Informationsdrucksache Nr. 2065/2012:
Sachstand und Ausbau der hannoverschen Familienzentren (FZ)

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
In den Jugendhilfeausschuss
In den Ausschuss für Integration, Europa und Internationale Kooperation (Internationaler Ausschuss)
An die Stadtbezirksräte 01 - 13 (zur Kenntnis)
 
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2065/2012
2
 

Sachstand und Ausbau der hannoverschen Familienzentren (FZ)

Vor dem Hintergrund eines Antrages zum Haushalt 2006 (DS 1541/2005) wurden seit dem Jahr 2006 Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren weiterentwickelt.
Jährlich informierte die Verwaltung seither über den Sachstand zur Umsetzung.
Die Verwaltung legt hiermit den aktuellen Sachstand vor, zeigt Ergebnisse der Auswertung des bisherigen Programms FZ auf und entwickelt Perspektiven für die Zukunft der FZ.

I. Sachstand 2012:
Das Programm Familienzentren (FZ) der Landeshauptstadt Hannover wurde zum 01.08.2012 in der siebten Stufe weiter ausgebaut. Insgesamt sind seit 2006 siebenundzwanzig Kindertagesstätten (s. Anlage 1) aufgenommen worden und werden mit jeweils 40.000 € jährlich für Sach- und Personalkosten gefördert. Die LHH wendet für das Haushaltsjahr 2012 insgesamt 1,15 Mio € für die Förderung auf.
Alle Standorte der Einrichtungen befinden sich in Stadtteilen mit besonderem Handlungsbedarf und werden von unterschiedlichen Trägern betrieben. Aktuell erreichen die FZ ca. 2700 Kinder und deren Familien und bieten etwa 250 bedarfsgerechte und verlässliche familienunterstützende Angebote (s. Anlage 2) an, wie z.B. Erziehungsberatung, Sprachkurse, Ernährungsberatung, Fahrradfahren lernen, Formularhilfe, die unter aktiver Beteiligung der Familien entwickelt und umgesetzt werden. FZ fördern damit Teilhabe, Chancengleichheit und familienfreundliche Strukturen.

Kindertagesstätten sind dabei der ideale Ausgangspunkt, da sie im Schnitt 97 Prozent aller drei- bis fünfjährigen Kinder in der Stadt erreichen. Ausgehend vom Early Excellence Ansatz wird die Schlüsselinstitution Kita gestärkt. Eltern sind die ersten und wichtigsten Bezugspersonen für ihre Kinder. Nach dieser Maxime werden Eltern in FZ als ExpertInnen für ihre Kinder in deren Bildungsprozesse einbezogen und damit eine bewusste Elternschaft gefördert.

Mit dem Programm nimmt Hannover eine bundesweit beachtete Vorreiterrolle bei der Weiterentwicklung von Kitas zu FZ ein. Großstädte wie Stuttgart und Frankfurt legen aktuell Programme zur Einrichtung von FZ auf und orientieren sich an den in Hannover vorliegenden Erfahrungen. Niedersachsenweite Anfragen zur Trägerberatung „Von der Kita zum Familienzentrum“ bestätigen die Bedeutsamkeit des Programms FZ zusätzlich. Das zeigen auch die vielen Nachfragen für Hospitationen und Präsentationen. In den FZ fanden in 2011 einhunderteinundzwanzig Konsultationsbesuche statt, einige international.

Neben der verlässlichen finanziellen Förderung durch die Landeshauptstadt Hannover gehören zu den weiteren Erfolgskriterien die
· zielorientierte, koordinierte Zusammenarbeit, sowie die Steuerung auf der trägerübergreifenden Ebene Familienzentren - Kita Fachberatungen und dem Fachbereich Jugend und Familie
· die auf dem Early Excellence Ansatz basierenden verpflichtenden Qualifizierungsangebote für das Personal in den FZ.

Im Rahmen dieses Fortbildungsprogramms sind bislang 310 MitarbeiterInnen in „Pädagogische Strategien“ und “Ethischer Code“, 193 MitarbeiterInnen in „Medien I“, 71 MitarbeiterInnen in „Medien II“, 71 Leitungen, Stellvertretungen und KoordinatorInnen in „Changemanagement“ und 44 Leitungen, Stellvertretungen und KoordinatorInnen in „Integrativer Familienarbeit“ qualifiziert worden. Das Early Excellence Beobachtungsverfahren wurde bereits in 21 FZ eingeführt und wird intensiv durch die beteiligten Fachberatungen der Kita-Träger begleitet. Im November 2011 beteiligten sich alle MitarbeiterInnen der Einrichtungen am zweiten Fachtag der FZ. Die Auswertung der Erfahrungen aus sechs Jahren FZ in Hannover und die Weiterentwicklung des Programms waren u.a. wichtige Ergebnisse.


II. Ergebnisse der Auswertung 6 Jahre FZ in Hannover:
FZ arbeiten sozialraumorientiert, sind offen für alle Menschen im Stadtteil und bieten Familien schnell Hilfen aus einer Hand. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Familienfreundlichkeit und Teilhabeförderung im Stadtteil. Ausgehend von den Erfahrungen seit 2006 lassen sich u.a. aus den Sachberichten der FZ folgende Veränderungen zusammenfassen:
Eltern sind aktiviert, beteiligen sich, führen Angebote durch
Semiprofessionalität nimmt zu, Eltern arbeiten als Honorarkräfte in FZ
Bildungschancen von Kindern verbessern sich (höhere Schullaufbahnempfehlungen, bessere Ergebnisse bei Sprachstandserhebungen, Anstieg der Schulfähigkeit)
Familien nehmen zunehmend Erziehungsberatung in Anspruch
Wirksamkeitsforschung der FZ durch die Hochschule Hannover, Fakultät V
Elterntrainingsprogramme wie z.B. Familie und Nachbarschaft (FuN), FamilienErgo werden gut angenommen
Sprachförderung ist ein wesentlicher Baustein – 16 FZ arbeiten im Rucksackprogramm mit, 6 bei Griffbereit
Rückgang von Krisenintervention
Bundesweiter Fachtag FZ in Hannover in im Februar 2010
FZ sind ein wichtiger Netzwerkpartner im Sozialraum, Kooperationen haben zugenommen, sind intensiviert worden
Integration des Programms Stadtteilmütter – 15 Stadtteilmütter in 13 Einrichtungen
Integration des Programms GemeinsamWachsen in 8 Standorten
Der Einfluss der Familie, also die Gestaltung der häuslichen Lernumgebung auf die Entwicklung von Kindern wirkt sich im Vergleich zum Effekt einer Kita etwa doppelt so hoch auf die Bildungschancen von Kindern aus. „The Effective Provision of Pre-School Education (EPPE) Project“, (vgl.: Frühe Bildung zählt, K. Sylva, B. Taggert u.a., 2010 dohrmann Verlag.berlin) die erste europäische Langzeitstudie, die seit 1997 durch die Uni London mit 3000 Kindern im Alter von 3 und 4 Jahren über 10 Jahre mit dem Forschungsziel der Wirkung von Kindertageseinrichtungen auf die kognitive und soziale Entwicklung der Kinder durchgeführt wurde, kam zu folgenden Ergebnissen:
Die besten Ergebnisse erzielen Einrichtungen, die Bildung, Erziehung und Betreuung mit integrierter Familienarbeit anbieten.
Die Qualität der familiären Lernumgebung beeinflusst die kognitive und soziale Entwicklung der Kinder am Stärksten.
Relativ geringe Relation zur sozialen Schicht oder kulturellen Zugehörigkeit. Wichtiger ist, wie Eltern die Beziehung zu ihren Kindern tatsächlich gestalten.
Im Rahmen der wissenschaftlichen Evaluation der bestehenden und sich entwickelnden Familienzentren in Hannover und der Region, kommen die AutorInnen im Abschlussbericht über die Arbeit der FZ in Hannover „Wirkfaktoren von Familienzentren mit Early Excellence Ansatz“ u.a. zu diesen Ergebnissen:
ca. 80 % der Eltern sind mit den FZ zufrieden. Für die Eltern ist es dabei am Wichtigsten, dass sich ihr Kind in der Einrichtung wohl fühlt und dass das durch nette ErzieherInnen (85,9 %), andere Kinder (87,3 %) und ein angenehmes Klima im FZ gewährleistet wird
83,4 % der befragten Eltern sehen ihr Kind mit seinen individuellen Interessen und Bedürfnissen von den ErzieherInnen angemessen wahrgenommen
70 % der ErzieherInnen sagen, dass sich der Kontakt zu den Eltern verbessert hat, seit die Einrichtung FZ geworden ist und 75 % sind der Meinung, dass die Zusammenarbeit mit den Eltern durch die Einführung des EEC Beobachtungsverfahrens verbessert ist
die Haltung der MitarbeiterInnen zu Eltern und Kindern hat sich geändert, ist ressourcenorientierter geworden
Eltern sind aktivierter
in FZ finden vermehrt sozialarbeiterische Angebote und Aktivitäten statt und diese werden besser von Eltern angenommen.
10 (1,5 %) von 683 befragten Eltern waren mit der Arbeit der FZ unzufrieden.

III. Weiterentwicklung des Programms FZ

Mit dem Start des Programms FZ in 2006 (5 Einrichtungen) wurde die Koordination und fachliche Begleitung des Programms in der städtischen Fachberatung Kindertagesstätten mit einer halben Stelle verankert. Die Programme „GemeinsamWachsen“ und „Stadtteilmütter“ werden als integraler Bestandteil der Arbeit der FZ ebenfalls durch diese Fachberatung begleitet. Um die Koordination und fachliche Begleitung der mittlerweile 27 FZ weiterhin qualitativ hochwertig leisten zu können, wird die Verwaltung zum Stellenplan 2014 eine zusätzliche halbe Stelle für diese Arbeit beantragen.

Die quantitative Ausweitung der FZ fordert eine kritische Auseinandersetzung mit den bisherigen Rahmenbedingungen. Im Einzelnen bedeutet dies:
  • zu überprüfen, ob das bisherige Finanzierungsmodell, das unabhängig von der Größe einer Einrichtung und der Kinderzahl eine jährliche Pauschale in Höhe von 40.000€ vorsieht, noch tragfähig ist
  • die Finanzierung des Fortbildungsbereichs der FZ zu sichern.
    Zur Integration des Early Excellence Ansatzes finanziert seit 2008 die „Heinz und Heide Dürr Stiftung“ mit insgesamt 170.000 €. Die Mittel sind mit Ablauf des Jahres 2012 aufgebraucht. Weitere Mittel werden von der „Heinz und Heide Dürr Stiftung“ nicht mehr bewilligt
  • die bestehenden Räume einer Kita schränken teilweise die Möglichkeiten zur Durchführung bedarfsgerechter familienunterstützender Angebote ein. Die Erfahrung zeigt, je länger eine Einrichtung FZ ist, desto aktiver sind die Eltern und desto mehr Raumbedarf gibt es. Die Verknüpfung der Programme GemeinsamWachsen und Stadtteilmütter mit dem Programm FZ zieht weiteren Raumbedarf nach sich. Mindeststandards wurden mit den FZ bereits entwickelt, mit einem Raumprogramm würden Standards für den Neubau/Sanierung eines FZ definiert.
  • den kontinuierlichen Ausbau der Familienzentren in Stadtteilen/Gebieten mit besonderem sozialen Handlungsbedarf fortzusetzen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Weiterentwicklung von Kindertagesstätten zu Familienzentren nimmt Mütter und Väter gleichermaßen als Zielgruppe in den Fokus. Die bisherigen Erfahrungen zeigen allerdings, das z.B. Elternbildungsangebote nach wie vor mehrheitlich von Müttern wahrgenommen werden.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

51.4 
Hannover / 12.09.2012