Informationsdrucksache Nr. 2188/2019:
Stellungnahme der Verwaltung zur Informationsds. 1503/2019 des Rechnungsprüfungsamtes

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2188/2019 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
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2188/2019
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Stellungnahme der Verwaltung zur Informationsds. 1503/2019 des Rechnungsprüfungsamtes

Im Juni 2018 erteilte der Oberbürgermeister dem Personal- und Organisationsdezernat den Auftrag „…die rechtliche Aufarbeitung der Behandlung von Mehrarbeitszeit/Überstunden und in diesem Zusammenhang von unechten Zulagen durch Vergütung von Mehrarbeit“ vorzunehmen.

Weiterhin ordnete er an, diese Aufarbeitung dem Rechnungsprüfungsamt vorzulegen und um eine Stellungnahme zu bitten, sowie ein externes Unternehmen ebenfalls mit der Prüfung der Aufarbeitung zu beauftragen.

Der Oberbürgermeister informierte den Verwaltungsausschuss und den Rat der Landeshauptstadt am 21. Juni 2018 über die Auftragserteilung und kündigte dort an, dass das Ergebnis der Überprüfungen zunächst dem fachlich zuständigen Organisations- und Personalausschuss und dann dem Verwaltungsausschuss vorgelegt werden solle.

Im Organisations- und Personalausschuss wurde aufgrund der Presseberichterstattung im Magazin "Spiegel" am 14. November 2018 und im Verwaltungsausschuss am 15. November 2018 ein Zwischenbericht gegeben.

Die Aufarbeitung und Zusammenstellung der sehr umfangreichen Unterlagen wurde im Oktober 2018 an das Rechnungsprüfungsamt der Landeshauptstadt übersandt. Die Vergabe an PricewaterhouseCoopers (pwc) als externem Gutachter wurde im Dezember 2018 mit inhaltsgleichen Prüfauftrag und Unterlagen erteilt. Über den Bericht von pwc wird mit gesonderte Drucksache berichtet.




Das Rechnungsprüfungsamt hat nach Erörterungsterminen und Nacharbeiten durch den Fachbereich Personal und Organisation und der Möglichkeit von Stellungnahmen Ende Mai seine Prüfung abgeschlossen.

Mit der Drucksache 1503/2019 informiert das Rechnungsprüfungsamt über seine wesentlichen Prüfergebnisse.

Die Verwaltung nimmt mit dieser Drucksache die Feststellungen auf und berichtet hierzu wie folgt:
1. Zur Zulage Leistungsprämie Beschäftigte, Volumen 2017: 5.603.320 €
a. Soweit das RPA die Auffassung vertritt, die von der Verwaltung an die Beschäftigten gezahlte Leistungsprämie sei hinsichtlich der Zahlung an die Tarifbeschäftigten unrechtmäßig, teilt die Verwaltung aus folgenden Gründen diese Einschätzung: Die Zahlung erfolgt auf Grund der Dienstvereinbarung 11/203 (Anlage 1) über die Vergabe von Leistungsprämien und sieht für die Tarifbeschäftigten die Zahlung einer Einheitsprämie vor.

Gemäß § 18 Abs. 2 Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) ist das Leistungsentgelt eine variable und leistungsorientierte Bezahlung zusätzlich zum Tabellenentgelt. Variabilität bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Leistungsentgelt in der Höhe nicht vorhersehbar oder feststehend ist und in Abhängigkeit von einer tatsächlich durch den Beschäftigten erbrachten und von der Führungskraft in einem vorher festgelegten Bewertungsraster festgestellten Leistung besteht. Ein solches System wird auch in § 18 Abs. 6 TVöD verlangt, welcher für die Ausgestaltung entsprechender Dienstvereinbarungen weitere Einzelheiten vorsieht: Zwingende Regelungsinhalte der Dienstvereinbarung sind danach unter anderem die Auswahl der Formen von Leistungsentgelten, der Methoden und Kriterien der systematischen Leistungsbewertung und der aufgabenbezogenen Bewertung. Dienstvereinbarungen mit Pauschalausschüttung setzen diese tariflichen Vorgaben nicht um. Diesen Anforderungen genügt die Dienstvereinbarung 11/103 nicht.
b. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass das der Auszahlung von Leistungsprämien zugrunde zulegende System der Methoden und Kriterien der Leistungsbewertung aus mehreren Gründen nicht unumstritten ist: Den Vereinbarungen zur Einführung des TVöD lässt sich entnehmen, dass im Zusammenhang mit der Einführung leistungs- und ergebnisorientierter Elemente im Tarifrecht seinerzeit die Arbeitnehmer*innen auf Entgeltforderungen verzichteten und das Gesamtvolumen aller Entgeltbestandteile und -ansprüche der Arbeitnehmer`*innen die Zahlung einer Leistungsprämie berücksichtigen sollte.


Die Zahlung einer Leistungsprämie, d.h. einer einmaligen Prämie erfolgt gem. § 18 Abs. 4 S.2 TVöD auf der Grundlage einer Zielvereinbarung. Diese setzt einen aufwendigen Einführungsprozess der Zielfindung, Bewertung und Leistungsmessung voraus, der viele Kommunen bundesweit in der Vergangenheit von der Umsetzung dieser tariflichen Regelungen abgehalten oder zu eigenen betrieblichen Überlegungen bewegt hat. In diesem Zusammenhang ist weiterhin darauf hinzuweisen, dass selbst die kommunalen Spitzenverbände mehrfach eine Abkehr von diesen Regelungen erwogen haben.
Diese Überlegungen und Schwierigkeiten hat der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) Niedersachsen letztmalig unter dem 24.09.2018 aufgegriffen und über ein aus seiner Sicht einfaches System der leistungsorientierten Bezahlung informiert, dass die Leistungsmessung und Bewertung durch die Ausschüttung einer als Regelprämie bezeichneten Leistungsprämie an die Beschäftigten vorsieht und nur für eine kleine Anzahl von sogen. „Topleistern“ die Aufstockung der Regelprämie um einen weiteren Betrag zulässt. Mit anderen Worten, selbst der kommunale Arbeitgeberverband lässt nunmehr die Zahlung einer pauschalierten Regelprämie zu.
c. Ein Verstoß gegen die kommunalverfassungsrechtlichen Regelungen zur Zuständigkeit des Rates sieht die Verwaltung hierin entgegen der Auffassung des Rechnungsprüfungsamtes aus folgenden Gründen nicht: Die Dienstvereinbarung ist unwirksam, sie muss also so behandelt werden, als wäre sie nie vereinbart worden. Es handelt sich nicht um die Beendigung einer bereits bestehenden Dienstvereinbarung. Damit bestand auch zu keinem Zeitpunkt ein Anspruch auf die Pauschalzahlung aus der Dienstvereinbarung. Vielmehr gilt ununterbrochen die Protokollerklärung zu § 18 IV TVöD, die besagt, dass in diesem Fall der Anspruch auf eine individuelle Einmalzahlung in Höhe von 6% des individuellen Septemberentgelts besteht und die Differenz dieser Einmalzahlung zur tariflichen Gesamtsumme für den Fall einer wirksamen Dienstvereinbarung in Höhe von 2 % der ständigen Monatsentgelte des Vorjahres aller unter den TVöD fallenden Beschäftigten zurückzustellen ist. Ein Anspruch der Beschäftigten auf die sofortige Auszahlung aller zurückgestellten Beträge besteht ab dem Wirksamwerden einer Dienstvereinbarung, d. h. auch die zurückgestellten Beträge sind in einer Summe auszuzahlen, wenn eine beanstandungsfreie Dienstvereinbarung besteht. Fraglich ist jedoch, ob danach die Verwaltung ohne eine Entscheidung des Rates daran gehindert war, die in Rede stehenden berichteten Finanzmittel auszuzahlen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Tarifvertrag TVöD die Zahlung einer Leistungsprämie auf der Grundlage eines DV oder einen pauschalen Surrogat Anspruch regelt. In beiden Fällen legt der Tarifvertrag in § 18 TVöD das finanzielle Volumen fest. Das im Tarifvertrag festgelegte finanzielle Volumen ist hier nicht überschritten worden.


Demzufolge handelt es sich hier um einen einfachen Normenvollzug, denn die Verwaltung hat überhaupt keinerlei eigenen Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Höhe und der Verwendung der Mittel: Entweder werden diese im Rahmen einer (rechtmäßigen) DV verausgabt oder aber in Höhe eines Pauschalanspruches und einer jährlich anwachsenden Rückstellung, die im Falle der Vereinbarung einer (rechtmäßigen) DV erst ab deren Vereinbarung in einem Betrag zu verauslagen ist (s.o.). Bei einem Normenvollzug handelt es sich aber regelmäßig um ein Geschäft der laufenden Verwaltung.

Ergebnis:

Die Feststellungen des RPA haben die Verwaltung veranlasst, die Zahlung einer Einheitsprämie für das Jahr 2019 zu stoppen und mit dem Gesamtpersonalrat in Verhandlungen über eine geänderte Dienstvereinbarung und Auszahlungspraxis einzutreten.
2. Besoldungsergänzung
Die Zusage einer Besoldungsergänzung an Beamte der Besoldungsgruppen B ist beamtenrechtlich nicht vorgesehen. Diese sind zwischenzeitlich eingestellt. In einem Fall ist die entsprechend gewährte Zulage zurückgezahlt worden. In dem weiteren Vorgang wird die Rückforderung betrieben, darüber hinaus ist hier zwischenzeitlich ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.
3. Zulage im Sozial- und Erziehungsdienst, Volumen 2017 1.171.671 €
Die Feststellungen des RPA zum Zustandekommen eines Tarifvertrages sind zutreffend. Die Verwaltung teilt die Auffassung des Rechnungsprüfungsamtes, dass der Abschluss eines Tarifvertrages nicht dem Geschäft der laufenden Verwaltung unterliegt und aus diesem Grunde der Rat der Landeshauptstadt Hannover über den beabsichtigten Vertragsabschluss hätte informiert und beteiligt werden müssen. Zwar wird durch diese unterbliebene Beteiligung des Rates der Landeshauptstadt Hannover der Tarifvertrag im Verhältnis zu den Beschäftigten, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrage fallen, nicht unwirksam und die auf der Grundlage des Vertrages geleisteten Zahlungen an die Beschäftigten sind rechtswirksam erfolgt. Aber im Verhältnis zum Rat der Landeshauptstadt fehlt diesem Vertrag die kommunalverfassungsrechtliche Vollmacht. Aus diesem Grunde ist nunmehr die Entscheidung des Rates zum weiteren Vollzug des Vertrages herbeizuführen. Hierzu wird eine gesonderte Drucksache vorgelegt, mit der die Verwaltung beabsichtigt, die vom Rechnungsprüfungsamt dargestellten Mängel abzustellen.





4. Zu Überstundenpauschalen
Das RPA kommt zu der Feststellung, dass die Zahlung von Überstundenpauschalen gem. 24 Abs. 6 TVöD zulässig ist.

Dieses vorausgeschickt nimmt die Verwaltung zu den weiteren Feststellungen wie folgt Stellung: Jeder Einzelfall wird als solcher behandelt, d.h. es wird in jedem Einzelfall geprüft, ob die Voraussetzungen des genannten KAV Präsidiumsbeschlusses oder der Fachkräfterichtlinie der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) vorliegen oder nicht. Es ist allerdings auch festzustellen, und dem folgt der KAV Niedersachsen und mit diesem auch die VKA, dass die gegenwärtigen tariflichen Eingruppierungs- und Entgeltregelungen die Personalgewinnung und -bindung von Fachkräften und in sogen. Mangelberufen, in denen die öffentlichen Arbeitgeber in Konkurrenz zu privaten Arbeitgebern stehen (z.B. in allen technischen Berufen, im IT-Bereich, im Sozial- und Erziehungsdienst und zunehmend auch im Verwaltungsbereich), eher erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen. Aus diesem Grunde gibt es im Übrigen gerade diese Ausnahmeregelungen.
Im Ergebnis ist nach alledem nach diesseitiger Auffassung festzustellen, dass es sich bei den vom RPA genannten Fallgruppen um eine buchungstechnische und weniger um eine ausschließlich rechtlich zu bewertende und zu beanstandende Fragestellung handelt: Richtig ist, dass in diesen Fällen zur Buchung entsprechender Beträge die für die Überstundenpauschale zur Verfügung stehende Lohnart gewählt wurde. Das wird nach entsprechender Prüfung korrigiert.
Der Feststellung, die Zahlung einer Zulage nach Chefrundschreiben zur Personalgewinnung und -bindung muss im Rahmen der Angleichungspflicht des § 107 II NKomVG durch die Kommunalaufsicht genehmigt werden, folgt die Verwaltung nicht:

§ 107 Abs. 2 NKomVG regelt die Angleichungs- und Genehmigungspflicht für Eingruppierung/Vergütung von kommunalen Beschäftigten, soweit diese die tariflichen Vorschriften des Landes übersteigen. Durch den Präsidiumsbeschluss des KAV wird aber lediglich eine Angleichung an die landestariflichen Regelungen im Tarifvertrag TVöD für die Länder (TV-L) vorgenommen, nicht jedoch über diese hinaus Zulagen ermöglicht: Damit steht fest, dass der Präsidiumsbeschluss des KAV die Möglichkeit eröffnet, die für Landesbeschäftigte im TV-L geregelte Zulagenmöglichkeit auch für kommunale Beschäftigte anzuwenden. Damit wird aber dem Angleichungsvorbehalt tatsächlich entsprochen.
Die Verwaltung hat die Hinweise des RPA aufgenommen und die Kommunalaufsicht um Prüfung der Frage gebeten, ob auch die Gewährung einer Zulage nach Chefrundschreiben der Angleichungs- und Genehmigungspflicht unterliegt.

Die Kommunalaufsicht hat hierauf der Landeshauptstadt Hannover mitgeteilt, dass die Gewährung einer Zulage nach Chefrundschreiben nicht vorlage- und genehmigungspflichtig ist. Damit kann die Verwaltung auch weiterhin im Einzelfall über die Gewährung einer Zulage zur Personalbindung und - gewinnung entscheiden.

Kostentabelle


Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

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Hannover / 19.08.2019