Drucksache Nr. 2113/2020 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der AfD-Fraktion zu Jugendgangs am Hauptbahnhof, in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade und am Opernplatz
in der Ratssitzung am 29.10.2020, TOP 3.2.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
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2113/2020 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der AfD-Fraktion zu Jugendgangs am Hauptbahnhof, in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade und am Opernplatz
in der Ratssitzung am 29.10.2020, TOP 3.2.

Die AfD-Fraktion stellte im März 2018 eine Anfrage zur Thematik der Jugendgangs am Hauptbahnhof, in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade und am Opernplatz. Der Grund der damaligen Anfrage war ein HAZ-Artikel vom 25. Januar 2018 mit der Überschrift „Aggressive Jugendbanden bepöbeln Passanten am Kröpcke“, welcher berichtete, dass Kunden und Ladenbetreiber von Mitgliedern jugendlicher Gruppen durch aggressives Verhalten, stundenlanges Herumlungern mit Pöbeleien, Beleidigungen und Drohungen belästigt wurden.

Auf die Frage, wie sich die Lage zum damaligen Zeitpunkt dargestellt habe und welche Maßnahmen ergriffen worden seien, um die Problematik zu beheben, wurde wie folgt geantwortet:

„Weder der Polizei noch Protec oder dem städtischen Ordnungsdienst sind aktuell Problemmeldungen zu der aufgeworfenen Thematik bekannt.“

Nun berufen wir uns auf folgende Artikel:

HAZ vom 22. Juni 2020: „Angriff auf Polizisten, Körperverletzung, Diebstähle: Jugendgang macht Hauptbahnhof unsicher“[1],

HAZ vom 02. Juli 2020: „Bundespolizei geht gegen Jugendgang ,Bahnhofs-Chiller‘ vor“[2],

NP vom 05. Juli 2020: „Hannover: Bundespolizei nimmt sechs ,Bahnhofs-Chiller‘ in Schutzgewahrsam“[3],

Wir fragen die Verwaltung:

1) Hat die Landeshauptstadt Hannover nun Kenntnis über eine Jugendbanden-Problematik am Hauptbahnhof?

2) Wird die Landeshauptstadt Hannover jetzt Maßnahmen ergreifen, um diesem Problem entgegenzuwirken?

3) Glaubt die Verwaltung, dass es diese Jugendbanden tatsächlich erst seit einigen Wochen gibt?

Text der Antwort

Frage 1: Hat die Landeshauptstadt Hannover nun Kenntnis über eine Jugendbanden-Problematik am Hauptbahnhof?

Ein Teil der Gruppe ist dem Sachgebiet Jugendschutz/Straßensoziarbeit im Fachbereich Jugend und Familie seit ca. zwei Jahren bekannt. Sie hat sich damals hauptsächlich am Kröpcke und an den U-Bahn-Zugängen des Kröpcke aufgehalten.
Die derzeitige Gruppe besteht aus bis zu 30 Personen, manchmal treffen sie sich erheblich weniger Personen. Die Gruppe ist im Bahnhof, auf dem Ernst-August-Platz und am Raschplatz am Nachmittag, am Abend und in der Nacht anzutreffen. Erste Einsätze der Polizei bezogen sich auf diese Gruppe seit Anfang des Jahres, deutlich mehr Polizeieinsätze waren es bis Ende Juni. Das Alter der jungen Menschen liegt zwischen 14 und 20 Jahren. Es handelt sich um Mädchen sowie Jungen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen. Alkoholeinnahme spielt eine erhebliche Rolle. Es kommt zu Lärmbelästigungen und internen Streitigkeiten bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen. Das Sicherheitsempfinden der Bürger*innen und Reisenden ist dadurch gestört. Die Gruppe ist gegenüber Behördenvertreter*innen sehr respektlos.

Den Vorkommnissen im Bahnhof wurden von der Bundespolizei im Sommer mit erhöhter Präsenz begegnet. Schon nach wenigen Tagen zeigte sich die beschriebene Situation in der Deutlichkeit nicht mehr. Die Landespolizei hat in der Innenstadt keine vermehrten Anzeigen oder Auffälligkeiten feststellen können.
Bewusst wurde in der Hausmitteilung nicht der Begriff „Gang“ oder „Bande“ benutzt. Werden nach dieser Bezeichnung landläufig junge Menschen definiert, die sich ausdrücklich zu Straftaten verabreden, ist dies bei den in Rede stehenden jungen Menschen nach Erkenntnissen des Sachgebiets Jugendschutz/Straßensozialarbeit nicht der Fall. Von Seiten des Sachgebiets werden die jungen Menschen deshalb als „Gruppe“ oder „Clique“ bezeichnet. Ihre provozierenden Handlungen werden dadurch nicht geringer erachtet.

Der Städtische Ordnungsdienst trifft im Rahmen seiner Bestreifungen häufig wechselnde Kleingruppen an. Aus diesen Zusammentreffen sind keine Rückschlüsse auf eine organisierte Gruppenstruktur mit wiederkehrender gleicher personeller Zusammensetzung möglich. Zur Beantwortung dieser Anfrage ist daher auch die Landes- und Bundespolizei nach ihren Erkenntnissen angefragt worden.
Die Polizeidirektion Hannover hat daraufhin wie folgt geantwortet:
„Zunächst wird auf die örtliche Zuständigkeit der Bundespolizei am Hauptbahnhof Hannover verwiesen.
Die Sachverhalte und die bekanntgewordenen Personalien i. Z. m. den später als „Bahnhofs- Chiller" betitelten Akteuren sind durch die Bundespolizeiinspektion Hannover in einem Schreiben vom 19.06.2020, unmittelbar vor der ersten Presseberichterstattung am 22.06.2020, an die damalige Polizeiinspektion (PI) Mitte mitgeteilt worden. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass die ersten Feststellungen der Bundespolizei bezüglich „jugendtypischer Störungshandlungen" im Bereich des Hauptbahnhofs bzw. Bahnhofsvorplatzes vom 02.01.2020 stammen.
Bei dem überwiegenden Teil der durch die Bundespolizeiinspektion Hannover mitgeteilten Personalien handelt es sich um amtsbekannte Jugendliche und Heranwachsende, welche bereits in der Vergangenheit im gesamten Zuständigkeitsbereich der PD Hannover auffällig geworden sind. Bereits vor der Mitteilung der Bundespolizei vom 19.06.2020 stellte die damalige PI Mitte im Rahmen von Präventionseinsätzen teilweise lärmende Jugendliche und Heranwachsende in unterschiedlichen personellen Besetzungen in dem Bereich zwischen Hauptbahnhof und Kröpcke fest. In dieser Thematik wurden seitens der PI Mitte Schwerpunkteinsätze sowie eine Lagebewertung durchgeführt. Ein hohes Straftatenaufkommen oder Gefährdungen anderer Art wurden in diesem Zusammenhang seitens der eingesetzten Kräfte nicht festgestellt. Weiterhin wurde und wird durch die ehemalige PI Mitte und auch dem jetzigen Polizeikommissariat Mitte lageangepasst Polizeipräsenz an den genannten Örtlichkeiten gezeigt.
Der PD Hannover liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, wonach eine zusammenhängende Gruppe im Bereich der Innenstadt wiederkehrend Straftaten begeht.
Aus eigenen Feststellungen lässt sich die Existenz einer organisierten Gruppenstruktur mit wiederkehrend gleicher personeller Zusammensetzung nicht ableiten. Vielmehr traten Einzelpersonen mit wechselnden Begleitern in Kleingruppen auf.
Bei diesen handelt es sich hauptsächlich um amtsbekannte Jugendliche oder Heranwachsende, die u.a. im Zusammenhang mit Sachbeschädigungen und Körperverletzungen in Erscheinung treten.
Ähnlich verhält es sich bei festgestellten Jugendgruppen im Bereich des innerstädtischen Opernplatzes. Hierbei handelt es sich nach derzeitigem Auswertestand nicht um Delikte, die wiederkehrend aus sogenannten Jugendbanden heraus begangen wurden, sondern um Vorfälle, die losgelöst von einander zu betrachten sind.
Der Opernplatz wird aktuell in Ermangelung von Alternativen durch eine Vielzahl von Jugendlichen zum gemeinsamen Zeitvertreib bis in die späten Abendstunden aufgesucht. Bei den dort festgestellten Delikten handelt es sich fast ausschließlich um Sachverhalte, bei denen verbale Streitigkeiten in körperliche Auseinandersetzungen mündeten.“

Frage 2: Wird die Landeshauptstadt Hannover jetzt Maßnahmen ergreifen, um diesem Problem entgegenzuwirken?

Das Sachgebiet Jugendschutz/Straßensozialarbeit ist an den benannten Plätzen regelmäßig vor Ort. Es wurde und wird versucht, Kontakt zu den jungen Menschen aufzunehmen und zu halten. Bei Bedarf wird Einzelfallhilfe oder Krisenintervention geleistet. Zurzeit wird davon ausgegangen, dass es sich bei den Treffen um jugendlichen Präsenzwunsch in der Öffentlichkeit handelt. Wenn der städt. Ordnungsdienst Personen oder Kleingruppen feststellt, die sich störend verhalten, so werden ordnungsrechtliche Maßnahmen ergriffen Bei Straftaten wird umgehend die Polizei informiert.

Frage 3: Glaubt die Verwaltung, dass es diese Jugendbanden tatsächlich erst seit einigen Wochen gibt?

Jugendgruppen und -cliquen gab es schon immer in der Innenstadt, die Personen wechseln. In diesem Jahr sind im Zusammenhang mit den Corona-Schutzmaßnahmen die Räume, in denen sich junge Menschen treffen können, stark verringert. So kommt es zu deutlich mehr Treffen an den öffentlichen und zentralen Orten und demzufolge zu einer erhöhten Wahrnehmbarkeit entsprechender Gruppierungen.