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Mittelfristig sind keine zusätzlichen Personalkosten in Verbindung mit dem BIZ geplant.
Die Bekämpfung von Bränden sowie die Hilfeleistung bei Unglücksfällen, der Katastrophenschutz und auch der Rettungsdienst zählen zu den bekannten Aufgaben der Feuerwehr Hannover. In den letzten Jahren hat sich ein weiterer Arbeitsschwerpunkt für kommunale Feuerwehren und Katastrophenschutzbehörden herausgebildet – nämlich die Aufklärung der Bevölkerung über krisenbedingte Risiken, über präventive Maßnahmen zur Risikominimierung bzw. -vermeidung sowie zum angepassten Verhalten im eigentlichen Krisenfall. Der Begriff Krise wird dabei zunehmend weit gefasst und reicht z.B. von klimabedingten Folgeerscheinungen wie Starkregen- und Hochwasserlagen, über Stromausfälle und Energiemangellagen bis hin zum Verteidigungsfall. Ziel ist immer die Steigerung der Resilienz der Bürger*innen.
Um Brände und Unfälle möglichst zu verhüten, stand hierbei bislang die Brandschutzerziehung und -aufklärung im Mittelpunkt der Arbeit. § 25 des Niedersächsischen Gesetzes über den Brandschutz und die Hilfeleistung der Feuerwehr (NBrandSchG) fordert die Gemeinden auf, „die Brandschutzerziehung und die Brandschutzaufklärung im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu fördern und zu unterstützen.“ Zwei hauptamtliche Mitarbeitende decken mit umfangreichem Anschauungsmaterial diesen Bereich bei der Feuerwehr Hannover ab. Sie organisieren für unterschiedliche Zielgruppen (z.B. Kindertagesstätten, Schulen, Alten- und Pflegeheime) Schulungs- und Informationsveranstaltungen sowohl in externen Einrichtungen als auch an den Standorten der Feuerwehr. Bei der Durchführung werden sie anlassbezogen von weiteren Feuerwehrbeamt*innen auf den fünf Feuer- und Rettungswagen sowie von mehr als 30 ehrenamtlichen Kräften aus den 17 Ortsfeuerwehren der Freiwilligen Feuerwehr Hannover unterstützt.
Die reine Fokussierung auf den Themenkomplex Brandschutzerziehung/-aufklärung genügt vor dem Hintergrund des Klimawandels und der veränderten Bedrohungslage nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bei weitem nicht mehr. Wie eingangs schon erwähnt, muss sich die Gesellschaft zunehmend mit neuen Risiken befassen und damit auch auf neue Bedrohungen einstellen. Hierzu gehören Wetterextreme, Pandemien, Cyberangriffe auf die kritische Infrastruktur (KRITIS), Desinformationskampagnen oder wirtschaftliche Engpässe – genauso wie Störungen bei der Versorgung z.B. mit Energie, Lebensmitteln, Trinkwasser oder im Gesundheitsbereich. Am Ende gehört hierzu auch wieder die Vorbereitung auf kriegerische Auseinandersetzungen bzw. deren Folgen.
Die veränderte Lage betrifft dabei nicht nur den Staat bzw. die öffentliche Verwaltung und die der KRITIS zuzurechnenden Unternehmen, sondern alle in Hannover lebenden Menschen. Es ist daher unabdingbar, auch die Stadtbevölkerung hinsichtlich Eigenvorsorge und Selbsthilfefähigkeit wieder deutlich zu sensibilisieren. § 1 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) betont, dass behördliche Maßnahmen die Selbsthilfe der Bevölkerung ergänzen. Der Staat, der gerade zum Anfang einer Krise („Chaosphase“) nicht überall und gleichzeitig helfen kann, ist sich der Grenzen seiner Leistungsfähigkeit bewusst und setzt darauf, dass die mündigen Bürger*innen sich – zumindest temporär – selbst helfen können. Die Aufklärung darüber sowie über mögliche Gefahren und Verhaltensweisen (im Verteidigungsfall) obliegt nach § 5 Abs. 1 ZSKG den Gemeinden.
Idee „Lernort BIZ“:
Im Rahmen der Errichtung des zweiten Bauabschnittes der Feuer- und Rettungswache 1 (FRW 1) am Standort Weidendamm entstand aus brandschutztechnischen Gründen (zweiter baulicher Rettungsweg) ein partielles Untergeschoss. Im Sinne des notwendigen Informations- und Bildungsangebotsausbaus erscheint es daher sehr sinnvoll und zweckmäßig, die vorhandenen Flächen im Untergeschoss des Gebäudeteils I der Feuer- und Rettungswache 1 nicht ungenutzt zu lassen, sondern als einen neuen Lernort für die Hannoveraner*innen zu entwickeln und mithin ein Bevölkerungs(schutz)-Informations-Zentrum (BIZ) als Teilinstrument zur Stärkung der Resilienz der hannoverschen Stadtbevölkerung in Not- und Katastrophenfällen einschließlich des Zivilschutzfalles zu schaffen.
Das BIZ soll als die Erfahrungs- und Wissenszentrale für das Informations- und Bildungsangebot der Feuerwehr Hannover dienen mit dem Ziel, die Bürger*innen besser auf Krisen und krisenhafte Ereignisse vorzubereiten und damit resilienter werden zu lassen sowie zu mehr eigenverantwortlichem Handeln anzuregen, ohne dabei Ängste oder Panik auszulösen. Diese neuen Risiken und Themen sollen inhaltlich und baulich einen breiten Raum im BIZ einnehmen – Notkompetenzen sollen „anfassbar“ vermittelt werden.
Das BIZ soll helfen, dass Besuchenden – dies können z.B. sowohl Beschäftige der Stadtverwaltung, als auch in Hannover lebende, arbeitende oder auch in Vereinen und in den Stadtbezirken politisch aktive Menschen sein – u.a. das Gefahrenabwehrsystem in der Bundesrepublik Deutschland, vorhandene Zuständigkeiten sowie Grenzen seiner Leistungsfähigkeit kennenlernen. Ferner sollen sich Besuchende mit Szenarien für außergewöhnliche Notlagen auseinandersetzen und für sich daraus ein grundsätzliches Verhalten ableiten sowie die notwendigen Maßnahmen zur persönlichen Notfallvorsorge planen und umsetzen können. Denn das richtige Erfassen und Abschätzen der Situation in einer außergewöhnlichen Notlage ist die Grundlage für situationsgerechtes Handeln. Die Bürger*innen sollen durch konkrete Verhaltenstipps und Ratschläge befähigt werden, sich selbst zu schützen und damit resilienter zu werden.
Dieser Ansatz ergibt sich auch aus den im Weißbuch 2016 und der Konzeption Zivile Verteidigung (KZV) dokumentierten Risiken und den daraus abgeleiteten Fähigkeiten, über die eine resiliente Bevölkerung verfügen muss: u.a. richtiges Verhalten in besonderen Gefahrenlagen, Selbst-/Notfallvorsorge und Brandvermeidung und einfache Brandbekämpfung.
Zielgruppenorientierte Veranstaltungen auch im Rahmen der Brandschutzerziehung für Kinder und Heranwachsende der hannoverschen Kindertagesstätten und Schulen sowie im Rahmen der Brandschutzaufklärung für Erwachsen sollen ebenfalls angeboten werden.
Umsetzung „Lernort BIZ“:
Das Angebot des BIZ soll sich an alle Menschen in Hannover richten, um eine möglichst breite Durchdringung und Streuung innerhalb der Bevölkerung zu erreichen. Zielgruppenspezifische Angebote sind vorstellbar für:
- Kinder: über 3 Jahre bis 10 Jahre
- junge Menschen: Jugendliche/junge Erwachsene (ab 10 Jahre bis Mitte 20 Jahre)
- (junge) Familien
- Ruheständler*innen
- pflegende Angehörige: Pflegende / Betreuende (Laien)
- Multiplikatoren von Unternehmen, Behörden, Institutionen sowie Führungskräfte
- Stadtbezirkspolitiker*innen
- Vereine
- Menschen mit Migrationshintergrund.
Durch die unterschiedlichen Zielgruppen, die Vielzahl an zu vermittelnden Inhalten und die angestrebte Vielfalt von Vermittlungswegen soll der Lernort bewusst flexibel gestaltet werden.
Herzstücke des BIZ sollen ein Seminar- und Beratungsraum sowie mehrere themenspezifische Schauräume mit Lern- oder Erlebnisstationen rund um die Themen „Notruf“, „Warnung der Bevölkerung“, „Phänomen Feuer, Brandbekämpfung und Verhalten im Brandfall“, „persönliche Notfallvorsorge (z.B. Bevorratung, Hausapotheke, Dokumentenmappe, bauliche Sicherungsmaßnahmen), „Risiken/Gefahren (z.B. Unwetter, Hitze, Sturm, Starkregen, Hochwasser, Feuer, CBRN-Gefahrstoffe, Ausfall KRITIS (z.B. Stromausfall, Kommunikationsmittelausfall)) sein.
Die Bereiche sollen thematisch als auch von ihrer Präsentationsform differenziert gestaltet werden. Inhaltliche Schwerpunkte sollen direkt an die vorausgegangenen Unterrichtsinhalte anknüpfen, so dass eine Vernetzung der Themen mit den Unterrichtsinhalten nachhaltig wirken kann. Ferner sollen die fünf Stationen zielgruppengerecht anpassbar sein. Mit Hilfe von VR-Technik ließen sich bestimmte Themen sogar realitätsnah durchspielen.
Für die theoretischen Inhalte und (ggf. auch für Veranstaltungen zur Nachwuchsgewinnung) soll ein Seminarraum für bis zu 35 Personen mit entsprechender Medientechnik eingerichtet werden.
Zur Lagerung des notwendigen Schulungsmaterials und der Exponate ist ein Magazin vorgesehen.
Alles in allem böte das BIZ viele Möglichkeiten, die Resilienz der hannoverschen Bevölkerung zu stärken. Virtuelle Möglichkeiten zur Veranschaulichung sowie die aktiven Lernstationen, welche zum Mitmachen einladen, tragen dazu bei, der Bevölkerung ein sehr zielgruppenspezifisches und alltagstaugliches Aufklärungsangebot zu unterbreiten. Zugleich fördert das BIZ das Interesse an der Feuerwehr und hilft ggf. dabei, die Neugierde an dem Berufsbild der Feuerwehreinsatzkraft zu wecken. Auch trägt es dazu bei, die Akzeptanz der Bevölkerung für die Feuerwehr und die Stadtverwaltung zu stärken.
Die Unterrichte im BIZ sollen zielgruppenorientiert durch die jeweils zuständigen Mitarbeitenden des Fachbereichs Feuerwehr im Rahmen ihrer originären Aufgabenwahrnehmung erfolgen. Mittelfristig ist in diesem Bereich kein zusätzliches Personal zum Betrieb des BIZ vorgesehen.
Finanzierungsplan
Zur Umsetzung des Projektes ist es geplant, dass 400.000 € aus dem Kriseninterventionsfond und 100.000 € aus dem Finanzhaushalt des Fachbereich 37 eingesetzt werden.