Informationsdrucksache Nr. 2227/2021:
Umsetzung der Inklusion an Schulen in Trägerschaft der Landeshauptstadt Hannover - Sachstandsbericht

Inhalt der Drucksache:

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2227/2021
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Umsetzung der Inklusion an Schulen in Trägerschaft der Landeshauptstadt Hannover - Sachstandsbericht

Auf Wunsch des Sozialausschusses berichtet die Verwaltung im Rahmen der vorliegenden Informationsdrucksache über den Sachstand zur Umsetzung der Inklusion an den Schulen in Trägerschaft der Landeshauptstadt Hannover. Nicht erst mit Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf den Besuch einer inklusiven Schule, der seit dem Schuljahr 2013/14 besteht, kümmert sich die Landeshauptstadt Hannover um die Belange der schulischen Inklusion und fördert bzw. initiiert mit den im Folgenden beschriebenen Maßnahmen und Angeboten die Qualitätsentwicklung in diesem Themenfeld deutlich.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Umsetzung von Maßnahmen im Themenfeld Inklusion an Schulen richten sich generell an alle Geschlechter.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.


Anpassung des Standardraumprogramms (SRP)

Erstmals fand eine grundlegende Erweiterung der Standardraumprogramme für alle Schulformen im Jahr 2013 statt (vgl. DS 0654/2013), weitere Ergänzungen folgten sukzessive mit folgenden Schwerpunkten:

· Aufnahme kleiner Differenzierungsräume für Inklusion in Kleingruppen (2013)


· Aufnahme Pflegeraum und Sanitätsraum (2013)
· Aufnahme Therapie -und Ergoraum (2013)
· Aufnahme Laderaum für E-Rollstühle (2014)
· Aufnahme GE-Küchen an Gymnasien (2017)*
· Aufnahme Aufenthaltsraum für pädagogische Mitarbeitende (2017)

Durch einen regelmäßigen Austausch mit Schulleitungen hinsichtlich möglicher neuer Anforderungen, erfolgt eine laufende Fortschreibung hinsichtlich notwendiger Anpassungen und Ergänzungen, auch in Bezug auf Ausstattung (z.B. Aufnahme einer Dusche in Pflegeräumen auch bei weiterführenden Schulen) und Nutzung (z.B. Trennung von Pflege- und Sanitätsraum).

Neubauten werden grundsätzlich unter Berücksichtigung der Barrierefreiheit (Aufzüge, Rampen, Beh-Wcs, Leitsysteme usw.) geplant.

*seit dem SJ 2016/17 nehmen die Gymnasien Kinder mit dem Förderbedarf Geistige Entwicklung auf


Inklusion & Schulbau in Bestandsgebäuden

In Bestandsgebäuden wird hauptsächlich auf individuell auftretende Bedarfe reagiert. Im laufenden Jahr 2021 wurden bisher 267.000 € für nachträgliche inklusive Ertüchtigungen aus dem insgesamt 350.000 € umfassenden Investiv-Budget für bauliche Bedarfe der Schulen ausgegeben. Grundlagen sind Förderempfehlungen oder Gutachten für einzelne Schüler*innen.

Durch einen regelmäßigen und konstruktiven Austausch zwischen dem Fachbereich Schule der Landeshauptstadt Hannover und den Förderschulen Hartwig-Clausen und Franz-Mersi, resultieren Anpassungen in den Verfahrenshinweisen der Landeshauptstadt Hannover für die Bereiche Beleuchtung und Akustik.
Die Verwaltung setzt sich in allen Bauprojekten stets für die Erweiterung der Barrierefreiheit - auch über den bisherigen städtischen Standard hinaus - ein.

Schwerpunktschulen


Im Rahmen des Gesetzes zur Einführung der inklusiven Schule (März 2012) sind alle öffentlichen Schulen Niedersachsens beginnend ab dem Schuljahr 2013/14 verpflichtet, Schüler*innen mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung zu beschulen.

Die Umsetzung ist grundsätzlich erfolgt, lediglich bei Förderschwerpunkt körperlich-motorische Entwicklung hat sich die Schulträgerin Landeshauptstadt Hannover entschieden, zunächst Schwerpunktschulen zu bilden. Hintergrund war, dass nicht alle Schulen über die notwendige barrierefreie Zugänglichkeit verfügten, aber eine adäquate und wohnortnahe Beschulung erfolgen sollte (DS 0249/2013). Folgende Grund- und weiterführende Schulen in Trägerschaft der Landeshauptstadt Hannover wurden durch das Land Niedersachsen genehmigt:

GS Albert-Schweitzer-Schule


GS Henning-von-Tresckow-Schule
GS Am Lindener Markt
GS Hoffmann-von-Fallersleben-Schule
GS Am Stöckener Bach
GS In der Steinbreite
GS An der Feldbuschwende
GS Tegelweg
GS Entenfang
GS Wettbergen
GS Glücksburger Weg
GS Heinrich-Wilhelm-Olbers
OBS Heisterbergschule
GY Bismarckschule
GY Elsa-Brändström-Schule
GY Leibnizschule
IGS List
IGS Roderbruch
IGS Stöcken
IGS Vahrenheide-Sahlkamp

Die Einführung der Schwerpunktschulen war zunächst bis 2018 befristet, wurde inzwischen aber bis 2024 verlängert.

In der Zwischenzeit wurde sowohl bei Sanierungen als auch größeren Umbauten die Barrierefreiheit hergestellt. Bei Neubauten ist dies in jedem Fall verpflichtend. In Einzelfällen wurden zudem individuelle Lösungen (Rampen, Aufzüge) an einzelnen Schulstandorten gefunden und umgesetzt.


Nach Ablauf der Übergangsfrist zum Schuljahr 2024/25 ist grundsätzlich jede Schule verpflichtet, auch Kinder mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung mit dem Förderschwerpunkt körperlich-motorische Entwicklung aufzunehmen. Im Einzelfall müsste dann geklärt werden, ob die Voraussetzungen am Schulstandort dies zulassen, bzw. was an Maßnahmen zur Beschulung des Kindes notwendig ist.

Die Einrichtung weiterer Schwerpunktschulen - auch bezüglich anderer Förderschwerpunkte - wird vom Land Niedersachsen nicht vorgesehen.


Inklusionsbeirat der Landeshauptstadt Hannover


Mit dem Inklusionsbeirat wurde 2013 ein Gremium des Schul- und Bildungsausschusses geschaffen (Drucksache 0828/2013), das die Einführung und Umsetzung von Inklusion an Schulen in der Landeshauptstadt Hannover begleiten soll.

Das ca. sechsmal jährlich tagende Gremium setzt sich analog zum Ausschuss für Schule und Bildung (ASchuBi) zusammen aus Vertreter*innen der Ratsfraktionen, der Lehrkräfte, der Eltern und der Schüler*innen ergänzt durch Vertreter*innen der Schulformen, der Landes- und Stadtverwaltung, der Vereine und Verbände und themen- bzw. anlassbezogen externen Expert*innen.

Von 2013 bis 2015 lag der Schwerpunkt der Arbeit auf dem Austausch der Vertreter*innen der einzelnen Interessensgruppen zum Thema Inklusion und dem Aufdecken von entstehenden Herausforderungen. Auf dieser Basis hat der Inklusionsbeirat die Fachverwaltung damit beauftragt, Vorschläge für die bestmögliche Unterstützung und Förderung aller Kinder und Jugendlichen mit definiertem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung (BasU) wie auch mit anderen Beeinträchtigungen zu erarbeiten.

U.a. hat der Inklusionsbeirat folgende Kernthemen identifiziert und betrachtet diese regelmäßig:

(1.) Inklusion im Ganztag,


(2.) Inklusion im Spannungsfeld der Rechtskreise,
(3.) die Schulträgerin und Inklusion sowie
(4.) kommunale Gestaltungsmöglichkeiten

Schulische Inklusion & Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung (GE)


Die Landeshauptstadt Hannover fördert durch verschiedene Maßnahmen und Beratungsangebote die schulische Inklusion von Schüler*innen mit einem festgestellten sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf. Dabei legt sie einen besonderen Fokus auf den Förderschwerpunkt GE, da durch die zieldifferente Beschulung Perspektiven ermöglicht werden.

So berät die Landeshauptstadt Hannover Eltern sowie Erzieher*innen von Kindern mit dem Förderschwerpunkt GE beim Übergang von der Kindertagesstätte an die Grundschule. Gleichermaßen wird Eltern und Lehrkräften von GE-Schüler*innen eine Beratung im Übergang von der Grundschule an die weiterführende Schule angeboten. Hier hat sich in den letzten Jahren durch die Besonderheit des Förderstatus´ GE herauskristallisiert, dass auch an Gymnasien eine Beschulung von Schüler*innen mit einem Förderbedarf GE erfolgen kann. Die Mehrheit der Gymnasien der Landeshauptstadt Hannover haben bereits sogenannte Bündelklassen aufgenommen. In einer Bündelklasse wird eine kleine Gruppe an GE-Schüler*innen, zumeist fünf an der Zahl, in einer Regelschulklasse gebündelt und inklusiv beschult, um aus pädagogischer Sicht den Kindern eine eigene Peergroup zu bieten und die schüler*innenbezogenen Ressourcen, wie die zugesprochenen Förderschullehrer*innenstunden, zu sammeln. Dadurch wird beispielsweise eine dauerhafte Anwesenheit einer Förderschullehrkraft neben der Regelschullehrkraft im Unterricht möglich.

Die Landeshauptstadt Hannover wird auch im letzten Übergang der Bildungsbiographie von GE-Schüler*innen an eine andere Schulform, der Berufsbildenden Schule, aktiv. So bietet sie im Oktober 2021 gemeinsam mit der Region Hannover und verschiedenen Berufsschulen einen Informationsabend zu diesem Thema an.


Einrichtung Infopunkt Schulischer Inklusion (ISI)

Der ISI ist eine Verweisberatungsstelle des Bildungsbüros, die Ratsuchende wie Eltern, Erziehungs- und Sorgeberechtigte, Vormünder sowie Erzieher*innen und Lehrkräfte von Kindern mit einem möglichen Handicap in Fragen der schulischen Inklusion informiert. Dies gelingt durch ein entsprechendes Netzwerk aus Inklusionsakteuren, an die der ISI verweist.

Als besonders beratungsintensive Phasen in der Schulbiographie eines Kindes mit sonder-pädagogischen Unterstützungsbedarf wurden die Übergänge zwischen den Bildungsinstitutionen identifiziert. So hat zu Beginn der Implementierung des ISI der Übergang an die weiterführende Schule im Fokus gestanden. Das Angebotsspektrum soll sukzessive erweitert werden. Ein nächster Schritt in der Angebotserweiterung ist im Übergang von der Kita an die Grundschule angedacht. Hierbei ist die Besonderheit zu berücksichtigen, dass mit den Systemen Kita und Schule zwei unterschiedliche Rechtskreise aufeinandertreffen, die Eltern wenig Vorerfahrung mit der schulischen Inklusion haben und die entsprechenden Ansprechpartner*innen aus diesem Bereich oftmals nicht kennen. So gilt das Vertrauensverhältnis zu den Erzieher*innen meist als maßgeblich für die Informationsbeschaffung. Der ISI wird daher in Hinblick auf diesen Übergang die Multiplikatorenberatung als wichtigen Bestandteil im Beratungsangebot aufnehmen.

Inklusion im Ganztag


Im Rahmen der Qualitätsoffensive Ganztaggrundschule wurden pädagogische Themenschwerpunkte entwickelt, die mit den Kooperationspartnern an den Ganztagsschulen umgesetzt und bearbeitet werden. Als ein pädagogisches Handlungsfeld wurde dabei die „inklusive Ganztagsgrundschule“ definiert.

Die Nachmittagsangebote in den Ganztagsgrundschulen werden grundsätzlich individuell nach den Bedürfnissen der Kinder gestaltet und können von allen Kindern besucht werden. Grundlage bilden hierbei Schüler*innenbefragungen und die gezielten Abfragen bei der Anmeldung der Kinder zum Ganztag. Neben Sportangeboten, an denen auch Kinder mit Inklusionsstatus teilnehmen, werden in den Angeboten am Nachmittag körperliche, psychosomatische, kognitive, musische und emotionale Fähigkeiten gefördert und die sozialen Kompetenzen entwickelt. Zusätzlich werden in den Ganztagsgrundschulen auch Sprach- und Leseförderung angeboten. Nicht zuletzt werden mit dem Standardraumprogramm der Landeshauptstadt Hannover ausreichende räumliche Rückzugsmöglichkeiten zur Entspannung und zum Ausruhen für die Ganztagsbetreuung vorgehalten.

Das Ganztagsangebot in den Grundschulen wird durch Kooperationen z. B. mit den Vereinen Violetta, mannigfaltig und Inklusiv/Mittendrin ergänzt. Die Kooperationspartner der Ganztagsgrundschulen setzen als pädagogische Fachkräfte auch Heilpädagog*innen, Heilerziehungspfleger*innen und Sonderpädagog*innen ein, wodurch die Betreuung von Kindern mit Inklusionsstatus noch fach- und bedarfsgerechter umgesetzt werden kann.


Schulassistenz | Umsetzungsstand zur Einführung von rechtskreisübergreifenden Poolmodellen


Die Landeshauptstadt Hannover und die Region Hannover haben sich auf ein gemeinsam abgestimmtes Verfahren zur Umsetzung der gemeinsamen Drucksache verständigt.

Das rechtskreisübergreifende Modell zur Umsetzung von Poolmodellen an hannoverschen Grundschulen schließt sich den konzeptionellen und strukturellen Rahmenbedingungen des erprobten Poolmodells für Kinder aus dem Rechtskreis SGB IX der Region Hannover an. Dafür arbeitet der Kommunale Sozialdienst der Landeshauptstadt Hannover in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe regelmäßig mit der Region Hannover an einem praxisfähigen Umsetzungskonzept.

Aktuell werden Eingangsvoraussetzungen für interessierte Schulen definiert und interne Verfahrensstandards für eine zeitnahe Umsetzung im Rahmen der Fallbearbeitung strukturell angepasst. Dieses Vorhaben wird mit hoher Priorität im Kommunalen Sozialdienst verfolgt.

Bis Ende Oktober 2021 soll mit der Region Hannover ein gemeinsamer Verfahrensablauf für die Bedarfe der Schulen und Eltern abgestimmt werden. Dazu wird ein Informationspapier für interessierte Schulen entwickelt. Die Veröffentlichung ist im 4. Quartal geplant. Der Kommunale Sozialdienst und die Region Hannover führen bereits mit interessierten Schulen erste Sondierungsgespräche für eine zeitnahe Umsetzung an den interessierten Schulen.

Auf Basis der in der Drucksache 1414/2021 definierten Standards erfüllen derzeit 11 von 61 Grundschulen (18 %) die Rahmenbedingungen für die Durchführung rechtskreisübergreifender Poolmodelle. Für die Einführung und Umsetzung rechtskreisübergreifender Poolmodelle an Schulen ist nach Erfahrungen der Region Hannover i. d. R. ein Schuljahr erforderlich.

40.1 / 51.2
Hannover / 04.10.2021