Drucksache Nr. 2398/2007:
Vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 1698, Adickesstraße
Ablehnung des Antrages über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens,
Einstellung des Verfahrens

Informationen:

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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In den Stadtbezirksrat Südstadt-Bult
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2398/2007
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Vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 1698, Adickesstraße
Ablehnung des Antrages über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens,
Einstellung des Verfahrens

Antrag,

den Antrag der Reichsbund Wohnungsbau GmbH über die Einleitung des Verfahrens zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 1698 abzulehnen und das Verfahren einzustellen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Genderaspekte wurden geprüft. Eine unterschiedliche Auswirkung auf Frauen und Männer ist nicht zu erkennen.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

Begründung des Antrages

Die Reichsbund Wohnungsbau GmbH hat mit Schreiben vom 1. März 2007 einen Antrag auf Einleitung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes für die Grundstücke Adickesstraße 2-6 in der Südstadt gemäß § 12 BauGB gestellt. Das Vorhaben sieht den Bau von sechs 2-geschossigen Stadthäusern mit einer Tiefgarage mit 24 Einstellplätzen als Ersatz für den existierenden Garagenhof mit 36 Garagen vor.

Bereits 2001 wurde ein Verfahren für ein Wohnungsbauvorhaben in diesem Bereich beantragt, das aufgrund der massiven Kritik aus dem direkten Umfeld nicht eingeleitet und der Antrag stattdessen zurückgezogen wurde. Mit dem neuen Vorhabenträger wurde daher übereinkommend entschieden, vor der Entscheidung über die Einleitung eines Verfahrens eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen, um ein aktuelles Stimmungsbild insbesondere der betroffenen Anlieger einzuholen. Der Bezirksrat Südstadt/ Bult hat am 18.4.2007 die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung beschlossen.

Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 1698 wurde vom 8. Mai bis zum 7. Juni 2007 durchgeführt. Dabei wurden folgende Planungsziele formuliert: „Ausweisung einer Wohnbaufläche mit Baurechten für 6 Reihenhäuser mit Tiefgarage“.

Während dieser Beteiligung sind über 100 Schreiben mit Anregungen eingegangen, die sich vehement gegen das Vorhaben und ca. 7 Schreiben mit Anregungen von Bürgern, die sich deutlich für das Vorhaben aussprechen.

Die bei diesem Verfahren erstmals angewandte Möglichkeit, Anregungen per Internet zu übermitteln, wurde mit 5 Mails nur gering genutzt.

Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit wurde darüber hinaus am 15.5.2007 eine Informationsveranstaltung durchgeführt, in der der Vorhabenträger das geplante Vorhaben vorgestellt hat. Die ca. 70-80 Besucher dieser Veranstaltung sprachen sich vehement gegen die geplante Wohnbebauung aus. Die vorgebrachten Argumente entsprechen den in schriftlicher Form eingereichten Anregungen.

Insgesamt hat sich gezeigt, dass das Vorhaben vor Ort mit deutlicher Mehrheit trotz reduzierten Umfanges abgelehnt wird.




Anregungen:
In den eingebrachten Anregungen wurden im Wesentlichen die folgenden abwägungsrelevanten Argumente genannt:

Die geplante Bebauung füge sich nicht in die Umgebung ein und störe die Einheit zwischen Bebauung und Park, zumal die zweigeschossige Bebauung wie eine dreigeschossige wirke und kaum Unterschiede zu dem Bebauungskonzept von 2001 erkennen ließe. Da die Reihenhäuser für Familien gedacht seien, werde Lärm durch spielende Kinder befürchtet. Die Bebauung sei für Kinder gefährlich, da sie direkt auf die Straße laufen würden.

Befürworter des Bauvorhabens sehen in dem Abriss der „maroden, asbestverseuchter Garagen“ hingegen eine Möglichkeit die Wohnqualität des Wohnviertels in angemessener Form zu verbessern und aufzuwerten. Bei Verbleib des Garagenhofes werden gewerbliche Fehlnutzungen befürchtet, die künftig in den Garagen nicht auszuschließen seien. Das Vorkommen von Drogen- und Beschaffungskriminalität könne durch die Bebauung eingedämmt werden. Der Leerstand von Garagen spräche für eine Neuordnung des Grundstückes.

Während der Bauzeit werde mit Baulärm und Bauschäden im Bestand gerechnet, die zu einer Wertminderung der Wohnungen und zu Mietkürzungen während der Bauzeit führen könnten. Da das Vorhaben im Überschwemmungsgebiet liegt, sei ein tiefes Fundament erforderlich.



Grundsätzlich werden die Beeinträchtigung und der Verlust der Grünanlagen sowie negative Auswirkungen auf das Kleinklima, die Luftqualität und den Lebensraum für Tiere kritisiert.
So werde die Bebauung mit dem Verlust von Baumbestand (mind. 3 Bäume, 1 Hecke), darunter die größten, raumprägenden Bäume einhergehen und der Schutzzweck der Baumschutzsatzung damit außer Kraft gesetzt. Des Weiteren finde ein massiver Rückbau von Grün- und Erholungsflächen statt, verbunden mit unzumutbaren Emissionen durch Kamine, Schornsteine und Tiefgarage und damit ein unverantwortlicher Beitrag zum Klimawandel. Das vorhandene Grün sei ein Grund für den Wohnungserwerb gewesen. Ältere und insbesondere mobilitätseingeschränkte Bewohner seien auf das Grün angewiesen.

Befürworter sehen in dem Vorhaben die Chance, dass die verwilderte Grünfläche durch gestaltetes Grün im Umfeld der neuen Häuser ersetzt werde.



Weitere Aspekte werden in Zusammenhang mit dem Verkehr und Parken thematisiert. Eine Zunahme des Verkehrsaufkommens würde zu einer verschlechterten Lebens- und Wohnqualität beitragen und führe zudem zu einem erhöhten Parksuchverkehr. Durch den Verlust von den 36 Stellplätzen im Garagenhof, die durch lediglich 24 neue Einstellplätze in der Tiefgarage ersetzt würden, verschlechtere sich die Stellplatzsituation in dem Quartier erheblich. Zudem sei die Parkplatzsituation während der Großveranstaltungen um den Bereich Maschsee künftig noch schlechter.
Die Verkehrssituation in Adickesstraße verschlechtere sich dadurch, dass die Ausweichfläche vor den Garagenhöfen entfiele.

In einer weiteren Anregung wird hingegen begrüßt, dass der Fußweg künftig besser zu nutzen sei.

Unwahr sei, dass in der Vorhabenbeschreibung von einer Verbesserung der Parkraumsituation im öffentlichen Raum die Rede sei und die Garagen nur zu einem geringen Teil genutzt sind. Gegen die vermeintlich schlechte Vermarktbarkeit spräche, dass es für den benachbarten Garagenhof Wartelisten gäbe. Der beschriebene schlechte Bauzustand sei übertrieben.

In dem Vorhaben wird insgesamt eine Verschlechterung der Wohnqualität gesehen. Für sechs Reihenhäuser solle die Lebensqualität von 100 Familien erheblich beeinträchtigt werden. Angesichts des Wohnraumleerstandes und des prognostizierten Bevölkerungsrückganges in Hannover wird die Notwendigkeit des Vorhabens in Frage gestellt. Darüber hinaus sei beim Verkauf der Wohnungen zugesichert worden, dass der Ist-Zustand des Innenhofbereiches erhalten bleibt, woraus ein Vertrauensschutz abgeleitet werde. Eine Nachverdichtung sei nicht notwendig, da sie bereits durch Dachgeschossausbau (Geibelstraße 99-105, Mommsenstr. 9-10 und zum in der Adickesstraße) erfolgt sei.

In einem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass das Planungsgrundstück in die Garagenhoffläche Geibelstr. 107 reinragt, ebenso wie eine Treppe, die von der Adickesstraße auf diesen Garagenhof und weiter zur Geibelstraße führt. Die freie Befahr, - bzw. Begehbarkeit müsse das neue Planungsrecht wie bisher regeln.




Stellungnahme der Verwaltung:

Im Vergleich zu dem 2001 geplanten Vorhaben ist das heutige Vorhaben um zwei Vollgeschosse reduziert. Der Charakter des großzügigen, in unterschiedlichem Einzeleigentum befindlichen Grünbereiches wird jedoch auch durch die modifizierte Bebauung verändert. Der Bereich um die Adickesstraße kann als offene Blockrand- bebauung mit einem grünen Innenbereich beschrieben werden. In vergleichbaren Bebauungsstrukturen im Umfeld sind diese Innenbereiche bisher nicht durch Wohngebäude überbaut worden. Die bauliche Anordnung des Vorhabens würde nicht zu einer Gefährdung von Kindern führen, die direkt aus dem Haus kämen und auf der Straße ständen. Die Kinder würden von der Haustür zunächst in den 5 m langen Garten und dann auf einen öffentlichen Fußweg treten. Kinderlärm ist als übliche Begleiterscheinung einer Wohnnutzung zu tolerieren.

Die Befürworter des Vorhabens sehen darin eine Möglichkeit, bestehende, als Missstände empfundene Mängel im Plangebiet zu beheben. Eine gewerbliche Fehlnutzung ist aufgrund der B-Planfestsetzungen - Reines Wohngebiet und Stellplätze für den Garagenhof - nicht möglich. Dass es sich bei dem Garagenhof um einen Ort der Drogen- und Beschaffungs- kriminalität handelt, konnte von dem zuständigen Polizeikommissariat nicht bestätigt werden. Davon abgesehen, hat das Vorhaben durchaus Potentiale das Wohngebiet insgesamt aufzuwerten.

Beeinträchtigungen durch Bautätigkeiten und damit verbundenem Baulärm auf Nachbargrundstücken sind allgemein als temporär zu tolerieren. Das Gebiet liegt innerhalb des natürlichen Überschwemmungsgebietes der Leine (HQ 100). Welche erweiterten baulichen Maßnahmen daraus resultieren, lässt sich zum gegenwärtigen Planungsstand noch nicht sagen.



Hinsichtlich des Verlustes von Grünflächen kann festgehalten werden, dass die Realisierung des Vorhabens das Fällen von mind. 3 Bäumen und einer Hecke zur Folge hätte. Die Baumschutzsatzung würde dabei jedoch nicht außer Kraft gesetzt werden. Die Baumschutzsatzung lässt Ausnahmen aufgrund von Baummaßnahmen zu und regelt, dass entsprechender Ersatz für die Bäume und Sträucher gepflanzt wird. Dies wäre auch bei diesem Vorhaben der Fall. Ersatzpflanzungen könnten auf den Flächen, die entsiegelt werden sollen, neu gepflanzt werden.

Die befürchteten Auswirkungen auf das Kleinklima und die Luftqualität sowie den Lebensraum für Tiere lassen sich nicht bestätigen. Die geplanten 6 Reihenhäuser mit den entsprechenden modernen Heizungsanlagen und einer Tiefgarage würden sich auf die Luftgüte nicht rechenbar auswirken, Kamine sind darüber hinaus nicht geplant. Durch die Reduzierung der Garagen wäre ggf. eine Entlastung der Emissionen durch Pkws zu erwarten, zumal die Zufahrten nicht mehr direkt an den Grenzen der Gärten liegen würden. Durch die Nähe zum Maschsee und die Öffnungen zwischen den Gebäuden zum Maschsee hin wäre darüber hinaus eine gute Durchlüftung gewährleistet.

Da sich der Anteil der versiegelten Fläche durch das Vorhaben absolut nicht erhöhen würde und sich durch Neuanpflanzungen der Anteil an Grün ggf. noch erhöht, wären keine erheblichen negativen Auswirkungen auf das Kleinklima zu erwarten.

Der beklagte Verlust an Erholungs- und Kinderspielflächen wird für ein Fremdgrundstück geltend gemacht. Ob die Nutzung aufgrund von bestehenden Vereinbarungen mit dem Eigentümer geregelt ist, geht aus den Anregungen nicht hervor.



Durch die Bebauung käme es sowohl zu einer Zunahme des Verkehrs als auch zu einer Reduzierung der privaten Garagenstellplätze im Plangebiet. Von den bisher rechnerisch vorhandenen 36 Garagen wären nach der Realisierung noch 12 Stellplätze an Anlieger zu vergeben. Die Anzahl der Stellplätze im öffentlichen Raum bliebe hingegen unverändert bzw. würde sich ggf. leicht erhöhen, da die Zufahrten zu den Garagen nicht mehr freigehalten werden müssten.

Dem Argument, dass sich die Verkehrssituation in der Adickesstraße verschlechtern und die Unfallgefahr steigen würde, da der Vorhof der Garagenhöfe nicht mehr als Ausweichfläche genutzt werde könne, kann so nicht zugestimmt werden. Die gegenwärtige Situation stellt sich so dar, dass der abgesenkte öffentliche Fußweg, der in die Garagenvorhöfe mündet, widerrechtlich als Ausweichfläche genommen wird, was eine erhöhte Unfallgefahr für Fußgänger bedeuten könnte. Entfielen die Garagenzufahrten, könnte der Gehweg durch eine Bordsteinkante von der Fahrbahn getrennt und die Sicherheit für Fußgänger erhöht werden.

Durch die Realisierung des Vorhabens wird von der Mehrheit ein Verlust der Wohn- und Lebensqualität erwartet. Ein wichtiges Ziel der Stadtentwicklung und Stadtplanung ist es jedoch, bestehende Qualitäten der Wohnquartiere zu erhalten. Für eine positive oder negative Beurteilung der Bewohner über die Wohn- und Lebensqualität ist der direkte Wohnumfeldbezug von hoher Bedeutung. Planungen, die von einer großen Mehrheit als Verschlechterung der persönlichen Wohn- und Lebensqualität empfunden werden, sind nicht dazu geeignet, Bewohner in ihrem Quartier dauerhaft zu halten und somit zu einer Stabilisierung beizutragen.

Die bestehende Wohnanlage, die eine Art offene Blockbebauung mit einem großzügigen Gartenbereich und eine für die Entstehungszeit und für das Umfeld typische zugeordnete Garagenanlage darstellt, stellt nach wie vor eine städtebauliche Qualität dar. Diese Qualität wird von den heutigen Bewohnern mehrheitlich als solche auch geschätzt.

Die Festsetzungen im Bebauungsplan Nr. 287 hinsichtlich überbaubarer Flächen für Wohnungsbau und für Stellplätze im räumlich funktionalen Zusammenhang haben als planerische Zielvorstellung daher nicht an Bedeutung verloren.

Die nach § 1a BauGB geforderten Maßnahmen zur Innenentwicklung wurden in diesem Bereich vor einigen Jahren bereits in Form von diversen Dachgeschossausbauten (mind. 9 neue Wohneinheiten) vorgenommen. Eine weitere Nachverdichtung in einem Gebiet, das bereits durch verdichteten Wohnungsbau geprägt ist, wird nicht für sinnvoll erachtet, zumal es in dem Stadtteil besser geeignete Nachverdichtungspotentiale z.B. durch die Umnutzung von gewerblichen Flächen gibt.

Die Qualität von Wohnquartieren wird nicht zuletzt auch durch die Verfügbarkeit von Stellplatzmöglichkeiten mit bestimmt. Der Ausbau der Dachgeschosswohnungen hat bereits zu einer Verschärfung der Parkplatzsituation im Quartier beigetragen. Die Reduzierung von Stellplätzen in Verbindung mit neuen Wohneinheiten und damit erwartendem wachsenden Parksuchverkehr kann sich sehr nachteilig auswirken und zu einer Verschlechterung der Qualität des städtischen Quartiers führen.

Die Befürworter des Vorhabens sehen die Vorteile in erster Linie durch die Beseitigung von städtebaulichen Mängeln, d.h. Bauzustand des Garagenhofes und Pflegezustand der Grünflächen. Möglichkeiten, städtebauliche Verbesserungen vorzunehmen, ergeben sich auch im Bestand. Die Qualität des Garagenhofes und der umgebenden Grünfläche könnte durch die Instandsetzung der bestehenden Garagen oder durch einen Neubau erfolgen.

Die bei der privaten Grundstücksteilung versäumte Berücksichtigung der nachbarschaftlichen funktionalen Zusammenhänge (Zufahrt Garagenhof Geibelstr. 107 + Adickesstraße 9, Treppe zum Garagenhof) ist nicht explizit durch den rechtskräftigen Bebauungsplan geregelt. Weder im Plan noch in der Begründung lassen sich entsprechende Regelungen finden. Dies wäre nur Rahmen der Neuplanung durch die Festsetzung von Geh- und Fahrrechten zugunsten der Anlieger möglich gewesen.



In einer Gesamtbetrachtung, die auch vor dem Hintergrund der prognostizierten stagnierenden Einwohnerzahlen bzw. Bevölkerungsrückgänge und einem ausgeglichenen Wohnungsmarkt, ohne Anzeichen von Wohnungsnot geschieht, vertritt die Verwaltung die Auffassung, auf eine weitere Nachverdichtung in diesem Bereich zu verzichten. Die Verwaltung empfiehlt daher, den Antrag auf Einleitung eines Verfahrens für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan abzulehnen.
61.12 
Hannover / 27.09.2007