Drucksache Nr. 2117/2020 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der Gruppe LINKE & PIRATEN zum aktuellen Stand von seit dem 1.1.2019 durchgeführten Zwangsräumungen in der Landeshauptstadt Hannover
in der Ratssitzung am 29.10.2020, TOP 3.5.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
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2117/2020 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der Gruppe LINKE & PIRATEN zum aktuellen Stand von seit dem 1.1.2019 durchgeführten Zwangsräumungen in der Landeshauptstadt Hannover
in der Ratssitzung am 29.10.2020, TOP 3.5.

Im Jahr 2018 gab es laut Angaben der Stadtverwaltung etwa 400 Zwangsräumungen in Hannover. Bereits in unserem Antrag mit der Drucksachen-Nr. 3266/2019 N1 haben wir ein Konzept zur Verhinderung von Zwangsräumungen gefordert. Wir verwiesen damals schon auf die Unmenschlichkeit von in die Obdachlosigkeit führenden Zwangsräumungen und auf den fatalen volkswirtschaftlichen Aspekt, da jede Zwangsräumung nicht nur eine menschliche Tragödie ist, sondern auch mit erheblichen Kosten verbunden ist.

Nicht nur alleinlebende Menschen allgemein, sondern verstärkt auch alleinerziehende Frauen und ihre Kinder sind von Zwangsräumungen betroffen. Das Geld für Zwangsräumungen sollte daher sinnvoller für deren Verhinderung genutzt werden. In Hannover gibt es zur Zeit rund 4000 Wohnungslose, was noch einmal aufzeigt, dass Wohnen zur Daseinsvorsorge gehört und nicht den Marktkräften allein überlassen werden darf.

In diesem Jahr kam zu den generell schwierigen Bedingungen noch die Coronavirus-Pandemie hinzu, die nach wie vor anhält, und Menschen schneller denn je in eine Zwangsräumung führen kann. Zwar sollten Mietrückstände Pandemie-bedingt gestundet werden können, aber auch die Stundung von ausstehenden Mieten ersetzt nicht deren Zahlung, was vielen Menschen zum Verhängnis werden kann, wenn durch die Pandemiefolgen Gehälter ausfallen oder nur reduziert durch Kurzarbeiter*innengeld und Transferleistungen zur Verfügung stehen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:

1. Wie viele Zwangsräumungen hat es in der Landeshauptstadt Hannover im Zeitraum
  • des Jahres 2019,
  • vom Januar bis einschließlich Juni 2020 und
  • speziell in der Hoch-Zeit der Pandemie seit dem 1.3.2020 bis 30.9.2020
    gegeben?
2. Wie gedenkt die Landeshauptstadt Hannover den durch Zwangsräumung unmittelbar betroffenen Menschen schnell und unbürokratisch zu helfen, um diese vor dauerhafter Obdachlosigkeit zu bewahren und schnellstens Ersatz für die möglicherweise verlorene Wohnung zu finden? Ist beispielsweise bei Zwangsräumungen im Regelfall ein*e Mitarbeiter*in der Stadtverwaltung vor Ort anwesend, um unbürokratisch Hilfsangebote zu vermitteln?

3. Welche Informationen liegen der Stadtverwaltung Hannover über den Verbleib der im Jahr 2019 zwangsgeräumten Menschen vor?

Antwort der Verwaltung

In der Vergangenheit gab es zu dem Thema Zwangsräumungen bereits mehrere Anfragen der Gruppe Linke & Piraten, der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD-Fraktion. Das Baudezernat hat die Anfragen in den Ratssitzungen am 27.01.17, 25.01.18, 28.03.19 und 28.11.2019 jeweils ausführlich beantwortet und umfangreich über die bestehenden Unterstützungsangebote informiert.
Die Antworten sind auch nachzulesen in den Drucksachen 0825/2017 F1 („Antwort der Verwaltung auf die Anfrage der Gruppe LINKE & PIRATEN zu Zwangsräumungen in Hannover in der Ratssitzung am 27.04.2017, TOP 3.3.“), 3117/2017 F1 („Antwort der Verwaltung auf die Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen zu präventiven Angeboten bei drohender Wohnungslosigkeit in der Ratssitzung am 25.01.2018, TOP 3.1.1.“), 0532/2019 F1 („Antwort der Verwaltung auf die Anfrage der SPD-Fraktion zu wohnraumerhaltenden Hilfen in der Ratssitzung am 28.03.2019, TOP 5.2.“) und 2602/2019 F1 („Antwort der Verwaltung auf die Anfrage der Gruppe LINKE & PIRATEN zu Zwangsräumungen in der Landeshauptstadt Hannover in der Ratssitzung am 28.11.2019, TOP 4.3.1“).

Der Antrag der Gruppe LINKE & PIRATEN zur „Entwicklung eines Konzeptes zur Verhinderung von Zwangsräumungen“ mit der Drucksachen-Nr. 3266/2019 N 1 wurde in der Ratssitzung am 23.04.2020 mehrheitlich abgelehnt.

Vor diesem Hintergrund beantwortet die Verwaltung die Anfrage wie folgt:

Frage 1: Wie viele Zwangsräumungen hat es in der Landeshauptstadt Hannover im Zeitraum a.) des Jahres 2019, b.) vom Januar bis einschließlich Juni 2020 und c.) speziell in der Hoch-Zeit der Pandemie seit dem 01.03.2020 bis 30.09.2020 gegeben?

a.) Im Jahr 2019 wurden 314 Zwangsräumungen tatsächlich durchgeführt.
b.) Von Januar bis Juni 2020 lag die Zahl der durchgeführten Zwangsräumungen bei 126.
c.) Nach den der Landeshauptstadt Hannover bisher vorliegenden Informationen der Gerichtsvollzieher*innen wurden in dem Zeitraum 01.03. bis 30.09.2020 141 Zwangsräumungen durchgeführt.

Frage 2: Wie gedenkt die Landeshauptstadt Hannover den durch Zwangsräumung unmittelbar betroffenen Menschen schnell und unbürokratisch zu helfen, um diese vor dauerhafter Obdachlosigkeit zu bewahren und schnellstens Ersatz für die möglicherweise verlorene Wohnung zu finden? Ist beispielsweise bei Zwangsräumungen im Regelfall eine*e Mitarbeiter*in der Stadtverwaltung vor Ort anwesend, um unbürokratisch Hilfsangebote zu vermitteln?

Über die bestehenden Unterstützungsangebote zu wohnraumerhaltenden Hilfen in der Landeshauptstadt Hannover hat die Verwaltung mit Drucksache Nr. 0532/2019 F1 („Antwort der Verwaltung auf die Anfrage der SPD-Fraktion zu wohnraumerhaltenden Hilfen in der Ratssitzung am 28.03.2019, TOP 5.2.“) ausführlich informiert. Neben den Wohnungserhaltenden Hilfen und der Kommunalen Wohnungsvermittlung gehören hierzu Angebote wie die mobile Wohnbegleitung.
In vielen Fällen ist es aufgrund der bestehenden Mietrückstände und einer damit verbundenen negativen Schufa allerdings schwierig, neuen Wohnraum zu finden.

Wenn weder ein Wohnungserhalt noch die Vermittlung einer neuen Wohnung möglich sind, stellt der Bereich Unterbringung Unterkünfte für Familien bzw. Bettplätze für Einzelpersonen im Rahmen der Gefahrenabwehr zur Verfügung. Alle betroffenen Haushalte werden vor dem Räumungstermin auf die Möglichkeit einer Unterbringung durch die Stadt hingewiesen. Die Anwesenheit von Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung bei einer Zwangsräumung ist nicht vorgesehen und nicht erforderlich.

Frage 3: Welche Informationen liegen der Stadtverwaltung Hannover über den Verbleib der im Jahr 2019 zwangsgeräumten Menschen vor?

Das Team Wohnungserhaltende Hilfen erzielt gute Erfolge mit der Beratung von Haushalten, die von einer Räumungsklage wegen Mietschulden betroffen sind. In 34 % der vom Team „Wohnungserhaltende Hilfen“ betreuten Fälle ist es 2019 gelungen, die Wohnung zu erhalten, in 25 % der Fälle wurde eine neue Wohnmöglichkeit gefunden und 3 % der Fälle wurden ordnungsrechtlich untergebracht. In 36 % der Fälle ist es nicht gelungen, Kontakt zu den betroffenen Haushalten aufzunehmen, bzw. der Kontakt ist wieder abgebrochen.

Informationen über den Verbleib der tatsächlich zwangsgeräumten Haushalte liegen nicht vor.