Informationsdrucksache Nr. 2145/2016:
Sachstand VHS Chance

Inhalt der Drucksache:

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2145/2016
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Sachstand VHS Chance

Ausgangsbedingungen
Die in der Drucksache Nr. 1420/2015 N1, Konzept "Akademie für Erwachsene" (Arbeitstitel), vorgeschlagenen Maßnahmen für die Volkshochschule (VHS) Hannover wurden umgesetzt und befinden sich im operativen Betrieb:
· VHS-interner Organisationsentwicklungsprozess mit Bündelung aller
gemeinwohlorientierten Angebote in einem gemeinsamen Bereich (43.1 VHS Chance)
· Ausrichtung der gemeinwohlorientierten Angebote aufeinander, um nahtlose Übergänge
zwischen den Angeboten zu ermöglichen (Bildungskette)
· Einrichtung einer flankierenden, kostenlosen Bildungsberatung

Diese Drucksache informiert über die Angebote von VHS Chance und veranschaulicht die Gestaltung von Übergängen mithilfe der Bildungsberatung.

1) Vorüberlegungen
Die Angebote von VHS Chance richten sich an alle volljährigen Bürgerinnen und Bürger der Landeshauptstadt Hannover, die Bildungsangebote nutzen möchten, aber nicht den für Sie jeweils geeigneten Zugang finden. Damit soll die gesellschaftliche Teilhabe für alle Bevölkerungsschichten erhöht werden, die aufgrund unterschiedlichster Voraussetzungen Bildungsangebote kaum oder gar nicht in Anspruch nehmen.

Wichtige Grundvoraussetzungen dafür sind die Klärung des individuellen Bildungsanliegens und das Aufzeigen möglicher Umsetzungsschritte mithilfe der Bildungsberatung. Eine gelungene Bildungsberatung trägt dazu bei, dass individuelle Ziele klar definiert sind, Übergänge ohne große zeitliche oder organisatorische Verzögerungen erfolgen und letztlich auch das Risiko eines vorzeitigen Abbruchs oder Ausstiegs aus Bildungsmaßnahmen reduziert wird.

2) VHS Chance – Vielfältige Angebote in der Bildungskette
Die Volkshochschule Hannover führte ihren letzten internen Organisationsentwicklungsprozess im Jahre 2007 durch. Ergebnis dieses Organisationsprozesses war die Schaffung von vier, thematisch voneinander abgegrenzten Sachgebieten: VHS Aktiv (Gesundheit, Handwerk, Natur), VHS Dialog (Politische Bildung, Stadtteilangebote, Weiterbildungsberatung, Alphabetisierung), VHS International (Sprachen, Deutsch als Fremdsprache) sowie VHS Schule und Beruf (Nachholen von Schulabschlüssen, berufliche Bildung, EDV, ESF-BAMF Deutsch für den Beruf).
Zentrale Angebote waren in der Struktur verteilt und hatten wenig Bezug zueinander. Übergänge von TeilnehmerInnen zwischen einzelnen Angeboten erfolgten nur sporadisch, und zwar aus mehreren Gründen:
· Angebote waren nicht anschlussfähig
· TeilnehmerInnen waren Übergangsmöglichkeiten nicht bekannt
· TeilnehmerInnen fehlte Orientierung in der Angebotsvielfalt der VHS insgesamt

Parallel stiegen durch Geflüchtete und Neuzugewanderte die Anforderungen an die Gestaltung von Integrationsangeboten.
Mit der Fachbereichsbildung zum 1. November 2015 nutzte die Volkshochschule die Chance, ihre interne Struktur in einem Organisationsentwicklungsprozess zu optimieren und Integrationsangebote stärker miteinander zu verzahnen. Ziel ist eine zeitgemäße und bedarfsgerechte Angebotsstruktur des VHS Hannover.



Abbildung 1: Struktur des Fachbereichs Volkshochschule seit dem 1. November 2015

Auf formaler Ebene wurde als Querschnittsfunktion der Bereich Zentrale Fachbereichsangelegenheiten geschaffen, die inhaltlichen Angebote wurden in gemeinwohlorientierte Angebote und VHS Kursprogramm unterteilt. Die gemeinwohlorientierten Angebote wurden im Bereich VHS Chance mit drei Teams gebündelt. Die drei Teams arbeiten eng zusammen und modifizieren ihre Angebote so, dass möglichst einfach zu bewältigende Übergänge möglich werden.

Beispiel: Wie gelingt der Übergang praktisch?
TeilnehmerInnen aus den stadtteilorientierten Deutschkursen können ohne großen Aufwand in DaF- und Integrationskurse wechseln. Der Dozent füllt zusammen mit den TeilnehmerInnen einen Übergangszettel aus, auf dem die sprachlichen Kompetenzen vermerkt sind. Die Teilnehmer können dann auf Grundlage des Zettels in die DaF-Kurse übernommen werden, ohne (erneut) die formale Sprachstandsfeststellung durchlaufen zu müssen.
Beispiel: Einstieg von Neuzugewanderten ins formale Bildungssystem
TeilnehmInnen der DaF- und Integrationskurse sowie der Alphabetisierungskurse können ab Erreichen des Sprachniveaus B1 oder B2 in die Schulabschlusskurse der VHS wechseln. Mit Erreichen des Schulabschlusses ist ein wichtiger formaler Qualifikationsnachweis erbracht und der Übergang in Ausbildung oder Beruf möglich.

Das zentrale Bindeglied zwischen Angebot und InteressentInnen ist die Bildungsberatung der VHS. Diese ist kostenlos und freiwillig und legt den Schwerpunkt insbesondere auf Personen die ihre individuellen Bildungsziele noch definieren möchten.

Die BildungsberaterInnen unterstützen die Ratsuchenden in folgenden Fragen:
· Wo stehe ich gerade (z.B. sprachlich) auf meinem Bildungsweg?
· Was möchte ich (persönlich, beruflich) erreichen?
· Welche Bildungsangebote kann ich zur Erreichung meines Ziels nutzen?
· Welche Zugangsvoraussetzungen gibt es für diese Bildungsangebote?
· Wo brauche ich noch Unterstützung und an wen kann ich mich dafür wenden?
Ziel des Beratungsgeschehens ist es also:
· das individuelle (Bildungs-)Anliegen zusammen mit den TeilnehmerInnen klar herauszuarbeiten
· den TeilnehmerInnen Orientierung zu geben über bestehende Angebote und Handlungsoptionen
· TeilnehmerInnen dazu zu befähigen, für ihre weiteren Bildungsschritte eine emanzipierte und inhaltlich fundierte Entscheidung zu treffen
· Bei Bedarf die TeilnehmerInnen bei ihren ersten Schritten zu begleiten, z.B. durch Einbezug der Unterstützungsstruktur.
Dabei stehen den TeilnehmerInnen nicht nur Bildungsangebote zur Verfügung, sondern auch eine Unterstützungsstruktur, die fallspezifisch hinzugezogen werden kann. Aus diesem Grund ist eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit allen internen Programmbereichen unabdingbar.


Abbildung 2: Angebote von VHS Chance mit Unterstützungsstruktur. Die Bildungsberatung ist das zentrale Element, welches InteressentInnen eine bedarfsgerechte Orientierung im Angebotsportfolio ermöglicht.

Die Bildungsberatung befindet sich aktuell in der Aufbau- und Entwicklungsphase. Im November 2016 wird der Testbetrieb aufgenommen, um die im Beratungsgeschehen einzusetzenden Instrumente (Erhebungsbogen zur Feststellung des Sprachstands, Anforderungen zur Dokumentation und Qualitätssicherung sowie des Datenschutzes) praktisch zu erproben und ggf. zu überarbeiten. Im Sommer 2017 soll das Konzept fest stehen und der Regelbetrieb aufgenommen werden.





3) Bausteine von VHS Chance

Abbildung 4: Integrationsangebote der VHS Hannover, Darstellung anhand der Sprachkompetenzstufe und den damit verbundenen Übergangsmöglichkeiten.

Bildungsangebote

Baustein
Erläuterung
Ankommenskurse
• In Kooperation mit Flüchtlingsunterkünften bedarfsgerecht gestaltet: Kinderbetreuung, niedrigschwellige Alphabetisierungskurse
• Unterrichtsort: In der Unterkunft oder nahe daran
• Flexible Teilnahme nach dem Hop-on hop-off-Prinzip
• Unterrichtsinhalte: Erste Orientierung in Hannover, Kultur und Gesellschaft, Umgang mit Behörden und Ämtern, erstes Alltagsdeutsch
Stadtteilkurse Deutsch
• In Kooperation mit Familienzentren, Flüchtlingsunterkünften, Freizeitheimen
• Feste Gruppen, Unterricht orientiert sich an individuellen Bedarfen der Gruppe
• Ziel: Sprachstufe GER A1, Übergang in Integrationskurs oder ESF-BAMF-Kurs möglich
Alphabetisierungskurse
• Am Standort Lindener Rathaus der VHS
• Feste Gruppen, Unterricht orientiert sich an Gruppenbedarf
• Ziel: (für MuttersprachlerInnen) Übergang in andere Bildungsangebote, z.B. Nachholen von Schulabschlüssen (für Nicht-MuttersprachlerInnen) Übergang in Stadtteil- oder Integrationskurse
Flüchtlingskurse aus Mitteln des Landes Niedersachsen
• Durch Landesmittel geförderte Deutschkurse
• Zugangsvoraussetzungen niedrig
• Für TeilnehmerInnen kostenlos
• Orientiert sich an Integrationskursen mit 200 UE
• Übergang in Integrationskurse und Stadtteilkurse
Integrationskurse / Integrationskurse mit Alphabetisierung
• Stringente Sprachkurse mit 200 UE, enge Orientierung an den Qualifikationsrahmen Sprachen GER
• Kombinierte Beratung und Sprachstandsfeststellung
• Verschiedene Formate: vom Intensiv- bis zum Abendkurs
• Ziel: Erreichen der nächsten Sprachstufe
• Angebot der Stufen A1 bis B1
• Übergang in ESF-BAMF, Kurse zum nachträgl. Erwerb v. Schulabschlüssen, Umschulungen, Projekt „Qualifizierte Flüchtlinge ins Studium“
Kurse zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen
• Kooperation mit den berufsbildenden Schulen
• Sozialpädagogische Betreuung, Berufsorientierung, Praktikum, Kulturangebote
• Ab GER B1 Einstieg für Hauptschulabschluss mögl., ab B2 für Realschulabschluss
• Modularer Aufbau: 1.+ 2. Semester führt zum HSA-Abschluss, 3. + 4. Sem. zum RSA-Abschluss
• Vorbereitungskurse für Lernungewohnte mit Ziel Übergang ins erste Semester HSA
Kurse Deutsch als Fremdsprache
• Orientierung an den Qualifikationsrahmen Sprachen GER
• Kombinierte Beratung und Sprachstandsfeststellung
• Verschiedene Formate: vom Intensiv- bis zum Abendkurs
• Ziel: Erreichen der gewünschten Sprachstufe
• Angebot der Stufen A1 bis C2
• Kurse sind für Selbstzahler
ESF-BAMF Deutsch für Büroberufe
• In Kooperation mit der Koordinierungsstelle Album
• Jährlich bis zu 2 ESF-BAMF-Kurse
• Praktikum
• Übergänge in Umschulungen und Integrationskurse
Nationale Förderung Deutsch für Berufe (Zulassung beantragt)
• Wird Ende 2017 ESF-BAMF ablösen
• Ziel: Vermittlung von Deutsch für den Beruf
• Modularer Aufbau: Spracherwerb Deutsch
Umschulungen
• Maßnahme nach SGB II/SGB III
• TeilnehmerInnen werden von Jobcenter oder Arbeitsagentur geschickt
• Umschulung Einzelhandelskaufmann/-frau und Kaufmann/-frau für Büromanagement in 15 Monaten
• Über 50% der TN haben Migrationshintergrund
• Hohe Vermittlungsquote in den ersten Arbeitsmarkt
Immaturenkurse
• Vorbereitungskurse für Hochschulzugang ohne Abitur
• Ziel: Erwerb der fachbezogenen Hochschulreife, Aufnahme eines Studiums
Projekt „Qualifizierte Flüchtlinge ins Studium“
• Vorbereitung auf das Ablegen der DSH-Prüfung oder der Feststellungsprüfung für das Nds. Studienkolleg
• Studien- und Berufsberatung
• Ziel: Erreichen der Sprachstufe C1 und besser
• Eingangsniveau: Deutsch Stufen B1 - B2

Unterstützungsstruktur
Bildungsberatung
• Berät InteressentInnen und TeilnehmerInnen aus VHS-Kursen zu persönlichen Bildungsperspektiven, Anschlussmöglichkeiten und Unterstützungsstrukturen
• Freiwillig und kostenfrei
• Ressourcen- und lösungsorientiert
IntegrationslotsInnen
• Beratung und Begleitung für TeilnehmerInnen mit Integrationsbedarf, z.B. bei Behördengängen
EinbürgerungslotsInnen
• Beratung und Begleitung für TeilnehmerInnen, die sich einbürgern lassen willen
VHS Lernzentrum Linden
• Selbstlernzeiten für TeilnehmerInnen von Deutschkursen sowie für InteressentInnen, die noch keinen festen Platz in einem Deutschkurs haben
• Qualifizierung von KursleiterInnen zum Umgang mit Analphabetismus, Unterrichten mit neuen Medien
• MultiplikatorInnenschulungen zum Portal „Ich-will-Deutsch-lernen.de“.
4) Finanzierung und Laufzeit
Zur Umsetzung von VHS Chance wurden im Haushaltsjahr 2016 400.000 Euro aus dem kommunalen Haushalt bereitgestellt. Zusätzlich wurden drei Stellen, befristet auf zwei Jahre, eingerichtet und wie folgt besetzt:
1 Stelle TVöD 11, 38,5 h
BildungsberaterIn
1 Stelle TVöD 11, 38,5 h
Bildungsberaterin
1 Stelle TVöD 06, 38,5 h
Sachbearbeiterin

Eine weitere Stelle mit der Aufgabe der Bildungskoordination für Geflüchtete wird durch die Region Hannover eingerichtet und in Form von Arbeitnehmerüberlassung für den Fachbereich Volkshochschule der Landeshauptstadt Hannover tätig. Die Stelle ist zu 100% aus Bundesmitteln refinanziert und befindet sich aktuell im Stellenausschreibungsverfahren. Im Doppelhaushalt 2017/2018 sind für VHS Chance 400.000 Euro Sachmittel vorgesehen.

Über die Sachmittel werden zusätzliche Integrations- und Alphabetisierungskurse der VHS sowie die Ankommenskurse in den Flüchtlingsunterkünften finanziert. Aus Mitteln des Landes Niedersachsen werden derzeit (teilweise in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern) 36 Deutschkurse für Geflüchtete sowie zwei Deutschkurse für Höherqualifizierte refinanziert. Die VHS Hannover bemüht sich generell, so viele Angebote wie möglich durch Dritt- und Landesmittel zu refinanzieren, weshalb sich der Sachmittelbedarf für VHS Chance voraussichtlich auf 200.000 Euro pro Jahr reduzieren wird.

5) Ausblick und Perspektiven
Ziel von VHS Chance (ehem. Akademie für Erwachsene) ist es, im Bereich Bildung und damit auch im Bereich der Integration das Angebot der Landeshauptstadt Hannover im Sinne eines individuell bestimmten Bildungsziels transparenter und nutzbarer zu machen. Jede Bürgerin und jeder Bürger soll die Möglichkeit erhalten, bei einem Integrationsbedarf Orientierung zu erhalten und passende Angebote zu nutzen. VHS Chance kann dazu einen Beitrag leisten. Der Ansatz dieses Bereichs steht noch am Anfang, erste Erfahrungen zeigen jedoch, dass die Richtung stimmt. Es gilt jetzt, Erfahrungen in der täglichen Praxis zu sammeln um die Angebote weiter zu verbessern und Zielgruppen bedarfsgerecht anzusprechen. Wichtige nächste Schritte sind die integrierte Zusammenarbeit mit einschlägigen Strukturen der Landeshauptstadt Hannover (insbes. der Fachbereiche 32, 41, 42, 50.4, 50.6 sowie 51) sowie eine stärkere Kooperation mit den entsprechenden Strukturen und Angeboten der Region Hannover.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Das Angebot richtet sich generell an alle Geschlechter.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

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Hannover / 14.10.2016