Drucksache Nr. 2080/2008:
Wiederaufbau des Schlosses Herrenhausen:
Ausschreibung des Schlossgrundstücks

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Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
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2080/2008
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Wiederaufbau des Schlosses Herrenhausen:
Ausschreibung des Schlossgrundstücks

Antrag,


das Verfahren zur Ausschreibung und Vergabe des ehemaligen Schlossgrundstücks Herrenhausen zum Zweck des Wiederaufbaus des Schlosses in Herrenhausen entsprechend den nachfolgend dargestellten Bedingungen zu beschließen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Das mit dieser Ausschreibung und der Neuerrichtung des Schlosses erwünschte Nutzungskonzept richtet sich gleichermaßen an Frauen und Männer.

Kostentabelle

Das Projekt wird Investitionskosten von voraussichtlich nicht unter 20 Mio. € verursachen, die der Investor tragen wird. Für die geplante museale Nutzung der Seitenflügel des Schlosses ist vorgesehen, dass die Stadt Hannover über das Historische Museum als Mieter den Ostflügel des Schlosses übernehmen wird. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des laufenden Betriebes auf den Haushalt der Stadt können erst nach Abgabe der Angebote und Abschluss des Verhandlungsverfahrens genau beziffert werden. Ziel ist eine kostendeckende Bewirtschaftung.

Für den Westflügel des Schlosses erhält die Stadt die Option, diesen ebenfalls über das Historische Museum zur Museumsnutzung anzumieten. Die Stadt wird diese Option allerdings nur wahrnehmen, wenn die Bewirtschaftung kostendeckend möglich ist. Hierzu werden Verhandlungen mit dem Land Niedersachsen geführt werden, das seine Bereit-
schaft zur Zusammenarbeit mit Stadt und Stiftung erklärt hat.

Fest steht, dass für die Erstausstattung je nach Präsentationskonzept des oder der Museumsflügel und auch die vorgesehene Umgestaltung der Ausstellungsräume im Historischen Museum am Hohen Ufer einmalige Investitionskosten von 1 Mio. € (nur Ostflügel) bis zu 4,6 Mio. € erforderlich werden (siehe Ziffer 6.2). Die Erstausstattung des Ostflügels übernimmt die Stadt und wird sich um die finanzielle Beteiligung Dritter (Förderer, Sponsoren) bemühen. Die Erstausstattung des Westflügels und die damit zusammen-
hängede Neukonzeption der Ausstellungsräume im Historischen Museum am Hohen Ufer macht die Stadt von der Übernahme der finanziellen Belastungen durch das Land oder anderer Dritter abhängig. Eine erste Etatisierung der Einnahmen und Ausgaben im Vermögenshaushalt muss zum Haushaltsjahr 2011 erfolgen.

Begründung des Antrages


Mit der Informationsdrucksache Nr. 1301/2008 hatte die Verwaltung dem Rat der Stadt Hannover im Mai 2008 einen ersten Überblick über den Sachstand der Überlegungen zum Wiederaufbau des Schlosses Herrenhausen gegeben. Neben der historisch einmaligen Chance, durch die Komplettierung des „Gesamtensembles Herrenhausen“ dem Großen Garten wieder seinen authentischen Bezugspunkt zu verleihen, bietet sich durch die Überlegungen, das Schloss zu einem Ort des wissenschaftlichen Gedankenaustausches zu machen, die Möglichkeit, die Profilbildung der Stadt Hannover als Wissenschaftsstandort voranzutreiben. Die Kombination von wissenschaftlicher und musealer Nutzung ist ein überzeugendes, auf das Gemeinwesen ausgerichtetes Nutzungskonzept.

Für die Realisierung dieser einzigartigen Verbindung von historischen Bezügen und Zukunftsdiskussionen sucht die Stadt einen Partner, der an diesem Ort hochwertige wissenschaftliche Veranstaltungen durchführt und dazu das historische Schloss rekonstruiert. Die Stadt stellt dazu dem Investor das Schlossgrundstück in den Herrenhäuser Gärten im Wege des Erbbaurechts zur Verfügung.

Ausgelöst durch eine Initiative der VolkswagenStiftung hatte ein fachlicher Qualifizierungs-
prozess begonnen, der Rahmenbedingungen und Eckdaten für einen Schlossaufbau und die Nutzung des Gebäudes als Grundlage für künftige politische Entscheidungen vorbe-
reitet. Die Ratsgremien wurden darüber mit der Informationsdrucksache 1301/2008 unterrichtet.

Im Zeitplan der Informationsdrucksache wurde darauf verwiesen, dass zunächst zu prüfen gewesen sei, ob das Grundstück freihändig an einen Investor vergeben werden könne. Eine umfängliche rechtliche Überprüfung sowohl innerhalb der Verwaltung als auch durch eine Anwaltskanzlei im Auftrag der VolkswagenStiftung ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser Weg mit Risiken verbunden wäre. Nach intensiver Risikoabwägung schlägt die Verwaltung deshalb vor, den Weg der europaweiten Ausschreibung zu begehen und legt mit der vorliegenden Beschlussdrucksache das Verfahren und die Ausschreibungs-
bedingungen für den Wiederaufbau des Schlosses zur Entscheidung vor.


Ausschreibungsbedingungen

1. Vorgeschichte und aktueller Sachstand

Das Schloss Herrenhausen und der Große Garten gehen auf einen landesherrlichen Wirtschaftshof aus dem Jahr 1638 zurück. Der ursprünglich barocke, in mehreren Abschnitten entstandene Schlossbau wurde in den Jahren 1819 bis 1821 vom damaligen Hofbaumeister Georg Ludwig Friedrich Laves im klassizistischen Stil umgestaltet. Er diente der Welfenfamilie als Sommerschloss.

Während des 2. Weltkrieges wurde das Schloss im Jahr 1943 bombardiert und zerstört. Erhalten blieben nur die Grotte, die Große Kaskade und der Torbogen der Schlosstreppe, die später in den Großen Garten versetzt wurde. Die Ruinen des Schlosses und das dazugehörige Grundstück wurden von dem Welfenhaus 1961 an die Stadt Hannover verkauft.

In den darauf folgenden Jahren gab es diverse Vorschläge für die Neugestaltung des Gartens und die Nutzung der freien Fläche, die das zerstörte Schloss hinterlassen hatte.
Die Ideen reichten von der Errichtung eines Schlosshotels über den Bau eines Museums der Bildenden Künste bis zum Vorschlag, die Musikhochschule auf dem Schlossplatz zu etablieren. Die Pläne aus dem Jahr 1964, mit dem Entwurf „Bella Vista“ eine futuristisch anmutende Aussichtstribüne mit Restaurant auf dem Areal zu errichten, fand in der breiten Öffentlichkeit keinen Anklang. Im Jahr 1978 lehnte der Rat der Stadt den Vorschlag des damaligen Ministerpräsidenten Albrecht ab, das Schloss als Rekonstruktion des Laves-Baus zu errichten. Vorgesehen war, das Schloss als Gästehaus der Landesregierung mit Museum und Café zu betreiben. Der 1986 geschlossene sog. „Kulturvertrag“ zwischen Stadt und Land sah zwar eine „bauliche Ergänzung“ im Großen Garten vor, mangels finanzieller Möglichkeiten wurde die Umsetzung nicht weiter verfolgt.

1996 hat die Stadt einen Realisierungswettbewerb für eine Gastronomie im Feigengarten des Großen Gartens ausgelobt, nach dem der Wiederaufbau des Schlosses als absehbar nicht realisierbar eingeschätzt worden war. Mit Vertrag von 1998 wurde der Herrenhausen Beteiligungsgesellschaft mbH (heute: Herrenhausen Verwaltungs GmbH Gastronomie & Co KG) am Grundstück der Schlossküche ein Erbbaurecht bis 2035 bestellt. Im Frühjahr 2000 wurde der Betrieb der Gastronomie Schlossküche Herrenhausen aufgenommen.

Ein weiteres Konzept aus dem Jahr 2001 sah vor, das Schloss im klassizistischen Stil wieder aufzubauen und als „Museum der Gartenkunst“ zu nutzen.

Alle Überlegungen und Pläne scheiterten letztendlich an den vorgesehenen Nutzungs-
konzepten, die keine ausreichende Finanzierung sicherstellen konnten.

Im Herbst 2007 ist die VolkswagenStiftung an die Stadt herangetreten und hat ihren Vorschlag präsentiert, wie die immer wiederkehrenden Diskussionen um die Möglichkeiten des Wiederaufbaus zum Erfolg geführt werden können. Die VolkswagenStiftung entwarf ein Nutzungskonzept, das vorsieht, in dem wieder aufgebauten Schloss ein Zentrum hoch-
rangiger, wissenschaftlicher Tagungen, auch internationalen Zuschnitts, zu errichten und gleichzeitig repräsentative Flächen für öffentliche Veranstaltungen zu schaffen.


In die Gespräche war im Vorfeld das Land Niedersachsen durch den Minister für Wissen-
schaft und Kultur eingebunden, der als Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung die Pläne mit initiiert hat. Das Land begrüßt das von der VolkswagenStiftung entworfene Nutzungs-
konzept und hat seine Bereitschaft zur weiteren Zusammenarbeit mit der Stadt und der Stiftung erklärt. Dazu gehört die Prüfung einer Finanzierung der musealen Nutzung des Westflügels, in dem u. a. die derzeit im Historischen Museum ausgestellten königlichen Kutschen präsentiert werden sollen.

Überdies hat das Land Niedersachsen das Interesse geäußert, im Historischen Museum am Hohen Ufer – in unmittelbarer Nähe zum Niedersächsischen Landtag – eine Abteilung zur jüngeren Landesgeschichte „Niedersachsen 1946 ff.“ einzurichten.

Nach diesem Anstoß von Seiten der Stiftung und des Landes Niedersachsen hat die Stadt die Rahmenbedingungen für einen Wiederaufbau des Schlosses in Herrenhausen formuliert und legt sie hiermit zur Entscheidung vor:

· Um dem Großen Garten mit dem Schloss wieder seinen authentischen Bezugspunkt zu verleihen, soll das Schloss in seiner historischen Kubatur mit der Fassade nach den Laves-Entwürfen aus dem Jahr 1819 wieder aufgebaut werden.

· Um den Ansprüchen eines modernen, multifunktionalen Tagungszentrums gerecht zu werden, soll der Innenausbau des Schlosses dementsprechend gestaltet werden. Im Obergeschoss ist ein Festsaal für repräsentative Zwecke angedacht, und die beiden Seitenflügel sollen zur musealen Präsentation wichtiger kultur- und geistes-
geschichtlicher Themen genutzt werden. Ein großer Hörsaal im Untergeschoss soll bis zu 250 Plätze für Plenumsveranstaltungen bieten.

· Das vorgesehene Tagungszentrum soll durch die erhöhte lokale Präsenz eines Veranstalters wissenschaftlicher Tagungen den Wissenschaftsstandort Hannover stärken. Die Themen Wissenschaft, Museum, Kulturfeste in einem Gesamtensemble Herrenhäuser Gärten werden die Bedeutung Hannovers als großer geistesgeschichtlicher Ort steigern.

Hierfür wurde ein inhaltliches Konzept erarbeitet, das Bestandteil der beigefügten Aus-
schreibungskriterien (siehe Ziffern 3, 4, 5 und 8) ist und die Vorgaben aus der Drucksache Nr. 1772/2008 aufgreift.


2. Europaweite Ausschreibung

Seit dem Sommer 2007 gibt es mehrere Entscheidungen (u.a. OLG Düsseldorf, Vergabe-
kammer Münster u.a.), die die Rechtsprechung des EuGH zur Vergabe kommunaler Grundstücke auch für die Bundesrepublik umsetzen und erhebliche Auswirkungen auf die kommunale Praxis haben.

Die Landeshauptstadt Hannover hat 2008 dieser Rechtsprechung folgend das ehemalige Schulgrundstück Hohes Ufer 3 europaweit ausgeschrieben (siehe DS. Nr. 0391/2008 N1) und befindet sich nach Abgabe der Angebote derzeit im Verhandlungsverfahren.

Für das Schlossgrundstück kommt kein Verkauf, sondern wegen der besonderen Lage nur ein Erbbaurecht in Frage. Aber auch beim Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages findet die o.g. Rechtsprechung Anwendung.

Bei der beabsichtigten Vergabe des Schlossgrundstücks im Erbbaurecht sind die Voraussetzungen für eine europaweite Ausschreibung gegeben,

· da die Landeshauptstadt einer Vergabe des Grundstücks zur Bebauung mit einem rekonstruierten Schloss nur zustimmen kann, wenn sich der Investor vertraglich zur Bebauung in einer bestimmten, mit der Stadt eng abzustimmenden Weise verpflichtet und

· der Schwellenwert von 5,15 Mio. € ohne Umsatzsteuer (für Grunderwerb und Kosten der Baumaßnahme) überschritten wird.

Beide Voraussetzungen sind im Fall des Schlossgrundstückes erfüllt, d.h. die Stadt ist verpflichtet,

· europaweit auszuschreiben und
· das Grundstück ähnlich wie eine Baukonzession zu vergeben.

Alle formalen Erfordernisse sind dann – wie z.B. bei der Vergabe des Niedersachsen-
stadions – einzuhalten, es bestehen weitreichende Klagerechte nicht berücksichtigter anderer Interessenten.

Diese Verpflichtung entfiele nur dann, wenn das Grundstück mit einem reinen Kaufvertrag ohne jegliche weitere Verpflichtung abgeschlossen würde. Dann gilt als Bindung für den Käufer allein das öffentliche Baurecht. Aus Sicht der Verwaltung scheidet dieses Vorgehen wegen der besonderen Bedeutung des Schlossgrundstücks Herrenhausen aus.

Für eine Ausschreibungspflicht spricht außerdem, dass die Stadt beabsichtigt, einen Teil des Gebäudes für eine Erweiterung des Historischen Museums (siehe Ziffer 6) anzumieten.


3. Verfahren

Ein europaweites Vergabeverfahren für eine Baukonzession kann nach unterschiedlichen Verfahrensarten durchgeführt werden: Offenes und Nichtoffenes Verfahren, Wettbewerb-
licher Dialog, Verhandlungsverfahren mit und ohne vorherige Vergabebekanntmachung.

Von den Voraussetzungen her eignet sich hier am ehesten das Verhandlungsverfahren mit vorheriger Vergabebekanntmachung. Wegen des erheblichen Aufwandes wird dadurch zunächst die Bieterzahl eingegrenzt. Das Verhandlungsverfahren bietet die Möglichkeit, alle mit dem Projekt verbundenen Fragen im Interesse der LHH zu klären und auch verhandeln zu können.

Da die Aufgabenstellung hinreichend klar ist (Rekonstruktion des Schlosses und Einrichtung einer Außenstelle des Städtischen Museums durch einen Baukonzessionär) besteht für die Vergabeart „Wettbewerblicher Dialog“ keine Veranlassung.

Das europaweite Verhandlungsverfahren mit vorheriger Vergabebekanntmachung verläuft in folgenden Verfahrensschritten:

Zunächst erfolgt im Europäischen Amtsblatt eine Vorinformation, mit der die Ausschreibung angekündigt wird.

Nächster Schritt ist die Vergabebekanntmachung, die ebenfalls im Europäischen Amtsblatt veröffentlicht wird. Die Absendung dieser Bekanntmachung ist der formale Beginn des Ver-
gabeverfahrens. Die Vergabebekanntmachung enthält neben einer kurzen Projektbeschrei-
bung die Kriterien für die Auswahl der Teilnehmer und deren Wichtung (siehe Ziffer 7) aber auch die Zuschlagskriterien und deren Wichtung für die Angebotsphase (siehe Ziffer 8).

Nach Ablauf einer Bewerbungsfrist von 52 Tagen sind aus dem Kreis der Bewerber diejenigen auszuwählen, die die Teilnahmekriterien am besten erfüllen. Diesen Teil-
nehmern werden die Vergabeunterlagen zugesandt und sie werden zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert.

Wesentlicher Inhalt der Vergabeunterlagen sind die Darstellung des Verfahrens, die Anfor-
derungen an die Angebote einschließlich der Zuschlagskriterien (siehe Ziffer 8.) sowie der Entwurf des Erbbaurechtsvertrages. Die Eckpunkte des Erbbaurechtsvertrages sind als Anlage 1 beigefügt.

Nach Abgabe der Angebote und deren Prüfung wird ein mehrstufiges Verhandlungsver-
fahren durchgeführt, in dessen Verlauf der Kreis der Bieter so weit eingeschränkt werden wird, dass zum Abschluss des Verfahrens dem Bieter mit dem nach den Kriterien der Ausschreibung wirtschaftlichsten Angebot der Zuschlag erteilt werden kann. Wenn kein wirtschaftliches Angebot abgegeben wird, ist die Ausschreibung aufzuheben.

Nachdem der Bieter mit dem wirtschaftlichsten Angebot feststeht und der Rat dem Vor-
schlag der Verwaltung zugestimmt hat, werden die nicht berücksichtigten Bieter über die beabsichtigte Zuschlagserteilung informiert. Die nichtberücksichtigten Bieter haben danach eine Frist von 14 Kalendertagen, um die geplante Zuschlagsentscheidung zu rügen und nachprüfen zu lassen. Liegen nach Ablauf dieser Frist keine Rügen vor, kann der Zuschlag rechtswirksam erteilt werden.

Mit allen erforderlichen Fristen sind für das Verfahren ca. 200 Tage anzusetzen. D.h. bei planmäßigem Verlauf würde das Verfahren voraussichtlich bis Mitte 2009 dauern. Ein Ablaufplan ist als Anlage 2 beigefügt.


4. Projektbeschreibung/ Zielvorstellungen der Stadt

Die Stadt sucht einen Partner, mit dem sie das Vorhaben verfolgt, am historischen Ort in Herrenhausen ein Zentrum internationalen wissenschaftlichen Dialogs zu entwickeln und dazu das Schloss Herrenhausen wieder aufzubauen. Der historisch vorgegebene Bau-
körper, wie er sich nach der Umgestaltung durch Laves darstellte, soll zu einem modernen, multifunktionalen Tagungszentrum ausgebaut werden. Das Tagungszentrum, das in erster Linie für wissenschaftliche und kulturelle Veranstaltungen dient, wird durch ein Museum ergänzt, das die besondere kultur- und geistesgeschichtliche Bedeutung des Ortes ver-
gegenwärtigt. Die Symbiose dieser beiden Nutzungen – dem modernen Tagungszentrum zum einen und dem historisch ausgerichteten Museum zum anderen – soll dem Wissen-
schaftsstandort Hannover und dessen kulturgeschichtlicher Tradition besonderen Ausdruck verleihen.




Mit diesem Konzept lassen sich drei übergeordnete Ziele erreichen, die der Stadt ein besonderes Anliegen sind:

· Zum einen kann ein Konferenz- und Tagungsort dieser Qualität mit wissen-
schaftlichen Veranstaltungskonzepten das Profil des Hochschul- und Wissen-
schaftsstandortes Hannover in hohem Maße steigern.

· Zum anderen ermöglicht der gewählte Ort Herrenhausen, Bezüge zu Persönlichkeit, Leben und Werk von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716) am authentischen Ort zu schaffen und erlebbar zu machen-dem einmaligen Ensemble der Herrenhäuser Gärten.

· Schließlich eröffnet die Präsentation von Leben und Werk des bedeutenden Universalgelehrten – am Ort seiner Begegnungen mit Kurfürstin Sophie und der späteren preußischen Königin Sophie Charlotte – eine neue kulturhistorische Dimension Herrenhausens, die diesen Ort weithin überregional inhaltlich profilieren und Hannover zu weiterer Attraktivität verhelfen wird.

Der Brückenschlag zwischen hochkarätigen Wissenschaftsveranstaltungen auf der einen und der Präsentation bedeutsamer kultur- und geistesgeschichtlicher Themen auf der anderen Seite steigert das Profil der Kultur- und Wissenschaftsstadt Hannover und eröffnet neue Möglichkeiten in der touristischen Vermarktung der Landeshauptstadt.

Zur Realisierung des Konzeptes bestellt die Stadt zugunsten eines Erbbauberechtigten ein Erbbaurecht an dem Grundstück in den Herrenhäuser Gärten, auf dem das ehemalige Schloss gestanden hat. Die Bestellung des Erbbaurechtes erfolgt zum Zwecke der Errichtung und des Betriebes eines Tagungszentrums und eines Museums gemäß der als Anlage 3 beigefügten Projektbeschreibung. Der Erbbauberechtigte vermietet an die Stadt Hannover den Ostflügel des Schlosses zur Nutzung als Museum zur Präsentation von kultur- und geistesgeschichtlichen Themen (siehe Ziffer 6.). Für den Westflügel erwartet die Stadt eine Option, den Flügel ebenfalls zur Museumsnutzung anzumieten. Das wird die Stadt tun, wenn das Land Niedersachsen sich bereit erklärt, die Erstausstattung und die Kosten des laufenden Betriebs dieses Teilbereiches zu übernehmen.


5. Städtebauliche und architektonische Qualität, Baurecht

Der Wiederaufbau des Schlosses Herrenhausen soll die Gesamtanlage des baulichen Ensembles aus Orangerie, Galerie und Schloss, wie es vor der kriegsbedingten Zerstörung existierte, wieder herstellen.

Der Schlossbau soll daher in Kubatur und Ansicht entsprechend dem Entwurf von Georg Ludwig Friedrich Laves von 1819 erstellt werden.

Der Haupttrakt des Schlosses soll ein zweckmäßig organisiertes und modern gestaltetes Tagungszentrum aufnehmen, das höchsten architektonisch-gestalterischen und funk-
tionalen Ansprüchen genügen muss. Der Schlossbau soll dazu um einen unterirdisch zu platzierenden Hörsaal ergänzt werden.

Die beiden Seitenflügel sollen als Museum genutzt und gleichfalls – unter Beachtung der inhaltlichen Ausstellungskonzeption – modern funktionell und gestalterisch anspruchsvoll im Innern konzipiert werden. Die Schaffung einer Anbindung an das Galeriegebäude über das Glasfoyer (Entwurf: Arne Jacobsen; Bj. 1965/66, Baudenkmal), alternativ über den Lauben-
gang am Glasfoyer sind Bestandteile der Aufgabe.

Das Glasfoyer muss weiterhin seine Funktion als Foyer für geschlossene Veranstaltungen erfüllen können. Eine direkte Verbindung der beiden Museumsflügel ist nicht erforderlich.

Die funktional-räumliche Disposition in der vorgegebenen Gebäudehülle und die Ergänzung mit dem Hörsaal, die Erschließung der unterschiedlichen Funktionen, die gestalterische Qualität im Inneren des Gebäudes sowie im Gartenhof des Schlosses sollen über einen international besetzten Architektenwettbewerb gefunden werden. Die Rahmenbedingungen für den Architektenwettbewerb sind in Anlage 4 dargestellt.

Das Gebäude ist im Passivhausstandard zu errichten. Sollte sich herausstellen, dass Passivhausstandard aus Gründen der Rekonstruktion, der Zweckmäßigkeit oder der Wirtschaftlichkeit nicht erreicht werden kann, werden die Vertragsparteien hierzu erneut in Verhandlung treten. Dies korrespondiert mit dem Interesse, die in den Museumsräumen nötige Klimastabilität mit dem Verfahren der Temperierung herzustellen.

Die planungsrechtliche Zulässigkeit ist nach § 35 (2) Baugesetzbuch gegeben.


6. Museales Konzept

6.1 Inhalt und Nutzungsprofil

Die Erbbauberechtigte vermietet an die Stadt Hannover den zukünftigen Ostflügel (und optional auch den Westflügel) des Schlosses zum Zweck des Betriebs eines Museums mit folgenden Rahmenbedingungen:

· Im Ostflügel sollen Leben und Werk des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) gewürdigt werden. Hier stehen einzelne Exponate aus den Beständen des Historischen Museums am Hohen Ufer sowie aus den Beständen der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek (Landesbibliothek) zur Verfügung.

· Der Westflügel beinhaltet die Ausstellung zur Geschichte der Personalunion Hannover-Großbritannien, die auch die Präsentation der königlichen Kutschen, die sich derzeit im Historischen Museum befinden, vorsieht. In der Ausstellung sollen die kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründe der welfischen Landesherrschaft Inhalt der musealen Präsentation sein.

· Die Verbindung zwischen Ost- und Westflügel erfolgt über den dazwischen liegenden Garten. Aus beiden Museumsflügeln ist der direkte Zugang in den Großen Garten möglich.

· Wichtige Zielsetzung ist, das original erhaltene Galeriegebäude künftig ebenfalls einer musealen Nutzung zuzuführen und über das Schloss zu erschließen. Eine Verbindung zwischen rekonstruiertem Schloss und Galeriegebäude ist über das Glasfoyer, alternativ über den Laubengang am Glasfoyer sicherzustellen.


· Beide Museumsflügel sind so zu konzipieren, dass die An- und Belieferung mit Museumsgut möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Kutschen nicht zerlegt werden dürfen.

· Beide Museumsteile werden als Dependance zum Historischen Museum betrieben, Verwaltungsabteilung, Werkstatt- und Magazinflächen können deshalb entfallen.

Die Ausstellungen sollen so gestaltet sein, dass sie eine große Anziehungskraft – auch auf ein überregionales Publikum – ausüben. Dazu tragen der Wert und die Aussagekraft der präsentierten Objekte ebenso bei wie eine an den Besucherinteressen orientierte Gestal-
tung mit attraktiven Elementen (z.B. hands-on-Bereiche, hoher Medieneinsatz in der Leibniz-Abteilung).

Nach den Planungen des Historischen Museums wird sich die Nutzung der Museums-
flächen wie folgt darstellen:

· Es wird ein Besucheraufkommen von jährlich zwischen 80.000 und 100.000 Menschen erwartet, wobei im ersten Jahr nach Eröffnung eine Spitze von 150.000 Besuchern erreicht werden kann. Die besucherstärksten Monate dürften mit bis zu 15.000 Besuchern pro Tag in den Sommermonaten liegen. Die Ausstellungsräume sollen täglich zwischen 9:00 und 18:00 Uhr für das Publikum zugänglich sein. Auszugehen ist zunächst von sechs Öffnungstagen in der Woche. Eine Ausdehnung auf sieben Öffnungstage in der Sommersaison wird angestrebt.

· In einem Museumsshop wird attraktive Handelsware angeboten, die mit den museal aufbereiteten Themen in Verbindung steht. Hierzu gehören auch die wichtigsten Publikationen zur älteren Landesgeschichte. Es werden Einnahmen erzielt, die zur Kostendeckung des Museums beitragen.

· Es sollen regelmäßig Führungen durch die Ausstellungen angeboten werden. Die Ausstellungen werden in das Konzept der Museumspädagogik des Historischen Museums einbezogen. In den Ausstellungsräumen wird die Möglichkeit zu exklusiven Führungen und Veranstaltungen – auch in den Abendstunden – geboten. Es wird ein mehrsprachiger Audioguide zur Verfügung stehen, der von den Besuchern individuell zur Informationsaneignung genutzt werden kann.

· Das Land Niedersachsen verfolgt das Interesse, im Historischen Museum am Hohen Ufer dauerhaft eine Abteilung zur jüngeren Landesgeschichte (Niedersachsen 1946 ff.) einrichten zu lassen.


6.2 Finanzielle Belastungen

Zur Anmietung der Seitenflügel durch die Stadt ist mit der Erbbauberechtigten gleichzeitig ein Mietvertrag abzuschließen. Die Höhe des Mietzinses für die museal zu nutzenden Räume hängt von der Höhe des Erbbauzinses ab, den die Erbbauberechtigte an die Stadt zahlen wird. Die Höhe des Erbbauzinses ist ins Verhältnis zum Mietzins zu setzen. Bei den nach dem Zuschlag mit dem ausgewählten Bieter zu führenden Verhandlungen ist das Verhältnis Erbbauzins/Mietzins im Paket zu betrachten.


Des Weiteren werden Verhandlungen mit dem Land Niedersachsen mit dem Ziel auf-
genommen, in der derzeitigen Kutschenhalle im Historischen Museum die Geschichte des Landes Niedersachsen ab dem Jahr 1946 ff. auszustellen. Die Erstausstattung dieser Ausstellungskonzeption und die Kosten des laufenden Betriebs der Ausstellung muss das Land übernehmen. Diese Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Die wirt-
schaftlichen Auswirkungen können daher noch nicht dargestellt werden.

Eine Kalkulation mit verschiedenen Ausstattungsvarianten des Museums im Schloss und der damit zusammenhängenden Neuausrichtung der Ausstellungskonzeption im Histori-
schen Museum am Hohen Ufer kommt zu dem Ergebnis, dass das Ziel der Stadt erreichbar ist, den laufenden Betrieb ohne Erhöhung des Zuschussbedarfes des Historischen Mu-
seums sicher zu stellen. Unter bestimmten Voraussetzungen (Mietzins, Eintrittspreise, Besucherzahlen) ist sogar davon auszugehen, dass es zu einer Verringerung des jährlichen Zuschussbedarfes des Historischen Museums durch zu erwartende Mehreinnahmen kommen wird.

Da die für die Kalkulation wesentlichen Parameter (Erbbauzins, Mietzins, Mietnebenkosten) erst im Verhandlungsverfahren festgelegt werden können, wird die Verwaltung dem Rat ein detailliertes museales Konzept mit den zu erwartenden finanziellen Auswirkungen auf den städtischen Haushalt gleichzeitig mit dem Vorschlag für den nach der Ausschreibung ausgewählten Bewerber zur Entscheidung vorgelegen.

Unbenommen von den Auswirkungen auf den jährlichen Zuschussbedarf des Historischen Museums sind Investitionen für die museale Erstausstattung im neuen Schloss notwendig.

Auch hier hängt die Höhe der Kosten von der jeweiligen Ausstattungsvariante ab.
Eine Kostenschätzung hat ergeben, dass Investitionen für die einmalige Erstausstattung von 1 Mio. € (nur Ostflügel) bis zu ca. 3.300.000 € (Ost- und Westflügel) im Schloss und bis zu ca. 1.330.000 € in der Kutschenhalle des Historischen Museums notwendig sein werden. Die Stadt wird sich dabei nur im Hinblick auf den Ostflügel verpflichten und versuchen, den in dieser Hinsicht entstehenden Kostenanteil durch Beiträge Dritter zu reduzieren. Das setzt die Unterstützung des Landes Niedersachsen sowie das Engagement von Förderern vo-
raus. Entsprechende Veranschlagungen (Ausgaben wie Einnahmen durch Zuweisungen Dritter) im Vermögenshaushalt der Stadt müssen ab dem Haushaltsjahr 2011 vorgenom-
men werden.


7. Auswahlkriterien für die Teilnehmer im Teilnahmewettbewerb (1.Stufe)

Für den Teilnahmewettbewerb muss festgelegt werden, welche Bedingungen ein Bewerber erfüllen muss, um am eigentlichen Verhandlungsverfahren teilnehmen zu können (Auswahlkriterien).

Bewerben können sich Einzelunternehmen oder Bewerbergemeinschaften, deren Bewerbung folgende Angaben enthalten muss:

· Nachweise der Eignung gem. § 8 VOB/A Nr. 3 Abs. 1 (über Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit) einschl. Bonitätsnachweis.


Bewerber, die trotz Nachforderung die Nachweise nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A nicht vorlegen können, werden nicht berücksichtigt.

Außerdem werden von den Bewerbern folgende Unterlagen gefordert:

· eine Kurzbeschreibung der vorgesehenen Nutzung,

· Referenzen für Projekte, bei denen die Nutzung für wissenschaftliche Veranstaltungen überwiegt,

· die grundsätzliche Bereitschaftserklärung eines Kreditinstituts, das Projekt zu finanzieren, bzw. die Eigenerklärung, über ausreichend liquide Mittel zur Finanzierung des Projekts zu verfügen; für den Fall, dass es sich um eine Betreiberimmobilie handelt und der Bewerber nicht selbst Betreiber werden will, die grundsätzliche Bereitschaftserklärung eines Betreibers, das Projekt im Falle des Zuschlags zu übernehmen.

Die drei oben genannten Kriterien gehen mit folgender Wichtung in die Bewertung der Teilnahmeanträge ein:

· Kurzbeschreibung – 20 %
· Referenzen – 50 %
· Finanzierungs- und Betriebsbereitschaftserklärung – 30 %.

Die Zahl der für das Vergabeverfahren ausgewählten Bewerber darf, sofern eine ausrei-
chende Anzahl geeigneter Bewerber ermittelt wurde, nicht unter drei und sollte nach Auffas-
sung der Verwaltung auch möglichst nicht über sechs liegen.


8. Mindestanforderungen an die Angebote und Zuschlagskriterien im
Verhandlungsverfahren (2.Stufe)

Alle vorgelegten Angebote müssen folgende Mindestanforderungen erfüllen:

· Das Nutzungs-/Betreiberkonzept sowie das Finanzierungskonzept müssen einen Zeitraum von 30 Jahren umfassen, plausibel und zeitnah auf dem vorgegebenen Grundstück umsetzbar sein.

· Nachweis, dass der Bewerber bereit und in der Lage ist, das Tagungszentrum an mindestens 100 Tagen pro Jahr für eigene oder ihm über verbundene Unternehmen/Einrichtungen zuzurechnende wissenschaftliche oder kulturelle Veranstaltungen zu nutzen.

· Verpflichtung, im Falle des Zuschlags einen Architekten-Wettbewerb zum Wiederaufbau des historischen Schlosses entsprechend den in den Vergabeunterlagen beschriebenen Bedingungen durchzuführen.

· Verpflichtung, die in der Drucksache 1440/2007 festgelegten „Ökologischen Standards beim Bauen im kommunalen Einflussbereich“ einzuhalten.


Angebote, die diese Mindestanforderungen nicht erfüllen, werden nicht gewertet.
Mit den Bietern, deren Angebote die Mindestkriterien erfüllen, werden Verhandlungen geführt.

Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot nach den Kriterien der Ausschreibung erteilt. Dabei sind folgende Zuschlagskriterien und Wichtungen vorgesehen:

1. Der Barwert der saldierten Einnahmen/Ausgaben aus den Erbbauzinszahlungen an die LHH über 99 Jahre und den Mietzahlungen der LHH über 30 Jahre (30 %).

2. Die für 5 Jahre garantierte Anzahl wissenschaftlicher und kultureller Veranstaltun-
gen, die im Tagungszentrum Schloss Herrenhausen stattfinden werden (50 %).

3. Der Anteil der garantierten Veranstaltungen, die erst mit dem Schlossneubau erstmalig in Hannover stattfinden (5%).

4. Die Werthaltigkeit der Garantien für eine vertragsgemäße Nutzung und Auslastung der Tagungsstätte (15 %).


Die Verwaltung empfiehlt, unter den genannten Rahmenbedingungen der Ausschreibung des Schlossgrundstückes zuzustimmen.
Dez. IV 
Hannover / 04.09.2008