Drucksache Nr. 2393/2022:
Verwaltungsmodernisierungsfond 23 (VMF 23)

Informationen:

Beratungsverlauf:

Nachrichtlich:

  • Personal- Organisations- und Digitalisierungsausschuss

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Ausschuss für Haushalt, Finanzen, Rechnungsprüfung, Feuerwehr und öffentliche Ordnung
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
An den Personal-, Organisations- und Digitalisierungsausschuss (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
 
2393/2022
0
 

Verwaltungsmodernisierungsfond 23 (VMF 23)

Antrag,

die Einrichtung eines Verwaltungsmodernisierungsfonds für den Haushalt 2023/2024
in Höhe von 12. Mio. € zu beschließen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Umsetzung dieses Fonds und die damit verfolgten Ziele wirken sich in gleichwertiger Weise auf die Belange von Männern und Frauen bzw. auf alle geschlechtlichen Gruppen aus.

Kostentabelle

Finanziert wird der mit 12 Mio. € dotierte VMF 23 über die Bereitstellung nicht ausgeschöpfter Teile des Personalkostenbudgets 2022. Gegenüber den bestehenden Planansätzen resultiert aus der Einrichtung des VMF 23 daher keine Verschlechterung der städtischen Finanzlage.
Der VMF 23 wird zudem flankiert durch eine Streichung von Stellen, die seit mehr als 24 Monaten nicht besetzt sind. Stichtag hierfür ist der 31.12.2022..

Begründung des Antrages

1. Hintergrund und Rahmenbedingungen

Die Corona-Pandemie hat tiefe Spuren im städtischen Haushalt hinterlassen. War die Landeshauptstadt vor dem Beginn der Corona-Pandemie praktisch kassenkreditfrei, so ist der Bestand an Liquiditätskrediten inzwischen auf über 500 Mio. € angewachsen. Das zwischenzeitlich vollständig getilgte Altdefizit beträgt mit dem vorläufigen Jahresergebnis 2021 rund 360 Mio. € und wird in 2022 und den Folgejahren weiter ansteigen. Dies gilt im Lichte der durch den russischen Überfall auf die Ukraine ausgelösten geopolitischen Verwerfungen und insbesondere die dadurch ausgelösten Fluchtbewegungen umso mehr.

Dazu kommt: Sowohl in der Innen- wie in der Außenperspektive hat die Stadtverwaltung ein Modernisierungsdefizit. Weder im Bereich der Digitalisierung noch bei der Etablierung und Praktizierung moderner Arbeitsformen wird die Stadtverwaltung in ausreichendem Maße als attraktive und zukunftsgerichtete Arbeitgeberin wahrgenommen, Defizite sind sowohl in der zentralen IT-Verwaltung wie auch in den Digitalisierungsbestrebungen der dezentralen Fachbereiche offenkundig.

Darüber hinaus haben die Bemühungen um eine wirksame Reduzierung vakanter Stellen bislang noch keine ausreichenden Effekte gezeigt. Teilweise sind Stellen jahrelang nicht besetzt; insbesondere in den technischen Berufen, in Teilen der Sozialverwaltung und der IT hat die Stadt ein eklatantes Personalgewinnungsproblem. Sie ist derzeit beim Werben um Talente nicht hinreichend wettbewerbsfähig. Aus der fortdauernd hohen Vakanzquote, die stadtweit bei 12% und in einzelnen Bereichen noch deutlich darüber liegt, resultiert eine anhaltende Zusatzbelastung für diejenigen Kolleg*innen, die die auf den offenen Stellen liegenden Arbeitspakete miterledigen müssen. Eine Gegensteuerung wurde – auch über experimentelle Ansätze in Pilotfachbereichen – deshalb eingeleitet.

Vor diesem Hintergrund ist der Gedanke nachvollziehbar, den bestehenden Belastungen und Defiziten in der Aufgabenerledigung über klassische Instrumente der Personalbemessung und entsprechenden Mehrbedarfsmeldungen zum Stellenplan zu begegnen. Angesichts der gegebenen Haushaltssituation ist eine Stellenmehrung allerdings nicht finanzierbar und steht zudem im Widerspruch zu klar kommunizierten Hinweisen der Kommunalaufsicht. Diese hat bereits in der Haushaltsgenehmigung 2019/2020 den von der Stadtverwaltung geplanten Personalaufwuchs gerügt und den „massiven Stellenzuwachs“ bzw. den daraus resultierenden „enormen Anstieg der Personalaufwendungen“ deutlich kritisiert.

Noch maßgeblicher als durch die Positionierung der Kommunalaufsicht sind der Aufnahme neuer und dauerhafter Verpflichtungen in den Haushalt allerdings Grenzen gesetzt durch die faktischen Belastungen, denen die Stadtfinanzen in den vergangenen beiden Jahren ausgesetzt gewesen sind. Nicht nur, dass sich das kommunale Altdefizit in der aktuellen Mittelfristplanung in die Nähe der 1 Mrd. €-Schallmauer bewegt, auch die akuten Unsicherheiten, die sich aus dem Krieg in der Ukraine und den notwendigen – nicht zuletzt ökonomischen – Sanktionsmaßnahmen gegen Russland ergeben, setzen den Haushalt der Stadt weiterhin erheblich unter Druck.

Zwingend fortzusetzen ist daher der bereits eingeschlagene Kurs einer nachhaltigen Konsolidierung des Stadthaushalts. Dafür sind die im Zuge der Haushalts- und Stellenplanaufstellungsverfahren getroffenen Verabredungen von allen Beteiligten verpflichtend einzuhalten. Die finanziellen Zielvorgaben des HSK X und insbesondere der gerade begonnenen Aufgabenkritik sind von allen Teilen der Verwaltung als Toppriorität anzunehmen und entsprechend zu unterstützen. Wo immer dies möglich ist, wird gemeinsam an einer Beschleunigung der Konsolidierungseffekte gearbeitet. Ein Folge-HSK ist überdies zwingend.

2. Notwendige Modernisierung und neue Instrumente

Bei der Einbringung des Haushaltsplans 2023/2024 am 25.08.2022 ist darüber hinaus darauf hingewiesen worden, dass die Stadtverwaltung u. a. auch einen institutionellen Modernisierungsansatz benötigt, der in dem jüngst begonnenen Prozess einer verwaltungsweiten Aufgabenkritik einen produktiven Kern finden kann. Die im Rahmen der jüngst vertieften Diskussionen um eine stadtweite Aufgabenkritik aufgeworfene Frage nach dem zur Verfügung stehenden Ressourcenrahmen sollte insofern nach vorn zeigen.

Sie muss die Modernisierungsbereitschaft vieler Akteur*innen aktiv aufgreifen, mit einem substantiellen finanziellen Vereinbarungsrahmen verknüpfen und diesen wiederum an eine verbindliche Effizienz- und Wirtschaftlichkeitserwartung gegenüber den Fachbereichen koppeln. Ein derartiger Ansatz kann den begonnenen aufgabenkritischen Prozess konstruktiv begleiten.

Als ein Booster für die angestrebte Offensive kann in diesem Sinne die Einrichtung des VMF 23 wirken. Mit diesem Fonds reflektiert die Stadtverwaltung zum einen auf bestehende Modernisierungserfordernisse und setzt andererseits einen glaubwürdigen Anreiz für die Fachbereiche und Teile der Verwaltung, die sich aktiv in diesen Prozess der Erneuerung einbringen.

Ziel des Fonds ist, Modernisierungsansätze und -projekte, die bis dato über keine Finanzierung verfügen, mit einer kurzfristigen Umsetzungsperspektive versehen zu können. Der VMF 23 wirkt insofern gleichermaßen als Motivator wie Katalysator für den beschlossenen aufgabenkritischen Modernisierungsprozess.

Von dem VMF 23 können alle Fachbereiche profitieren. Dabei wird für die Bereitstellung der Mittel bewusst ein weitgesteckter Rahmen definiert und damit Umsetzungsraum für ganz unterschiedliche Vorhaben geschaffen. Bei vorherigem Nachweis der Wirtschaftlichkeit kann die überfällige Einführung eines digitalen Sitzungsmanagements daher ebenso VMF 23-Projekt sein, wie beispielsweise die Überführung extrem kostenintensiver Notunterkünfte in sozial- wie finanzpolitisch sinnvollere Wohnprojekte oder auch eine breit angelegte Einbürgerungskampagne, die nach einer Startinvestition eine Reduzierung eigener Ressourcen ermöglicht.

Konkret ist der Fonds anhand der nachfolgenden strategischen Zielstellungen und Eckwerte auszugestalten:
  • In den VMF 23 werden Mittel in Höhe von 12 Mio. € eingelegt. Diese Mittel können
  • von den Fachbereichen bis zu dessen vollständiger Ausschöpfung, längstens aber für zwei Jahre abgerufen werden.
  • Die Verteilung der Mittel erfolgt grundsätzlich nach dem Eingangsprinzip und ist an verbindliche Zielvorgaben gekoppelt. Eine Übertragung bis Ende 2024 nicht verbrauchter Mittel findet nicht statt.
  • Mittel aus dem Fonds werden primär für die Wahrnehmung von Pflichtaufgaben und die Beschleunigung der Digitalisierung bereitgestellt und können sowohl zur Deckung von Sach- wie auch von Personalaufwendungen verwendet werden. Voraussetzung ist, dass die finanzierte Maßnahme zusätzlich ist und auf mindestens eines der nachfolgenden Ziele einzahlt:
o Beschleunigung von Modernisierungsprozessen
o Verbesserung der Kund*innenservices
o Modernisierung von Arbeitsbedingungen und -umgebung
o Stärkung von Arbeitgeber*innenattraktivität und verbesserte Personalgewinnung
o Maßgebliche Unterstützung der gesamtstädtischen Entwicklung


Für die Bewilligung einer Mittelbeantragung ist zudem Voraussetzung, dass die Wirtschaftlichkeit der für eine Förderung vorgesehenen Maßnahmen nachgewiesen ist. Wirtschaftlichkeit wird dabei so verstanden, dass der Einsatz der beantragten Mittel in einem Zeitraum von höchstens 3 Jahren zu einer dauerhaften positiven Wirtschaftlichkeitsbetrachtung führt.

Auch hier ist eine ganzheitliche Perspektive einzunehmen, die die Sach- und Personal-aufwandsseite gleichermaßen umfasst. Zur Betrachtung der Wirtschaftlichkeit wird ein standardisiertes Berechnungsschema genutzt.

Im verwaltungsinternen Antragsverfahren wird eine Verzahnung mit dem Prozess der Aufgabenkritik sichergestellt und die Darstellung messbarer Optimierungsziele integriert.

Einzelne Vorhaben sollen ein Volumen von 1 Mio. € in der Regel nicht überschreiten.

Die Verwaltung berichtet einmal jährlich mit einer Informationsdrucksache über den aktuellen Sachstand.

Die Personalvertretung wird im laufenden Verfahren über die jeweiligen Anträge informiert und kann zu den Anträgen Stellung nehmen. Die Vereinbarungen zum Abbau von Vakanzen aus dem Zukunftstarifvertrag Beschäftigungssicherung (ZTVBS) bleiben bestehen.

Eine enge Einbindung der Personalvertretung erfolgt auch mit Blick auf die zu streichenden, dauervakanten Stellen. Die nach Rücksprache mit den Fachbereichen erstellte Gesamtliste der davon betroffenen Stellen wird vorab von OE18 gemeinsam mit dem GPR auf Plausibilität überprüft und innerhalb der Dezernent*innenkonferenz vorgestellt. Stellen für Aufgaben, die dauerhaft (24 Monate) nicht besetzt werden konnten und bei denen auch zukünftig eine erfolgreiche Stellenbesetzung nicht zu erwarten ist, werden in einem rollierenden Verfahren gestrichen. Fachbereiche, die von der Streichung langfristiger Stellen betroffen sind, erhalten zugleich eine Entlastungszusage. Im Sinne der Stärkung dezentraler Ressourcenverantwortung können sie zum nächsten auf den Abbau der Dauervakanzen folgenden Stellenplan im gleichen Umfang Stellenneueinrichtungen vornehmen. Dazu wird eine verbindliche Ressourcenvereinbarung zwischen OE18, OE20 und den betroffenen Fachbereichen geschlossen. Die Vereinbarungen zum Abbau von Vakanzen aus dem Zukunftstarifvertrag Beschäftigungssicherung (ZTVBS) bleiben bestehen. Statt leere Stellenhülsen bereit zu halten, wird damit eine konkrete Perspektive für eine Entlastung in Arbeitsbereichen formuliert, die ebenfalls einer hohen Beanspruchung unterliegen, bei denen aber gleichzeitig eine Personalgewinnung möglich erscheint.


Verknüpft wird dieses Verfahren mit einem stadtweiten, umfassenden Personalgewinnungskonzept, das aktuell entwickelt wird.
20.1 
Hannover / 12.09.2022