Drucksache Nr. 2075/2016:
Bebauungsplan Nr. 1817 - Feuerwache 3
Beschluss über Stellungnahmen, Satzungsbeschluss

Informationen:

Beratungsverlauf:

Nachrichtlich:

  • Stadtbezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
An den Stadtbezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
 
2075/2016
4
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt

Bebauungsplan Nr. 1817 - Feuerwache 3
Beschluss über Stellungnahmen, Satzungsbeschluss

Antrag,

1. a) den Anregungen der Region Hannover zu folgen, soweit sie den Umgang mit dem Artenschutz betreffen und im Übrigen nicht zu folgen,
b) den Anregungen des BUND zu folgen, soweit weitere Untersuchungen zu möglichen Fledermausquartieren gefordert werden, und im Übrigen nicht zu folgen sowie
2. den Entwurf des Bebauungsplans Nr. 1817 gemäß § 10 Abs. 1 BauGB, § 84 Abs. 3,4 und 6 NBauO sowie § 10 Abs. 1 NKomVG als Satzung zu beschließen und der geänderten Begründung zuzustimmen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Gender-Aspekte wurden eingehend geprüft. Der Neubau einer Feuerwache wirkt sich auf Frauen, Männer und Kinder gleichermaßen aus.

Kostentabelle

Es entstehen Kosten für die Ertüchtigung der Straßenverkehrsfläche einschließlich Geh- und Radweg an der Lange-Feld-Straße in Höhe von voraussichtlich 390.000 €, die Signalisierung der Ausfahrten der Feuerwache 3 einschließlich Anbindung an die bereits signalisierte Kreuzung Lange-Feld-Straße/Bemeroder Straße ca. 100.000,00 € und für den Bau eines Regenwasserkanals von 100.000 €. Die Kosten werden im Folgenden in Teilen der Gesamtmaßnahme zugeordnet, die mit einer separaten Drucksache vorgestellt werden wird.

Begründung des Antrages

Der Entwurf des Bebauungsplans hat vom 30.06.2016 bis 29.07.2016 öffentlich ausgelegen. Während der Auslegung sind Stellungnahmen von der Region Hannover und vom BUND eingegangen.

Die Region Hannover bewertet das Vorhaben aus der Sicht des Naturschutzes als kritisch und sieht diesbezüglich einen Konflikt mit dem Landschaftsrahmenplan, der für das Plangebiet und für umliegende Flächen einen regionalbedeutsamen Korridor für den Biotopverbund darstellt.
Die Stellungnahme der Region Hannover zum Artenschutz betrifft Ausgleichsmaßnahmen für den Gartenrotschwanz und die Rauchschwalbe. Hinsichtlich des Gartenrotschwanzes verlangt die Region Klarheit über die Standorte der vorgesehenen 10 neuen Nisthilfen und erwartet, dass letztere möglichst frühzeitig als sogenannte CEF-Maßnahmen vor Fällung des bisherigen Quartierbaums angebracht werden. Hinsichtlich der Rauchschwalbe sieht die Region Hannover keine Möglichkeiten für vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) und erwartet deshalb, dass für den Abriss des bisherigen Brutplatzes eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung beantragt wird.

Stellungnahme der Verwaltung
Angesichts des Anforderungsprofils der Feuerwache 3 (z.B. schnelle Erreichbarkeit dicht besiedelter Bereiche, Nähe zum Messegelände, verkehrstechnisch gute Anbindung, Emissionsbelange) und der Notwendigkeit einer kurzfristigen Verfügbarkeit eines adäquaten Grundstücks, gibt es zum geplanten Standort keine Alternative. Detailliertere Ausführungen hierzu finden sich in der Planbegründung im Teil I auf den Seiten 3 und 4. Die Zielsetzungen des Landschaftsrahmenplans müssen angesichts der beschriebenen Bedarfslage in der Abwägung zurückgestellt werden.
Die Verwaltung empfiehlt, die Bedenken nicht zu berücksichtigen.

Die 10 Nisthilfen für den Gartenrotschwanz werden rechtzeitig vor Fällung des bisherigen Quartierbaums im Geltungsbereich des Bebauungsplans angebracht. Für die Rauchschwalbenpopulation sollen künstliche Nisthilfen in Viehställen der nahe gelegenen Tierärztlichen Hochschule angebracht werden. Die Stadt bemüht sich diesbezüglich um eine fachliche Unterstützung durch den BUND. Für den Abriss des bisherigen Brutplatzes der Rauchschwalben wurde ein Antrag zur Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme bei der Region Hannover gestellt.
Die Verwaltung empfiehlt, die Anregungen zu berücksichtigen.


Die Stellungnahme des BUND hat folgenden Wortlaut: Der derzeit ausgewählte Standort für die Feuerwache ist nach wie vor aus mehreren Gründen kritisch zu sehen. Zum einen widerspricht das Vorhaben den aktuell gültigen Vorgaben des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP 2005). Demnach ist das Gebiet als „Vorranggebiet für Freiraumfunktionen“ und als „Vorbehaltsgebiet für die Erholung“ gesichert und daher keine Bebauung möglich. Zwar ist laut dem RROP der Bau von öffentlichen Anlagen oder Einrichtungen in einem Vorranggebiet in Ausnahmefällen möglich, eine stichhaltige Begründung liegt bislang allerdings nicht vor. Hinzukommt, dass der Bereich im Landschaftsrahmenplan der Region Hannover als „Regional bedeutsamer Korridor“ für den Biotopverbund dargestellt ist und daher auch nach Möglichkeit freigehalten werden sollte. Hierzu gibt es derzeit keine Aussagen in den Planungsunterlagen. Zum Zweiten handelt es sich um einen naturschutzfachlich wertvollen Bereich. Auf dem Gelände befindet sich eine Grünlandfläche mit einem alten Baum- und Strauchbestand (unter anderem auch mit alten Obstbäumen). Entsprechend der Biotopkartierung handelt es sich um gut ausgebildetes Grünland mit einer hohen Wertstufe. Hinzu kommen 135 Bäume und 29 Sträucher, von denen 85 Bäume und 28 Sträucher gemäß der Baumschutzsatzung der Stadt Hannover geschützt sind.

Außerdem konnten 19 Brutvogelarten im Plangebiet nachgewiesen werden. Darunter sind auch gefährdete Arten wie der Gartenrotschwanz und die Rauchschwalbe. Für beide Arten sind in der Vergangenheit starke Bestandseinbußen zu verzeichnen, sodass deren lokalen Bestände unbedingt gesichert werden sollten. Entsprechend dem § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) ist es verboten, die Fortpflanzungs- oder Ruhestätten dieser Arten zu zerstören. Dafür wäre eine Ausnahmegenehmigung der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) notwendig, die allerdings nur erteilt werden kann, wenn die lokale Population durch den Eingriff keine Verschlechterung ihres Erhaltungszustandes erleidet. Demzufolge sind im Vorfeld Maßnahmen erforderlich, um mögliche Verluste vorab auszugleichen (CEF-Maßnahmen). Während solche Maßnahmen beim Gartenrotschwanz durch das Anbringen von Nisthilfen als möglich erscheinen, sind solche Maßnahmen bei der Rauchschwalbe sehr fraglich. Diese Art hat hohe Habitatansprüche, die nicht einfach an anderer Stelle geschaffen werden können. Sie brütet meist in Gebäuden, vornehmlich in Ställen, mit Tierhaltung. Die Erfolgsaussichten von CEF-Maßnahmen für die Rauschschwalbe sind daher sehr kritisch zu sehen. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Population durch die Zerstörung der Fortpflanzungsstätte im Plangebiet kann daher nicht ausgeschlossen werden, sodass auch keine Ausnahmegenehmigung der UNB erteilt werden kann.

Hinsichtlich der Fledermäuse kann das Vorkommen von Fortpflanzungs- und Ruhestätten ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Entsprechend den Planungsunterlagen wurde der Baumbestand lediglich vom Boden aus kontrolliert. Da es sich um einen Altbaumbestand mit entsprechender Höhe handelt, ist eine derartige Begutachtung nicht ausreichend. Auch wenn die Gutachter festhalten, dass keine Fledermausquartiere festgestellt wurden, empfehlen Sie gleichzeitig den Einsatz eines Hubsteigers, um mögliche Fledermausquartiere festzustellen! Auch bezüglich der Amphibien kann die Einschätzung der Gutachter nicht geteilt werden. Durch den Aufbau eines Amphibienschutzzaunes an der Zuschlagstraße ist dem BUND bekannt, dass sich auf der Freifläche zwischen Zuschlagstraße und Lange-Feld-Straße eine größere Amphibienpopulation befinden muss, zumal die Freifläche geeignete Laichplätze aufweist. Im Frühjahr 2016 konnten etwa 900 Amphibien gezählt werden. Auch wenn im unmittelbar angrenzenden Plangebiet keine geeigneten Gewässer vorhanden sind, weist das Gelände doch geeignete Strukturen als Sommerlebensraum für Amphibien auf.

Drittens handelt es sich im Bereich der Lange-Feld-Straße um einen sehr umstrittenes Gebiet bezüglich einer möglichen Bebauung. Wird die Feuerwache dort errichtet, wird der Grundstein für die weitere Bebauung des Umfeldes und damit auch dem westlich gelegenen Bereich geschaffen. Bevor ein solches Gebiet bebaut wird, sollten daher alle möglichen Alternativen ernsthaft ausgeschöpft werden.
Naturschutzfachlich ist das Bauvorhaben nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen insbesondere aufgrund der Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz und den damit verbundenen artenschutzrechtlichen Konflikten abzulehnen."

Stellungnahme der Verwaltung
Da der Standort für die Feuerwache 3 alternativlos ist, müssen die Zielsetzungen des Landschaftsrahmenplans in der Abwägung zurückgestellt werden. Verwiesen wird diesbezüglich auf die Stellungnahme der Verwaltung zu den Bedenken der
Region Hannover und auf die Ausführungen in der Planbegründung im Teil I auf den Seiten 3 und 4.
Das geplante Vorhaben ist mit den Erfordernissen der Raumordnung vereinbar. Die Region Hannover führt hierzu in einer Stellungnahme folgendes aus: "Im Bereich des Vorhabens ist gemäß gültigem Regionalem Raumordnungsprogramm (RROP) 2005 ein Vorranggebiet für Freiraumfunktionen und ein Vorsorgegebiet für Erholung festgelegt. Da eine siedlungsnahe Realisierung der Feuerwache notwendig ist und ein geeigneter Standort im Siedlungsbereich nicht existiert, ist das Vorhaben mit den Zielen des Vorranggebietes für Freiraumfunktionen vereinbar (siehe D 1.5, Ziffer 06). Alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind so abzustimmen, dass das Vorsorgegebiet für Erholung in seiner Eignung und besonderen Bedeutung möglichst nicht beeinträchtigt wird (siehe D 2.1, Ziffer 04). In diesem Fall ist die Realisierung des Vorhabens höher zu bewerten, als die Bedeutung dieses Gebietes für die Erholung. Aufgrund der dortigen Kleingartennutzung und der Belastung durch die naheliegende Gleisanlage hat dieser Bereich eine eher geringe Erholungsfunktion für die breite Bevölkerung. Es wird darauf hingewiesen, dass das im Planbereich gemäß RROP 2005 festgelegte Vorranggebiet für Freiraumfunktionen und Vorsorgegebiet für Erholung im RROP-Entwurf 2016 nicht erneut festgelegt ist."
Mit dem Bau der Feuerwache sind Eingriffe in den Gehölzbestand verbunden, die nicht zu vermeiden sind. Der Bebauungsplan setzt für diesen Verlust im Plangebiet und an anderer Stelle im Stadtgebiet (Planteil B) Ausgleichsmaßnahmen zur vollständigen Kompensation fest.
Für das Vorkommen des Gartenrotschwanzes und der Rauchschwalbe sind in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde der Region Hannover artenschutzrechtliche Lösungen gefunden worden. Die Befürchtungen des BUND zur Gefährdung der Population der Rauchschwalbe werden deshalb nicht geteilt. Die Stadt ist bemüht, den BUND als fachlich kompetenten Naturschutzverband in die Maßnahmen zur Schaffung von künstlichen Nisthilfen für die Rauchschwalben einzubinden.
Vor dem Eingriff in den Gehölzbestand werden unter Einsatz eines Hubsteigers auch die höheren Bereiche der Bäume nach möglichen Fledermausquartieren untersucht.
Im Plangebiet sind weder Amphibienfunde gemacht worden noch sind für Amphibien als Laichplatz geeignete strukturreiche Gewässer vorhanden. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass keine größere Amphibienpopulation vorhanden ist, die ab- oder zuwandern würde.
Eine weitere Bebauung des Bereiches ist nicht geplant. Dies belegt auch das von der Ratsversammlung beschlossene Kleingartenkonzept.
Die Verwaltung empfiehlt, den Anregungen zu folgen, soweit weitere Untersuchungen zu möglichen Fledermausquartieren gefordert werden, und die Bedenken im Übrigen nicht zu berücksichtigen

Die Stellungnahme des Bereiches Forsten, Landschaftsräume und Naturschutz, der auch die Belange des Naturschutzes wahrnimmt, ist als Anlage 3 beigefügt.


Die beantragten Beschlüsse sind erforderlich, um das Bebauungsplanverfahren abschließen zu können.
61.13 
Hannover / 21.09.2016