Informationsdrucksache Nr. 2102/2009:
Förderung der Erziehung in der Familie - aufsuchende Elternarbeit

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
An den Stadtbezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Südstadt-Bult (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Döhren-Wülfel (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Nord (zur Kenntnis)
In den Jugendhilfeausschuss
An den Verwaltungsausschuss (zur Kenntnis)
 
Nr.
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2102/2009
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Förderung der Erziehung in der Familie - aufsuchende Elternarbeit

1. Auftrag
Die Verwaltung wurde durch einen Haushaltsbegleitantrag zum Haushalt 2009 beauftragt, für „Aufsuchende Elternarbeit“ ein Konzept unter Beteiligung freier Träger, insbesondere der Familienbildungsstätten zu entwickeln.
Der Ratsbeschluss stellt für das Modellprojekt folgende Ziele und Vorstellungen heraus:
1. Modellhaft wird das Projekt in drei Pilotstadtbezirken eingeführt.

2. Eine erste Auswertung dieses Modellprojektes erfolgt bis Herbst 2010.

3. Im Rahmen der Konzeptentwicklung für aufsuchende Elternarbeit soll ein Teilbereich dieses Konzeptes die Ausgestaltung von Begrüßungspaketen mit Bildungsgutscheinen, Informationen etc. sein.

4. Das Projekt ist sinnvoll zu verknüpfen mit bestehenden Ansätzen der Elternbildung.

Dieser Auftrag an die Verwaltung ist wie folgt begründet:
„Hannover verfügt über ein vielfältiges Angebot an Familienbildung und –beratung. Hier sind insbesondere die Beratungsstellen und Familienbildungsstätten zu erwähnen.

Im Rahmen der aufsuchenden Elternarbeit sollen Fachkräfte Eltern von Neugeborenen über Beratungs- und Bildungsangebote der Stadt Hannover informieren, Unterstützung im Umgang mit Behörden und Anträgen (z. B. Elterngeld etc.) bieten und Betreuungsmöglichkeiten für Kinder erläutern. Ferner sollen die Eltern über Angebote im Rahmen der Gesundheitsvorsorge (Vorsorgeuntersuchungen etc.), des Sports (Baby-Schwimmen etc.), der frühkindlichen Förderung (PEKIP etc.) informiert und beraten werden. Im Rahmen der Konzipierung der aufsuchenden Elternarbeit sollen auch „Begrüßungspakete“ ausgestaltet werden. Diese sollen neben Informationen für die Eltern auch Gutscheine enthalten (z. B. Bildungsgutschein für Familienbildungsstätte, Sportgutschein für Baby-Schwimmen etc.).“

Das Konzept soll unter Federführung des Fachbereiches Jugend und Familien in Kooperation mit freien Trägern, insbesondere den Familienbildungsstätten und unter externer Begleitung entwickelt werden.

2. Umsetzung des Auftrags durch den Fachbereich Jugend und Familie

2.1. Umsetzungsphase 1:

Um bereits vor Beginn der Durchführung der Begrüßungsbesuche Grundinformationen über familienspezifische Angebote an alle Neubürger der Stadt Hannover zu geben, wird seit Mitte Juli 2009 die Broschüre „Mit Kindern leben in Hannover“ durch den Bereich Einwohnermeldeangelegenheiten des Fachbereichs Recht und Ordnung verteilt.

2.2. Umsetzungsphase 2:
Begrüßungspakete und -besuche über Familienbildungsstätten

Zur Ausgestaltung der aufsuchenden Elternarbeit wurde unter Beteiligung der Bereiche des Bereichs Jugend- und Familienberatung, des Kommunalen Sozialdienstes und dem Familienmanagement eine Arbeitsgruppe mit den LeiterInnen der Familienbildungsstätten und einem externen Moderator gebildet, die die Aufgabe übernahm, eine Konzeption zu erarbeiten und diese auf ihre Realisierbarkeit hin zu untersuchen.

Die Arbeitsgruppe hat ausgehend von einer Auswertung von Best-Practice-Beispielen aus anderen Kommunen
· ein Konzept für den Ablauf der Besuche erstellt,
· die Durchführung der Besuche sowie Anforderungen an die Besuchspersonen festgelegt,
· Maßnahmen zur Sicherstellung der erforderlichen Kompetenzen und der Qualität der Besuche festgelegt,
· den Inhalt eines Informationspakets unter fachlichen Gesichtpunkten festgelegt,
· Stadtbezirke für die Modellphase ausgewählt,
· Ziele für die Evaluation der Modellphase festgelegt.

Das so entwickelte Konzept sieht folgenden Ablauf vor:

Kontaktaufnahme
Der Fachbereich Jugend und Familie nimmt Kontakt zu den Familien auf. Die diesbezüglichen Verfahrensweisen sind mit der Einwohnermeldebehörde und dem Datenschutzbeauftragten der Landeshauptstadt Hannover abgestimmt worden.
Die Kontaktaufnahme erfolgt durch ein Anschreiben, in dem im Namen und mit Unterschrift des Oberbürgermeisters die Familie beglückwünscht und das Kind namentlich begrüßt wird.
Der Brief beschreibt das Besuchsangebot, benennt die geplante Übergabe eines Geschenks und eines Informationspakets.
Dem Brief ist eine Antwortpostkarte beigefügt, die bereits an eine der mitwirkenden Familienbildungsstätten adressiert ist. Daneben ist geplant, dass die Familien die Möglichkeit erhalten, per Telefon oder E-Mail Kontakt aufzunehmen.
Als zusätzlicher Anreiz ist die Teilnahme an einer Auslosung attraktiver Preise vorgesehen, beispielsweise einer Jahreskarte für den Zoo Hannover.
Die auf diese Weise von der Familie selbst initiierte Kontaktaufnahme mit der Familienbildungsstätte stellt sicher, dass die für die Gewährung des Sozialdatenschutzes erforderliche Zustimmung für einen Hausbesuch gegeben ist. Nur wenn die Familie antwortet, kann ein Begrüßungsbesuch stattfinden. Nimmt eine Familie das Angebot nicht wahr, finden keine erneuten Kontaktversuche statt.
Im Falle einer Antwort an die Familienbildungsstätte durch die Familie finden alle weiteren Kontakte ausschließlich zwischen der Familie und der Einrichtung statt.
Für die Erprobungsphase ist jeder der teilnehmenden Stadtbezirke einer Familienbildungsstätte fest zugeordnet. Damit wird erreicht, dass der Verwaltungsaufwand für die Kontaktanbahnung gering gehalten wird.
Die zuständige Familienbildungsstätte nimmt mit den Familien, die einen Besuch wünschen, telefonisch Kontakt auf, um einen Besuchstermin zu vereinbaren.
Die Besuchsperson führt den Besuch durch.

Durchführung der Besuche
Die Besuche sollen ausschließlich von pädagogischem Fachpersonal durchgeführt werden. Auswahl und Einsatz obliegen den Familienbildungsstätten. Die Arbeitsgruppe hat hierfür Kriterien festgelegt (siehe unten).
Auftrag der Besuchspersonen ist es, die interessierten Familien willkommen zu heißen und sie über die Vielfalt der Angebote für Familien und Kinder in der Landeshauptstadt zu informieren. Quartiersbezogene Anlaufstellen sowie eine namentlich benannte Kontaktperson (z.B. des Kommunalen Sozialdienstes) sollen bekannt gemacht werden. Die Familien sollen nach dem Besuch in der Lage sein, ihren Bedarf an Kontakten, Unterstützung, und Fördermöglichkeiten eigenständig umzusetzen.
Sollten die Besuchspersonen eindeutige und gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung feststellen, wird gemäß der Rahmenvereinbarung zum § 8a SGB VIII verfahren. Ansonsten werden keine Informationen über den Besuch weiterverwendet.

Maßnahmen zur Sicherstellung der erforderlichen Kompetenzen der Besuchskräfte und der Qualität der Besuche
Die Besuchspersonen werden von den Familienbildungsstätten in eigener Verantwortung rekrutiert.
Eckpunkte des erforderlichen Qualifikationsprofils sind:
· umfassende Kenntnis der Angebote im Sozialraum (Informationen)
· Kontaktstärke
· Entscheidungsfähigkeit und Flexibilität
· Gender- und Kultursensibilität
· persönliche Eignung
Falls Besuche nur in Fremdsprachen möglich oder sinnvoll sind, sollen die Besuchskräfte, soweit sie der Zielsprache nicht mächtig sind, von einer sprachkompetenten Person begleitet werden. Derzeit wird geklärt, ob z.B. Stadtteilmütter, die für den Fachbereich Jugend und Familie oder bei den Bildungsträgern im Einsatz sind für diese Begleitung in Frage kommen.
Alle einzusetzenden Kräfte müssen vor dem Start des Projekts geschult werden. Während des Probelaufs werden die Besuchskräfte im Rahmen der begleitenden Evaluation zu Reflexionsgesprächen eingeladen. Für den Dauerbetrieb sind regelmäßige Supervision bzw. kollegiale Beratung erforderlich, um die Qualität der Besuche sicherzustellen und die Besuchskräfte zu unterstützen.

Ausstattung der Begrüßungspakete
Zur Begrüßung des Kindes wird ein kleines Geschenk überreicht, das geeignet ist, die Interaktion zwischen Eltern und Kind zu fördern.
Die Eltern erhalten ein Informationspaket, dessen Inhalt entlang der Zielstellungen des Projekts unter pädagogischen Gesichtspunkten ausgewählt wurde. Ergänzt wird das Paket mit Informationsmaterialien, die für die Eltern in den ersten Lebensmonaten des Kindes von Bedeutung sind.
Schließlich wird ein Bildungsgutschein der bei den teilnehmenden Bildungseinrichtungen freier Träger und der Stadt Hannover zur Inanspruchnahme eines Bildungsangebots für Eltern bzw. Familien mit Kleinkindern eingesetzt werden kann, wie z.B. Kurse der Familienbildungsstätten, eine Lesekarte der Stadtbibliotheken oder das Babyschwimmen der städtischen Bäder.

Stadtbezirke für die Modellphase
Bei der Auswahl von Stadtbezirken hat sich die AG davon leiten lassen, einen repräsentativen Querschnitt der Stadtstruktur abzubilden, um aus der Testphase möglichst aussagekräftige Erkenntnisse über die Gestaltung eines dauerhaften Besuchsprogramms zu gewinnen. Als Grundlage für die Auswahl wurden die aktuellsten Daten der Sozialstrukturanalyse des Kommunalen Sozialdienstes herangezogen. Diese Analyse hat ergeben, dass vier Faktoren eingesetzt werden können, um die Sozialstruktur eines Stadtteils zu bestimmen. Für die Auswahl von Stadtbezirken für einen Probelauf wurden die Faktoren „Familienquote“, „Armutslagen“ und „Alleinerziehendenquote“ herangezogen. Diese Faktoren wurden auf Stadtbezirksebene verrechnet. Gemeinsam mit der Geburtenrate ergeben sich so vier Typen von Stadtbezirken:
· Typ 1: Hohe Geburtenrate / hohes Armutsrisiko / überdurchschnittlicher Anteil Alleinerziehender bei durchschnittlicher Familienquote
· Typ 2: leicht überdurchschnittliche Geburtenrate / durchschnittliches Armutsrisiko / geringer Anteil Alleinerziehender bei leicht erhöhter Familienquote
· Typ 3: niedrige Geburtenrate / überdurchschnittliches Armutsrisiko / durchschnittlicher Anteil Alleinerziehender bei durchschnittlicher Familienquote
· Typ 4: unterdurchschnittliche Geburtenrate / geringes Armutsrisiko / durchschnittlicher Anteil Alleinerziehender bei geringer Familienquote
Aus jedem dieser Typen wurde ein Stadtbezirk ausgewählt. Sie stellen zusammen einen repräsentativen Querschnitt der Sozialstruktur der Stadt dar, spiegeln aber auch die Vielfalt der sozialen Strukturen wider. Die gewählte Zusammensetzung des Erprobungsgebietes entspricht dabei auch den Durchschnittswerten der Stadt insgesamt, sodass für den Probelauf optimale Bedingungen bestehen.
Deshalb wird vorgeschlagen, nicht drei, sondern vier Stadtbezirke in die Erprobung einzubeziehen. Die AG hat sich für die folgenden vier Stadtbezirke entschieden und jedem Stadtbezirk eine Familienbildungsstätte zugeordnet:

Stadtbezirk Nord (AWO),
Stadtbezirk Kirchrode/Bemerode/Wülfelrode (DRK),
Stadtbezirk Döhren/Wülfel (Kath. FaBi),
Stadtbezirk Südstadt/Bult (Ev. FaBi)

Evaluationsziele
Die Auswertung des Modellprojekts soll die Ergebnisse des Probelaufs mit den an ihn geknüpften Erwartungen abgleichen und den Zielerreichungsgrad des Verfahrens feststellen. Hierfür hat die AG geprüft, welche Zielvorgaben (vgl. Ziffer 1 oben) sich mit messbaren Indikatoren abbilden lassen, und folgende Indikatoren festgelegt:
· Der Besuch wird subjektiv als positiv / angenehm bewertet.
· Eltern sind bereit, das Angebot weiter zu empfehlen.
· Eltern geben ihrerseits die erhaltenen Informationen weiter.
· Das Verhältnis zwischen angeschriebenen Familien und durchgeführten Besuchen liegt über 4:1 (>25% Besuchsquote).
· Die ausgegebenen Gutscheine werden mindestens zu 75% innerhalb des Gültigkeitszeitraums eingelöst.
· Fachkräfte registrieren Kontaktaufnahmen von besuchten Familien.
· Besuchskräfte erleben die Besuche als angenehm.

Mit der oben dargestellten Auswahl von vier Stadtbezirken erfasst der Probelauf ca. 28% der Familien mit Neugeborenen Hannovers. Zusammen mit den oben ausgeführten Repräsentativitätskriterien reicht die Stichprobe aus, um eine aussagekräftig große Gruppe für die Evaluation zu erreichen.

3. Durchführung, Testlauf und Bericht im AJHA
Die Erprobung der Konzeption soll nach der Vorlage des Konzeptes im AJHA im Herbst 2009 beginnen. Die Besuche werden durchgängig bis Herbst 2010 durchgeführt.
Für die Besuchspersonen werden mehrere Reflexionstreffen angeboten, die einerseits die Qualität der Besuche sicherstellen sollen und die andererseits als Element der Evaluation des Probelaufs genutzt werden. Die externe Begleitung wird zusätzlich Experteninterviews mit Fachkräften der Bildungsträgers und des Fachbereich Jugend und Familie durchführen.
Die aufgesuchten Familien erhalten am Schluss des Besuchs einen Evaluationsbogen mit der Bitte, diesen ausgefüllt an die mit der Evaluation beauftragte Institution direkt zurückzusenden, sodass die Anonymität der Befragung sichergestellt ist. Durch die externe Begleitung werden diese Evaluationsbögen sozialwissenschaftlich ausgewertet.
Die Auswertung des Testlaufs wird bis Mitte 2010 erfolgen, um eine Entscheidung über das weitere Verfahren zum Herbst 2010 zu ermöglichen. Um den Erfolg des Probelaufs nicht zu gefährden und eine positive öffentliche Wahrnehmung sicher zu stellen wird die kontinuierliche Durchführung der Begrüßungsbesuche bis dahin angestrebt.

Die zur Verfügung stehenden Mittel für die Haushaltsjahre 2009 und 2010 sind auskömmlich.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Gender-Aspekte werden im Rahmen des Schriftverkehrs bei entsprechenden Ansprachen an Mütter / Väter und an deren Kinder berücksichtigt.
Die Aufgabe der besuchenden Fachkräfte ist es, die Kommunikation im Rahmen der Begrüßungsbesuche gender- und kultursensibel zu gestalten.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

51.3 
Hannover / 01.10.2009