedem Einzelfall mit differenzierten Hilfezielen beschrieben werden.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Es wird in besonderer Weise dazu beigetragen, die Vereinbarkeit zwischen Familie, Ausbildung und Beruf zu ermöglichen.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen. Die Finanzierung erfolgt aus dem zur Verfügung stehenden Haushaltsansatz im Deckungskreis der erzieherischen Hilfen.

51.2 
Hannover / 08.11.2012