Drucksache Nr. 1961/2022:
Vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 1881 - Wohnpark Brabrink
Beschluss über Stellungnahmen, Satzungsbeschluss

Informationen:

Beratungsverlauf:

Nachrichtlich:

  • Stadtbezirksrat Döhren-Wülfel

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
An den Stadtbezirksrat Döhren-Wülfel (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
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1961/2022
5
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt

Vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 1881 - Wohnpark Brabrink
Beschluss über Stellungnahmen, Satzungsbeschluss

Antrag,

  1. über die im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der öffentlichen Auslegung des Entwurfes eingegangenen Stellungnahmen zu entscheiden und
  2. den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 1881 gemäß § 10 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 10 Abs. 1 NKomVG als Satzung zu beschließen und der Begründung mit Umweltbericht zuzustimmen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Gender-Aspekte wurden geprüft. Benachteiligungen einzelner Gruppen auf Grund von Geschlecht, Alter oder anderen Gründen sind nicht zu erkennen.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

Begründung des Antrages

Die Achte World Investment Bauträger GmbH plant auf dem Grundstück westlich der Hildesheimer Straße an der Stadtgrenze nach Laatzen die Entwicklung eines neuen gemischten Wohnquartiers. Geplant ist ein Ensemble aus insgesamt acht Gebäuden, das mit seinen in Höhe und Form differenzierten Baukörpern eine städtische Seite und eine Gartenseite ausbildet. Zwei Baublöcke an der Hildesheimer Straße öffnen das Quartier mit ihrer gemischten Nutzung: Gewerbe, Gastronomie und Kindertagesstätte in den Erdgeschosszonen, darüber Bürogeschosse samt repräsentativem Eingangsbereich sowie Wohnungen. Dahinter schließen sechs kleinere Punkthäuser an, die sich als reine Wohnhäuser zu den Leineauen orientieren.

Die Einleitung des Verfahrens hatte die Vorhabenträgerin mit Schreiben vom 25.09.2019 beantragt. Am 31.03.2022 wurde durch den Rat mit der Drucksache Nr. 2662/2021 die Auslegung des Bebauungsplanes beschlossen, die vom 14.04.2022 bis zum 13.05.2022 durchgeführt wurde. Während dieser Zeit ist u.a. eine Stellungnahme vom Unternehmen CG Chemikalien GmbH & Co. KG eingegangen. Von den Behörden und Trägern öffentlicher Belange sind im Wesentlichen 4 abwägungsrelevante Stellungnahmen eingegangen. Die Stellungnahmen sind in der Anlage 4 einsehbar.



Zusätzlich werden zu den Sitzungen der beteiligten Gremien alle eingegangenen Stellungnahmen aus der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sowie der öffentlichen Auslegung, gesammelt in einem Ordner, zur Einsicht verfügbar sein.

Stellungnahmen von CG Chemikalien und den Gewerbeaufsichtsämtern Hannover und Hildesheim

CG Chemikalien hat am 13. Mai 2022, vertreten durch die Kanzlei Nahme & Reinicke, Stellung zur Planung genommen. Teil der Stellungnahme sind ein Schreiben vom Ingenieurbüro Müller-BBM und eines von der Kanzlei okl & partner. Die umfangreichen und komplexen Stellungnahmen von CG Chemikalien sowie die sich überschneidenden und sinngemäß gleichen Stellungnahmen der Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter Hannover und Hildesheim sind im Folgenden thematisch gegliedert und zusammengefasst.


1. Gefahrstoffe

Es wird angemerkt, dass in der Begründung der Gefahrstoff Acrolein abstandsbestimmend sei und andere Stoffe, die eingesetzt werden oder eingesetzt werden dürften, aufgrund des räumlichen Abstandes zwischen Betriebsbereich und Plangebiet von 475 m als "von vornherein unproblematisch" eingestuft werden. Dem wird widersprochen, da Acrolein nur ein Beispielstoff für die genehmigte Lagerung von akut toxischen Stoffen sei. Denkt man Acrolein hinweg, sind andere Stoffe der vorbezeichneten Kategorie in den Blick zu nehmen.

2. Sensible Nutzungen

Es wird angeregt, dass Notfallübungen für die Kindertagesstätte und Schulungen für die Beschäftigten im Vorhaben nicht nur für den Fall, dass Acrolein eingesetzt wird, sondern in jedem Falle durchzuführen sind.

3. Nutzungsbeschränkungen

Weiter wird eingebracht, dass die in der Begründung zum Bebauungsplan beschriebene Festlegung der zulässigen baulichen Nutzungen, welche Nutzungen mit hohen Besucherzahlen bei geringer Anzahl an geschultem Personal ausschließen soll, nicht im Bebauungsplan und in den Festsetzungen wiederzufinden sei.

Des Weiteren werden aus Sicht des Gutachters Müller BBM folgende vorgeschlagenen Maßnahmen zur Wahrung des Abstandsgebotes nicht berücksichtigt.

- die bestehende Sichtbeziehung von freien Außenbereichen zum Störfallbetrieb

- von der Errichtung einer Kindertagesstätte wird abgeraten, weil Kindern eine individuelle Handlungs- und Einsichtsfähigkeit bei Eintritt eines Störfalls fehlt

4. Planungsalternativen

Das Rechtsanwaltbüro Nahme & Reinicke bezieht sich in ihrer Stellungnahme auf die in der Begründung Kapitel 3.2 vorgenommenen Alternativenprüfung. Es wird angemerkt, dass die Gewichtung der einzelnen Belange zum Teil nicht nachvollziehbar ist. Mehrere Anregungen zu den Varianten der Planungsalternativen wurden durch das Rechtsanwaltbüro vorgestellt.



Stellungnahme der Verwaltung

Im Auftrag der Stadt Laatzen wurde mit Unterstützung der Landeshauptstadt Hannover durch den TÜV Nord im November 2018 ein störfallrechtliches Gutachten erstellt, das einen angemessenen Sicherheitsabstand zu dem Betriebsbereich von 850 Meter bei Einsatz des Stoffs Acrolein ermittelte. Der angemessene Sicherheitsabstand von 850 Metern berücksichtigt jedoch als Detailkenntnisse nur störfallspezifische Faktoren innerhalb des Betriebsbereichs, nicht hingegen Vorkehrungen an den Schutzobjekten. Im Rahmen des Bauleitplanverfahrens wurden daher unter Zugrundelegung der konkreten Planung ein weiteres Sachverständigengutachten erstellt, welches die Detailplanung auf Seiten der schutzbedürftigen Bebauung im Plangebiet berücksichtigt.

Diese Detailplanung, die insbesondere wirksame Schutzmaßnahmen im Plangebiet umfasst, wird durch die Festsetzungen des Bebauungsplans, die vertraglichen Verpflichtungen im Durchführungsvertrag sowie durch die Nachsteuerungsmöglichkeiten im Planvollzug hinreichend abgesichert. Die in der Begründung Kapitel 3.3 wiedergegebenen auswirkungsbegrenzenden Maßnahmen stellen in diesem Fall eine wirksame Schutzmaßnahme dar und aus Sicht der Verwaltung bleibt der angemessene Sicherheitsabstand somit gewahrt. Ein planerischer Konflikt mit dem 475 m entfernten Störfallbetrieb wird vermieden.

Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass selbst wenn man davon ausginge, dass das Plangebiet mit seinen schutzbedürftigen Nutzungen innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstandes des Betriebsbereichs liegen würde, sprechen vorliegend überwiegende Belange für diese Planung. Ebenfalls wäre in diesem Fall dann zu beachten, dass sich schon jetzt bereits innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstandes andere Schutzobjekte im Sinne von § 3 Abs. 5d BImSchG befinden.

Der Störfallbetrieb CG Chemikalien liegt in einem über Jahrzehnte gewachsenen innerstädtischen Gebiet mit unterschiedlich schutzwürdigen Nutzungen. Es handelt sich um eine gewachsene städtebauliche Gemengelage, die große Stadtteile der Landeshauptstadt Hannover und der Stadt Laatzen betreffen. Der durch das TÜV-Gutachten ermittelte angemessene Sicherheitsabstand zwischen dem Störfallbetrieb und schutzwürdigen Nutzungen von 850 Metern wird weder in Hannover noch in der Nachbarstadt Laatzen eingehalten (städtebauliche Gemengelage). Innerhalb des angemessenen Abstandes liegen verschiedene schutzwürdige, öffentlich zugängliche Nutzungen wie die Hannover-Messe, Hotels, verschiedene Restaurants, teilweise große Einzelhandelseinrichtungen, Sport- und Reitstätten, Bahn- und Straßenbahnlinie, Hauptverkehrsstraßen sowie Wohngebiete, also zahlreiche weitere Schutzobjekte im Sinne des Störfallrechts.

Selbst wenn akut toxische Stoffe wie z.B. Acrolein eingesetzt und damit der angemessene Sicherheitsabstand unterschritten würde (hierbei unterstellt, dass das Plangebiet mit seinen schutzbedürftigen Nutzungen überhaupt innerhalb des Sicherheitsabstandes liegt), wäre das geplante Vorhaben aufgrund überwiegender sozio-ökonomischer Belange zulässig. Der Standort und die geplante Art der baulichen Nutzung sind für das geplante Vorhaben nach der unter 3.2 durchgeführten Alternativenprüfung aus Sicht der Landeshauptstadt Hannover die städtebaulich sinnvollste Nutzung.

1. Gefahrstoffe

Den Anregungen wird gefolgt.

Die Planung wurde dahingehend geändert, dass Detektoren in redundanter Anzahl im Außenbereich des Vorhabens installiert werden. Die Installation von Detektoren zur frühzeitigen Erfassung aller eingesetzten bzw. gelagerten akut toxischen Stoffe wird verpflichtend durch den Vorhabenträger erfolgen und im Durchführungsvertrag fixiert. Das Kapitel 3.3 der Begründung wurde dementsprechend überarbeitet. Zudem können im Planvollzug entsprechende Nebenbestimmungen in die Baugenehmigung aufgenommen werden. Der planerische Konflikt ist damit in ausreichender Weise gelöst bzw. im Planvollzug lösbar.

2. Sensible Nutzungen

Den Anregungen wird gefolgt.

Die Begründung im Kapitel 3.3 und der Durchführungsvertrag wurden dahingehend angepasst, dass Gewerbetreibende im Vorhabengebiet ihre Beschäftigten regelmäßig für den Alarmierungsfall schulen, unabhängig von den eingesetzten Stoffen seitens CG Chemikalien. Darüber hinaus werden regelmäßig Notfallübungen mit den betreuten Kindern in der Kindertagesstätte durchgeführt. Dies wird im Durchführungsvertrag entsprechend geregelt. Zudem gilt auch hier, dass im Planvollzug entsprechende Nebenbestimmungen in die Baugenehmigung aufgenommen werden können und daher der planerische Konflikt in ausreichender Weise gelöst ist bzw. im Planvollzug lösbar ist.

3. Nutzungsbeschränkungen

Den Anregungen wird nicht gefolgt.

Im Bebauungsplan werden "nicht wesentlich störende Geschäfts- und Büronutzungen, Schank- und Speisewirtschaften" auf max. 3000 m² Grundfläche festgesetzt. Nach der Art und Größe der geplanten Geschäfts-, Verwaltungs- und Bürogebäude ist eine gleichzeitige Nutzung durch mehr als 100 zusätzliche Besucher*innen unwahrscheinlich. Weitere einschränkende Festsetzungen werden als nicht zielführend erachtet, da im späteren Baugenehmigungsverfahren und im sonstigen Planvollzug sichergestellt werden kann, dass notwendige organisatorische Maßnahmen (z.B. Schulungen) oder ggf. auch sonstige Beschränkungen ergriffen werden. Das betreffende Kapitel 3.3 in der Begründung wurde zu dieser Thematik konkretisiert.

Zu den nicht berücksichtigten Maßnahmen zur Wahrung des Abstandsgebotes wird wie folgt Stellung genommen.

Außenwohnbereiche mit freier Sicht zum Störfallbetrieb sind zwar in den oberen Geschossen gegeben, sind störfallrechtlich und störfallfachlich aber unbeachtlich, da Sichtbeziehungen zum Störfallbetrieb für sich genommen keine besondere Bedeutung haben, insbesondere nicht schadenserhöhend im Fall von sog. Dennoch-Störfällen wirken.

Die Errichtung einer Kindertagesstätte ist als Wohnfolgeeinrichtung städtebaulich geboten und gewünscht. Durch Schulungen und Notfallübungen werden das Personal und die betreuten Kinder auf einen möglichen Störfall vorbereitet. Auch dies wird im Durchführungsvertrag geregelt und kann zudem im Planvollzug Gegenstand entsprechender Nebenbestimmungen in der behördlichen Baugenehmigung sein.

4. Planungskonzept / Planungsalternativen

Den Anregungen wird gefolgt.

Die Vorschläge wurden angenommen und das Kapitel 3.2 in der Begründung überarbeitet. Im Ergebnis kommt es jedoch zu keiner Veränderung der Gesamtbewertung der Alternativen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Prüfung der Planungsalternativen nicht ausschließlich für die Kompatibilität mit CG Chemikalien vorgenommen wird, sondern die Prüfung der passenden städtebaulichen Entwicklung und standortgerechte Nutzung der Fläche im Vordergrund steht.


Stellungnahmen der Region Hannover

Die Region Hannover merkt an, dass das vorgelegte Gutachten zur Bewertung der Kinderspielplatzflächen nicht den Anforderungen der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) entspricht. Es kann für die Bewertung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse gemäß BauGB nicht herangezogen werden.

Stellungnahmen der Verwaltung

Der Stellungnahme wird gefolgt.

Die Erforderlichkeit einer orientierenden Untersuchung gemäß den Anforderungen der BBodSchV wird zugestimmt und mit der Region Hannover abgestimmt. Die Pflicht zur Durchführung dieser Untersuchung wurde im Durchführungsvertrag fixiert und im Kapitel 5.3 der Begründung ergänzt. Zudem können entsprechende Nebenbestimmungen in der Baugenehmigung getroffen werden. Etwaige sich im Planvollzug ergebende Bodensanierungsmaßnahmen stehen der Durchführbarkeit und Vollziehbarkeit des Bebauungsplans nicht entgegen, da die erforderlichen Maßnahmen (z.B. Bodenaustauschmaßnahmen) ohne weiteres möglich, wenn auch ggf. für den Vorhabenträger kostenerhöhend sind.


Stellungnahmen der Industrie und Handelskammer Hannover

Die Industrie und Handelskammer gibt zu bedenken, dass die Wohnbebauung nur mit erheblichen emissionstechnischen Vorgaben für die Wohnnutzung möglich und zulässig sein wird. Aufgrund des stark gewerblich geprägten Umfeldes wird eine gewerbliche Ansiedlung als zielführender angesehen.

Stellungnahmen der Verwaltung

Der Stellungnahme wird nicht gefolgt.

Vorgesehen ist sowohl eine gewerbliche Nutzung als auch eine Wohnnutzung. Das Ziel, die Fläche einer Mischnutzung zuzuführen, wurde durch die 2010 beschlossene 197. Änderung des Flächennutzungsplans vorbereitet. Zusätzlich wird das Plangebiet im 2013 beschlossenen "Wohnkonzept 2025" als "Fontainischer Garten" explizit als eine von 150 Potenzialflächen hervorgehoben. Die Schaffung von Planungsrecht für eine rein gewerbliche Nutzung wird auch angesichts der im Umfeld gelegenen unbebauten Gewerbeflächen mit bestehenden Baurechten als nicht zielführend erachtet. Das Vorhaben ist gemäß aller erstellten Gutachten planerisch sinnvoll und für diesen Standort geeignet.





Hinweise der Stadt Laatzen

Die Hinweise der Stadt Laatzen zu den möglichen Auswirkungen auf die Grundwasserverhältnisse in der Umgebung, die erforderliche fachgutachterliche Begleitung bei möglichen Baumfällungen sowie die befürchtete verkehrliche Mehrbelastung wurden in der Planung berücksichtigt.


Die Stellungnahme des Bereichs Forsten, Landschaftsräume und Naturschutz im Fachbereich Umwelt und Stadtgrün, der auch die Belange des Naturschutzes wahrnimmt, ist der Drucksache als Anlage 3 beigefügt.

Die Begründung des Entwurfs mit Umweltbericht wurde aufgrund der Ergebnisse der öffentlichen Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB geprüft. Sie wurde im Teil I in den Kapiteln 3.2 Planungsalternativen, 3.3 Störfallrecht, 4.10 Energetische Optimierung, 5.2. Immissionsschutz und 5.3 Boden / Altlasten sowie im Teil II im Kapitel 1.2.5.Schutzkategorien nach §§ 21 - 28 BNatSchG redaktionell angepasst (siehe Anlage 2).

In den textlichen Festsetzungen wurde die neueste Gesetzesänderung in die Präambel aufgenommen und im - § 11 Baumpflanzungen - um die Forderung "dauerhafter Erhalt der Bäume" ergänzt.



Der beantragte Beschluss ist erforderlich, um das Bebauungsplanverfahren abschließen zu können.
61.12 
Hannover / 23.06.2022