Informationsdrucksache Nr. 2272/2016 N1:
Vergleich möglicher Verfahrensalternativen bei der Gewährung von Krankenhilfe für Asylsuchende

Inhalt der Drucksache:

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1. Neufassung
2272/2016 N1
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Neufassung: Erweiterung der Beratungsfolge

Vergleich möglicher Verfahrensalternativen bei der Gewährung von Krankenhilfe für Asylsuchende

Die allgemeine Diskussion um die Veränderung des Verfahrens bei der Gewährung von Krankenhilfe für Flüchtlinge gem. § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) durch Einführung einer Gesundheitskarte, hat in der Verwaltung zu einer intensiven Beschäftigung mit möglichen alternativen Modellen geführt. Die derzeitige Praxis ist die quartalsweise und unbürokratische Gewährung von Krankenscheinen sowohl für Allgemeinmediziner und Fachärzte als auch für Zahnärzte.

Als mögliche Varianten zur Einführung einer Gesundheitskarte hat die LHH zwei Modelle geprüft, um für den betreffenden Personenkreis eine möglichst praktikable Lösung zu finden:

1. die elektronische Gesundheitskarte durch den Beitritt zur „Rahmenvereinbarung zur Übernahme der Gesundheitsversorgung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung nach § 264 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit §§ 1, 1a AsylbLG in Niedersachsen“ zwischen dem Land Niedersachsen und Krankenkassen vom 14.03.2016, sowie

2. das sog. „Hildesheimer Modell“, eine Vereinbarung des Landkreises Hildesheim mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen.

Von Beginn der Verhandlungen an stehen die Sozialverwaltungen der Landeshauptstadt und der Region Hannover in engem Austausch und Abstimmung über die Bewertung der beiden Modelle mit dem Ziel, zu einer gemeinsamen Entscheidung über das zukünftige Verfahren für Flüchtlinge in der gesamten Region zu kommen.

Zur Vorbereitung der geplanten öffentlichen Anhörung zu diesem Thema legt die Verwaltung hiermit eine Informationsdrucksache vor, in der die Vor- und Nachteile beider Modelle im Vergleich zur bisherigen Praxis, einschließlich schon absehbarer Kosten, dargestellt werden ergänzt um eine Beschreibung der rechtlichen Situation. Dazu ist in der Anlage ein tabellarischer Vergleich beigefügt.



Zum Hintergrund:

Mit dem Asylbewerberbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015 hat der Bundesgesetzgeber auf die Entwicklung der Flüchtlingsbewegung reagiert und eine Erweiterung des § 264 SGB V vorgenommen. Danach sind die gesetzlichen Krankenkassen zur Übernahme der Krankenbehandlung für Empfänger von Gesundheitsleistungen nach den §§ 4 und 5 des Asylbewerberleistungs-gesetzes (AsylbLG) verpflichtet, wenn sie durch die Landesregierung oder die von der Landesregierung beauftragte oberste Landesbehörde dazu aufgefordert werden und mit ihnen eine entsprechende Vereinbarung mindestens auf Ebene der Landkreise oder kreisfreien Städte geschlossen wird. Diese Vereinbarung hat insbesondere Regelungen zur Erbringung von Leistungen sowie zum Ersatz der Aufwendungen und Verwaltungskosten zu enthalten. Die Ausgabe einer Gesundheitskarte kann vereinbart werden. Das Land Niedersachsen, vertreten durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, hat am 14.03.2016 mit den Landesverbänden der gesetzlichen Kranken-kassen eine entsprechende Rahmenvereinbarung geschlossen. Diese sieht die Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte vor. Die darin verhandelten Bedingungen wurden seitens der kommunalen Leistungsträger, vor allem im Hinblick auf die hohen Kosten, als nicht hinnehmbar erachtet, vorgebrachte Bedenken sowie Anregungen hatten in den Verhandlungen keine Berücksichtigung gefunden. Auch die kommunalen Spitzenverbände haben einen Beitritt ausdrücklich nicht empfohlen. Der Niedersächsische Landkreistag (NLT) hatte in seinem Rdschr. Nr. 446/2016 vom 03.05.2016 auf das sog. „Hildesheimer Modell“ als mögliche zu prüfende Alternative aufmerksam gemacht. Der Landkreis Hildesheim hat mit der kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) eine eigene Vereinbarung getroffen. Das sog. „Hildesheimer Modell“ sieht die Ausgabe einer vom kommunalen Leistungsträger selbst entworfene Gesundheitskarte vor. Prüfungen und Abrechnungen von Krankenbehandlungen erfolgen über die KVN, die hierfür einen vertraglich vereinbarten pauschalen Verwaltungskostenersatz i. H. v. 1,5 % auf die quartalsweise Abrechnung erhält. Eine mit der KVN zu schließende Vereinbarung umfasst jedoch lediglich Prüfungen und Abrechnungen für die Inanspruchnahme „allgemeiner“ ärztlicher Leistungen, Regelungen bzgl. zahnärztlicher Leistungen sind mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZVN) auszuhandeln. Diese wiederum hat bis heute auf eine entsprechende Anfrage der Region Hannover vom 16.08.2016 nicht reagiert.



Rechtliche Grundlagen zur Gewährung von Krankenhilfe:

Flüchtlinge haben in den ersten 15 Monaten nach Aufnahme in den Leistungsbezug einer Kommune eingeschränkte Leistungsansprüche bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt gem. § 4 AsylbLG


- bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen – die erforderliche ärztliche oder zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln, sowie sonstiger zur Genesung, Verbesserung oder Linderung erforderlicher Leistungen,
- Schutzimpfungen entsprechend der §§ 47, 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII,
- medizinisch gebotene Vorsorgeuntersuchungen,
- eine Versorgung mit Zahnersatz nur, soweit dies aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist,
- ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei-, Verbands- und Heilmittel.
Nach 15 Monaten ununterbrochenem Leistungsbezug gem. § 3 AsylbLG und wenn keine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer vorliegt, wird Krankenhilfe gem. des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) auf der Grundlage des § 264 SGB V analog dem Leistungsanspruch im SGB XII gewährt (§ 2 AsylbLG). Die berechtigten Personen erhalten eine elektronische Gesundheitskarte der Krankenkasse. Mit dem kommunalen Leistungsträger erfolgt eine quartalsweise Abrechnung zur Erstattung der entstandenen Kosten. Die Kosten für dieses Verfahren betragen pro Quartal und Person 5 % auf den abgerechneten Gesamtbetrag. Der Großteil der derzeit in Hannover untergebrachten Personen wird bis Mitte kommenden Jahres zu dieser Leistungsform wechseln.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Krankenhilfe richte sich an alle Personen innerhalb der beschriebenen Zielgruppe, unabhängig von ihrem Geschlecht.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

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Hannover / 10.11.2016