Drucksache Nr. 2035/2009:
Qualifizierung zur Fachkraft für Beteiligungsprozesse in der Jugendhilfe

Inhalt der Drucksache:

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2035/2009
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Qualifizierung zur Fachkraft für Beteiligungsprozesse in der Jugendhilfe

Antrag, zur Durchführung einer Qualifizierungsmaßnahme von haupt- und ehrenamtlichen Fachkräften der Jugendhilfe mit dem Ziel des Aufbaus eines Multiplikatorenpools für Kinder- und Jugendbeteiligung 1. dem Kreisjugendwerk der Arbeiterwohlfahrt (Rollende Baustelle) und 2. dem Jugendumweltbüro – JANUN e.V. (Linie 21) eine Zuwendung in Höhe von jeweils bis zu 10.900,00 € zu gewähren,

zu beschließen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Das Angebot richtet sich an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendhilfe freier und öffentlicher Träger, die kontinuierlich in der Qualifizierung mit Mädchen und Jungen tätig sind. Insofern werden mit dieser Förderung beide Geschlechter erreicht. Generell gilt für die Gewährung von Fördermitteln zur Durchführung von Beteiligungsprojekten die ausführliche Darstellung des Einbezugs von Mädchen und Jungen mit dem Ziel der Wahrung von Geschlechtergerechtigkeit.

Kostentabelle

Darstellung der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen:
Investitionenin €bei HMK
(Deckungsring)/
Wipl-Position
Verwaltungs-
haushalt;
auchInvestitions-
folgekosten
in € p.a.bei HMK
(Deckungsring)/
Wipl-Position
EinnahmenEinnahmen
Finanzierungsanteile von DrittenBetriebseinnahmen
sonstige EinnahmenFinanzeinnahmen von Dritten
Einnahmen insgesamt0,00 € Einnahmen insgesamt0,00 € 
AusgabenAusgaben
ErwerbsaufwandPersonalausgaben
Hoch-, Tiefbau bzw. SanierungSachausgaben21.800,00 €
EinrichtungsaufwandZuwendungen
Investitionszuschuss an DritteKalkulatorische Kosten
Ausgaben insgesamt0,00 € Ausgaben insgesamt21.800,00 € 
Finanzierungssaldo0,00 € Überschuss / Zuschuss-21.800,00 € 

Begründung des Antrages

Der Ansatz zur Förderung von Beteiligungsprojekten im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit (Haushaltsmanagementkontierung 451.000/ 718000) wurde erstmalig durch Beschluss des Rates zum Haushalt 2007 um 21.800 € erhöht. In diesem Zusammenhang wurde die Verwaltung aufgefordert, ein Weiterbildungskonzept zur Steigerung selbstständig durchgeführter Beteiligungsprozesse in Einrichtungen der Jugendhilfe unter Beteiligung kompetenter Kooperationspartner zu realisieren.

Die „Rollende Baustelle“ des Kreisjugendwerks der Arbeiterwohlfahrt und die „Linie 21“ im Jugendumweltbüro JANUN e.V. haben daraufhin gemeinsam ein Konzept vorgelegt, das der Intention des Begleitantrages zum Haushalt 2007 voll entspricht. Beide Träger sind seit 12 Jahren in Hannover im Rahmen der Durchführung von Beteiligungsprojekten tätig. Sie verfügen über die erforderlichen Kompetenzen und sind mit ihren „mobilen Werkstätten für Beteiligung“ von der Fachöffentlichkeit in Hannover und landesweit anerkannt.

Die Realisierung dieser Qualifizierungsmaßnahmen wird von den Trägern unter Bedingungen durchgeführt, die eng mit der Realität der Beteiligungspraxis und -standards in Hannover verknüpft sind. Die entsprechenden Standards sind weiter unten ausgeführt. Das Weiterbildungskonzept umfasst einschließlich aller Module 175 Stunden, erweitert durch den Praxisanteil. Die Projektentwicklung und -durchführung wird von den Trägern der Qualifizierungsreihe, dem Jugendumweltbüro Hannover, JANUN e. V., und dem Kreisjugendwerk der Arbeiterwohlfahrt individuell betreut.

Mit dem Weiterbildungsprogramm wird das Ziel verfolgt, einen Multiplikatorenpool für Kinder- und Jugendbeteiligung in der Landeshauptstadt Hannover zu schaffen. Die dort organisierten Expertinnen und Experten des Pools werden befähigt, in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe Beteiligungsprojekte durchzuführen und ihre Einrichtung so zu strukturieren, dass Alltagsbeteiligung zum Standard wird und für Kinder und Jugendliche Funktionsweisen kommunalen demokratischen Handelns erfahrbar werden. Die Information und Sensibilisierung sowie die Befähigung aller Akteursgruppen in den Einrichtungen für Kinder- und Jugendliche, die Rechte von Kindern zu kommunizieren und ihre Beachtung zu fördern, ist ein weiteres Anliegen diese Programms.

Die Weiterbildungsmodule umfassen im Einzelnen:
- Darstellung der Rechte der Kinder und ihr Anspruch auf Beteiligung
- Partizipationspädagogik in Theorie und Praxis
- Moderationsmethoden für die Projektentwicklung und zur Führung von Beteiligungsprozessen mit Kindern und Jugendlichen
- Präsentationsmethoden zur Einbeziehung von Öffentlichkeit, Stadtteilpolitik und Verwaltung
- Anschauung und Analyse gelungener Praxisbeispiele
- Projektmanagement - Vorbereitung - Durchführung - Auswertung
- Durchführung eines Praxisprojekts unter individueller Begleitung
Die in Hannover gültigen Qualitätsstandards zur Durchführung von Beteiligungsprozessen mit Kindern und Jugendlichen bilden auch die Basis zur Durchführung dieses Weiterbildungsprogramms:
Vermeidung von Über- und Unterforderung:
Kinder und Jugendliche werden nicht mit Themen und Entscheidungen konfrontiert, die sie überfordern bzw. die sie nicht bewältigen können. Kinder und Jugendliche werden „im Rahmen projektorientierter Verfahren an der Gestaltung ihrer unmittelbaren Lebenswelt beteiligt. Das schließt ihre Partizipation an der Stadtentwicklung ein: Neue Wohngebiete, Sanierung von Stadtteilen, Verbesserung von Verkehrswegen, Umbauplanungen, Platzgestaltungen (Jugend auf öffentlichen Plätzen) usw.
Freiwilligkeit:
Kinder und Jugendliche beteiligen sich freiwillig. Nur so kann Spaß und Freude am Tun zustande kommen. Druck und Zwang würden dieses verhindern.
Ernstcharakter, Akzeptanz und Umgang:
Erwachsene setzen sich ernsthaft mit Anliegen von Kindern und Jugendlichen auseinandersetzen. Schein- und Leerversprechungen sind keine Form der Auseinandersetzung. Bereits im Vorfeld sind Realisierungschancen von Projekten und Entscheidungsbedingungen transparent zu machen.
Kommunikative Kompetenz:
Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben unterschiedliche Bedürfnisse, die sie auch unterschiedlich verbalisieren. Daraus folgt, dass die Kommunikation und der öffentliche Diskurs so zu gestalten sind, dass Verständigung möglich ist.
Kooperative Kompetenz und Planung:
Kinderpolitik ist immer Querschnittspolitik. Daher gilt bei der Umsetzung von Projekten von Anfang, alle Beteiligten - Kinder und Jugendliche, Fachverwaltung, Planer, und Politiker - einzubeziehen. Beteiligungsprozesse sind Ko-Produktionsprozesse.
Faktor zeitnahe Umsetzung:
Realisierung der Ergebnisse von Beteiligungsprojekten als Ausdruck von Politik für und mit Kindern und Jugendlichen müssen gerade für jüngere Kinder in einem absehbaren und erfahrbaren Zeitraum abgeschlossen sein. „Eine Achtjährige, die über den Gestaltungsvorschlag für einen Spielplatzumbau mit geplant und mit entschieden hat, darf die Realisierung nicht erst als Vierzehnjährige erleben.“
Zielgruppe:
Die Teilnahme an Beteiligungsprojekten wird allen Kindern und Jugendlichen ermöglicht. Die Zielgruppen sind Kinder und Jugendliche beiderlei Geschlechts, aus unterschiedlichen Milieus, unterschiedlicher Nationalität, unterschiedlichen Schulen und mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Dies intendiert die Suche und Auswahl geeigneter Methoden zur Umsetzung und Bearbeitung der jeweiligen Projekte.
Expertenschaft von Kindern und Jugendlichen:
Kinder und Jugendliche sind Experten für ihre Umwelt. Sie wissen besser als die erwachsenen „Experten“, was gut für sie ist und wo Verbesserungsmöglichkeiten, ihr Wohnumfeld betreffend, angebracht sind. Beteiligung von Kindern und Jugendlichen kann kommunale Planungsprozesse aufgrund der diskursiven Vorgehensweise verlangsamen. Sie machen sie aber auch "treffsicherer" hinsichtlich der Nutzergruppen und helfen teure Fehler zu vermeiden.
Wandelbarkeit und Lebendigkeit:
Bei Planungen, die das Wohnumfeld betreffen, ist zu berücksichtigt, dass Kinder und Jugendliche sich entwickeln und mit ihnen ihre Bedürfnisse. Insofern sind veränderbare Umwelten zu schaffen, die Kinder und Jugendlichen später entsprechend umgestalten können.
Echte Mitbestimmung:
Der Begriff Partizipation intendiert verschiedene Stufen der Beteiligung. Am Anfang steht insofern die Klärung, welche Intensität der Beteiligung realisiert wird und ob es sich um tatsächliche Mitbestimmung handelt oder ob eine „Scheinbarkeit“ erzeugt wird.
Qualifizierte Partizipation verursacht Kosten:
Fachkräfte stehen Kindern und Jugendlichen beratend, helfend und fördernd bei der Initiierung und Durchführung von Beteiligungsprojekte zur Seite. Beteiligung erfordert neben diesen qualifizierten Erwachsenen Räumlichkeiten und diverses Material. Insofern erfordern entsprechende Prozesse mit Kindern und Jugendlichen Ressourcen und verursachen Kosten.

Die Leistungen der Rollende Baustelle des Kreisjugendwerkes der AWO und der Linie 21 von JANUN e.V. betragen im Einzelnen:
- Konzeption der Fortbildungsmodule
- Durchführung der Fortbildungsmodule mit 16 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Hannover
- Einbeziehung von speziellen Fachreferenten
- Bereitstellung der Arbeitsmittel und Materialien
- Individuelle Begleitung der Praxisprojekte
- Erstellung eines Konzepts für die Evaluation
- Durchführung der Evaluation (Kontaktaufnahmen, Befragung, etc.)
- Auswertung und Bericht
- Teilnahme am Workshop zur Konzeptentwicklung mit der AG Kinder- und Jugendbeteiligung im Fachbereichs Jugend u. Familie
- Erstellung eines neuen Konzeptes der Fortbildung (Stadtteilorientierung Sozialraumorientierung, Adaption an die Neuorganisation Kinder- und Jugendarbeit)
- Implementierung des neuen Konzepts im Stadtteil und Erprobung

Das Kreisjugendwerk der AWO und JANUN haben mit der Qualifizierungsmaßnahme im zweiten Halbjahr 2009 begonnen. In Abhängigkeit von den Arbeitgebern der Teilnehmer und Teilnehmerinnen findet die Fortbildung in den Abendstunden, tagsüber oder an den Wochenenden statt. Das Einverständnis zum vorzeitigen Maßnahmebeginn wurde seitens der Verwaltung erteilt.
51.5 
Hannover / 18.09.2009